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Energie & Management > Recht - Gezerre mit der Bundesnetzagentur um Netzrenditen
Bild: Bundesnetzsagentur Hauptsitz
Recht

Gezerre mit der Bundesnetzagentur um Netzrenditen

Unabhängig vom EuGH-Urteil am 2. September bleibt die Bundesnetzagentur Zielscheibe der Kritik. Ein neuer nationaler Rechtsstreit über Eigenkapitalzinsen von Netzbetreibern ist denkbar.
In Luxemburg befindet der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 2. September darüber, ob die EU-Kommission recht und die Bundesregierung die Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinie nicht korrekt in deutsches Recht überführt hat. Dabei fällt zugleich eine Entscheidung über die Rolle der Bundesnetzagentur, die nach Brüsseler Auffassung eine viel größere Autonomie auch bei der Festlegung von Netzentgelten und anderen Tarifen haben müsste.

Wie die Bundesnetzagentur ihren Spielraum ausnutzt, treibt Gas- und Stromnetzbetreiber aber schon vor dem wegweisenden Urteil des EuGH auf die Palme und vor die Gerichte. Nackenschläge sind dort indes nicht auszuschließen. So verwarf das Bundesverfassungsgericht jetzt - wie berichtet - den letztinstanzlichen Versuch klagender Unternehmen, die Berechnungsgrundlagen der Regulierungsbehörde für den Eigenkapitalzins der 3. Regulierungsperiode zu kippen. Ziel der Netzbetreiber war, eine höhere Rendite für das eingesetzte Kapital zu bekommen, mit dem vor allem der Netzausbau in der Energiewende finanziert werden soll.

Neuerlicher Gerichtsstreit nicht ausgeschlossen

Weil die Bundesnetzagentur für die 2023 (Gas) und 2024 (Strom) beginnende 4. Regulierungsperiode ähnliche Rechenformeln zugrunde gelegt hat, wiederholt sich nun das Spiel. Oder, um mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zu sprechen: "Leider wurden bisher wesentliche Entwicklungen wie beispielsweise die Entwicklung der Renditeerwartung der Investoren nicht berücksichtigt", so der Verband auf Anfrage von E&M.

Die Gas- und Stromlobby läuft entsprechend Sturm gegen die ihrer Ansicht nach zu niedrigen Ertragszinsen. Bis mindestens Anfang Oktober bleibt Zeit, in den Konsultationen mit der Bundesnetzagentur mehr herauszuschlagen. Falls das fehlschlägt, ist eine neue gerichtliche Überprüfung möglich.

Die kürzlich erlittene Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht, das eine Verfassungsbeschwerde von Netzbetreibern im Zusammenhang mit dem Eigenkapitalzins der 3. Regulierungsperiode abgewiesen hatte, hat die Erfolgsaussichten zwar geschmälert. Dennoch lässt etwa der BDEW anklingen, die Entscheidung der Bundesnetzagentur nicht unwidersprochen hinzunehmen.

Die Agentur werde unabhängig vom Karlsruher Urteil „nicht umhinkommen wird, ihren Festlegungsentwurf fachlich und vom Ergebnis her nachzubessern“, so der BDEW. Dies werde „für die Akzeptanz der Festlegung definitiv notwendig sein.“ Mit anderen Worten: Der BDEW, selbst bei der 3. Regulierungsperiode nicht klageführend, geht offenbar davon aus, dass Netzbetreiber gegen zu niedrige Zinssätze in der 4. Regulierungsperiode erneut vorgehen.

Dass der Rechtsweg für die Netzbetreiber diesmal nicht ins Nichts führen muss, dafür sieht auch Stefan Missling Anhaltspunkte. Die Bundesnetzagentur habe bei ihrer im Juli veröffentlichten Zinssatz-Ankündigung selbst ein Einfallstor für Widerspruch geöffnet, so der Regulierungsexperte der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) gegenüber unserer Redaktion. Der Verweis der eingesetzten Gutachter, dass die für die Ermittlung der Marktrisikoprämie verwendeten Basiszinssätze keinen belastbaren Bezug zu den gegenwärtigen Werten hätten, entlarve letztlich den starren Rechenmechanismus als „ökonomischen Unsinn“.

Die Bundesnetzagentur selbst spricht von einer "methodischen Inkonsistenz", die eine Anpassung begründe. „Damit hat die Bundesnetzagentur selbst eingeräumt, was von vielen Experten an der Berechnung der Behörde bemängelt wird", so Missling. „Jetzt wird es spannend.“

Fachanwalt blickt gespannt auf Rechtsgrundlage nach EuGH-Urteil

Ob es einen neuerlichen Rechtsstreit geben wird, darüber wollte Missling allerdings nicht spekulieren. Die Erfolgsaussichten nach dem Karlsruher Urteil „sind alles andere als eindeutig“. Außerdem liefen die gemeinsamen Beratungen noch. Zugleich habe die Bundesnetzagentur zu erkennen gegeben, ihr Renditeangebot erhöhen zu wollen. Den ermittelten Wert von 4,59 % nach Steuern betitelt die Agentur selbst als „Mindestsatz“, der um 0,25 Prozentpunkte steigen könnte. „Das liegt aber immer noch deutlich unter den von den Netzbetreibern geforderten Sätzen“, sagt Missling.

