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Energie & Management > Windkraft Offshore - Gericht stoppt Zombie Offshore-Terminal endgültig
Quelle: Shutterstock / Paul Biryukov
Windkraft Offshore

Gericht stoppt Zombie Offshore-Terminal endgültig

Sieben Jahre lang ist das Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) als Zombie in der Rechtswelt umhergegeistert. Jetzt ist es durch eine letztinstanzliche Gerichtsentscheidung endgültig tot.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hält den Stopp des Baurechts für ein Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) endgültig aufrecht. Es wies eine Beschwerde des Landes Bremen gegen ein Urteil des dortigen Oberverwaltungsgerichts, wonach der entsprechende Planfeststellungsbeschluss von 2015 „funktionslos“ geworden sei, letztinstanzlich zurück.

Der Beschluss war bereits am 20. September gefallen, aber erst jetzt samt Begründung veröffentlicht worden. Er liegt dieser Redaktion vor (Aktenzeichen 7 B 4.22).

Damit endet ein siebenjähriger Rechtsstreit des Landes Bremen und seiner Hafengesellschaft Bremenports um einen Vormontage- und Umschlagplatz für Offshore-Windkraftkomponenten auf der Bremerhavener Luneplate nach drei Instanzen mit einem durchgehenden Sieg des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Bremen.

Die Idee für ein OTB war in den Boom-Zeiten der Windkraft auf See 2009 aufgekommen. Ende 2015 fasste das Land den Planfeststellungsbeschluss und begann, dafür ein 180 Mio. Euro schweres Sondervermögen aufzubauen. Noch im selben Jahr klagte der BUND dagegen und bekam Mitte 2016 im Eilverfahren und 2019 in der Hauptsache vom Verwaltungsgericht Bremen Recht. Das Gericht sah damals Mängel in der Abwägung gemäß Fauna-Flora-Habitat- und Wasserrahmenrichtlinien. Vor der Fläche liegt ein Wattenmeer-Vogelschutzgebiet.

Die Landesregierung ging beim Hanseatischen Oberverwaltungsgericht Bremen in Berufung und verlor im November 2021 auch dort. Allerdings mit einer anderen Begründung: Das Gericht urteilte, der Planfeststellungsbeschluss sei "funktionslos" und damit "unwirksam" geworden, weil es die Realisierungschancen für das OTB mittlerweile für unwahrscheinlich erachtete. Damit entfalle aber die "Planrechtfertigung", dass das Vorhaben "vernünftigerweise geboten" wäre.

Vor allem folgende veränderte Verhältnisse sah das Gericht als entscheidend an:
  • Alle zwei Offshore-Windturbinenhersteller hatten ihre Produktion im Land Bremen eingestellt. Die neugebildete Siemens Gamesa war 2017 komplett nach Cuxhaven gezogen und hatte das Bremerhavener Werk der bisherigen Adwen dichtgemacht. Der Hafen Cuxhaven hatte dafür ein Offshore-Terminal aufgebaut. 2019 rauschte die Bremer Senvion in die Pleite.
  • Die vorgesehenen Vormontage-Tätigkeiten werden nun an den Windparks selbst erledigt.
  • Der Bund hatte zu Groko-Zeiten die Offshore-Ausbauziele drastisch gekappt.
  • Die 2019 unter Hereinnahme der Linken gebildete rot-rot-grüne Landesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag ein Moratorium für das OTB bis 2023 vereinbart.
  • Das Projekt war nicht mehr finanziert: Das angesparte Sondervermögen wurde in der Folge aufgelöst. Eine Kreditaufnahme hielt das OVG angesichts der Schuldenbremse für undurchführbar.
Revision war nicht zugelassen worden, weil das OVG alle abstrakten rechtlichen Gesichtspunkte bereits als vom Bundesverwaltungsgericht entschieden ansah.

