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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Genug Wind ist schon mal da
Bild: Fotolia/psdesign1
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Genug Wind ist schon mal da

Kroatien gehört zu den kleinen Windkraftnationen. Die Bora weht zwar stark, doch die Genehmigungen verlaufen schleppend. Gleichwohl äußern sich Projektentwickler optimistisch.
Die wenigsten denken an Kroatien, wenn es um die Windenergie geht. Das jüngste EU-Land ist halt relativ klein und zudem ist die schwierige Transformation vom früheren jugoslawischen Sozialismus hin zu demokratischen Strukturen mit rechtssicheren, marktwirtschaftlichen Prinzipien immer noch nicht abgeschlossen.
Und dennoch ist Kroatien mit seiner langen Küste an der Adria gerade auch für die Windenergie ein durchaus interessantes Terrain. Das weiß kaum einer besser als Andreas Chollet, der als Chef für Osteuropa für die Bremer WPD AG seit fast zwei Jahrzehnten in dem Balkanland aktiv ist. „Der Wind ist toll“, kann sich Chollet begeistern, „an der Küste weht er häufig mit sieben bis acht Metern im Durchschnitt und an manchen Standorten sogar zehn Meter pro Sekunde.“

Das ist ein wichtiger Garant für gute Erträge, die die WPD auch mit ihrem ersten Windpark „Trtar-Krtolin“ nahe der dalmatinischen Stadt Sibenik eingefahren hat. Dort sind 14 Enercon-Anlagen vom Typ E48 seit 2006 in Betrieb.
 
Kroatien ist als Segelparadies bekannt. Der Nordostwind Bora macht im Westen des Landes auch Windkraft attraktiv
Quelle: Pixabay/Milivigerova

So gut die Winde auch wehen − zumeist starke Nordostwinde namens Bora/Bura −, ist Kroatien für die Windenergie kein leichtes Pflaster. Zwar sind bis dato rund 800 MW Leistung in insgesamt 27 Windparks installiert, wovon die WPD als einer der Branchen-Platzhirsche 92 MW betreibt, auf vier Windparks verteilt.

Riesiger Genehmigungsstau

Doch stockt der Ausbau derzeit. Das liegt weniger an den Tarifen, die über einen Zeitraum von zwölf Jahren auf einem hohen Niveau von über 9 Cent pro kWh gesetzlich festgelegt sind, sondern vielmehr an den schleppenden Genehmigungsverfahren, vielerorts auf Flächen in staatlicher Hand. So gibt es einen riesigen Stau von alten Projekten, die zwar beim zuständigen Ministerium längst registriert sind, aber in der Vergangenheit einfach nicht realisiert wurden und heute kaum noch wettbewerbsfähig wären. „Das ist ein großes Problem, das viele Beteiligte mittlerweile erkannt haben. Dennoch passiert am Ende noch wenig. So wird zwar schon seit Langem über die Einführung eines Ausschreibungsmodus diskutiert, aber bisher ist in die Richtung noch nichts in die Tat umgesetzt worden“, kritisiert Chollet die gegenwärtige Stagnation im kroatischen Windmarkt.

Skandal spielt Gegnern in die Hände

Überdies sorgte kürzlich ein krimireifer Skandal um den Windpark „Krs Padene“ mit der stattlichen Größe von 160 MW für negative Schlagzeilen. Bei diesem Projekt ging es zu wie im Wilden Westen zu Zeiten von Winnetou und Old Shatterhand: Gelder wurden veruntreut und Beamte bestochen, der Bürgermeister wurde verhaftet. Alles zusammen hat dieser Skandal dem Ruf der Windenergie sicherlich geschadet − vor allem in den istrischen und dalmatinischen Küstenregionen, da, wo im Hinterland einst die berühmten Winnetou-Filme gedreht wurden. Das zwielichtige Zustandekommen von Krs Padene hat den Windenergieskeptikern im südlichen Dalmatien neue Argumente zugespielt. Die dortige Tourismusbranche lehnt die Windenergie aus landschaftsästhetischen Gründen ab.

Viel zu dekarbonisieren

Dabei steht das Balkanland − wie letztlich alle anderen EU-Länder auch − vor großen Herausforderungen, um die ambitionierte Dekarbonisierung seitens Brüssels überhaupt erfüllen zu können. So basiert die Energieversorgung des 4 Mio. Einwohner zählenden Landes immer noch zu einem großen Teil auf fossilen Brennstoffen.

