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Energie & Management > Wärme - Heizungsvorgaben reichen nicht für Klimaziele 2045
Quelle: Fotolia / sasel77
Wärme

Heizungsvorgaben reichen nicht für Klimaziele 2045

Laut einer Studie im Auftrag von Lichtblick genügen die Vorgaben im aktuell novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht für einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2045.
Die im Koalitionsausschuss beschlossenen Eckpunkte für das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) reichen nach Auffassung des Ökostromanbieters Lichtblick nicht aus, um den Gebäudebestand zu dekarbonisieren. Eine Studie im Auftrag des Energiedienstleisters zeige, dass die Klimabilanz von Energieträgern als Steuerungselement gar keine Rolle spielt. Zudem sei die Vorgabe von möglichst 65 Prozent erneuerbarer Energien für neue Heizungen zu schwach.

Daher sei eine Neuausrichtung der Steuerungslogik im GEG notwendig, fordert Lichtblick unter Berufung auf die Studie des Architektenbüro ZRS. Nur mit der Elektrifizierung des Wärmesektors seien die Pläne der Bundesregierung, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, überhaupt möglich. Aktuell sei aber für Netzstrom ein pauschaler Primärenergiefaktor festgelegt, der sich auf den Anteil von 50 Prozent erneuerbarer Energie im Strom bezieht. Ein Bezug von 100 Prozent Ökostrom sei schlicht nicht vorgesehen, kritisiert die Studie.

GEG bevorzugt noch Gasheizungen

Dadurch schneide laut derzeitigem GEG die Klimabilanz eines mit Gas-Brennwertkessel beheizten Bestandsgebäudes besser ab als die eines Hauses mit Wärmepumpe. „Wir bauen die falschen Heizungen ein, weil die Klimawirkung fossiler und erneuerbarer Energien nur indirekt und völlig unzureichend im GEG abgebildet wird“, sagte die Klimaexpertin von Lichtblick, Corine Veithen. Auch durch die jetzt vom Koalitionsausschuss vorgeschlagenen Änderungen zu den erlaubten Heizungen werde daran noch nichts Grundlegendes geändert, sagte sie.
 
Das Architektenbüro analysierte die im GEG angewandten Bilanzierungsregeln am Beispiel verschiedener neuer und sanierter Ein- und Mehrfamilienhäuser auf ihre Klimawirksamkeit. Das Ergebnis: Mit der derzeitig gültigen Gesetzeslage kann ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2045 nicht erreicht werden. Auch eine Festschreibung, neue Heizungen möglichst mit 65 Prozent Erneuerbaren zu betreiben, werde das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 verfehlen.
 
Vergleich der CO2-Emissionen von Gebäuden nach Heizungsart - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: Lichtblick
 
 

Kalkulation zeigt enormes Klimapotential von Ökostrom

Der Vergleich mit Berechnungsfaktoren auf Basis von Werten des Umweltbundesamtes bzw. unter Berücksichtigung von Ökostrom (Primärenergiefaktor (PEF) = 0,1 und 50g CO2/kWh) zeigen schon bei Neubaugebäuden das enorme Potenzial von Ökostrom als Energieträger. 90 Prozent der CO2-Emissionen und 95 Prozent der Primärenergie könnten mit klimaneutralem Strom aus erneuerbaren Energien eingespart werden. Noch deutlicher zeigt sich das Klimapotenzial von Ökostrom bei Bestandsgebäuden. Hier sind 97 Prozent CO2-Einsparung möglich, so die Studie.

Die Berechnungen nach den derzeitigen GEG-Kriterien verschleierten dieses Potenzial allerdings – und das habe weitreichende Folgen. „Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen kommt es sowohl bei Neubau, vor allem aber bei Sanierung zu Fehlinterpretationen und damit klimapolitischen Fehlinvestitionen in nicht klimaneutrale Technologie“, so Veithen. „Ein Betrieb von neuen Heizungen mit mindestens 65 Prozent Erneuerbaren ist ein erster Schritt, jedoch noch kein hinreichender.“ 2022 seien deshalb von den 980.000 neu eingebauten Heizsystemen noch 598.000 als Gasheizungen ausgeführt worden.
 
Reformvorschläge für ein klimawirksames GEG
 
Das GEG solle deshalb für die Klimaschutzziele novelliert werden, fordert Lichtblick:
  • Die Gesetzgebung muss eine Lenkungswirkung hin zu klimaneutralen Gebäuden entfalten. Das Ziel einer treibhausgasneutralen Stromversorgung bis 2035 muss schnellstmöglich in den Vorgaben berücksichtigt werden.
  • Schon im Genehmigungsverfahren müssen Anreize für den Einsatz von Ökostrom im Wärmemarkt geschaffen werden – etwa durch Abschläge für die Ökostrom-Verwendung, analog zu den bisher üblichen Verfahren bei Biogas oder Kraft-Wärme-Kopplung.
  • Die Primärenergiefaktoren sollten abgelöst werden. Zudem sollten die Effizienzanforderungen stärker auf die Begrenzung der Endenergie ausgerichtet werden.
  • Als neue Hauptindikatoren für die Bewertung von Gebäuden bieten sich die CO2-Bilanz und der zu erwartenden Endenergiebedarf an. Auf diese beiden Faktoren sollte die Gesetzgebung ausgerichtet werden. Dabei ist auch die „graue Energie“ mit einzubeziehen.
  • In einem ersten Schritt sollte dazu in der anstehenden GEG-Novelle die Ermittlung von CO2-Emissionen und Endenergiebedarf parallel zur Berechnung des Primärenergiebedarfs vorgegeben werden. 
Die vollständige Studie zur GEG-Novelle steht als PDF zum Download bereit.