Was die Senatorin vorbrachte, was Leipzig dazu urteilte

Das sah Hafensenatorin Claudia Schilling (SPD) anders und reichte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Es sei unter anderem "absehbar, dass weitere nationale und regionale Hafeninfrastrukturen erforderlich sind" angesichts der "gigantischen" Offshore-Ausbaupläne der Ampelkoalition im Bund. Ihnen zufolge soll die installierte Leistung auf See zunächst bis 2030 auf 30.000 MW mehr als verdreifacht werden.

Das OVG hatte aber aus Sicht der Leipziger Richter sein Urteil gar nicht damit begründet, die nun wieder hochgeschraubten Offshore-Ausbauziele kämen in ihren belebenden Auswirkungen auf die Branche zu spät für den zehnjährigen „Zeithorizont“ des Planfeststellungsbeschlusses. VIelmehr habe es "derartige positive Auswirkungen als solche in Abrede gestellt". Grund: Die Senatorin habe in Bremen nicht „substantiiert“ vortragen lassen, „dass gerade der Offshore-Terminal Bremerhaven wieder benötigt werde, was angesichts der veränderten Umstände auch nicht ansatzweise zu erwarten sei“.

Was Bremen jetzt plant

Hafensenatorin Schilling nannte auf Anfrage dieser Redaktion den Stopp des OTB einen "historischen Fehler". Der Bedarf dafür existiere. Das Land Bremen will jetzt allgemein für Energiewende-Unternehmen ein "attraktives Infrastrukturangebot für eine Ansiedlung in Bremerhaven" schaffen. Dazu gehöre vor allem die Entwicklung von 160 Hektar Gewerbefläche im südlichen Fischereihafen − also nördlich des vorgesehenen OTB-Standorts −, die von 2023 sukzessive erschlossen werden sollen. Die Hafengesellschaft Bremenports und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Bis Bremerhaven sollen bis Anfang 2023 eine Potenzialstudie vorlegen.

Mittwoch, 9.11.2022, 08:40 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Offshore - Gericht stoppt Zombie Offshore-Terminal endgültig
Quelle: Shutterstock / Paul Biryukov
Windkraft Offshore
Gericht stoppt Zombie Offshore-Terminal endgültig
Sieben Jahre lang ist das Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) als Zombie in der Rechtswelt umhergegeistert. Jetzt ist es durch eine letztinstanzliche Gerichtsentscheidung endgültig tot.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hält den Stopp des Baurechts für ein Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) endgültig aufrecht. Es wies eine Beschwerde des Landes Bremen gegen ein Urteil des dortigen Oberverwaltungsgerichts, wonach der entsprechende Planfeststellungsbeschluss von 2015 „funktionslos“ geworden sei, letztinstanzlich zurück.

Der Beschluss war bereits am 20. September gefallen, aber erst jetzt samt Begründung veröffentlicht worden. Er liegt dieser Redaktion vor (Aktenzeichen 7 B 4.22).

Damit endet ein siebenjähriger Rechtsstreit des Landes Bremen und seiner Hafengesellschaft Bremenports um einen Vormontage- und Umschlagplatz für Offshore-Windkraftkomponenten auf der Bremerhavener Luneplate nach drei Instanzen mit einem durchgehenden Sieg des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Bremen.

Die Idee für ein OTB war in den Boom-Zeiten der Windkraft auf See 2009 aufgekommen. Ende 2015 fasste das Land den Planfeststellungsbeschluss und begann, dafür ein 180 Mio. Euro schweres Sondervermögen aufzubauen. Noch im selben Jahr klagte der BUND dagegen und bekam Mitte 2016 im Eilverfahren und 2019 in der Hauptsache vom Verwaltungsgericht Bremen Recht. Das Gericht sah damals Mängel in der Abwägung gemäß Fauna-Flora-Habitat- und Wasserrahmenrichtlinien. Vor der Fläche liegt ein Wattenmeer-Vogelschutzgebiet.

