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Energie & Management > Politik - Hoekstra soll Klimakommissar werden
Quelle: Pixabay / NakNakNak
Politik

Hoekstra soll Klimakommissar werden

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will ihren niederländischen Parteifreund Wopke Hoekstra zum neuen Klimakommissar der EU machen.
 Von der Leyen empfing Hoekstra am 29. August in Brüssel zu einem ersten Gespräch, nachdem ihn die Regierung in Den Haag als Nachfolger für den ausgeschiedenen Vertreter des Landes in der Kommission, Frans Timmermans, benannt hatte. Dabei habe sich Hoekstra für die Fortsetzung einer anspruchsvollen Klimapolitik ausgesprochen und für einen sozial ausgewogenen Weg zur Klimaneutralität.

Der Kandidat habe die für das Klimaressort nötige Qualifikation, teilte die Kommissionspräsidentin danach mit, und verwies auf seine Erfahrung als Finanz- und Außenminister der Niederlande seit 2017: „Seine Regierungserfahrung ist eine große Bereicherung der europäischen Klimadiplomatie mit Blick auf die Klimakonferenz COP28, für die Finanzierung der Klimapolitik und für die Umsetzung unserer Klimagesetze.“

Anders als sein Vorgänger Frans Timmermans, der als Vize-Präsident der Kommission auch für die Koordinierung der Klimapolitik mit den anderen Ressorts, insbesondere der Energiepolitik zuständig war, soll Hoekstra nur für den Klimaschutz zuständig sein. Energiekommissarin Kadri Simson wird in Zukunft dem Vize-Präsidenten Maros Sefcovic unterstehen, der die Koordinierung der Klimapolitik mit den anderen Ressorts übernimmt. Hoekstra würde die EU auf dem internationalen Parkett vertreten, insbesondere als Verhandlungsführer bei der bevorstehenden Klimakonferenz in Doha.

Umweltverbände beunruhigt

Unter Umweltverbänden und im mehrheitlich klimaengagierten EU-Parlament sorgt die Personalie für Unruhe. Schon vor der Sommerpause war bei mehreren Gesetzesvorhaben deutlich geworden, dass sich die Konservativen im Wahlkampf für einen bürgerfreundlichen und bezahlbaren Klimaschutz einsetzen wollen, im Klartext: Sie wollen den Übergang in eine CO2-freie Zukunft entschleunigen. Beim Renaturierungsgesetz, das nur knapp durchs Parlament kam, war der Konflikt vor der Sommerpause offen ausgebrochen.

Durch ein besonderes Interesse am Klima ist Hoekstra bislang nicht aufgefallen. Während Frans Timmermans vor allem mit Leidenschaft für den Klimaschutz stritt, gilt Hoekstra als kühler Rechner. Den Südländern ist der ehemalige Finanzminister in unguter Erinnerung, weil er sich gegen die Coronabonds aussprach. Der 47jährige Vater von vier Kindern hat den niederländischen Nettozahlerbeitrag fest im Blick. Seine Karriere startete er bei Royal Dutch Shell und wechselte mit 36 Jahren zur Unternehmensberatung McKinsey. 2017 wurde er Finanzminister der Niederlande und erwarb sich den Ruf, recht ungerührt auf politischen Druck zu reagieren.

Bestätigung durchs Parlament wird kein Spaziergang

Seine bis zur Sturheit reichende Bereitschaft, wo nötig gegen den Strom zu schwimmen, gilt sogar für holländische Maßstäbe als bemerkenswert. Zum Stressabbau läuft Hoekstra Marathon, Schlittschuh und ist mehrmals in der Woche im Fitness-Studio anzutreffen. Bevor er seinen Posten in der Kommission antreten kann, muss er vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Das wird kein Spaziergang. Vor allem auf der linken Seite des Parlamentes muss er mit Widerstand rechnen.