Wenngleich die Wasserkraft mit einer installierten Leistung von 2,2 GW mehr als ein Drittel des gesamten Kraftwerksparks von 6 GW abdeckt, stammt der Strom mit 2,1 GW aus thermischen Kraftwerken fossiler Provenienz. Neben den besagten 700 MW Windenergie gibt es noch 60 MW Photovoltaik zwischen Donau, Drina und Adria. Hinzu kommt ein geringer Anteil an Biogas und Geothermie. All das reicht aber aktuell nicht, um den inländischen Strombedarf zu decken, weshalb Kroatien fortlaufend von seinen Nachbarn Bosnien und Slowenien Strom importiert.

Gerade deshalb ist WPD-Mann Chollet überzeugt davon, dass sich in den nächsten Jahren einiges bewegen wird, wenngleich „man dafür einen langen Atem braucht“. Zumal das Ausbauziel für die erneuerbaren Energien von der Regierung auf stolze 3.500 MW Leistung bis 2030 hochgeschraubt wurde.

80 MW kurz vor dem Start

Bis dies tatsächlich erreicht wird, ist ein weiter mühsamer Weg zurückzulegen.
Ihren Beitrag zu diesem Ziel will die von Wien aus agierende RP Global schon bald zusteuern. Sie hat aktuell ein 80-MW-Vorhaben am Start. Es handelt sich dabei um die Erweiterung zweier bestehender Windparks. „Bei dem einen bauen wir 45 Megawatt zu, bei dem anderen kommen 35 Megawatt hinzu“, berichtet Bojan Rescec, Country Manager von RP Global für Kroatien und die angrenzenden Westbalkanländer. Der gebürtige Kroate Rescec projektiert in seinem Heimatland seit vielen Jahren für RP Global. Er ist daher sehr froh, dass nun der Bau kurz vor dem Finale steht. Die entsprechenden Umspannwerke sind bereits fertig installiert. Und wenn sich alles gut fügt, sollen schon in einigen Monaten 6-MW-Anlagen der Hersteller Nordex und Vestas, wie Rescec sagt, einsatzbereit sein, um die „anspruchsvolle Bura“ einzufangen.

Ähnlich wie Andreas Chollet vom Wettbewerber WPD betrachtet Rescec das bisherige Genehmigungsverfahren für die Windenergie als kontraproduktiv; es verhindere eine dynamische Weiterentwicklung in Kroatien. Genauer gesagt vor allem in den westlichen Landesteilen, denn im östlichen Teil, in der Pannonischen Tiefebene, gibt es aufgrund relativ schwacher Windverhältnisse nur wenig Windenergie.

Um die stagnierenden Genehmigungsprozesse aufzubrechen, engagiert sich der RP-Global-Manager im 2005 gegründeten kroatischen Erneuerbare-Energie-Verband, in dem sich elf Untergruppen organisiert haben. Neben Wasserkraft, Geothermie, Biokraftstoffe und Biogas ist die Windenergie vertreten, die derzeit 22 Mitglieder zählt. Das ist ein überschaubarer Kreis, am Ende kennt jeder jeden. Doch auch wenn die Branche nicht sonderlich groß ist, versucht sie, Druck auf die politischen Instanzen aufzubauen.
Ob dies rasch gelingt, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall werden zukünftige Windparks mit Anlagen der neuen Generation und mit Power Purchase Agreements (PPA) nicht mehr auf kWh-Preise von 9 Cent angewiesen sein. So hält beispielsweise Chollet 4,5 Cent pro kWh für einen Preis, der für die geplanten Parks durchaus wirtschaftlich sein könne.

Sich auf die Vorteile des Landes besinnen

Das gibt der Aussage von Maja Pokrovac, Direktorin der Renewable Energy Sources of Croatia (OIEH), noch mal mehr Gewicht, denn sie sagte unlängst in einem Interview, dass „diejenigen Länder, die Potenziale bei den erneuerbaren Energien haben und wozu die Mittelmeeranrainer wegen ihrer hohen Sonneneinstrahlung und guten Windbedingungen nun mal gehören, sich auf die Nutzung der eigenen Ressourcen und eigenen Kräfte besinnen sollten. Diese Erkenntnis ist während des Corona-Lockdowns bei den Politikern offenbar angekommen und begriffen worden.“
Wer weiß. Sicher ist nur: Im Land von Luka Modric, Nikolai Tesla und Senkrechtstarter Mate Rimac, der mit seinen Elektromobilen, ob nun zwei- oder vierrädig, die „Welt verändern“ will, steckt reichlich nachhaltige Power.

