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Energie & Management > Stromnetz - Geplanter Teilverkauf von Transnet BW erhitzt Gemüter
Portal im Umspannwerk Daxlanden. Quelle: Transnet BW
Stromnetz

Geplanter Teilverkauf von Transnet BW erhitzt Gemüter

Der geplante Teilverkauf von Transnet BW hat in Baden-Württemberg Debatten ausgelöst. Der Bund soll Anteile des Netzbetreibers übernehmen − wie bereits bei 50 Hertz.
Noch hält die EnBW Energie Baden-Württemberg AG 100 Prozent der Anteile am Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW. Der Karlsruher Konzern will jedoch 49,9 Prozent an ihrem Tochterunternehmen mit Sitz in Stuttgart verkaufen (wir berichteten). Im baden-württembergischen Landtag gibt es quer durch die Fraktionen Bedenken. Landesfinanzminister Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen) rechtfertigte in einer Debatte die Verkaufspläne gegen scharfe Kritik. Der Landtag befasste sich nach einem Antrag der SPD kurz vor der Weihnachtspause mit dem Thema.

Bereits im Februar hatte die EnBW ihre Pläne zum Teilverkauf der Netztochter publik gemacht und dem Bund wenige Monate später ein Vorkaufsrecht für Anteile eingeräumt. Die staatliche Bank KfW hat im August ein Vorkaufsrecht für einen Anteil von 24,95 Prozent erhalten, teilte der Konzern damals mit (wir berichteten). Für den zweiten Anteil − knapp ein weiteres Viertel des südwestdeutschen Unternehmens − wird nun nach einem Investor gesucht. „Ich sehe die Chance, das nötige Kapital für schnelleren Netzausbau und für effektiven Klimaschutz zu mobilisieren“, sagte Bayaz in der Landtagsdebatte. Außerdem bleibe der Energiekonzern EnBW Mehrheitsgesellschafter.

Fraktionsvorsitzender Andreas Stoch (SPD) kritisierte die Pläne im Landtag scharf. Insbesondere dieses Jahr mit der aktuellen Gaskrise habe gezeigt, wie wichtig es sei, dass kritische Infrastruktur in öffentlicher Hand bleibe. „Niemals darf man Anteile an einer so elementar wichtigen Infrastruktur an privatwirtschaftliche Unternehmen verkaufen, die ihre eigene Agenda haben und durch die man sich letztendlich auch erpressbar macht. Schon gar nicht an internationale Investmentgesellschaften oder Hedgefonds“.

„Gazprom-Geschäfte und China-Deals dürfen sich nicht wiederholen“

Die FDP begrüßt zwar den Teilverkauf, warnt aber: „Die Anteile, die an private Investoren verkauft werden sollen, dürfen nicht an dubiose Dritte gehen. Gazprom-Geschäfte und China-Deals dürfen sich nicht wiederholen“, betonte Frank Bonath, Energiepolitischer Sprecher der FDP. Finanzminister Bayaz versicherte, dass Länder wie Katar, China oder Saudi-Arabien nicht zum Zug kommen werden.

Branchenkreise beziffern den Gesamtwert der zu veräußernden Anteile auf etwa 1 Milliarde Euro, je Minderanteil also etwa die Hälfte. Den Umsatz für das vergangene Jahr gab Transnet mit 9 Mrd. Euro an. Zum Bieterkreis gehören wohl neben dem Versicherungskonzern Allianz (München) und dem Investment-Riesen Blackrock (USA) auch Banken unter Führung der Stuttgarter SV Sparkassenversicherung.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte vor den Weihnachtsfeiertagen laut dpa, das Land habe nicht die Mittel, um selbst einzusteigen. CDU-Fraktionschef Hagel warnte: „Beim Netzausbau und bei der Kapitalbeschaffung müssen wir aber darauf achten, dass kritische Infrastruktur nicht in die Hände von ausländischen Investoren fällt. Die geopolitischen Entwicklungen zeigen, wie wichtig das ist.“

EnBW braucht Geld für nötige Infrastrukturprojekte

EnBW ist bei dem Deal auf frisches Geld aus, weniger auf strategische Partner. Das zeigt auch die Zerstückelung der zum Verkauf stehenden 49,9 Prozent am Tochterunternehmen auf zwei 24,95-Prozent-Tranchen. Damit liegen die potenziellen Einkäufer unterhalb einer Sperrminorität von 25,1 Prozent. Zudem soll die Beteiligung über eine noch zu gründende Zwischengesellschaft erfolgen.

