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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - iKWK: Nicht jeder Zuschlag ein Erfolg
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

iKWK: Nicht jeder Zuschlag ein Erfolg

Effizienter Umgang mit Rohstoffen und Integration von erneuerbarer Wärme: Innovative KWK-Systeme machen genau das. Eine Stichprobe zeigt, dass aber nicht alle Projekte umgesetzt werden.
Für die ersten Pioniere, die im Jahr 2018 einen Zuschlag bei der Ausschreibung innovativer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erhalten haben, enden in den nächsten Monaten die Fristen. Unternehmen mit Zuschlag müssen nach spätestens 48 Monaten die Anlage am Netz haben, um keine Pönale zu zahlen. In diesem Jahr müssten damit die iKWK-Anlagen, die erfolgreich 2018 bezuschlagt wurden, in Betrieb gehen. E&M hat bei einigen Unternehmen nachgefragt, wie der Stand der Dinge ist: Es gibt Anlagen, die bereits am Netz sind, andere konnten nicht realisiert werden − die Gründe dafür vielfältig.

Die Stadtwerke Bayreuth sowie die Stadtwerke Bad Reichenhall hatten den Auftakt im vergangenen Herbst gemacht: Beide Versorger sind mit ihren iKWK-Anlagen in den Probebetrieb gegangen und seit Anfang des Jahres nun im Dauerbetrieb. Die bayerischen Regionalversorger gehören zu zwei von fünf Bietern, die im Juni 2018 erstmals erfolgreich an einer innovativen KWK-Ausschreibung teilgenommen haben.
Mit dem hocheffizienten innovativen KWK-System und dem Aufbau eines fünf Kilometer langen Wärmenetzes hat das Kommunalunternehmen in Bad Reichenhall zudem eine Wärmesparte aufgebaut. Die Bayreuther haben auf dem Gelände der Universität Bayreuth eine innovative KWK-Anlage realisiert. Die Anlage für die Wärme- und Kälteversorgung der Universität ist in der Energiezentrale Nord auf dem Campus installiert worden.

Bei einem iKWK-System wird ein Blockheizkraftwerk mit einer erneuerbaren Wärmequelle (Solarthermie, Geothermie oder Wärmepumpe) und einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem System verbunden. Als elektrischer Wärmeerzeuger kommt etwa eine Power-to-Heat-Anlage in Betracht. Alle Komponenten müssen zwingend in dasselbe Wärme- oder Kältenetz einspeisen und über eine gemeinsame Steuerungs- und Regelungstechnik verfügen.

Zeit- und gestiegener Kostendruck zwingt Unternehmen zur Aufgabe

Die Stadtwerke Lippstadt, die ebenfalls 2018 einen Zuschlag erhielten, haben ihr Projekt hingegen aufgegeben. In Lippstadt war der Plan, das bestehende Blockheizkraftwerk eines Klinikstandorts zu modernisieren. Flankiert werden sollte das Konzept durch eine Solarthermieanlage, eine Wärmepumpe und einen Wärmespeicher. In der nordrhein-westfälischen Stadt wollte der Versorger das Flusswasser der Lippe für seine Wärmepumpe nutzen. Die Anlage sollte den größten Teil der geforderten erneuerbaren Wärme liefern, den Rest die Solarthermieanlage.

Die Wirtschaftlichkeit hatte sich im Laufe des Projekts jedoch so verschlechtert, dass Lippstadt die Reißleine gezogen hat. Klaus Kauke, Leiter Stromversorgung bei den Stadtwerken Lippstadt, erklärte auf Nachfrage von E&M: „Die schlechtere Wirtschaftlichkeit ist vor allem begründet in den nachträglich eingeführten Kosten des BEHG (Brennstoffemissionshandelsgesetz; d. Red.) und den sich damit ergebenden höheren Erdgaskosten sowie in deutlich gestiegenen Investitionskosten in die Anlagentechnik bei der Abgabe verbindlicher Angebote im Vergleich mit den zuvor abgegebenen Richtpreisangeboten und Planungen.“

Bei der Energieversorgung Halle (EVH) war der Zeitdruck einer von mehreren Gründen, das begonnene iKWK-Projekt nicht mehr fortzusetzen. In Halle störte die Corona-Pandemie massiv den Ablauf. Wichtige Gespräche mit Unternehmen und Behörden fanden nicht oder verspätet statt. Damit schob sich der Terminplan immer weiter nach hinten und am Ende fand sich kein Generalunternehmer, der garantieren konnte, fristgerecht fertig zu werden.

