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Energie & Management > Europaeische Union - Greenwashing von Gas- und Atomkraftwerken zurückgewiesen
Quelle: Shutterstock / jorisvo
Europaeische Union

Greenwashing von Gas- und Atomkraftwerken zurückgewiesen

Die Bevorzugung von Investitionen in die Atomenergie und Erdgas auf den Kapitalmärkten wird voraussichtlich keinen Bestand haben.
Die Abgeordneten des Umwelt- und des Währungsausschusses im Europäischen Parlament sprachen sich heute Mittag mit deutlicher Mehrheit (76:62:4) gegen einen Vorschlag der EU-Kommission zur sog. Taxonomie aus. Damit sollen Investitionen in diese beiden Technologien als besonders klima- und umweltfreundlich ausgewiesen werden. Auf den Kapitalmärkten gilt dieses Label als attraktiv. Investoren sind inzwischen bereit, dafür geringere Renditen zu akzeptieren als für Investitionen, die nicht als „grün“ gelten.

Außerdem gilt die Taxonomie als Maßstab für den Einsatz öffentlicher Gelder, insbesondere der von der Kommission aufgelegten „grünen Anleihen“. Beihilfen für Gas- oder Atomkraftwerke könnten mit dem Hinweis auf die nach der Taxonomie vorhandene Nachhaltigkeit leichter genehmigt werden.

Gegen den Vorschlag der Kommission sprachen sich Grüne, Sozialdemokraten und Linke sowie die meisten deutschen Abgeordneten aus. Bei dem Vorschlag der Kommission handelt es sich um einen „delegierten Rechtsakt“ auf Grundlage der Taxonomie-Verordnung, der automatisch in Kraft tritt, wenn er innerhalb von sechs Monaten nicht vom Ministerrat oder vom Parlament zurückgewiesen wird. Im Ministerrat findet voraussichtlich keine Abstimmung statt. Im Europäischen Parlament hatten Abgeordnete der Christdemokraten, der Grünen, Sozialdemokraten und Linken beantragt, den Vorschlag der Kommission zurückzuweisen.

Radioaktiver Müll und CO2-Ausstoß

Sie machen geltend, dass weder die Atomenergie noch der Einsatz von fossilem Gas als „nachhaltig“ im Sinne der Taxonomie-Verordnung gelten können. Atomkraftwerke erzeugten zwar keine Treibhausgase, der entstehende Atommüll könne jedoch nicht ohne langfristige Folgen entsorgt werden. Als klimaverträglich dürften nur Technologien akzeptiert werden, die an anderer Stelle keine signifikante Belastung der Umwelt darstellten. Die Kommission verlangt deswegen, dass neue AKW innovative Nukleartechnik einsetzen müssen, die nur „minimale“ Abfälle erzeugt. Das halten ihre Gegner für nicht ausreichend.

Beim Erdgas verweisen die Kritiker darauf, dass die von der Kommission festgelegten Grenzwerte für den Ausstoß von Kohlendioxid nicht anspruchsvoll genug seien. So dürften neue, fossile Gaskraftwerke, die nach 2030 genehmigt werden, nur noch 100 Gramm CO2 pro Kilowattstunde ausstoßen. Bis dahin gilt ein Grenzwert von 270 g CO2/kWh oder 550 kg /kWh im Jahr über eine Laufzeit von 20 Jahren. Außerdem müssen die Anlagen andere Kraftwerke ersetzen, die mehr Treibhausgase ausstoßen, und sie müssen ab 2036 auf den Einsatz grüner Gase umgestellt werden. Ähnliche Voraussetzungen gelten für Fernwärmeanlagen.

Mit dem Nachhaltigkeits-Etikett für Gas und Nukleartechnologie überschreitet die Kommission nach Ansicht der Kritiker außerdem ihre Kompetenzen. Eine politisch so umstrittene und weitreichende Entscheidung müsse im Rahmen eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens getroffen werden. Ein Rechtsakt, dem die gesetzgebenden Organe lediglich widersprechen könnten, reiche dafür nicht aus. Zumal die Kommission den Entwurf ihres Rechtstextes lediglich den Experten der Mitgliedsstaaten zugeleitet habe und nicht dem Parlament.

Das Ergebnis der Abstimmung in den beiden Ausschüssen, die ihr Votum gemeinsam abgaben, ist für das Plenum nicht bindend. Dort soll abschließend Anfang Juli abgestimmt werden. Um den Vorschlag der Kommission zurückzuweisen, müssen 353 Abgeordnete für den Antrag stimmen. Sollte diese absolute Mehrheit der Abgeordneten nicht zustande kommen, tritt der Text in Kraft, kann aber noch vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten werden. Die österreichische Regierung hat angekündigt, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen würde.

