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Quelle: Fotolia / tomas
E&M Vor 20 Jahren

"Gazprom betont die Notwendigkeit langfristiger Verträge"

Darf Eon die Ruhrgas AG übernehmen? Und was passiert dann? Das waren Fragen, die die Branche vor 20 Jahren bewegten. Antworten dazu lieferte damals Ruhrgas-Vorstand Fritz Gautier.
Vor 20 Jahren wollte Eon die Ruhrgas AG übernehmen. Erwartungsgemäß hatte das Bundeskartellamt dem Konzern allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es ging damals vor allem um den Erwerb der BP-Anteile und der Bergemann-Anteile an der Ruhrgas, die in den 1920er Jahren als Gemeinschaftsunternehmen der Zechen im Ruhrgebiet gegründet worden war. Die Bergemann GmbH war in den 1960er Jahren als Holding entstanden, um die Anteile der Altaktionäre aufzunehmen und so ein Gegengewicht zu den neu hinzukommenden Aktionären aus der Gaswirtschaft zu bilden. Anteilseigner der Bergemann GmbH waren RAG, Mannesmann, RWE und Thyssen Krupp.

Nachdem das Bundeskartellamt im Februar 2002 den Antrag von Eon auf Übernahme der Bergemann-Anteile abgelehnt hatte, beantragte der Energiekonzern eine Ministererlaubnis. Im Verlauf des Jahres 2002 verfestigte sich die Überzeugung der Branche, dass die Ministererlaubnis tatsächlich ergehen würde, auch wenn oder gerade weil Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) die Entscheidung an seinen Staatssekretär Alfred Tacke (SPD) wollte.

Eon begründet seinen Antrag mit dem volkswirtschaftlichen Nutzen des Zusammenschlusses: mit der höheren Wettbewerbsfähigkeit der Ruhrgas auf den internationalen Märkten, mit besseren finanziellen Möglichkeiten auf dem internationalen Beschaffungsmarkt, mit der Versorgungssicherheit in Deutschland, mit dem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen hierzulande und mit einem Beitrag zur Klimaschutzpolitik, die sich nur mit einem verstärkten Erdgaseinsatz verwirklichen ließe.

Es geht um das Allgemeinwohl, so die Eon-Argumente, und das muss Tacke bei seiner Entscheidung tatsächlich berücksichtigen; im Juni will der Staatssekretär entschieden haben.

Im Vorfeld der Entscheidung vom Juni 2002 sprach E&M-Chefredakteur Helmut Sendner mit dem damaligen Ruhrgas-Vorstand Fritz Gautier über den Markt und die potenziell neue Mutter.