Die Landesregierung ging beim Hanseatischen Oberverwaltungsgericht Bremen in Berufung und verlor im November 2021 auch dort. Allerdings mit einer anderen Begründung: Das Gericht urteilte, der Planfeststellungsbeschluss sei "funktionslos" und damit "unwirksam" geworden, weil es die Realisierungschancen für das OTB mittlerweile für unwahrscheinlich erachtete. Damit entfalle aber die "Planrechtfertigung", dass das Vorhaben "vernünftigerweise geboten" wäre.

Vor allem folgende veränderte Verhältnisse sah das Gericht als entscheidend an:
  • Alle zwei Offshore-Windturbinenhersteller hatten ihre Produktion im Land Bremen eingestellt. Die neugebildete Siemens Gamesa war 2017 komplett nach Cuxhaven gezogen und hatte das Bremerhavener Werk der bisherigen Adwen dichtgemacht. Der Hafen Cuxhaven hatte dafür ein Offshore-Terminal aufgebaut. 2019 rauschte die Bremer Senvion in die Pleite.
  • Die vorgesehenen Vormontage-Tätigkeiten werden nun an den Windparks selbst erledigt.
  • Der Bund hatte zu Groko-Zeiten die Offshore-Ausbauziele drastisch gekappt.
  • Die 2019 unter Hereinnahme der Linken gebildete rot-rot-grüne Landesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag ein Moratorium für das OTB bis 2023 vereinbart.
  • Das Projekt war nicht mehr finanziert: Das angesparte Sondervermögen wurde in der Folge aufgelöst. Eine Kreditaufnahme hielt das OVG angesichts der Schuldenbremse für undurchführbar.
Revision war nicht zugelassen worden, weil das OVG alle abstrakten rechtlichen Gesichtspunkte bereits als vom Bundesverwaltungsgericht entschieden ansah.

Was die Senatorin vorbrachte, was Leipzig dazu urteilte

Das sah Hafensenatorin Claudia Schilling (SPD) anders und reichte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Es sei unter anderem "absehbar, dass weitere nationale und regionale Hafeninfrastrukturen erforderlich sind" angesichts der "gigantischen" Offshore-Ausbaupläne der Ampelkoalition im Bund. Ihnen zufolge soll die installierte Leistung auf See zunächst bis 2030 auf 30.000 MW mehr als verdreifacht werden.

Das OVG hatte aber aus Sicht der Leipziger Richter sein Urteil gar nicht damit begründet, die nun wieder hochgeschraubten Offshore-Ausbauziele kämen in ihren belebenden Auswirkungen auf die Branche zu spät für den zehnjährigen „Zeithorizont“ des Planfeststellungsbeschlusses. VIelmehr habe es "derartige positive Auswirkungen als solche in Abrede gestellt". Grund: Die Senatorin habe in Bremen nicht „substantiiert“ vortragen lassen, „dass gerade der Offshore-Terminal Bremerhaven wieder benötigt werde, was angesichts der veränderten Umstände auch nicht ansatzweise zu erwarten sei“.

Was Bremen jetzt plant

Hafensenatorin Schilling nannte auf Anfrage dieser Redaktion den Stopp des OTB einen "historischen Fehler". Der Bedarf dafür existiere. Das Land Bremen will jetzt allgemein für Energiewende-Unternehmen ein "attraktives Infrastrukturangebot für eine Ansiedlung in Bremerhaven" schaffen. Dazu gehöre vor allem die Entwicklung von 160 Hektar Gewerbefläche im südlichen Fischereihafen − also nördlich des vorgesehenen OTB-Standorts −, die von 2023 sukzessive erschlossen werden sollen. Die Hafengesellschaft Bremenports und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Bis Bremerhaven sollen bis Anfang 2023 eine Potenzialstudie vorlegen.

Mittwoch, 9.11.2022, 08:40 Uhr
Georg Eble

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