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Energie & Management > Vertrieb - Immer mehr Beschwerden über Energiediscounter
Quelle: Shutterstock / REDPIXELPL
Vertrieb

Immer mehr Beschwerden über Energiediscounter

Die hohen Preise auf den Strom- und Gasmärkten führen zusehends zu fragwürdigen Vertriebspraktiken. Viele Kunden beschweren sich. Häufiger Grund: Abschlagsforderungen.
Erst das Geld, dann die Erklärung: Nach Schilderung des Verbraucherschützers Matthias Moeschler machen Kunden eines Energiediscounters gerade eine neue Erfahrung. „Seit dem 11. November berichten mir Voxenergie-Kunden, dass ihnen ein höherer Abschlag abgebucht wurde, ohne dass Ihnen das angekündigt wurde“, sagt er. Auch eine Preiserhöhung soll ihnen vorher nicht ins Haus geflattert sein, die die höheren Abschläge rechtfertigen könnte. „Eine Erklärung für die Abschlagserhöhungen erhielten Betroffene erst, nachdem sie das Geld zurückbucht haben.“ Doch viel zu lesen bekamen sie nicht.

Moeschler hat das Kundenschreiben auf seiner Website veröffentlicht. Darin heißt es: „Wir bitten Sie zu beachten, dass es auf dem Energiemarkt aktuell zu enormen Anstiegen der Kosten in Strom- und Gasproduktion sowie der Beschaffung dieser Produkte kommt. Um entstehende Kosten dabei zu decken, die langfristig auch auf unsere Kunden umgelegt werden, erfolgt bereits jetzt eine Anhebung der monatlichen Abschlagskosten.“

Für den Verbraucherschützer ist der Fall klar. „Das geht so nicht, die Abschlagserhöhungen müssen vorab angekündigt werden und dürften nur proportional zu Preis- und Verbrauchserhöhungen erfolgen.“

Der Energiediscounter ist auch bei Verbraucherzentralen kein Unbekannter. „Wir haben laufend Beschwerden über Voxenergie, und das schon seit langer Zeit“, sagt Tiana Schönbohm, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Auch in anderen Bundesländern fällt der Strom- und Gasanbieter negativ auf, auch dort beschweren sich Kunden bei Verbraucherzentralen.

Sogar „Verstoß gegen Unterlassungsverpflichtung“

Klagen vor Gericht ändern daran offenbar wenig. „Wir haben in den vergangenen Jahren eine Handvoll Verfahren gegen Voxenergie angestrengt“, sagt Schönbohm. Zuletzt zog die Verbraucherzentrale im August dieses Jahres gegen den Energiediscounter vor Gericht. Und das wegen eines Gebarens, das ihm bereits vor einem Jahr untersagt worden war.

„Es ging damals um zu hoch angesetzte Abschlagszahlungen, Voxenergie machte es Verbrauchern unnötig kompliziert, ihren Abschlag anzupassen“, schildert Schönbohm. Von Kunden sei unter anderem verlangt worden, die Jahresendabrechnung des Voranbieters und gleich mehrere Fotos des Stromzählers in zeitlichem Abstand zu senden. Das Landgericht Berlin untersagte es im Sommer 2020 dem Unternehmen, dieses Kundenschreiben zu versenden. Ein Jahr später stieß die Verbraucherzentrale auf ein Schreiben in „leicht abgewandelter Form“. „Die Justiz wertete es als Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung und verhängte ein Ordnungsgeld gegen Voxenergie“, sagt Schönbohm.

Zu dem neuen Schreiben, das jetzt bei Matthias Moeschler aufgetaucht ist, ist von dem Unternehmen nichts erfahren. Auf welcher Grundlage erhöht Voxenergie Abschlagszahlungen? Auf welchem Weg erhalten Kunden Informationen über Abschlags- und Preiserhöhungen? Eine entsprechende Anfrage der Redaktion blieb unbeantwortet.

Steigende Zahl an Schlichtungsanträgen

Die Abschlagserhöhungen von Voxenergie sind ein Beispiel von vielen dafür, was sich seit der Preisexplosion auf den Beschaffungsmärkten bei einigen Discountern abspielt. „Wir erhalten zurzeit so viele Beschwerden von Kunden von Strom- und Gasdiscountern, dass wir mit der Bearbeitung kaum nachkommen“, sagt Tiana Schönbohm.

Und nicht nur Verbraucherschützer haben derzeit viel tun. „Ich kann bestätigen, dass seit dem November die Schlichtungsanträge bei uns zugenommen haben und die Themen ,Erhöhungen von Abschlagszahlungen', ,Preiserhöhungen' oder ,Kündigungen der Lieferverträge durch die Versorgungsunternehmen' dabei eine erhebliche Rolle gespielt haben“, teilt Thomas Kunde, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle Energie in Berlin. Wie das alles rechtlich zu beurteilen sein, werde sich „erst in den einzelnen Schlichtungsverfahren und nach eingehender Prüfung der Unterlagen zeigen“.

Matthias Moeschler listet auf seiner Website mittlerweile allein neun Discounter mit fragwürdigen Abschlagserhöhungen. Darunter die Rheinische Elektrizitäts- und Gasversorgungsgesellschaft mit den Marken Immergrün, Almado und Idealenergie. Die Bundesnetzagentur hat gegen das Unternehmen am 11. November ein Aufsichtsverfahren eingeleitet. Weitere Verfahren im Zusammenhang mit der Erhöhung von Abschlagszahlungen seien bisher nicht eröffnet worden, teilt die Behörde mit.