Ein zweiter Faktor war die Kostenexplosion. Das hatte mit pandemiebedingten Problemen bei der Materialbeschaffung zu tun, aber auch damit, dass die EVH die iKWK-Anlage in den Bestand integrieren wollte. Der Kostenaufwuchs, gepaart mit der kurzen Frist, führte dort zur Aufgabe.

Gerade die Zeit ist bei solchen iKWK-Projekten eng bemessen. Wenn ein iKWK-System spätestens 48 Monate nach dem Zuschlag nicht am Netz ist, müssen Pönalen gezahlt werden. Was sich laut den Unternehmen und Verbänden in der Vergangenheit aufgrund der Komplexität einer solchen iKWK-Anlage − nicht nur wegen der Corona-Pandemie − als knapp herausstellte. Betreiber könnten zwar auf 54 Monate verlängern, zahlen jedoch dann bereits Strafen. Hier hat der Gesetzgeber nun Erleichterung im Zuge des Osterpakets angekündigt: Die Realisierungsfristen werden aufgrund der Corona-Pandemie um sechs Monate verlängert.

Die zweite große Hürde stellt bislang die Berechnung der Referenzwärme dar. Ein gefördertes iKWK-Projekt verlangt, dass etwa ein Drittel der in diesen Anlagen produzierten Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Nach der derzeitigen Regelung muss die Referenzwärme auf das gesamte Kalenderjahr bezogen berechnet werden. Ihr Erneuerbaren-Anteil von 30 beziehungsweise 35 % seit 2021 darf auch im Jahr der Dauerinbetriebnahme der KWK-Anlage nicht unterschritten werden.
 
Die Solaranlage in Lemgo ist seit dem 28. Februar in Betrieb
Quelle: Stadtwerke Lemgo

Diese Regelung führt nach Informationen des Energieeffizienzverbands AGFW dazu, dass bei iKWK-Anlagen die Inbetriebnahmen nur im ersten oder spätestens zweiten Quartal eines Kalenderjahres erfolgen können, da im Jahresverlauf der Anteil von 30 beziehungsweise 35 % in der Regel nicht mehr erreichbar sei. Um dieses Problem zu umgehen, starteten Bad Reichenhall und Bayreuth, die ihre Anlagen beide seit Herbst 2021 fertiggestellt hatten, den Dauerbetrieb erst im Januar 2022 − damit sie über das Jahr gerechnet auf die Referenzwärme kommen. Mit dem Osterpaket steht allerdings auch hier eine Erleichterung an. Künftig soll die Referenzwärme zeitanteilig berechnet werden können. 

Greifswald errichtet größte Solarthermieanlage zum iKWK-System

Auch Anlagen, die 2019 einen Zuschlag erhalten haben, sind bereits im Bau. So konnten die Stadtwerke Lemgo im Februar die gute Nachricht verkünden, dass die Solarthermieanlage des iKWK-Systems am Netz ist. Drei Blockheizkraftwerke mit je 2,5 MW, ebenfalls Teil der iKWK, sind ebenfalls bereits installiert. Die iKWK-Anlage wird außerdem durch eine Flusswasserwärmepumpe ergänzt. Die Wärmepumpe, die neben einem bestehenden BHKW des Freizeitbads Eau-Le an der Regenstorstraße installiert wurde, nutzt von März bis November das Wasser der Bega als Wärmequelle für die Fernwärmeproduktion. Die Solarthermieanlage wurde neben dem Klärwerk errichtet. Die iKWK-Anlage soll in wenigen Wochen in den Regelbetrieb gehen.