Mittwoch, 15.09.2021, 09:45 Uhr
Dierk Jensen
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Genug Wind ist schon mal da
Bild: Fotolia/psdesign1
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe
Genug Wind ist schon mal da
Kroatien gehört zu den kleinen Windkraftnationen. Die Bora weht zwar stark, doch die Genehmigungen verlaufen schleppend. Gleichwohl äußern sich Projektentwickler optimistisch.
Die wenigsten denken an Kroatien, wenn es um die Windenergie geht. Das jüngste EU-Land ist halt relativ klein und zudem ist die schwierige Transformation vom früheren jugoslawischen Sozialismus hin zu demokratischen Strukturen mit rechtssicheren, marktwirtschaftlichen Prinzipien immer noch nicht abgeschlossen.
Und dennoch ist Kroatien mit seiner langen Küste an der Adria gerade auch für die Windenergie ein durchaus interessantes Terrain. Das weiß kaum einer besser als Andreas Chollet, der als Chef für Osteuropa für die Bremer WPD AG seit fast zwei Jahrzehnten in dem Balkanland aktiv ist. „Der Wind ist toll“, kann sich Chollet begeistern, „an der Küste weht er häufig mit sieben bis acht Metern im Durchschnitt und an manchen Standorten sogar zehn Meter pro Sekunde.“

Das ist ein wichtiger Garant für gute Erträge, die die WPD auch mit ihrem ersten Windpark „Trtar-Krtolin“ nahe der dalmatinischen Stadt Sibenik eingefahren hat. Dort sind 14 Enercon-Anlagen vom Typ E48 seit 2006 in Betrieb.
 
Kroatien ist als Segelparadies bekannt. Der Nordostwind Bora macht im Westen des Landes auch Windkraft attraktiv
Quelle: Pixabay/Milivigerova

So gut die Winde auch wehen − zumeist starke Nordostwinde namens Bora/Bura −, ist Kroatien für die Windenergie kein leichtes Pflaster. Zwar sind bis dato rund 800 MW Leistung in insgesamt 27 Windparks installiert, wovon die WPD als einer der Branchen-Platzhirsche 92 MW betreibt, auf vier Windparks verteilt.

Riesiger Genehmigungsstau

Doch stockt der Ausbau derzeit. Das liegt weniger an den Tarifen, die über einen Zeitraum von zwölf Jahren auf einem hohen Niveau von über 9 Cent pro kWh gesetzlich festgelegt sind, sondern vielmehr an den schleppenden Genehmigungsverfahren, vielerorts auf Flächen in staatlicher Hand. So gibt es einen riesigen Stau von alten Projekten, die zwar beim zuständigen Ministerium längst registriert sind, aber in der Vergangenheit einfach nicht realisiert wurden und heute kaum noch wettbewerbsfähig wären. „Das ist ein großes Problem, das viele Beteiligte mittlerweile erkannt haben. Dennoch passiert am Ende noch wenig. So wird zwar schon seit Langem über die Einführung eines Ausschreibungsmodus diskutiert, aber bisher ist in die Richtung noch nichts in die Tat umgesetzt worden“, kritisiert Chollet die gegenwärtige Stagnation im kroatischen Windmarkt.

Skandal spielt Gegnern in die Hände

Überdies sorgte kürzlich ein krimireifer Skandal um den Windpark „Krs Padene“ mit der stattlichen Größe von 160 MW für negative Schlagzeilen. Bei diesem Projekt ging es zu wie im Wilden Westen zu Zeiten von Winnetou und Old Shatterhand: Gelder wurden veruntreut und Beamte bestochen, der Bürgermeister wurde verhaftet. Alles zusammen hat dieser Skandal dem Ruf der Windenergie sicherlich geschadet − vor allem in den istrischen und dalmatinischen Küstenregionen, da, wo im Hinterland einst die berühmten Winnetou-Filme gedreht wurden. Das zwielichtige Zustandekommen von Krs Padene hat den Windenergieskeptikern im südlichen Dalmatien neue Argumente zugespielt. Die dortige Tourismusbranche lehnt die Windenergie aus landschaftsästhetischen Gründen ab.

Viel zu dekarbonisieren

Dabei steht das Balkanland − wie letztlich alle anderen EU-Länder auch − vor großen Herausforderungen, um die ambitionierte Dekarbonisierung seitens Brüssels überhaupt erfüllen zu können. So basiert die Energieversorgung des 4 Mio. Einwohner zählenden Landes immer noch zu einem großen Teil auf fossilen Brennstoffen.