EnBW benötigt dringend Geld für „Wachstumsinvestitionen“, die sich bis 2025 auf 12 Milliarden Euro belaufen sollen. 6 Milliarden Euro will EnBW künftig in Strom- und Gasnetze investieren, weitere 4 Milliarden Euro sind für erneuerbare Energien und Fuel-Switch-Projekte vorgesehen, also der Umstellung von Kohle auf Erdgas und perspektivisch auf Wasserstoff.

Dabei ist die Debatte um Transnet BW mitnichten die erste: Der Bund steigt womöglich nun doch auch beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet ein. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) bestätigte Ende November, dass die Gespräche mit der niederländischen Regierung über den Einstieg bei Tennet wieder laufen. Genauer wollte sich das BMWK noch nicht äußern. Im Mai 2020 hatten die Niederlande und Deutschland eine Absichtserklärung unterzeichnet. Hintergrund waren die hohen anstehenden Investitionen bei Tennet, der dem niederländischen Staat gehört, aber auch die Netze im Nordwesten der Bundesrepublik betreibt und für die Energiewende ausbauen muss.

Bereits seit 2018 hält die Bundesregierung ein Fünftel am ostdeutschen Stromnetz-Betreiber 50 Hertz. Damit wurde der Einstieg eines chinesischen Investors verhindert. Damals hatte der belgische 50 Hertz-Mehrheitseigner Elia die übrigen Altanteile des australischen Infrastrukturfond IFM in Höhe von 40 Prozent übernommen und 20 Prozent an die KfW weiter verkauft. An den IFM-Anteilen hatte auch der chinesische Quasi-Netzmonopolist SGCC Interesse bekundet.

Mittwoch, 28.12.2022, 14:15 Uhr
Heidi Roider
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Geplanter Teilverkauf von Transnet BW erhitzt Gemüter
Der geplante Teilverkauf von Transnet BW hat in Baden-Württemberg Debatten ausgelöst. Der Bund soll Anteile des Netzbetreibers übernehmen − wie bereits bei 50 Hertz.
Noch hält die EnBW Energie Baden-Württemberg AG 100 Prozent der Anteile am Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW. Der Karlsruher Konzern will jedoch 49,9 Prozent an ihrem Tochterunternehmen mit Sitz in Stuttgart verkaufen (wir berichteten). Im baden-württembergischen Landtag gibt es quer durch die Fraktionen Bedenken. Landesfinanzminister Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen) rechtfertigte in einer Debatte die Verkaufspläne gegen scharfe Kritik. Der Landtag befasste sich nach einem Antrag der SPD kurz vor der Weihnachtspause mit dem Thema.

Bereits im Februar hatte die EnBW ihre Pläne zum Teilverkauf der Netztochter publik gemacht und dem Bund wenige Monate später ein Vorkaufsrecht für Anteile eingeräumt. Die staatliche Bank KfW hat im August ein Vorkaufsrecht für einen Anteil von 24,95 Prozent erhalten, teilte der Konzern damals mit (wir berichteten). Für den zweiten Anteil − knapp ein weiteres Viertel des südwestdeutschen Unternehmens − wird nun nach einem Investor gesucht. „Ich sehe die Chance, das nötige Kapital für schnelleren Netzausbau und für effektiven Klimaschutz zu mobilisieren“, sagte Bayaz in der Landtagsdebatte. Außerdem bleibe der Energiekonzern EnBW Mehrheitsgesellschafter.