Hoekstra müsse noch beweisen, ob er dem Amt des Klimakommissars gewachsen ist, sagt der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Bloss. Seine Vergangenheit bei Shell und McKinsey seien jedenfalls keine Empfehlung. Fraktionskollege Rasmus Andreesen fürchtet gar eine Wende in der europäischen Klimapolitik: „Ein Kommissar, der mit seinen konservativen Parteifreunden aus dem EU-Parlament und anderen Mitgliedsstaaten den Green Deal torpediert, wäre inakzeptabel.“ Auch der Vorsitzende des Umweltausschusses, der französische Liberale Pascal Canfin, hält die Bestätigung Hoekstras nicht für gesichert. Der Niederländer müsse erst noch beweisen, dass er der richtige Mann sei, die ehrgeizigen Klimaziele der EU zu verfolgen.

Die Sozialdemokraten sehen darüber hinaus den Parteienproporz innerhalb des Kollegiums gefährdet und erheben Anspruch auf das Klimaressort, das die Niederlande „mit einem umstrittenen Kandidaten besetzen wollen“. Angesichts der jüngsten Manöver der EVP, die darauf abzielten, den Klimapakt der EU zu verwässern, „sieht es unsere Fraktion als unabdingbar an, dass das Klimaressort in den Händen der Sozialdemokraten bleibt“, heißt es in einer Erklärung der S&D-Fraktion.

Dagegen sieht der klimapolitische Sprecher der EVP, Peter Liese(CDU), in der Neubesetzung des Klimaressorts eine Chance. Hoekstra könne sich intensiver um die Klimadiplomatie kümmern: „Wir können den Klimawandel nur wirksam bekämpfen, wenn wir auch andere Partner auf der Welt überzeugen. Als ehemaliger Außenminister hat Wopke Hoekstra hier gute Voraussetzungen.“ Von der Kommission erwarte die EVP, dass sie mehr Rücksicht auf die Interessen der Landwirtschaft und der Industrie nehme als in den letzten Jahren. Die Konservativen verfügen nicht über eine Mehrheit, mit der sie Hoekstra durchsetzen können. Aber auch ein Bündnis aus Sozialdemokraten, Linken und Grünen hätte nicht genug Stimmen, um ihn sicher zu verhindern.


 

Mittwoch, 30.08.2023, 15:30 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Politik - Hoekstra soll Klimakommissar werden
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Hoekstra soll Klimakommissar werden
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will ihren niederländischen Parteifreund Wopke Hoekstra zum neuen Klimakommissar der EU machen.
 Von der Leyen empfing Hoekstra am 29. August in Brüssel zu einem ersten Gespräch, nachdem ihn die Regierung in Den Haag als Nachfolger für den ausgeschiedenen Vertreter des Landes in der Kommission, Frans Timmermans, benannt hatte. Dabei habe sich Hoekstra für die Fortsetzung einer anspruchsvollen Klimapolitik ausgesprochen und für einen sozial ausgewogenen Weg zur Klimaneutralität.

Der Kandidat habe die für das Klimaressort nötige Qualifikation, teilte die Kommissionspräsidentin danach mit, und verwies auf seine Erfahrung als Finanz- und Außenminister der Niederlande seit 2017: „Seine Regierungserfahrung ist eine große Bereicherung der europäischen Klimadiplomatie mit Blick auf die Klimakonferenz COP28, für die Finanzierung der Klimapolitik und für die Umsetzung unserer Klimagesetze.“

Anders als sein Vorgänger Frans Timmermans, der als Vize-Präsident der Kommission auch für die Koordinierung der Klimapolitik mit den anderen Ressorts, insbesondere der Energiepolitik zuständig war, soll Hoekstra nur für den Klimaschutz zuständig sein. Energiekommissarin Kadri Simson wird in Zukunft dem Vize-Präsidenten Maros Sefcovic unterstehen, der die Koordinierung der Klimapolitik mit den anderen Ressorts übernimmt. Hoekstra würde die EU auf dem internationalen Parkett vertreten, insbesondere als Verhandlungsführer bei der bevorstehenden Klimakonferenz in Doha.

