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Energie & Management > Wasserstoff - Grüner Wasserstoff für alle oder für ausgewählte Branchen?
Bild: Wasserstoff_Bild Shutterstock, Tomasz Makowski
Wasserstoff

Grüner Wasserstoff für alle oder für ausgewählte Branchen?

Auf einem virtuellen Wasserstoffgipfel diskutierten Energiepolitiker die Möglichkeiten des grünen Gases. Dabei gingen die Meinungen über den Einsatz weit auseinander.
Soll die Politik entscheiden, wer grünen Wasserstoff einsetzen darf, oder soll das dem Markt überlassen bleiben? Um diese Frage stritten online Vertreter der großen Bundestagsparteien in einer Veranstaltung des Handelsblatts. Bereits zuvor hatte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, die Linie vertreten, dass die heutigen Erdgaskunden nicht gezwungen werden sollten, die Netze für den Wasserstoff zu finanzieren. Da das neue Gas hauptsächlich in der Industrie verwendet werde, sollten auch die Großverbraucher die Leitungen bezahlen.

Thomas Bareiß (CDU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, vertrat diese Linie ebenfalls in der Diskussion. Er rechnet ab 2024 mit erstem Wasserstoff von Partnern in Nordafrika. Zudem verwies er darauf, dass die Deckelung der EEG-Umlage mit Steuermitteln vorläufig und deren spätere schrittweise Abschaffung den Strompreis senken werde. Damit könnten mehr Verbraucher direkt erneuerbaren Strom nutzen. Er hofft auf Unterstützung aus der EU für die Genehmigung dieser Pläne und für den Schutz der Industrie vor den Mehrkosten des Klimaschutzes.

Gasnetze zusammen regeln und finanzieren

Bernd Westphal, Sprecher der Arbeitsgruppe Energie der SPD-Bundestagsfraktion, hält den Hochlauf der Infrastruktur für Wasserstoff für wichtig. Er will jetzige Gasnetze umwidmen und neue bauen lassen. „Wir haben jetzt schon verschiedene Gasqualitäten und auch Wasserstoff im Gasnetz, es sollte alles zusammen geregelt werden“, vertrat er. Dies müsse schnell geklärt werden und könne durchaus so finanziert werden wie das gesamte Gasnetz, sagte Westphal.

Zuerst aber gelte es, den Ausbau erneuerbarer Stromerzeuger zu beschleunigen, damit Wasserstoff erzeugt werden kann, erinnerte er. Dafür aber fehle die rasche Genehmigung. „Wir müssen einen nationalen Masterplan für den Ausbau der Erneuerbaren entwerfen, das muss die Politik entscheiden, nicht die Gerichte“, appellierte Westphal.

Wasserstoff auch für synthetische Kraftstoffe

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Michael Theurer, will die Netze „technologieoffen regulieren“. Ihn überzeuge der Vorschlag der Bundesnetzagentur nicht, ein separates Netz für Wasserstoff zu bauen, das auch nur von den Nutzern bezahlt werde, „das bremst den Wasserstoffhochlauf aus“, fürchtet er.

Theurer will Wasserstoff in allen Bereichen für den Klimaschutz nutzen. Auch synthetische Kraftstoffe seien eine Lösung für die noch ein Jahrzehnt fahrenden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. „Wir brauchen keine dirigistischen Eingriffe, die vorschreiben, wo Wasserstoff eingesetzt werden darf“, plädierte Theurer. Gerade Partner in Südeuropa könnten viel Wasserstoff erzeugen und so wirtschaftlichen Aufschwung generieren, dann gäbe es genug grünes Gas für alle Anwendungen, glaubt der FDP-Politiker.

Knappen Wasserstoff für Schlüsselbranchen fördern

Gerade dies bezweifelte Ingrid Nestle, energiewirtschaftliche Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Grüne. Deshalb will sie eine Förderung von Wasserstoff nur für die Industrie und andere Bereiche, die ohne das Gas ihre Treibhausgasemissionen nicht vermeiden können. „Straßenfahrzeuge sollen bis 2030 keine synthetischen Kraftstoffe bekommen, weil diese zu teuer sind. Sie werden für den Luftverkehr gebraucht“, sagte sie an die Adresse der FDP.

Es werde nicht genug grüner Wasserstoff bis 2030 zur Verfügung stehen, um ihn auch zum Heizen oder in Pkw einzusetzen. „Wir verbieten nichts, aber man muss ehrlich sein, was an Mengen von klimaneutraler Energie zur Verfügung stehen wird“, verdeutlichte Nestle. Für ein klimaneutrales Wirtschaften bis 2045 griffen die bisherigen Maßnahmen innerhalb der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung allerdings noch zu kurz.

Um bis 2030 die Hälfte des Bedarfs an grünem Wasserstoff zu decken, forderte sie eine Verdopplung der geplanten Elektrolyseurleistung auf 10.000 MW mit parallelem Ausbau der erneuerbaren Energien. Grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie müsse zudem sicher zertifiziert sein. Eine erfolgreiche Energiewende basiere auf einem Gesamtkonzept für Erzeugung, Transport und Bedarf aller nachhaltigen Energieträger. „Deshalb ist eine kombinierte Planung der Gas- und Strominfrastruktur überfällig“, schloss Nestle.
 