Mittwoch, 29.03.2023, 13:05 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Wärme - Heizungsvorgaben reichen nicht für Klimaziele 2045
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Heizungsvorgaben reichen nicht für Klimaziele 2045
Laut einer Studie im Auftrag von Lichtblick genügen die Vorgaben im aktuell novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht für einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2045.
Die im Koalitionsausschuss beschlossenen Eckpunkte für das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) reichen nach Auffassung des Ökostromanbieters Lichtblick nicht aus, um den Gebäudebestand zu dekarbonisieren. Eine Studie im Auftrag des Energiedienstleisters zeige, dass die Klimabilanz von Energieträgern als Steuerungselement gar keine Rolle spielt. Zudem sei die Vorgabe von möglichst 65 Prozent erneuerbarer Energien für neue Heizungen zu schwach.

Daher sei eine Neuausrichtung der Steuerungslogik im GEG notwendig, fordert Lichtblick unter Berufung auf die Studie des Architektenbüro ZRS. Nur mit der Elektrifizierung des Wärmesektors seien die Pläne der Bundesregierung, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, überhaupt möglich. Aktuell sei aber für Netzstrom ein pauschaler Primärenergiefaktor festgelegt, der sich auf den Anteil von 50 Prozent erneuerbarer Energie im Strom bezieht. Ein Bezug von 100 Prozent Ökostrom sei schlicht nicht vorgesehen, kritisiert die Studie.

GEG bevorzugt noch Gasheizungen

Dadurch schneide laut derzeitigem GEG die Klimabilanz eines mit Gas-Brennwertkessel beheizten Bestandsgebäudes besser ab als die eines Hauses mit Wärmepumpe. „Wir bauen die falschen Heizungen ein, weil die Klimawirkung fossiler und erneuerbarer Energien nur indirekt und völlig unzureichend im GEG abgebildet wird“, sagte die Klimaexpertin von Lichtblick, Corine Veithen. Auch durch die jetzt vom Koalitionsausschuss vorgeschlagenen Änderungen zu den erlaubten Heizungen werde daran noch nichts Grundlegendes geändert, sagte sie.
 
Das Architektenbüro analysierte die im GEG angewandten Bilanzierungsregeln am Beispiel verschiedener neuer und sanierter Ein- und Mehrfamilienhäuser auf ihre Klimawirksamkeit. Das Ergebnis: Mit der derzeitig gültigen Gesetzeslage kann ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2045 nicht erreicht werden. Auch eine Festschreibung, neue Heizungen möglichst mit 65 Prozent Erneuerbaren zu betreiben, werde das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 verfehlen.
 
Vergleich der CO2-Emissionen von Gebäuden nach Heizungsart - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: Lichtblick
 
 

Kalkulation zeigt enormes Klimapotential von Ökostrom

Der Vergleich mit Berechnungsfaktoren auf Basis von Werten des Umweltbundesamtes bzw. unter Berücksichtigung von Ökostrom (Primärenergiefaktor (PEF) = 0,1 und 50g CO2/kWh) zeigen schon bei Neubaugebäuden das enorme Potenzial von Ökostrom als Energieträger. 90 Prozent der CO2-Emissionen und 95 Prozent der Primärenergie könnten mit klimaneutralem Strom aus erneuerbaren Energien eingespart werden. Noch deutlicher zeigt sich das Klimapotenzial von Ökostrom bei Bestandsgebäuden. Hier sind 97 Prozent CO2-Einsparung möglich, so die Studie.

Die Berechnungen nach den derzeitigen GEG-Kriterien verschleierten dieses Potenzial allerdings – und das habe weitreichende Folgen. „Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen kommt es sowohl bei Neubau, vor allem aber bei Sanierung zu Fehlinterpretationen und damit klimapolitischen Fehlinvestitionen in nicht klimaneutrale Technologie“, so Veithen. „Ein Betrieb von neuen Heizungen mit mindestens 65 Prozent Erneuerbaren ist ein erster Schritt, jedoch noch kein hinreichender.“ 2022 seien deshalb von den 980.000 neu eingebauten Heizsystemen noch 598.000 als Gasheizungen ausgeführt worden.
 
Reformvorschläge für ein klimawirksames GEG
 
Das GEG solle deshalb für die Klimaschutzziele novelliert werden, fordert Lichtblick:
  • Die Gesetzgebung muss eine Lenkungswirkung hin zu klimaneutralen Gebäuden entfalten. Das Ziel einer treibhausgasneutralen Stromversorgung bis 2035 muss schnellstmöglich in den Vorgaben berücksichtigt werden.
  • Schon im Genehmigungsverfahren müssen Anreize für den Einsatz von Ökostrom im Wärmemarkt geschaffen werden – etwa durch Abschläge für die Ökostrom-Verwendung, analog zu den bisher üblichen Verfahren bei Biogas oder Kraft-Wärme-Kopplung.
  • Die Primärenergiefaktoren sollten abgelöst werden. Zudem sollten die Effizienzanforderungen stärker auf die Begrenzung der Endenergie ausgerichtet werden.
  • Als neue Hauptindikatoren für die Bewertung von Gebäuden bieten sich die CO2-Bilanz und der zu erwartenden Endenergiebedarf an. Auf diese beiden Faktoren sollte die Gesetzgebung ausgerichtet werden. Dabei ist auch die „graue Energie“ mit einzubeziehen.
  • In einem ersten Schritt sollte dazu in der anstehenden GEG-Novelle die Ermittlung von CO2-Emissionen und Endenergiebedarf parallel zur Berechnung des Primärenergiebedarfs vorgegeben werden. 
Die vollständige Studie zur GEG-Novelle steht als PDF zum Download bereit.

Mittwoch, 29.03.2023, 13:05 Uhr
Susanne Harmsen

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