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Energie & Management > Gas - Habeck ruft Alarmstufe aus und verzichtet aufs
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas

Habeck ruft Alarmstufe aus und verzichtet aufs "schärfste Schwert"

Mit dem „wirtschaftlichen Angriff Russlands“ und der Notwendigkeit zur Vorsorge für den Winter hat Wirtschaftsminister Habeck das Ausrufen der Alarmstufe im Notfallplan Gas begründet.
Der Sommer mit seinen aktuell warmen Temperaturen und allmählich sich füllenden Gasspeichern ist aus Sicht der Bundesregierung trügerisch. Daher hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am 23. Juni die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Die "Alarmstufe" folgt auf die seit Ende März geltende "Frühwarnstufe".

Dies sei nicht nötig wegen einer „Schlunzigkeit der deutschen Wirtschaft“, so Habeck. Vielmehr befinde Deutschland sich zusammen mit seinen Nachbarn in einer „ökonomischen Auseinandersetzung mit Russland“. Staatschef Wladimir Putin setze Energie und Gas „als Waffe gegen Deutschland ein“. Dies wirke sich als „externer Schock“ auf den Energiemarkt aus. Zu reagieren sei darauf mit einer kollektiven nationalen Kraftanstrengung, „die wir gemeinsam bestehen werden“.

Versorger dürfen Preissteigerung noch nicht sofort durchreichen

Laut Habeck fuße das Ausrufen der Alarmstufe auf einer zunehmend „angespannten Lage“ auf dem Gasmarkt, wobei die Versorgung aktuell noch sicher sei und folglich Eingriffe in den Markt noch nicht erforderlich seien. Daher sehe die Bundesregierung zunächst auch davon ab, mit Paragraf 24 des Energiesicherheitsgesetzes (EnSiG) von dem „schärfsten Schwert“ Gebrauch zu machen. Es würde Versorgern die Erlaubnis geben, ihre aktuellen Beschaffungspreise sofort und unmittelbar an Verbraucher in Industrie und Privathaushalten weiterzugeben – und damit laufende Verträge außer Kraft zu setzen.

Mit der „Alarmstufe“ ist zunächst durch die Bundesregierung offiziell festgehalten, dass aktuell die Gasversorgung gestört sei. Dies, so Habeck, sei eine Folge des auf 40 % des maximal möglichen Werts reduzierten Gasflusses durch die Pipeline Nord Stream 1. Dadurch sei es perspektivisch nicht möglich, die festgelegten Speicherfüllstände von 90 % am 1. Dezember ohne weitere Maßnahmen zu erreichen.
 
 
Russland hatte die Drosselung am 14. Juni vollzogen und mit einer angeblich sanktionsbedingt ausbleibenden Rückführung einer in Kanada reparierten Verdichterturbine begründet. Habeck wertet den Vorwurf Russlands, schuld seien eigentlich die vom Westen verhängten Sanktionen, als „vorgeschobenes Argument“.

Einsparungen helfen sofort mit Blick auf den Winter

Konkret setzt die Alarmstufe eher Signale und dient als Legitimation bestimmter Gesetzesinitiativen. Für alle gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Bereiche gilt nun ein Energiespar-Gebot. Die Bundesregierung flankiert diesen Aufruf mit Gesetzen zur Gasspeicherung, zur Energiesicherung und zum Einkauf zusätzlicher Gasmengen. Sie dienen dem Ziel, mit „vollen Speichern in den Winter zu gehen“, so Habeck.

Darunter befänden sich Maßnahmen, die „weh tun“, etwa das Kraftwerksbereithaltegesetz. Mit der Verlängerung der Betriebslaufzeiten von Kohlekraftwerken, die eigentlich in die Sicherungsreserve rutschen sollten, will die Ampelkoalition für einen geringen Anteil der Gasverstromung sorgen. Hier soll der Bundesrat am 8. Juli den Weg frei machen.