In Greifswald steht die Aufnahme des Dauerbetriebs ebenfalls für Mai oder Juni bevor. Mit zum iKWK-System der Stadtwerke Greifswald gehört wie in Lemgo eine Solarthermieanlage. Sie wird laut dem Versorger die bislang größte bundesweit sein, mit 18.700 Quadratmetern Kollektorfeldgrundfläche. Der erwartete Jahresertrag an Wärme liegt bei 8 Mio. kWh bei einer Spitzenleistung von rund 11 MW. Die erzeugte regenerative Wärme aus Sonnenenergie soll künftig in das bestehende Fernwärmenetz der Stadt Greifswald eingespeist werden. Der Versorger rechnet damit, dass 3 bis 4 % der Gesamtwärmeerzeugung pro Jahr rein aus der Solarthermieanlage beigesteuert werden können.

„Das iKWK-System ist Bestandteil der Wärmestrategie, die wir bis 2024 in zwei Stufen realisieren“, sagt Robert Kauert, Bereichsleiter Erzeugung bei den Stadtwerken Greifswald. „Darin berücksichtigt werden zudem ein weiteres iKWK-System auf Basis einer Großwärmepumpe sowie mehrere EEG-Biomethanlösungen. In Summe werden bis 2024 dann rund 35 Prozent grüne Wärme regenerativ erzeugt.“ Das Unternehmen hat 2020 einen weiteren iKWK-Zuschlag erhalten.

Heidelberg betritt mit Luft-Wasser-Wärmepumpen mittlerer Größe Neuland

Auch die BTB GmbH, die 2019 und 2020 zwei Zuschläge erhalten hat, zeigt sich bislang zufrieden mit den Fortschritten. Die zwei iKWK-Anlagen entstehen an den Kraftwerksstandorten Adlershof und Schöneweide im Südosten Berlins. Jedes der Projekte wird später aus baugleichen Komponenten bestehen. Am Heizkraftwerk (HKW) Adlershof gehören künftig vier Gasmotoren zur Anlage. Der Rohbau für die Erweiterung mit den Motoren ist nahezu fertig. Die erste Motorenstrecke besteht aus zwei der neuen Blockheizkraftwerke, die sich laut der BTB bereits vor Ort befinden. Als elektrischer Wärmeerzeuger durften CSN-Durchlauferhitzer als Bestandsanlagenkomponenten in das iKWK-Projekt integriert werden.

Am HKW Schöneweide wird der erneuerbare Wärmeerzeuger aus Flusswasserwärmepumpen bestehen. Im Mai soll die erste der beiden Großwärmepumpen angeliefert und eingebaut werden.

Bedingt durch die aktuelle Corona- sowie allgemeine Rohstoff- und Liefersituation, ist nach Auskunft der BTB vor allem die Beschaffung von diversen Bauteilen schwierig. Die Preise am Markt zeigten sich stark volatil und seien daher schlecht kalkulierbar. Die Inbetriebnahme für die erste Ausbaustufe ist für den Frühsommer 2022 geplant. Mit den beiden iKWK-Systemen erweitert die BTB ihren Erzeugerpark in Berlin und deckt so einerseits den zusätzlichen Wärmebedarf ihrer Kunden, der aus dem kontinuierlichen Wachstum durch Verdichtung und Erweiterung des Fernwärmenetzes um jährlich rund 15 MWth resultiert. Andererseits werden Teile der Wärmeerzeugung durch Substitution fossiler und nicht gekoppelter Kesselwärme optimiert.

Die Stadtwerke Heidelberg haben bislang drei Zuschläge erhalten: 2018, 2019 und im Jahr 2020. Der Versorger setzt dabei stark auf Synergieeffekte: Alle drei Anlagen werden aus Effizienz- und Kostengründen gemeinsam gebaut. So teilen sie sich auch eine Power-to-Heat-Anlage mit einer Leistung von 2 MW. Im vergangenen Jahr wurde das Technikgebäude, das die drei iKWK-Anlagen künftig beherbergen soll, auf den Weg gebracht.

Eine Herausforderung für den Versorger war es, geeignete Luft-Wasser-Wärmepumpen in einer mittleren Größe zu finden. Der Markt sei hier in Gänze noch nicht darauf eingestellt, zwischen Wärmepumpen im Wohnungsbereich und solchen im ganz großen Industriemaßstab auch mittlere Größen zu liefern. Die größten Herausforderungen, wie bei anderen Versorgern auch, seien jedoch verlängerte Liefertermine, Materialengpässe und die Materialpreissteigerung, zunächst durch die Corona-Situation ausgelöst, nun durch den Krieg in der Ukraine.