E&M: Herr Gautier, dem Ruhrgas-Anteilseigner BP scheint es zu gefallen, wenn es eine Ministererlaubnis für die Übernahme Ihres Unternehmens durch Eon gibt. Können Sie das verstehen?
Gautier: Wir sind als Ruhrgas-Vorstand in der Situation, dass wir das Unternehmen sind, das mehrheitlich von der Eon übernommen werden soll. BP hat dabei ein Interesse, ihre Anteile zu verkaufen. Ich will das aktuell nicht kommentieren.
E&M: Fühlt sich die Ruhrgas zu schwach im europäischen Erdgasmarkt?
Gautier: Man muss sich mal die Situation der Ruhrgas im Augenblick ansehen, wir sind …
E&M: … zumindest der zweitgrößte Erdgasversorger in Europa.
Gautier: Wir sind der zweitgrößte oder größte in Europa, je nachdem wie man das definiert. Wir haben einen substantiellen Anteil von Gasverkäufen außerhalb Deutschlands, wir sind als Ruhrgas an einer ganzen Reihe von Unternehmen insbesondere in Zentraleuropa, aber auch in Norwegen, in Schweden, in Finnland und im Baltikum beteiligt. Die Ruhrgas ist also gut aufgestellt. Nur stehen wir heute in europaweitem Wettbewerb mit neuen Playern, die aus der Stromwirtschaft kommen, integrierte Mineralölgesellschaften oder Staatsunternehmen sind, und von daher würde jede Verstärkung der Position von Ruhrgas für die internationale Expansion sicherlich hilfreich sein.
E&M: Bei BP ist man der Meinung, dass die besten Zeiten der Ruhrgas vorbei sind.
Gautier: Noch einmal: Ich kommentiere nicht, was unsere Shareholder sagen, aber ich will etwas zur objektiven Situation der Ruhrgas sagen. Wir sind im Beschaffungsmarkt gut positioniert. Wir verfügen als einziges deutsches Unternehmen über ein sehr diversifiziertes Gasbezugsportfolio mit Bezügen aus Russland, aus Norwegen, aus Holland, aus Dänemark und aus Großbritannien. Von daher stehen wir gut da. Und außerdem haben wir deutlich gemacht, dass unsere langfristigen Verträge zumindest mittelfristig das Rückgrat der Versorgung darstellen. Ich bedauere die Enron-Pleite, aber sie hat doch ein bisschen dazu beigetragen, dass bewusst wird, was es bedeutet, wenn man quasi über Nacht von der Gasversorgung abgeschaltet wird. Es ist also doch gut, einen Versorger mit einem konsistent guten Beschaffungsportfolio zu haben, der wirtschaftlich solide ist. Als Ruhrgas-Vorstand haben wir uns gesagt, wenn die Meinung vorherrscht, dass wir neben den Langfristverträgen auch einen zusätzlichen Spotmarkt brauchen, dann sind wir nicht dagegen. Wir haben uns gemeinsam mit BEB und Statoil an die Spitze der Bewegung gestellt und entwickeln einen gemeinsamen Hub in Bunde/Emden.
E&M: Jörg Spicker von Aquila Energy (siehe E&M 3/2002 vom 1. Februar 2002, Seite 26) meint, dass Sie dort eher mauern …
Gautier: Solche Wertungen sind unzutreffend, denn mittlerweile ist wirklich von allen Händlern anerkannt, dass die Ruhrgas die treibende Kraft ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir im vierten Quartal dieses Jahres einen funktionierenden Hub haben werden.
E&M: Kann man diesen Hub mit irgendwelchen Gasmengen beschreiben?
Gautier: Wie viel dort umgeschlagen wird, das hängt von den Entscheidungen der Händler ab.
E&M: Die vielleicht gar nichts kaufen können, weil irgendwelche ominösen Marktteilnehmer alles weggekauft haben ...
Gautier: Das weiß ich nicht, ob Marktteilnehmer etwas wegkaufen.
E&M: Man kann es auch anders sagen: Die Ruhrgas selbst kauft alles auf, damit Wettbewerber keine Spielmengen haben.