Fraktionsvorsitzender Andreas Stoch (SPD) kritisierte die Pläne im Landtag scharf. Insbesondere dieses Jahr mit der aktuellen Gaskrise habe gezeigt, wie wichtig es sei, dass kritische Infrastruktur in öffentlicher Hand bleibe. „Niemals darf man Anteile an einer so elementar wichtigen Infrastruktur an privatwirtschaftliche Unternehmen verkaufen, die ihre eigene Agenda haben und durch die man sich letztendlich auch erpressbar macht. Schon gar nicht an internationale Investmentgesellschaften oder Hedgefonds“.

„Gazprom-Geschäfte und China-Deals dürfen sich nicht wiederholen“

Die FDP begrüßt zwar den Teilverkauf, warnt aber: „Die Anteile, die an private Investoren verkauft werden sollen, dürfen nicht an dubiose Dritte gehen. Gazprom-Geschäfte und China-Deals dürfen sich nicht wiederholen“, betonte Frank Bonath, Energiepolitischer Sprecher der FDP. Finanzminister Bayaz versicherte, dass Länder wie Katar, China oder Saudi-Arabien nicht zum Zug kommen werden.

Branchenkreise beziffern den Gesamtwert der zu veräußernden Anteile auf etwa 1 Milliarde Euro, je Minderanteil also etwa die Hälfte. Den Umsatz für das vergangene Jahr gab Transnet mit 9 Mrd. Euro an. Zum Bieterkreis gehören wohl neben dem Versicherungskonzern Allianz (München) und dem Investment-Riesen Blackrock (USA) auch Banken unter Führung der Stuttgarter SV Sparkassenversicherung.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte vor den Weihnachtsfeiertagen laut dpa, das Land habe nicht die Mittel, um selbst einzusteigen. CDU-Fraktionschef Hagel warnte: „Beim Netzausbau und bei der Kapitalbeschaffung müssen wir aber darauf achten, dass kritische Infrastruktur nicht in die Hände von ausländischen Investoren fällt. Die geopolitischen Entwicklungen zeigen, wie wichtig das ist.“

EnBW braucht Geld für nötige Infrastrukturprojekte

EnBW ist bei dem Deal auf frisches Geld aus, weniger auf strategische Partner. Das zeigt auch die Zerstückelung der zum Verkauf stehenden 49,9 Prozent am Tochterunternehmen auf zwei 24,95-Prozent-Tranchen. Damit liegen die potenziellen Einkäufer unterhalb einer Sperrminorität von 25,1 Prozent. Zudem soll die Beteiligung über eine noch zu gründende Zwischengesellschaft erfolgen.

EnBW benötigt dringend Geld für „Wachstumsinvestitionen“, die sich bis 2025 auf 12 Milliarden Euro belaufen sollen. 6 Milliarden Euro will EnBW künftig in Strom- und Gasnetze investieren, weitere 4 Milliarden Euro sind für erneuerbare Energien und Fuel-Switch-Projekte vorgesehen, also der Umstellung von Kohle auf Erdgas und perspektivisch auf Wasserstoff.

Dabei ist die Debatte um Transnet BW mitnichten die erste: Der Bund steigt womöglich nun doch auch beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet ein. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) bestätigte Ende November, dass die Gespräche mit der niederländischen Regierung über den Einstieg bei Tennet wieder laufen. Genauer wollte sich das BMWK noch nicht äußern. Im Mai 2020 hatten die Niederlande und Deutschland eine Absichtserklärung unterzeichnet. Hintergrund waren die hohen anstehenden Investitionen bei Tennet, der dem niederländischen Staat gehört, aber auch die Netze im Nordwesten der Bundesrepublik betreibt und für die Energiewende ausbauen muss.

Bereits seit 2018 hält die Bundesregierung ein Fünftel am ostdeutschen Stromnetz-Betreiber 50 Hertz. Damit wurde der Einstieg eines chinesischen Investors verhindert. Damals hatte der belgische 50 Hertz-Mehrheitseigner Elia die übrigen Altanteile des australischen Infrastrukturfond IFM in Höhe von 40 Prozent übernommen und 20 Prozent an die KfW weiter verkauft. An den IFM-Anteilen hatte auch der chinesische Quasi-Netzmonopolist SGCC Interesse bekundet.

Mittwoch, 28.12.2022, 14:15 Uhr
Heidi Roider

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