Umweltverbände beunruhigt

Unter Umweltverbänden und im mehrheitlich klimaengagierten EU-Parlament sorgt die Personalie für Unruhe. Schon vor der Sommerpause war bei mehreren Gesetzesvorhaben deutlich geworden, dass sich die Konservativen im Wahlkampf für einen bürgerfreundlichen und bezahlbaren Klimaschutz einsetzen wollen, im Klartext: Sie wollen den Übergang in eine CO2-freie Zukunft entschleunigen. Beim Renaturierungsgesetz, das nur knapp durchs Parlament kam, war der Konflikt vor der Sommerpause offen ausgebrochen.

Durch ein besonderes Interesse am Klima ist Hoekstra bislang nicht aufgefallen. Während Frans Timmermans vor allem mit Leidenschaft für den Klimaschutz stritt, gilt Hoekstra als kühler Rechner. Den Südländern ist der ehemalige Finanzminister in unguter Erinnerung, weil er sich gegen die Coronabonds aussprach. Der 47jährige Vater von vier Kindern hat den niederländischen Nettozahlerbeitrag fest im Blick. Seine Karriere startete er bei Royal Dutch Shell und wechselte mit 36 Jahren zur Unternehmensberatung McKinsey. 2017 wurde er Finanzminister der Niederlande und erwarb sich den Ruf, recht ungerührt auf politischen Druck zu reagieren.

Bestätigung durchs Parlament wird kein Spaziergang

Seine bis zur Sturheit reichende Bereitschaft, wo nötig gegen den Strom zu schwimmen, gilt sogar für holländische Maßstäbe als bemerkenswert. Zum Stressabbau läuft Hoekstra Marathon, Schlittschuh und ist mehrmals in der Woche im Fitness-Studio anzutreffen. Bevor er seinen Posten in der Kommission antreten kann, muss er vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Das wird kein Spaziergang. Vor allem auf der linken Seite des Parlamentes muss er mit Widerstand rechnen.

Hoekstra müsse noch beweisen, ob er dem Amt des Klimakommissars gewachsen ist, sagt der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Bloss. Seine Vergangenheit bei Shell und McKinsey seien jedenfalls keine Empfehlung. Fraktionskollege Rasmus Andreesen fürchtet gar eine Wende in der europäischen Klimapolitik: „Ein Kommissar, der mit seinen konservativen Parteifreunden aus dem EU-Parlament und anderen Mitgliedsstaaten den Green Deal torpediert, wäre inakzeptabel.“ Auch der Vorsitzende des Umweltausschusses, der französische Liberale Pascal Canfin, hält die Bestätigung Hoekstras nicht für gesichert. Der Niederländer müsse erst noch beweisen, dass er der richtige Mann sei, die ehrgeizigen Klimaziele der EU zu verfolgen.

Die Sozialdemokraten sehen darüber hinaus den Parteienproporz innerhalb des Kollegiums gefährdet und erheben Anspruch auf das Klimaressort, das die Niederlande „mit einem umstrittenen Kandidaten besetzen wollen“. Angesichts der jüngsten Manöver der EVP, die darauf abzielten, den Klimapakt der EU zu verwässern, „sieht es unsere Fraktion als unabdingbar an, dass das Klimaressort in den Händen der Sozialdemokraten bleibt“, heißt es in einer Erklärung der S&D-Fraktion.

Dagegen sieht der klimapolitische Sprecher der EVP, Peter Liese(CDU), in der Neubesetzung des Klimaressorts eine Chance. Hoekstra könne sich intensiver um die Klimadiplomatie kümmern: „Wir können den Klimawandel nur wirksam bekämpfen, wenn wir auch andere Partner auf der Welt überzeugen. Als ehemaliger Außenminister hat Wopke Hoekstra hier gute Voraussetzungen.“ Von der Kommission erwarte die EVP, dass sie mehr Rücksicht auf die Interessen der Landwirtschaft und der Industrie nehme als in den letzten Jahren. Die Konservativen verfügen nicht über eine Mehrheit, mit der sie Hoekstra durchsetzen können. Aber auch ein Bündnis aus Sozialdemokraten, Linken und Grünen hätte nicht genug Stimmen, um ihn sicher zu verhindern.


 

Mittwoch, 30.08.2023, 15:30 Uhr
Tom Weingärtner

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