Gautier: Das ist nicht richtig. Dass es freie Mengen auf dem Markt gibt, das sieht man an der Tatsache, dass wir als Ruhrgas Mengen zu Industriekunden, Stadtwerken oder Regionalunternehmen für Dritte durch unser Netz transportieren. Von daher kann die Behauptung, wir würden alles wegkaufen, objektiv nicht stimmen. Die Frage der Liquidität ist letzten Endes eine Frage der Produzenten, wie viel sie in den Markt geben oder auch der Händler, die sich bei Langfristverträgen übereingedeckt haben und im Kurzfristmarkt dann wieder etwas zur Verfügung haben. Das alles können wir nicht beeinflussen. Unsere HUB-Gesellschaft stellt eine Plattform dar und schafft die IT-Voraussetzungen, damit gehandelt werden kann.
E&M: Sie haben gut beschrieben, wie prächtig die Ruhrgas europäisch dasteht: Was müssen Sie dann befürchten?
Gautier: Wie gesagt, wir haben es heute mit sehr finanzstarken Wettbewerbern aus anderen Branchen zu tun, und das europaweit. Hieraus resultiert unser Konzept, Ruhrgas stärker zu integrieren, was mit einem Partner natürlich leichter geht. Außerdem müssen wir uns intern so gut aufstellen, dass wir eine bestimmte Markt- und Kostenführerschaft haben.
E&M: RWE hat die tschechische Transgas gekauft, weil Ruhrgas zu wenig Geld dafür hatte?
Gautier: RWE hat für die Transgas relativ viel Geld auf den Tisch gelegt, das war eine Entscheidung ...
E&M: … für eine strategisch wichtige Investition
Gautier: RWE hat gewonnen. Dem Projekt nachzutrauern, lohnt nicht. Wir waren ja in einer attraktiven Partnerschaft mit anderen europäischen Gasunternehmen und hatten ein gutes Konzept, aber RWE hat eben mehr Geld auf den Tisch gelegt. Wir haben sehr wohl Mittel für weitere Akquisitionen, nichts desto trotz muss man sagen, dass, je nachdem wie die Privatisierung in anderen Ländern weitergeht, es schon besser ist, wenn man weitere finanzstarke Aktionäre im Rücken hat.
E&M: Sich größer an Statoil zu beteiligen oder an Gazprom, da geht dann irgendwann das Geld aus?
Gautier: Wir können solche großen Schritte zumindest nicht häufiger machen.
E&M: Sie sind Vorstandsvorsitzender der Ruhrgas Beteiligungs-AG, wo es im Wesentlichen um 20-Prozenter bei Stadtwerken geht: Da haben Sie keine Grenzen?
Gautier: Wir müssen unterscheiden zwischen dem deutschen und dem internationalen Markt. In Deutschland haben wir tatsächlich diese 20-Prozent-Grenze, etwas anders ist die Situation im Ausland, wo wir eben keine kartellrechtliche Begrenzung haben. Da werden wir unsere Chancen nutzen.
E&M: Gazprom hat Berater im Haus, wie an Ruhrgas und Wingas vorbei mehr Geld im westeuropäischen Markt zu verdienen ist.
Gautier: Sie erwarten sicher nicht von mir, dass ich Gerüchte über Gazprom-Berater kommentiere. Entscheidend für uns ist: Gazprom betont unzweideutig die Notwendigkeit langfristiger Verträge mit ihren europäischen Vertriebspartnern. Natürlich muss man ganz objektiv ein Bestreben des russischen Staates anerkennen, über Gazprom so viel Geld wie möglich für sein Gas zu erzielen. Da liegt es auch nahe, wenn Gazprom oder der russische Staat es nicht so gut finden, wenn die europäische Kommission nun Produzentenwettbewerb will.
E&M: Ohne dass Sie Aussagen von Ihren Aktionären kommentieren sollen: Was passiert, wenn beispielsweise BP mit großen LNG-Mengen auf den Markt kommt?
Gautier: Ich habe auch schon gehört und gelesen, dass es solche Überlegungen gibt. Wir bei der Ruhrgas haben dieses Thema von verschiedenen Blickwinkeln aus untersucht mit dem Ergebnis, dass die Vermarktung von LNG in Konkurrenz zu bestehenden Importen über Pipelines im Augenblick nicht wirtschaftlich ist. Wenn andere zu anderen Ergebnissen kommen, dann werden die entsprechenden Gremien wohl auch die entsprechenden Entscheidungen treffen.

