E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Gas - Grüne Gase erleichtern Energiewende
Quelle: Shutterstock / Hamik
Gas

Grüne Gase erleichtern Energiewende

Österreich grünen Wasserstoff und Biomethan in breiterem Umfang, kann der Nettoimport von Strom laut einer Studie im Auftrag der Gaswirtschaft auf lange Sicht vermieden werden.
Der Einsatz grüner Gase kann die Umsetzung der Energiewende in Österreich erheblich erleichtern. Das sagte Gerald Aue, Vice President des internationalen Beratungsunternehmens Compass Lexecon, beim Zukunftsforum Gas des Fachverbands Gas Wärme (FGW) am 21. Juni in Wien.

Im Auftrag der Gaswirtschaft untersuchte sein Unternehmen zwei Szenarien hinsichtlich der Entwicklung bis 2040. Beide eignen sich dazu, das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Das Szenario „Starke Elektrifizierung“ sieht erwartungsgemäß den massiven Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien vor. Wasserstoff und Biomethan werden längerfristig vor allem für Hochtemperaturprozesse in der Industrie und für die Erzeugung von Strom sowie teilweise noch für die Fernwärmebereitstellung genutzt. Im Szenario 2 mit der Bezeichnung „Differenzierter Energieträgermix“ dagegen finden die grünen Gase in breiterem Umfang zur Erzeugung von Prozesswärme für die Industrie Verwendung, aber auch in derzeit üblichen Gasheizungen sowie im Transportsektor.

Der wesentliche Unterschied ist laut Aue: Im Szenario 1 steigt der Bedarf an elektrischer Energie so stark an, dass seine Deckung mit Ökostrom aus österreichischer Produktion nicht möglich ist. Daraus ergibt sich der Zwang zum Import von Strom, wobei nicht sichergestellt werden kann, dass dessen Erzeugung mit klimaneutralen Technologien erfolgt. Anders gesagt: Österreich verursacht mit seinen Stromimporten CO2-Emissionen in anderen Ländern, was seine angebliche „Klimaneutralität“ fragwürdig erscheinen lässt. Im Szenario 2 dagegen könnte Österreich 2040 netto rund 6 Milliarden kWh Ökostrom pro Jahr exportieren. Abgesehen von der somit vermiedenen Abhängigkeit von Importen elektrischer Energie wäre damit die Klimaneutralität jedenfalls einwandfrei gewährleistet.

Einmalige Dimension

Der Obmann des FGW und stellvertretende Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt, begrüßte die Ergebnisse. Notwendig für das Gelingen der Energiewende in Österreich ist ihm zufolge „ein klares Bekenntnis der Politik, dass wir grünes Gas brauchen werden.“ Wünschenswert wäre laut Weinelt das Zusammenwirken von Politik und Wirtschaft bei der Weiterentwicklung des Energiesystems.

Michael Woltran, der Vorstandsdirektor der für die übergeordnete Steuerung der österreichischen Gasnetze zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), ergänzte, die Energiewende sei „in ihrer Dimension für Europa einmalig. Das ist fast so etwas wie der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Wenn Österreich diese Wende bewerkstelligen wolle, „müssen wir das eben wirklich wollen. Das muss gesamtgesellschaftlich außer Streit stehen.“ Woltran zufolge bedeutet dies, dass die Umsetzung von Infrastrukturvorhaben für die Energiewende vor anderen Anliegen Vorrang haben muss, etwa vor dem Landschaftsschutz.