Freitag, 26.11.2021, 10:52 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Vertrieb - Immer mehr Beschwerden über Energiediscounter
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Immer mehr Beschwerden über Energiediscounter
Die hohen Preise auf den Strom- und Gasmärkten führen zusehends zu fragwürdigen Vertriebspraktiken. Viele Kunden beschweren sich. Häufiger Grund: Abschlagsforderungen.
Erst das Geld, dann die Erklärung: Nach Schilderung des Verbraucherschützers Matthias Moeschler machen Kunden eines Energiediscounters gerade eine neue Erfahrung. „Seit dem 11. November berichten mir Voxenergie-Kunden, dass ihnen ein höherer Abschlag abgebucht wurde, ohne dass Ihnen das angekündigt wurde“, sagt er. Auch eine Preiserhöhung soll ihnen vorher nicht ins Haus geflattert sein, die die höheren Abschläge rechtfertigen könnte. „Eine Erklärung für die Abschlagserhöhungen erhielten Betroffene erst, nachdem sie das Geld zurückbucht haben.“ Doch viel zu lesen bekamen sie nicht.

Moeschler hat das Kundenschreiben auf seiner Website veröffentlicht. Darin heißt es: „Wir bitten Sie zu beachten, dass es auf dem Energiemarkt aktuell zu enormen Anstiegen der Kosten in Strom- und Gasproduktion sowie der Beschaffung dieser Produkte kommt. Um entstehende Kosten dabei zu decken, die langfristig auch auf unsere Kunden umgelegt werden, erfolgt bereits jetzt eine Anhebung der monatlichen Abschlagskosten.“

Für den Verbraucherschützer ist der Fall klar. „Das geht so nicht, die Abschlagserhöhungen müssen vorab angekündigt werden und dürften nur proportional zu Preis- und Verbrauchserhöhungen erfolgen.“

Der Energiediscounter ist auch bei Verbraucherzentralen kein Unbekannter. „Wir haben laufend Beschwerden über Voxenergie, und das schon seit langer Zeit“, sagt Tiana Schönbohm, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Auch in anderen Bundesländern fällt der Strom- und Gasanbieter negativ auf, auch dort beschweren sich Kunden bei Verbraucherzentralen.

Sogar „Verstoß gegen Unterlassungsverpflichtung“

Klagen vor Gericht ändern daran offenbar wenig. „Wir haben in den vergangenen Jahren eine Handvoll Verfahren gegen Voxenergie angestrengt“, sagt Schönbohm. Zuletzt zog die Verbraucherzentrale im August dieses Jahres gegen den Energiediscounter vor Gericht. Und das wegen eines Gebarens, das ihm bereits vor einem Jahr untersagt worden war.

„Es ging damals um zu hoch angesetzte Abschlagszahlungen, Voxenergie machte es Verbrauchern unnötig kompliziert, ihren Abschlag anzupassen“, schildert Schönbohm. Von Kunden sei unter anderem verlangt worden, die Jahresendabrechnung des Voranbieters und gleich mehrere Fotos des Stromzählers in zeitlichem Abstand zu senden. Das Landgericht Berlin untersagte es im Sommer 2020 dem Unternehmen, dieses Kundenschreiben zu versenden. Ein Jahr später stieß die Verbraucherzentrale auf ein Schreiben in „leicht abgewandelter Form“. „Die Justiz wertete es als Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung und verhängte ein Ordnungsgeld gegen Voxenergie“, sagt Schönbohm.

Zu dem neuen Schreiben, das jetzt bei Matthias Moeschler aufgetaucht ist, ist von dem Unternehmen nichts erfahren. Auf welcher Grundlage erhöht Voxenergie Abschlagszahlungen? Auf welchem Weg erhalten Kunden Informationen über Abschlags- und Preiserhöhungen? Eine entsprechende Anfrage der Redaktion blieb unbeantwortet.

Steigende Zahl an Schlichtungsanträgen

Die Abschlagserhöhungen von Voxenergie sind ein Beispiel von vielen dafür, was sich seit der Preisexplosion auf den Beschaffungsmärkten bei einigen Discountern abspielt. „Wir erhalten zurzeit so viele Beschwerden von Kunden von Strom- und Gasdiscountern, dass wir mit der Bearbeitung kaum nachkommen“, sagt Tiana Schönbohm.

Und nicht nur Verbraucherschützer haben derzeit viel tun. „Ich kann bestätigen, dass seit dem November die Schlichtungsanträge bei uns zugenommen haben und die Themen ,Erhöhungen von Abschlagszahlungen', ,Preiserhöhungen' oder ,Kündigungen der Lieferverträge durch die Versorgungsunternehmen' dabei eine erhebliche Rolle gespielt haben“, teilt Thomas Kunde, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle Energie in Berlin. Wie das alles rechtlich zu beurteilen sein, werde sich „erst in den einzelnen Schlichtungsverfahren und nach eingehender Prüfung der Unterlagen zeigen“.

Matthias Moeschler listet auf seiner Website mittlerweile allein neun Discounter mit fragwürdigen Abschlagserhöhungen. Darunter die Rheinische Elektrizitäts- und Gasversorgungsgesellschaft mit den Marken Immergrün, Almado und Idealenergie. Die Bundesnetzagentur hat gegen das Unternehmen am 11. November ein Aufsichtsverfahren eingeleitet. Weitere Verfahren im Zusammenhang mit der Erhöhung von Abschlagszahlungen seien bisher nicht eröffnet worden, teilt die Behörde mit.

Freitag, 26.11.2021, 10:52 Uhr
Manfred Fischer

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