 
Fritz Gautier (Bild von2002), Vorstandsmitglied der Ruhrgas AG
Quelle: E&M

 

Sonntag, 17.04.2022, 17:40 Uhr
Helmut Sendner und Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren -
Quelle: Fotolia / tomas
E&M Vor 20 Jahren
"Gazprom betont die Notwendigkeit langfristiger Verträge"
Darf Eon die Ruhrgas AG übernehmen? Und was passiert dann? Das waren Fragen, die die Branche vor 20 Jahren bewegten. Antworten dazu lieferte damals Ruhrgas-Vorstand Fritz Gautier.
Vor 20 Jahren wollte Eon die Ruhrgas AG übernehmen. Erwartungsgemäß hatte das Bundeskartellamt dem Konzern allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es ging damals vor allem um den Erwerb der BP-Anteile und der Bergemann-Anteile an der Ruhrgas, die in den 1920er Jahren als Gemeinschaftsunternehmen der Zechen im Ruhrgebiet gegründet worden war. Die Bergemann GmbH war in den 1960er Jahren als Holding entstanden, um die Anteile der Altaktionäre aufzunehmen und so ein Gegengewicht zu den neu hinzukommenden Aktionären aus der Gaswirtschaft zu bilden. Anteilseigner der Bergemann GmbH waren RAG, Mannesmann, RWE und Thyssen Krupp.

Nachdem das Bundeskartellamt im Februar 2002 den Antrag von Eon auf Übernahme der Bergemann-Anteile abgelehnt hatte, beantragte der Energiekonzern eine Ministererlaubnis. Im Verlauf des Jahres 2002 verfestigte sich die Überzeugung der Branche, dass die Ministererlaubnis tatsächlich ergehen würde, auch wenn oder gerade weil Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) die Entscheidung an seinen Staatssekretär Alfred Tacke (SPD) wollte.

Eon begründet seinen Antrag mit dem volkswirtschaftlichen Nutzen des Zusammenschlusses: mit der höheren Wettbewerbsfähigkeit der Ruhrgas auf den internationalen Märkten, mit besseren finanziellen Möglichkeiten auf dem internationalen Beschaffungsmarkt, mit der Versorgungssicherheit in Deutschland, mit dem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen hierzulande und mit einem Beitrag zur Klimaschutzpolitik, die sich nur mit einem verstärkten Erdgaseinsatz verwirklichen ließe.

Es geht um das Allgemeinwohl, so die Eon-Argumente, und das muss Tacke bei seiner Entscheidung tatsächlich berücksichtigen; im Juni will der Staatssekretär entschieden haben.

Im Vorfeld der Entscheidung vom Juni 2002 sprach E&M-Chefredakteur Helmut Sendner mit dem damaligen Ruhrgas-Vorstand Fritz Gautier über den Markt und die potenziell neue Mutter.