Ferner ist es laut Woltran nötig, für die Energiewende marktwirtschaftliche Instrumente zu nutzen, also etwa unerwünschte Energieträger mit entsprechenden Belastungen über einen gewissen Zeitraum hinweg „aus dem Markt zu preisen.“ Wisse jemand, dass eine mit Erdgas betriebene Heizung in zehn Jahren ein Vielfaches ihrer heutigen Kosten verursache, werde er sich nach Alternativen umsehen. Überdies forderte Woltran „Mut von den Unternehmen, aber auch von der Politik.“ Die Energiewirtschaft sollte Projekte implementieren, „auch, wenn sie sich derzeit noch nicht rechnen.“ Österreichs Politik wiederum brauche Mut, der Branche die erforderlichen Rahmenbedingungen für die Energiewende zu verschaffen, „ob das Brüssel nun passt oder nicht.“ Die Energiewende sei eine Notwendigkeit: „Da können wir uns nicht mit jedem kleinen Steinchen auf dem Weg beschäftigen.“

Ministerium arbeitet

Jürgen Schneider, der Leiter der Abteilung Klima- und Energiepolitik im Energieministerium (BMK), konstatierte, die Energiewende werde technisch, wirtschaftlich und sozial nur bei einer Zusammenarbeit aller relevanten gesellschaftlichen Kräfte funktionieren. In Richtung Klimaneutralität zu gehen, sei Österreich aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben gezwungen. Auf nationaler Ebene arbeite das BMK intensiv an den diesbezüglichen Spielregeln. So liege das Erneuerbare-Wärme-Gesetz seit Monaten dem Parlament vor. Wünschenswert sei eine rasche Beschlussfassung. Ähnliches gelte hinsichtlich des Erneuerbare-Gase-Gesetzes. Das BMK habe die teils umfangreichen Stellungnahmen zu seinem Entwurf verarbeitet. Nun gehe es um die Endabstimmung auf politischer Ebene. Deren Dauer lässt sich laut Schneider nicht abschätzen.

In Vorbereitung ist seitens des BMK eine Studie bezüglich eines österreichischen Netzes von CO2-Leitungen sowie Speicherstätten, ergänzte Schneider: „Es gibt bestimmte Produktionsprozesse, bei denen einfach CO2 entsteht, etwa die Zementherstellung. Also werden wir eine Art CO2-Endlager brauchen.“ Und um das Gas dorthin zu bringen, seien eben Leitungen nötig.

Mittwoch, 21.06.2023, 15:13 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Gas - Grüne Gase erleichtern Energiewende
Quelle: Shutterstock / Hamik
Gas
Grüne Gase erleichtern Energiewende
Österreich grünen Wasserstoff und Biomethan in breiterem Umfang, kann der Nettoimport von Strom laut einer Studie im Auftrag der Gaswirtschaft auf lange Sicht vermieden werden.
Der Einsatz grüner Gase kann die Umsetzung der Energiewende in Österreich erheblich erleichtern. Das sagte Gerald Aue, Vice President des internationalen Beratungsunternehmens Compass Lexecon, beim Zukunftsforum Gas des Fachverbands Gas Wärme (FGW) am 21. Juni in Wien.

Im Auftrag der Gaswirtschaft untersuchte sein Unternehmen zwei Szenarien hinsichtlich der Entwicklung bis 2040. Beide eignen sich dazu, das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Das Szenario „Starke Elektrifizierung“ sieht erwartungsgemäß den massiven Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien vor. Wasserstoff und Biomethan werden längerfristig vor allem für Hochtemperaturprozesse in der Industrie und für die Erzeugung von Strom sowie teilweise noch für die Fernwärmebereitstellung genutzt. Im Szenario 2 mit der Bezeichnung „Differenzierter Energieträgermix“ dagegen finden die grünen Gase in breiterem Umfang zur Erzeugung von Prozesswärme für die Industrie Verwendung, aber auch in derzeit üblichen Gasheizungen sowie im Transportsektor.

Der wesentliche Unterschied ist laut Aue: Im Szenario 1 steigt der Bedarf an elektrischer Energie so stark an, dass seine Deckung mit Ökostrom aus österreichischer Produktion nicht möglich ist. Daraus ergibt sich der Zwang zum Import von Strom, wobei nicht sichergestellt werden kann, dass dessen Erzeugung mit klimaneutralen Technologien erfolgt. Anders gesagt: Österreich verursacht mit seinen Stromimporten CO2-Emissionen in anderen Ländern, was seine angebliche „Klimaneutralität“ fragwürdig erscheinen lässt. Im Szenario 2 dagegen könnte Österreich 2040 netto rund 6 Milliarden kWh Ökostrom pro Jahr exportieren. Abgesehen von der somit vermiedenen Abhängigkeit von Importen elektrischer Energie wäre damit die Klimaneutralität jedenfalls einwandfrei gewährleistet.