Ende des Jahres soll aber nun die erste iKWK-Anlage planmäßig in Betrieb gehen. Im Juni 2023 sollen alle drei Anlagen fertig sein. Die Rolle der iKWK im Wärmesystem wird folgende sein: Im Sommer ist die Grundlast bei der Fernwärme durch das Holzheizkraftwerk abgedeckt. Dieses Kraftwerk ist auch der größte Baustein bei der Eigenerzeugung des Heidelberger Versorgers. Es wurde 2013 gebaut, gefolgt von mehreren Biomethananlagen.

Die klassischen KWK-Anlagen erhöhen den Eigenerzeugungsanteil im Winter, während die iKWK-Anlagen vor allem im Frühjahr und Herbst die Eigenerzeugung erhöhen und insbesondere in der Übergangszeit laufen werden. Zusätzlich baut der Versorger einen Energie- und Zukunftsspeicher, kombiniert mit einer Power-to-Heat-Anlage. Beide sollen den Anteil erneuerbarer Energien weiter steigern, indem sie fossile Brennstoffe ersetzen und eine bessere Integration von Erneuerbaren-Strom gewährleisten.

Mittlerweile sind in sieben iKWK-Ausschreibungsrunden der Bundesnetzagentur 43 Projekte bezuschlagt worden. Dabei sind bei den jährlichen KWK-Ausschreibungen 50 MW für innovative KWK-Systeme reserviert. Der Vorteil einer Ausschreibung besteht unter anderem in dem Gebotswert und der Förderdauer. Der Höchstwert liegt bei 12 Ct/kWh statt der 7 Ct/kWh bei konventionellen KWK-Ausschreibungen und wird für insgesamt 45.000 Vollbenutzungsstunden anstatt für nur 30.000 bei konventionellen KWK-Anlagen gezahlt. Der nächste Ausschreibungstermin ist im Juni 2022.
 
Derzeit entsteht das Technikgebäude für die iKWK-Anlage in Heidelberg 
Quelle: Stadtwerke Heidelberg / Dittmer Fotografie

 

Donnerstag, 19.05.2022, 09:40 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - iKWK: Nicht jeder Zuschlag ein Erfolg
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe
iKWK: Nicht jeder Zuschlag ein Erfolg
Effizienter Umgang mit Rohstoffen und Integration von erneuerbarer Wärme: Innovative KWK-Systeme machen genau das. Eine Stichprobe zeigt, dass aber nicht alle Projekte umgesetzt werden.
Für die ersten Pioniere, die im Jahr 2018 einen Zuschlag bei der Ausschreibung innovativer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erhalten haben, enden in den nächsten Monaten die Fristen. Unternehmen mit Zuschlag müssen nach spätestens 48 Monaten die Anlage am Netz haben, um keine Pönale zu zahlen. In diesem Jahr müssten damit die iKWK-Anlagen, die erfolgreich 2018 bezuschlagt wurden, in Betrieb gehen. E&M hat bei einigen Unternehmen nachgefragt, wie der Stand der Dinge ist: Es gibt Anlagen, die bereits am Netz sind, andere konnten nicht realisiert werden − die Gründe dafür vielfältig.

Die Stadtwerke Bayreuth sowie die Stadtwerke Bad Reichenhall hatten den Auftakt im vergangenen Herbst gemacht: Beide Versorger sind mit ihren iKWK-Anlagen in den Probebetrieb gegangen und seit Anfang des Jahres nun im Dauerbetrieb. Die bayerischen Regionalversorger gehören zu zwei von fünf Bietern, die im Juni 2018 erstmals erfolgreich an einer innovativen KWK-Ausschreibung teilgenommen haben.
Mit dem hocheffizienten innovativen KWK-System und dem Aufbau eines fünf Kilometer langen Wärmenetzes hat das Kommunalunternehmen in Bad Reichenhall zudem eine Wärmesparte aufgebaut. Die Bayreuther haben auf dem Gelände der Universität Bayreuth eine innovative KWK-Anlage realisiert. Die Anlage für die Wärme- und Kälteversorgung der Universität ist in der Energiezentrale Nord auf dem Campus installiert worden.