Wenngleich die Wasserkraft mit einer installierten Leistung von 2,2 GW mehr als ein Drittel des gesamten Kraftwerksparks von 6 GW abdeckt, stammt der Strom mit 2,1 GW aus thermischen Kraftwerken fossiler Provenienz. Neben den besagten 700 MW Windenergie gibt es noch 60 MW Photovoltaik zwischen Donau, Drina und Adria. Hinzu kommt ein geringer Anteil an Biogas und Geothermie. All das reicht aber aktuell nicht, um den inländischen Strombedarf zu decken, weshalb Kroatien fortlaufend von seinen Nachbarn Bosnien und Slowenien Strom importiert.

Gerade deshalb ist WPD-Mann Chollet überzeugt davon, dass sich in den nächsten Jahren einiges bewegen wird, wenngleich „man dafür einen langen Atem braucht“. Zumal das Ausbauziel für die erneuerbaren Energien von der Regierung auf stolze 3.500 MW Leistung bis 2030 hochgeschraubt wurde.

80 MW kurz vor dem Start

Bis dies tatsächlich erreicht wird, ist ein weiter mühsamer Weg zurückzulegen.
Ihren Beitrag zu diesem Ziel will die von Wien aus agierende RP Global schon bald zusteuern. Sie hat aktuell ein 80-MW-Vorhaben am Start. Es handelt sich dabei um die Erweiterung zweier bestehender Windparks. „Bei dem einen bauen wir 45 Megawatt zu, bei dem anderen kommen 35 Megawatt hinzu“, berichtet Bojan Rescec, Country Manager von RP Global für Kroatien und die angrenzenden Westbalkanländer. Der gebürtige Kroate Rescec projektiert in seinem Heimatland seit vielen Jahren für RP Global. Er ist daher sehr froh, dass nun der Bau kurz vor dem Finale steht. Die entsprechenden Umspannwerke sind bereits fertig installiert. Und wenn sich alles gut fügt, sollen schon in einigen Monaten 6-MW-Anlagen der Hersteller Nordex und Vestas, wie Rescec sagt, einsatzbereit sein, um die „anspruchsvolle Bura“ einzufangen.

Ähnlich wie Andreas Chollet vom Wettbewerber WPD betrachtet Rescec das bisherige Genehmigungsverfahren für die Windenergie als kontraproduktiv; es verhindere eine dynamische Weiterentwicklung in Kroatien. Genauer gesagt vor allem in den westlichen Landesteilen, denn im östlichen Teil, in der Pannonischen Tiefebene, gibt es aufgrund relativ schwacher Windverhältnisse nur wenig Windenergie.

Um die stagnierenden Genehmigungsprozesse aufzubrechen, engagiert sich der RP-Global-Manager im 2005 gegründeten kroatischen Erneuerbare-Energie-Verband, in dem sich elf Untergruppen organisiert haben. Neben Wasserkraft, Geothermie, Biokraftstoffe und Biogas ist die Windenergie vertreten, die derzeit 22 Mitglieder zählt. Das ist ein überschaubarer Kreis, am Ende kennt jeder jeden. Doch auch wenn die Branche nicht sonderlich groß ist, versucht sie, Druck auf die politischen Instanzen aufzubauen.
Ob dies rasch gelingt, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall werden zukünftige Windparks mit Anlagen der neuen Generation und mit Power Purchase Agreements (PPA) nicht mehr auf kWh-Preise von 9 Cent angewiesen sein. So hält beispielsweise Chollet 4,5 Cent pro kWh für einen Preis, der für die geplanten Parks durchaus wirtschaftlich sein könne.

Sich auf die Vorteile des Landes besinnen

Das gibt der Aussage von Maja Pokrovac, Direktorin der Renewable Energy Sources of Croatia (OIEH), noch mal mehr Gewicht, denn sie sagte unlängst in einem Interview, dass „diejenigen Länder, die Potenziale bei den erneuerbaren Energien haben und wozu die Mittelmeeranrainer wegen ihrer hohen Sonneneinstrahlung und guten Windbedingungen nun mal gehören, sich auf die Nutzung der eigenen Ressourcen und eigenen Kräfte besinnen sollten. Diese Erkenntnis ist während des Corona-Lockdowns bei den Politikern offenbar angekommen und begriffen worden.“
Wer weiß. Sicher ist nur: Im Land von Luka Modric, Nikolai Tesla und Senkrechtstarter Mate Rimac, der mit seinen Elektromobilen, ob nun zwei- oder vierrädig, die „Welt verändern“ will, steckt reichlich nachhaltige Power.

Mittwoch, 15.09.2021, 09:45 Uhr
Dierk Jensen

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