Einmalige Dimension

Der Obmann des FGW und stellvertretende Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt, begrüßte die Ergebnisse. Notwendig für das Gelingen der Energiewende in Österreich ist ihm zufolge „ein klares Bekenntnis der Politik, dass wir grünes Gas brauchen werden.“ Wünschenswert wäre laut Weinelt das Zusammenwirken von Politik und Wirtschaft bei der Weiterentwicklung des Energiesystems.

Michael Woltran, der Vorstandsdirektor der für die übergeordnete Steuerung der österreichischen Gasnetze zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), ergänzte, die Energiewende sei „in ihrer Dimension für Europa einmalig. Das ist fast so etwas wie der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Wenn Österreich diese Wende bewerkstelligen wolle, „müssen wir das eben wirklich wollen. Das muss gesamtgesellschaftlich außer Streit stehen.“ Woltran zufolge bedeutet dies, dass die Umsetzung von Infrastrukturvorhaben für die Energiewende vor anderen Anliegen Vorrang haben muss, etwa vor dem Landschaftsschutz.

Ferner ist es laut Woltran nötig, für die Energiewende marktwirtschaftliche Instrumente zu nutzen, also etwa unerwünschte Energieträger mit entsprechenden Belastungen über einen gewissen Zeitraum hinweg „aus dem Markt zu preisen.“ Wisse jemand, dass eine mit Erdgas betriebene Heizung in zehn Jahren ein Vielfaches ihrer heutigen Kosten verursache, werde er sich nach Alternativen umsehen. Überdies forderte Woltran „Mut von den Unternehmen, aber auch von der Politik.“ Die Energiewirtschaft sollte Projekte implementieren, „auch, wenn sie sich derzeit noch nicht rechnen.“ Österreichs Politik wiederum brauche Mut, der Branche die erforderlichen Rahmenbedingungen für die Energiewende zu verschaffen, „ob das Brüssel nun passt oder nicht.“ Die Energiewende sei eine Notwendigkeit: „Da können wir uns nicht mit jedem kleinen Steinchen auf dem Weg beschäftigen.“

Ministerium arbeitet

Jürgen Schneider, der Leiter der Abteilung Klima- und Energiepolitik im Energieministerium (BMK), konstatierte, die Energiewende werde technisch, wirtschaftlich und sozial nur bei einer Zusammenarbeit aller relevanten gesellschaftlichen Kräfte funktionieren. In Richtung Klimaneutralität zu gehen, sei Österreich aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben gezwungen. Auf nationaler Ebene arbeite das BMK intensiv an den diesbezüglichen Spielregeln. So liege das Erneuerbare-Wärme-Gesetz seit Monaten dem Parlament vor. Wünschenswert sei eine rasche Beschlussfassung. Ähnliches gelte hinsichtlich des Erneuerbare-Gase-Gesetzes. Das BMK habe die teils umfangreichen Stellungnahmen zu seinem Entwurf verarbeitet. Nun gehe es um die Endabstimmung auf politischer Ebene. Deren Dauer lässt sich laut Schneider nicht abschätzen.

In Vorbereitung ist seitens des BMK eine Studie bezüglich eines österreichischen Netzes von CO2-Leitungen sowie Speicherstätten, ergänzte Schneider: „Es gibt bestimmte Produktionsprozesse, bei denen einfach CO2 entsteht, etwa die Zementherstellung. Also werden wir eine Art CO2-Endlager brauchen.“ Und um das Gas dorthin zu bringen, seien eben Leitungen nötig.

Mittwoch, 21.06.2023, 15:13 Uhr
Klaus Fischer

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.