Bei einem iKWK-System wird ein Blockheizkraftwerk mit einer erneuerbaren Wärmequelle (Solarthermie, Geothermie oder Wärmepumpe) und einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem System verbunden. Als elektrischer Wärmeerzeuger kommt etwa eine Power-to-Heat-Anlage in Betracht. Alle Komponenten müssen zwingend in dasselbe Wärme- oder Kältenetz einspeisen und über eine gemeinsame Steuerungs- und Regelungstechnik verfügen.

Zeit- und gestiegener Kostendruck zwingt Unternehmen zur Aufgabe

Die Stadtwerke Lippstadt, die ebenfalls 2018 einen Zuschlag erhielten, haben ihr Projekt hingegen aufgegeben. In Lippstadt war der Plan, das bestehende Blockheizkraftwerk eines Klinikstandorts zu modernisieren. Flankiert werden sollte das Konzept durch eine Solarthermieanlage, eine Wärmepumpe und einen Wärmespeicher. In der nordrhein-westfälischen Stadt wollte der Versorger das Flusswasser der Lippe für seine Wärmepumpe nutzen. Die Anlage sollte den größten Teil der geforderten erneuerbaren Wärme liefern, den Rest die Solarthermieanlage.

Die Wirtschaftlichkeit hatte sich im Laufe des Projekts jedoch so verschlechtert, dass Lippstadt die Reißleine gezogen hat. Klaus Kauke, Leiter Stromversorgung bei den Stadtwerken Lippstadt, erklärte auf Nachfrage von E&M: „Die schlechtere Wirtschaftlichkeit ist vor allem begründet in den nachträglich eingeführten Kosten des BEHG (Brennstoffemissionshandelsgesetz; d. Red.) und den sich damit ergebenden höheren Erdgaskosten sowie in deutlich gestiegenen Investitionskosten in die Anlagentechnik bei der Abgabe verbindlicher Angebote im Vergleich mit den zuvor abgegebenen Richtpreisangeboten und Planungen.“

Bei der Energieversorgung Halle (EVH) war der Zeitdruck einer von mehreren Gründen, das begonnene iKWK-Projekt nicht mehr fortzusetzen. In Halle störte die Corona-Pandemie massiv den Ablauf. Wichtige Gespräche mit Unternehmen und Behörden fanden nicht oder verspätet statt. Damit schob sich der Terminplan immer weiter nach hinten und am Ende fand sich kein Generalunternehmer, der garantieren konnte, fristgerecht fertig zu werden.

Ein zweiter Faktor war die Kostenexplosion. Das hatte mit pandemiebedingten Problemen bei der Materialbeschaffung zu tun, aber auch damit, dass die EVH die iKWK-Anlage in den Bestand integrieren wollte. Der Kostenaufwuchs, gepaart mit der kurzen Frist, führte dort zur Aufgabe.

Gerade die Zeit ist bei solchen iKWK-Projekten eng bemessen. Wenn ein iKWK-System spätestens 48 Monate nach dem Zuschlag nicht am Netz ist, müssen Pönalen gezahlt werden. Was sich laut den Unternehmen und Verbänden in der Vergangenheit aufgrund der Komplexität einer solchen iKWK-Anlage − nicht nur wegen der Corona-Pandemie − als knapp herausstellte. Betreiber könnten zwar auf 54 Monate verlängern, zahlen jedoch dann bereits Strafen. Hier hat der Gesetzgeber nun Erleichterung im Zuge des Osterpakets angekündigt: Die Realisierungsfristen werden aufgrund der Corona-Pandemie um sechs Monate verlängert.

Die zweite große Hürde stellt bislang die Berechnung der Referenzwärme dar. Ein gefördertes iKWK-Projekt verlangt, dass etwa ein Drittel der in diesen Anlagen produzierten Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Nach der derzeitigen Regelung muss die Referenzwärme auf das gesamte Kalenderjahr bezogen berechnet werden. Ihr Erneuerbaren-Anteil von 30 beziehungsweise 35 % seit 2021 darf auch im Jahr der Dauerinbetriebnahme der KWK-Anlage nicht unterschritten werden.
 