Dienstag, 14.06.2022, 14:50 Uhr
Tom Weingärtner
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Europaeische Union
Greenwashing von Gas- und Atomkraftwerken zurückgewiesen
Die Bevorzugung von Investitionen in die Atomenergie und Erdgas auf den Kapitalmärkten wird voraussichtlich keinen Bestand haben.
Die Abgeordneten des Umwelt- und des Währungsausschusses im Europäischen Parlament sprachen sich heute Mittag mit deutlicher Mehrheit (76:62:4) gegen einen Vorschlag der EU-Kommission zur sog. Taxonomie aus. Damit sollen Investitionen in diese beiden Technologien als besonders klima- und umweltfreundlich ausgewiesen werden. Auf den Kapitalmärkten gilt dieses Label als attraktiv. Investoren sind inzwischen bereit, dafür geringere Renditen zu akzeptieren als für Investitionen, die nicht als „grün“ gelten.

Außerdem gilt die Taxonomie als Maßstab für den Einsatz öffentlicher Gelder, insbesondere der von der Kommission aufgelegten „grünen Anleihen“. Beihilfen für Gas- oder Atomkraftwerke könnten mit dem Hinweis auf die nach der Taxonomie vorhandene Nachhaltigkeit leichter genehmigt werden.

Gegen den Vorschlag der Kommission sprachen sich Grüne, Sozialdemokraten und Linke sowie die meisten deutschen Abgeordneten aus. Bei dem Vorschlag der Kommission handelt es sich um einen „delegierten Rechtsakt“ auf Grundlage der Taxonomie-Verordnung, der automatisch in Kraft tritt, wenn er innerhalb von sechs Monaten nicht vom Ministerrat oder vom Parlament zurückgewiesen wird. Im Ministerrat findet voraussichtlich keine Abstimmung statt. Im Europäischen Parlament hatten Abgeordnete der Christdemokraten, der Grünen, Sozialdemokraten und Linken beantragt, den Vorschlag der Kommission zurückzuweisen.

Radioaktiver Müll und CO2-Ausstoß

Sie machen geltend, dass weder die Atomenergie noch der Einsatz von fossilem Gas als „nachhaltig“ im Sinne der Taxonomie-Verordnung gelten können. Atomkraftwerke erzeugten zwar keine Treibhausgase, der entstehende Atommüll könne jedoch nicht ohne langfristige Folgen entsorgt werden. Als klimaverträglich dürften nur Technologien akzeptiert werden, die an anderer Stelle keine signifikante Belastung der Umwelt darstellten. Die Kommission verlangt deswegen, dass neue AKW innovative Nukleartechnik einsetzen müssen, die nur „minimale“ Abfälle erzeugt. Das halten ihre Gegner für nicht ausreichend.

Beim Erdgas verweisen die Kritiker darauf, dass die von der Kommission festgelegten Grenzwerte für den Ausstoß von Kohlendioxid nicht anspruchsvoll genug seien. So dürften neue, fossile Gaskraftwerke, die nach 2030 genehmigt werden, nur noch 100 Gramm CO2 pro Kilowattstunde ausstoßen. Bis dahin gilt ein Grenzwert von 270 g CO2/kWh oder 550 kg /kWh im Jahr über eine Laufzeit von 20 Jahren. Außerdem müssen die Anlagen andere Kraftwerke ersetzen, die mehr Treibhausgase ausstoßen, und sie müssen ab 2036 auf den Einsatz grüner Gase umgestellt werden. Ähnliche Voraussetzungen gelten für Fernwärmeanlagen.

Mit dem Nachhaltigkeits-Etikett für Gas und Nukleartechnologie überschreitet die Kommission nach Ansicht der Kritiker außerdem ihre Kompetenzen. Eine politisch so umstrittene und weitreichende Entscheidung müsse im Rahmen eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens getroffen werden. Ein Rechtsakt, dem die gesetzgebenden Organe lediglich widersprechen könnten, reiche dafür nicht aus. Zumal die Kommission den Entwurf ihres Rechtstextes lediglich den Experten der Mitgliedsstaaten zugeleitet habe und nicht dem Parlament.

Das Ergebnis der Abstimmung in den beiden Ausschüssen, die ihr Votum gemeinsam abgaben, ist für das Plenum nicht bindend. Dort soll abschließend Anfang Juli abgestimmt werden. Um den Vorschlag der Kommission zurückzuweisen, müssen 353 Abgeordnete für den Antrag stimmen. Sollte diese absolute Mehrheit der Abgeordneten nicht zustande kommen, tritt der Text in Kraft, kann aber noch vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten werden. Die österreichische Regierung hat angekündigt, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen würde.

Dienstag, 14.06.2022, 14:50 Uhr
Tom Weingärtner

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