Die Bundesnetzagentur trifft laut Habeck im Hintergrund Vorbereitungen für eine weitere Eskalation der Situation. Dazu gehöre es, die Marktentwicklung „Tag für Tag“ im Auge zu behalten. Noch sei es nicht erforderlich, Energieversorger über Paragraf 24 EnSiG zu stützen. Dies sei erst dann der Fall, wenn das Minus beim Einkauf von Gas am Markt so groß werde, dass Unternehmen „umzufallen drohen“, so Habeck. Dies würde zu einer Kettenreaktion führen.

15-Milliarden-Kredit "keine Subvention"

In der Zwischenzeit seien Maßnahmen wie das angekündigte 15-Mrd.-Euro-Darlehen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Gaseinspeicherung, dazu gedacht, im anstehenden Winter für Stabilität in der Gasversorgung zu sorgen. Darüber ist in den vergangenen Tagen mit Finanzministerium und Haushaltsausschuss des Bundestags Einigkeit erzielt worden. Mit den Milliarden soll der Marktgebietsverantwortliche, Trading Hub Europe (THE), zusätzliche Gasmengen zur Einspeicherung beschaffen. Dies sei weder ein Geschenk noch eine Subvention, betonte Habeck. Die Kreditlinien liefen bis 2025, zudem erziele das Gas entsprechende Marktpreise, wenn es zum Einsatz komme, womit sich das Darlehen refinanziere.

Zu den Befürchtungen, die Bundesregierung könne in den kommenden Wochen den "Notfall" als dritte und letzte Stufe des Notfallplans Gas ausrufen, sagte Habeck: „Ich hoffe nicht, dass wir Gas für Unternehmen irgendwann rationieren müssen.“ Dann gebe es in der Abwägung keine richtigen Entscheidungen mehr, sondern nur noch „weniger falsche“. Daher sei es nun an der Zeit, die Marktkräfte zu erhalten, Alternativen – wie schwimmende LNG-Terminals, mehr Einkäufe im Ausland und das Erschließen eigener Gasquellen – zu aktivieren und Gas umfassend einzusparen.

Donnerstag, 23.06.2022, 14:27 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Gas - Habeck ruft Alarmstufe aus und verzichtet aufs
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Habeck ruft Alarmstufe aus und verzichtet aufs "schärfste Schwert"
Mit dem „wirtschaftlichen Angriff Russlands“ und der Notwendigkeit zur Vorsorge für den Winter hat Wirtschaftsminister Habeck das Ausrufen der Alarmstufe im Notfallplan Gas begründet.
Der Sommer mit seinen aktuell warmen Temperaturen und allmählich sich füllenden Gasspeichern ist aus Sicht der Bundesregierung trügerisch. Daher hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am 23. Juni die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Die "Alarmstufe" folgt auf die seit Ende März geltende "Frühwarnstufe".

Dies sei nicht nötig wegen einer „Schlunzigkeit der deutschen Wirtschaft“, so Habeck. Vielmehr befinde Deutschland sich zusammen mit seinen Nachbarn in einer „ökonomischen Auseinandersetzung mit Russland“. Staatschef Wladimir Putin setze Energie und Gas „als Waffe gegen Deutschland ein“. Dies wirke sich als „externer Schock“ auf den Energiemarkt aus. Zu reagieren sei darauf mit einer kollektiven nationalen Kraftanstrengung, „die wir gemeinsam bestehen werden“.

Versorger dürfen Preissteigerung noch nicht sofort durchreichen

Laut Habeck fuße das Ausrufen der Alarmstufe auf einer zunehmend „angespannten Lage“ auf dem Gasmarkt, wobei die Versorgung aktuell noch sicher sei und folglich Eingriffe in den Markt noch nicht erforderlich seien. Daher sehe die Bundesregierung zunächst auch davon ab, mit Paragraf 24 des Energiesicherheitsgesetzes (EnSiG) von dem „schärfsten Schwert“ Gebrauch zu machen. Es würde Versorgern die Erlaubnis geben, ihre aktuellen Beschaffungspreise sofort und unmittelbar an Verbraucher in Industrie und Privathaushalten weiterzugeben – und damit laufende Verträge außer Kraft zu setzen.