Die Sätze bis zum 6. Oktober endgültig festlegen zu wollen, hält Stefan Missling für „sportlich“. Ohnehin könne die Entgeltregulierung durch das EuGH-Urteil vom 2. September dann Geschichte sein. „Dann“, so Missling, „stellt sich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Bundesnetzagentur überhaupt operiert. Ich rechne für diesen Fall bei der Festlegung der Eigenkapitalzinssätze mit einer Verzögerung.“

Dienstag, 31.08.2021, 15:36 Uhr
Volker Stephan
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Gezerre mit der Bundesnetzagentur um Netzrenditen
Unabhängig vom EuGH-Urteil am 2. September bleibt die Bundesnetzagentur Zielscheibe der Kritik. Ein neuer nationaler Rechtsstreit über Eigenkapitalzinsen von Netzbetreibern ist denkbar.
In Luxemburg befindet der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 2. September darüber, ob die EU-Kommission recht und die Bundesregierung die Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinie nicht korrekt in deutsches Recht überführt hat. Dabei fällt zugleich eine Entscheidung über die Rolle der Bundesnetzagentur, die nach Brüsseler Auffassung eine viel größere Autonomie auch bei der Festlegung von Netzentgelten und anderen Tarifen haben müsste.

Wie die Bundesnetzagentur ihren Spielraum ausnutzt, treibt Gas- und Stromnetzbetreiber aber schon vor dem wegweisenden Urteil des EuGH auf die Palme und vor die Gerichte. Nackenschläge sind dort indes nicht auszuschließen. So verwarf das Bundesverfassungsgericht jetzt - wie berichtet - den letztinstanzlichen Versuch klagender Unternehmen, die Berechnungsgrundlagen der Regulierungsbehörde für den Eigenkapitalzins der 3. Regulierungsperiode zu kippen. Ziel der Netzbetreiber war, eine höhere Rendite für das eingesetzte Kapital zu bekommen, mit dem vor allem der Netzausbau in der Energiewende finanziert werden soll.

Neuerlicher Gerichtsstreit nicht ausgeschlossen

Weil die Bundesnetzagentur für die 2023 (Gas) und 2024 (Strom) beginnende 4. Regulierungsperiode ähnliche Rechenformeln zugrunde gelegt hat, wiederholt sich nun das Spiel. Oder, um mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zu sprechen: "Leider wurden bisher wesentliche Entwicklungen wie beispielsweise die Entwicklung der Renditeerwartung der Investoren nicht berücksichtigt", so der Verband auf Anfrage von E&M.

Die Gas- und Stromlobby läuft entsprechend Sturm gegen die ihrer Ansicht nach zu niedrigen Ertragszinsen. Bis mindestens Anfang Oktober bleibt Zeit, in den Konsultationen mit der Bundesnetzagentur mehr herauszuschlagen. Falls das fehlschlägt, ist eine neue gerichtliche Überprüfung möglich.

Die kürzlich erlittene Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht, das eine Verfassungsbeschwerde von Netzbetreibern im Zusammenhang mit dem Eigenkapitalzins der 3. Regulierungsperiode abgewiesen hatte, hat die Erfolgsaussichten zwar geschmälert. Dennoch lässt etwa der BDEW anklingen, die Entscheidung der Bundesnetzagentur nicht unwidersprochen hinzunehmen.

Die Agentur werde unabhängig vom Karlsruher Urteil „nicht umhinkommen wird, ihren Festlegungsentwurf fachlich und vom Ergebnis her nachzubessern“, so der BDEW. Dies werde „für die Akzeptanz der Festlegung definitiv notwendig sein.“ Mit anderen Worten: Der BDEW, selbst bei der 3. Regulierungsperiode nicht klageführend, geht offenbar davon aus, dass Netzbetreiber gegen zu niedrige Zinssätze in der 4. Regulierungsperiode erneut vorgehen.

Dass der Rechtsweg für die Netzbetreiber diesmal nicht ins Nichts führen muss, dafür sieht auch Stefan Missling Anhaltspunkte. Die Bundesnetzagentur habe bei ihrer im Juli veröffentlichten Zinssatz-Ankündigung selbst ein Einfallstor für Widerspruch geöffnet, so der Regulierungsexperte der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) gegenüber unserer Redaktion. Der Verweis der eingesetzten Gutachter, dass die für die Ermittlung der Marktrisikoprämie verwendeten Basiszinssätze keinen belastbaren Bezug zu den gegenwärtigen Werten hätten, entlarve letztlich den starren Rechenmechanismus als „ökonomischen Unsinn“.

Die Bundesnetzagentur selbst spricht von einer "methodischen Inkonsistenz", die eine Anpassung begründe. „Damit hat die Bundesnetzagentur selbst eingeräumt, was von vielen Experten an der Berechnung der Behörde bemängelt wird", so Missling. „Jetzt wird es spannend.“

Fachanwalt blickt gespannt auf Rechtsgrundlage nach EuGH-Urteil

Ob es einen neuerlichen Rechtsstreit geben wird, darüber wollte Missling allerdings nicht spekulieren. Die Erfolgsaussichten nach dem Karlsruher Urteil „sind alles andere als eindeutig“. Außerdem liefen die gemeinsamen Beratungen noch. Zugleich habe die Bundesnetzagentur zu erkennen gegeben, ihr Renditeangebot erhöhen zu wollen. Den ermittelten Wert von 4,59 % nach Steuern betitelt die Agentur selbst als „Mindestsatz“, der um 0,25 Prozentpunkte steigen könnte. „Das liegt aber immer noch deutlich unter den von den Netzbetreibern geforderten Sätzen“, sagt Missling.

Die Sätze bis zum 6. Oktober endgültig festlegen zu wollen, hält Stefan Missling für „sportlich“. Ohnehin könne die Entgeltregulierung durch das EuGH-Urteil vom 2. September dann Geschichte sein. „Dann“, so Missling, „stellt sich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Bundesnetzagentur überhaupt operiert. Ich rechne für diesen Fall bei der Festlegung der Eigenkapitalzinssätze mit einer Verzögerung.“

Dienstag, 31.08.2021, 15:36 Uhr
Volker Stephan

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