Die Solaranlage in Lemgo ist seit dem 28. Februar in Betrieb
Quelle: Stadtwerke Lemgo

Diese Regelung führt nach Informationen des Energieeffizienzverbands AGFW dazu, dass bei iKWK-Anlagen die Inbetriebnahmen nur im ersten oder spätestens zweiten Quartal eines Kalenderjahres erfolgen können, da im Jahresverlauf der Anteil von 30 beziehungsweise 35 % in der Regel nicht mehr erreichbar sei. Um dieses Problem zu umgehen, starteten Bad Reichenhall und Bayreuth, die ihre Anlagen beide seit Herbst 2021 fertiggestellt hatten, den Dauerbetrieb erst im Januar 2022 − damit sie über das Jahr gerechnet auf die Referenzwärme kommen. Mit dem Osterpaket steht allerdings auch hier eine Erleichterung an. Künftig soll die Referenzwärme zeitanteilig berechnet werden können. 

Greifswald errichtet größte Solarthermieanlage zum iKWK-System

Auch Anlagen, die 2019 einen Zuschlag erhalten haben, sind bereits im Bau. So konnten die Stadtwerke Lemgo im Februar die gute Nachricht verkünden, dass die Solarthermieanlage des iKWK-Systems am Netz ist. Drei Blockheizkraftwerke mit je 2,5 MW, ebenfalls Teil der iKWK, sind ebenfalls bereits installiert. Die iKWK-Anlage wird außerdem durch eine Flusswasserwärmepumpe ergänzt. Die Wärmepumpe, die neben einem bestehenden BHKW des Freizeitbads Eau-Le an der Regenstorstraße installiert wurde, nutzt von März bis November das Wasser der Bega als Wärmequelle für die Fernwärmeproduktion. Die Solarthermieanlage wurde neben dem Klärwerk errichtet. Die iKWK-Anlage soll in wenigen Wochen in den Regelbetrieb gehen.

In Greifswald steht die Aufnahme des Dauerbetriebs ebenfalls für Mai oder Juni bevor. Mit zum iKWK-System der Stadtwerke Greifswald gehört wie in Lemgo eine Solarthermieanlage. Sie wird laut dem Versorger die bislang größte bundesweit sein, mit 18.700 Quadratmetern Kollektorfeldgrundfläche. Der erwartete Jahresertrag an Wärme liegt bei 8 Mio. kWh bei einer Spitzenleistung von rund 11 MW. Die erzeugte regenerative Wärme aus Sonnenenergie soll künftig in das bestehende Fernwärmenetz der Stadt Greifswald eingespeist werden. Der Versorger rechnet damit, dass 3 bis 4 % der Gesamtwärmeerzeugung pro Jahr rein aus der Solarthermieanlage beigesteuert werden können.

„Das iKWK-System ist Bestandteil der Wärmestrategie, die wir bis 2024 in zwei Stufen realisieren“, sagt Robert Kauert, Bereichsleiter Erzeugung bei den Stadtwerken Greifswald. „Darin berücksichtigt werden zudem ein weiteres iKWK-System auf Basis einer Großwärmepumpe sowie mehrere EEG-Biomethanlösungen. In Summe werden bis 2024 dann rund 35 Prozent grüne Wärme regenerativ erzeugt.“ Das Unternehmen hat 2020 einen weiteren iKWK-Zuschlag erhalten.

Heidelberg betritt mit Luft-Wasser-Wärmepumpen mittlerer Größe Neuland

Auch die BTB GmbH, die 2019 und 2020 zwei Zuschläge erhalten hat, zeigt sich bislang zufrieden mit den Fortschritten. Die zwei iKWK-Anlagen entstehen an den Kraftwerksstandorten Adlershof und Schöneweide im Südosten Berlins. Jedes der Projekte wird später aus baugleichen Komponenten bestehen. Am Heizkraftwerk (HKW) Adlershof gehören künftig vier Gasmotoren zur Anlage. Der Rohbau für die Erweiterung mit den Motoren ist nahezu fertig. Die erste Motorenstrecke besteht aus zwei der neuen Blockheizkraftwerke, die sich laut der BTB bereits vor Ort befinden. Als elektrischer Wärmeerzeuger durften CSN-Durchlauferhitzer als Bestandsanlagenkomponenten in das iKWK-Projekt integriert werden.

Am HKW Schöneweide wird der erneuerbare Wärmeerzeuger aus Flusswasserwärmepumpen bestehen. Im Mai soll die erste der beiden Großwärmepumpen angeliefert und eingebaut werden.