Mit der „Alarmstufe“ ist zunächst durch die Bundesregierung offiziell festgehalten, dass aktuell die Gasversorgung gestört sei. Dies, so Habeck, sei eine Folge des auf 40 % des maximal möglichen Werts reduzierten Gasflusses durch die Pipeline Nord Stream 1. Dadurch sei es perspektivisch nicht möglich, die festgelegten Speicherfüllstände von 90 % am 1. Dezember ohne weitere Maßnahmen zu erreichen.
 
 
Russland hatte die Drosselung am 14. Juni vollzogen und mit einer angeblich sanktionsbedingt ausbleibenden Rückführung einer in Kanada reparierten Verdichterturbine begründet. Habeck wertet den Vorwurf Russlands, schuld seien eigentlich die vom Westen verhängten Sanktionen, als „vorgeschobenes Argument“.

Einsparungen helfen sofort mit Blick auf den Winter

Konkret setzt die Alarmstufe eher Signale und dient als Legitimation bestimmter Gesetzesinitiativen. Für alle gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Bereiche gilt nun ein Energiespar-Gebot. Die Bundesregierung flankiert diesen Aufruf mit Gesetzen zur Gasspeicherung, zur Energiesicherung und zum Einkauf zusätzlicher Gasmengen. Sie dienen dem Ziel, mit „vollen Speichern in den Winter zu gehen“, so Habeck.

Darunter befänden sich Maßnahmen, die „weh tun“, etwa das Kraftwerksbereithaltegesetz. Mit der Verlängerung der Betriebslaufzeiten von Kohlekraftwerken, die eigentlich in die Sicherungsreserve rutschen sollten, will die Ampelkoalition für einen geringen Anteil der Gasverstromung sorgen. Hier soll der Bundesrat am 8. Juli den Weg frei machen.

Die Bundesnetzagentur trifft laut Habeck im Hintergrund Vorbereitungen für eine weitere Eskalation der Situation. Dazu gehöre es, die Marktentwicklung „Tag für Tag“ im Auge zu behalten. Noch sei es nicht erforderlich, Energieversorger über Paragraf 24 EnSiG zu stützen. Dies sei erst dann der Fall, wenn das Minus beim Einkauf von Gas am Markt so groß werde, dass Unternehmen „umzufallen drohen“, so Habeck. Dies würde zu einer Kettenreaktion führen.

15-Milliarden-Kredit "keine Subvention"

In der Zwischenzeit seien Maßnahmen wie das angekündigte 15-Mrd.-Euro-Darlehen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Gaseinspeicherung, dazu gedacht, im anstehenden Winter für Stabilität in der Gasversorgung zu sorgen. Darüber ist in den vergangenen Tagen mit Finanzministerium und Haushaltsausschuss des Bundestags Einigkeit erzielt worden. Mit den Milliarden soll der Marktgebietsverantwortliche, Trading Hub Europe (THE), zusätzliche Gasmengen zur Einspeicherung beschaffen. Dies sei weder ein Geschenk noch eine Subvention, betonte Habeck. Die Kreditlinien liefen bis 2025, zudem erziele das Gas entsprechende Marktpreise, wenn es zum Einsatz komme, womit sich das Darlehen refinanziere.

Zu den Befürchtungen, die Bundesregierung könne in den kommenden Wochen den "Notfall" als dritte und letzte Stufe des Notfallplans Gas ausrufen, sagte Habeck: „Ich hoffe nicht, dass wir Gas für Unternehmen irgendwann rationieren müssen.“ Dann gebe es in der Abwägung keine richtigen Entscheidungen mehr, sondern nur noch „weniger falsche“. Daher sei es nun an der Zeit, die Marktkräfte zu erhalten, Alternativen – wie schwimmende LNG-Terminals, mehr Einkäufe im Ausland und das Erschließen eigener Gasquellen – zu aktivieren und Gas umfassend einzusparen.

Donnerstag, 23.06.2022, 14:27 Uhr
Volker Stephan

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