Die Diskutanten auf dem Wasserstoffgipfel (v.l.o.): Thomas Bareiß (BMWi), Bernd Westphal (SPD), Ingrid Nestle (Grüne), Michael Theurer (FDP), Moderator Klaus Stratmann.
Bild: Handelsblatt

Donnerstag, 27.05.2021, 13:16 Uhr
Susanne Harmsen
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Bild: Wasserstoff_Bild Shutterstock, Tomasz Makowski
Wasserstoff
Grüner Wasserstoff für alle oder für ausgewählte Branchen?
Auf einem virtuellen Wasserstoffgipfel diskutierten Energiepolitiker die Möglichkeiten des grünen Gases. Dabei gingen die Meinungen über den Einsatz weit auseinander.
Soll die Politik entscheiden, wer grünen Wasserstoff einsetzen darf, oder soll das dem Markt überlassen bleiben? Um diese Frage stritten online Vertreter der großen Bundestagsparteien in einer Veranstaltung des Handelsblatts. Bereits zuvor hatte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, die Linie vertreten, dass die heutigen Erdgaskunden nicht gezwungen werden sollten, die Netze für den Wasserstoff zu finanzieren. Da das neue Gas hauptsächlich in der Industrie verwendet werde, sollten auch die Großverbraucher die Leitungen bezahlen.

Thomas Bareiß (CDU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, vertrat diese Linie ebenfalls in der Diskussion. Er rechnet ab 2024 mit erstem Wasserstoff von Partnern in Nordafrika. Zudem verwies er darauf, dass die Deckelung der EEG-Umlage mit Steuermitteln vorläufig und deren spätere schrittweise Abschaffung den Strompreis senken werde. Damit könnten mehr Verbraucher direkt erneuerbaren Strom nutzen. Er hofft auf Unterstützung aus der EU für die Genehmigung dieser Pläne und für den Schutz der Industrie vor den Mehrkosten des Klimaschutzes.

Gasnetze zusammen regeln und finanzieren

Bernd Westphal, Sprecher der Arbeitsgruppe Energie der SPD-Bundestagsfraktion, hält den Hochlauf der Infrastruktur für Wasserstoff für wichtig. Er will jetzige Gasnetze umwidmen und neue bauen lassen. „Wir haben jetzt schon verschiedene Gasqualitäten und auch Wasserstoff im Gasnetz, es sollte alles zusammen geregelt werden“, vertrat er. Dies müsse schnell geklärt werden und könne durchaus so finanziert werden wie das gesamte Gasnetz, sagte Westphal.

Zuerst aber gelte es, den Ausbau erneuerbarer Stromerzeuger zu beschleunigen, damit Wasserstoff erzeugt werden kann, erinnerte er. Dafür aber fehle die rasche Genehmigung. „Wir müssen einen nationalen Masterplan für den Ausbau der Erneuerbaren entwerfen, das muss die Politik entscheiden, nicht die Gerichte“, appellierte Westphal.

Wasserstoff auch für synthetische Kraftstoffe

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Michael Theurer, will die Netze „technologieoffen regulieren“. Ihn überzeuge der Vorschlag der Bundesnetzagentur nicht, ein separates Netz für Wasserstoff zu bauen, das auch nur von den Nutzern bezahlt werde, „das bremst den Wasserstoffhochlauf aus“, fürchtet er.

Theurer will Wasserstoff in allen Bereichen für den Klimaschutz nutzen. Auch synthetische Kraftstoffe seien eine Lösung für die noch ein Jahrzehnt fahrenden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. „Wir brauchen keine dirigistischen Eingriffe, die vorschreiben, wo Wasserstoff eingesetzt werden darf“, plädierte Theurer. Gerade Partner in Südeuropa könnten viel Wasserstoff erzeugen und so wirtschaftlichen Aufschwung generieren, dann gäbe es genug grünes Gas für alle Anwendungen, glaubt der FDP-Politiker.

Knappen Wasserstoff für Schlüsselbranchen fördern

Gerade dies bezweifelte Ingrid Nestle, energiewirtschaftliche Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Grüne. Deshalb will sie eine Förderung von Wasserstoff nur für die Industrie und andere Bereiche, die ohne das Gas ihre Treibhausgasemissionen nicht vermeiden können. „Straßenfahrzeuge sollen bis 2030 keine synthetischen Kraftstoffe bekommen, weil diese zu teuer sind. Sie werden für den Luftverkehr gebraucht“, sagte sie an die Adresse der FDP.

Es werde nicht genug grüner Wasserstoff bis 2030 zur Verfügung stehen, um ihn auch zum Heizen oder in Pkw einzusetzen. „Wir verbieten nichts, aber man muss ehrlich sein, was an Mengen von klimaneutraler Energie zur Verfügung stehen wird“, verdeutlichte Nestle. Für ein klimaneutrales Wirtschaften bis 2045 griffen die bisherigen Maßnahmen innerhalb der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung allerdings noch zu kurz.

Um bis 2030 die Hälfte des Bedarfs an grünem Wasserstoff zu decken, forderte sie eine Verdopplung der geplanten Elektrolyseurleistung auf 10.000 MW mit parallelem Ausbau der erneuerbaren Energien. Grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie müsse zudem sicher zertifiziert sein. Eine erfolgreiche Energiewende basiere auf einem Gesamtkonzept für Erzeugung, Transport und Bedarf aller nachhaltigen Energieträger. „Deshalb ist eine kombinierte Planung der Gas- und Strominfrastruktur überfällig“, schloss Nestle.
 
Die Diskutanten auf dem Wasserstoffgipfel (v.l.o.): Thomas Bareiß (BMWi), Bernd Westphal (SPD), Ingrid Nestle (Grüne), Michael Theurer (FDP), Moderator Klaus Stratmann.
Bild: Handelsblatt

Donnerstag, 27.05.2021, 13:16 Uhr
Susanne Harmsen

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