Bedingt durch die aktuelle Corona- sowie allgemeine Rohstoff- und Liefersituation, ist nach Auskunft der BTB vor allem die Beschaffung von diversen Bauteilen schwierig. Die Preise am Markt zeigten sich stark volatil und seien daher schlecht kalkulierbar. Die Inbetriebnahme für die erste Ausbaustufe ist für den Frühsommer 2022 geplant. Mit den beiden iKWK-Systemen erweitert die BTB ihren Erzeugerpark in Berlin und deckt so einerseits den zusätzlichen Wärmebedarf ihrer Kunden, der aus dem kontinuierlichen Wachstum durch Verdichtung und Erweiterung des Fernwärmenetzes um jährlich rund 15 MWth resultiert. Andererseits werden Teile der Wärmeerzeugung durch Substitution fossiler und nicht gekoppelter Kesselwärme optimiert.

Die Stadtwerke Heidelberg haben bislang drei Zuschläge erhalten: 2018, 2019 und im Jahr 2020. Der Versorger setzt dabei stark auf Synergieeffekte: Alle drei Anlagen werden aus Effizienz- und Kostengründen gemeinsam gebaut. So teilen sie sich auch eine Power-to-Heat-Anlage mit einer Leistung von 2 MW. Im vergangenen Jahr wurde das Technikgebäude, das die drei iKWK-Anlagen künftig beherbergen soll, auf den Weg gebracht.

Eine Herausforderung für den Versorger war es, geeignete Luft-Wasser-Wärmepumpen in einer mittleren Größe zu finden. Der Markt sei hier in Gänze noch nicht darauf eingestellt, zwischen Wärmepumpen im Wohnungsbereich und solchen im ganz großen Industriemaßstab auch mittlere Größen zu liefern. Die größten Herausforderungen, wie bei anderen Versorgern auch, seien jedoch verlängerte Liefertermine, Materialengpässe und die Materialpreissteigerung, zunächst durch die Corona-Situation ausgelöst, nun durch den Krieg in der Ukraine.

Ende des Jahres soll aber nun die erste iKWK-Anlage planmäßig in Betrieb gehen. Im Juni 2023 sollen alle drei Anlagen fertig sein. Die Rolle der iKWK im Wärmesystem wird folgende sein: Im Sommer ist die Grundlast bei der Fernwärme durch das Holzheizkraftwerk abgedeckt. Dieses Kraftwerk ist auch der größte Baustein bei der Eigenerzeugung des Heidelberger Versorgers. Es wurde 2013 gebaut, gefolgt von mehreren Biomethananlagen.

Die klassischen KWK-Anlagen erhöhen den Eigenerzeugungsanteil im Winter, während die iKWK-Anlagen vor allem im Frühjahr und Herbst die Eigenerzeugung erhöhen und insbesondere in der Übergangszeit laufen werden. Zusätzlich baut der Versorger einen Energie- und Zukunftsspeicher, kombiniert mit einer Power-to-Heat-Anlage. Beide sollen den Anteil erneuerbarer Energien weiter steigern, indem sie fossile Brennstoffe ersetzen und eine bessere Integration von Erneuerbaren-Strom gewährleisten.

Mittlerweile sind in sieben iKWK-Ausschreibungsrunden der Bundesnetzagentur 43 Projekte bezuschlagt worden. Dabei sind bei den jährlichen KWK-Ausschreibungen 50 MW für innovative KWK-Systeme reserviert. Der Vorteil einer Ausschreibung besteht unter anderem in dem Gebotswert und der Förderdauer. Der Höchstwert liegt bei 12 Ct/kWh statt der 7 Ct/kWh bei konventionellen KWK-Ausschreibungen und wird für insgesamt 45.000 Vollbenutzungsstunden anstatt für nur 30.000 bei konventionellen KWK-Anlagen gezahlt. Der nächste Ausschreibungstermin ist im Juni 2022.
 
Derzeit entsteht das Technikgebäude für die iKWK-Anlage in Heidelberg 
Quelle: Stadtwerke Heidelberg / Dittmer Fotografie

 

Donnerstag, 19.05.2022, 09:40 Uhr
Heidi Roider

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