E&M: Herr Gautier, dem Ruhrgas-Anteilseigner BP scheint es zu gefallen, wenn es eine Ministererlaubnis für die Übernahme Ihres Unternehmens durch Eon gibt. Können Sie das verstehen?
Gautier: Wir sind als Ruhrgas-Vorstand in der Situation, dass wir das Unternehmen sind, das mehrheitlich von der Eon übernommen werden soll. BP hat dabei ein Interesse, ihre Anteile zu verkaufen. Ich will das aktuell nicht kommentieren.
E&M: Fühlt sich die Ruhrgas zu schwach im europäischen Erdgasmarkt?
Gautier: Man muss sich mal die Situation der Ruhrgas im Augenblick ansehen, wir sind …
E&M: … zumindest der zweitgrößte Erdgasversorger in Europa.
Gautier: Wir sind der zweitgrößte oder größte in Europa, je nachdem wie man das definiert. Wir haben einen substantiellen Anteil von Gasverkäufen außerhalb Deutschlands, wir sind als Ruhrgas an einer ganzen Reihe von Unternehmen insbesondere in Zentraleuropa, aber auch in Norwegen, in Schweden, in Finnland und im Baltikum beteiligt. Die Ruhrgas ist also gut aufgestellt. Nur stehen wir heute in europaweitem Wettbewerb mit neuen Playern, die aus der Stromwirtschaft kommen, integrierte Mineralölgesellschaften oder Staatsunternehmen sind, und von daher würde jede Verstärkung der Position von Ruhrgas für die internationale Expansion sicherlich hilfreich sein.
E&M: Bei BP ist man der Meinung, dass die besten Zeiten der Ruhrgas vorbei sind.
Gautier: Noch einmal: Ich kommentiere nicht, was unsere Shareholder sagen, aber ich will etwas zur objektiven Situation der Ruhrgas sagen. Wir sind im Beschaffungsmarkt gut positioniert. Wir verfügen als einziges deutsches Unternehmen über ein sehr diversifiziertes Gasbezugsportfolio mit Bezügen aus Russland, aus Norwegen, aus Holland, aus Dänemark und aus Großbritannien. Von daher stehen wir gut da. Und außerdem haben wir deutlich gemacht, dass unsere langfristigen Verträge zumindest mittelfristig das Rückgrat der Versorgung darstellen. Ich bedauere die Enron-Pleite, aber sie hat doch ein bisschen dazu beigetragen, dass bewusst wird, was es bedeutet, wenn man quasi über Nacht von der Gasversorgung abgeschaltet wird. Es ist also doch gut, einen Versorger mit einem konsistent guten Beschaffungsportfolio zu haben, der wirtschaftlich solide ist. Als Ruhrgas-Vorstand haben wir uns gesagt, wenn die Meinung vorherrscht, dass wir neben den Langfristverträgen auch einen zusätzlichen Spotmarkt brauchen, dann sind wir nicht dagegen. Wir haben uns gemeinsam mit BEB und Statoil an die Spitze der Bewegung gestellt und entwickeln einen gemeinsamen Hub in Bunde/Emden.
E&M: Jörg Spicker von Aquila Energy (siehe E&M 3/2002 vom 1. Februar 2002, Seite 26) meint, dass Sie dort eher mauern …
Gautier: Solche Wertungen sind unzutreffend, denn mittlerweile ist wirklich von allen Händlern anerkannt, dass die Ruhrgas die treibende Kraft ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir im vierten Quartal dieses Jahres einen funktionierenden Hub haben werden.
E&M: Kann man diesen Hub mit irgendwelchen Gasmengen beschreiben?
Gautier: Wie viel dort umgeschlagen wird, das hängt von den Entscheidungen der Händler ab.
E&M: Die vielleicht gar nichts kaufen können, weil irgendwelche ominösen Marktteilnehmer alles weggekauft haben ...
Gautier: Das weiß ich nicht, ob Marktteilnehmer etwas wegkaufen.
E&M: Man kann es auch anders sagen: Die Ruhrgas selbst kauft alles auf, damit Wettbewerber keine Spielmengen haben.
Gautier: Das ist nicht richtig. Dass es freie Mengen auf dem Markt gibt, das sieht man an der Tatsache, dass wir als Ruhrgas Mengen zu Industriekunden, Stadtwerken oder Regionalunternehmen für Dritte durch unser Netz transportieren. Von daher kann die Behauptung, wir würden alles wegkaufen, objektiv nicht stimmen. Die Frage der Liquidität ist letzten Endes eine Frage der Produzenten, wie viel sie in den Markt geben oder auch der Händler, die sich bei Langfristverträgen übereingedeckt haben und im Kurzfristmarkt dann wieder etwas zur Verfügung haben. Das alles können wir nicht beeinflussen. Unsere HUB-Gesellschaft stellt eine Plattform dar und schafft die IT-Voraussetzungen, damit gehandelt werden kann.
E&M: Sie haben gut beschrieben, wie prächtig die Ruhrgas europäisch dasteht: Was müssen Sie dann befürchten?
Gautier: Wie gesagt, wir haben es heute mit sehr finanzstarken Wettbewerbern aus anderen Branchen zu tun, und das europaweit. Hieraus resultiert unser Konzept, Ruhrgas stärker zu integrieren, was mit einem Partner natürlich leichter geht. Außerdem müssen wir uns intern so gut aufstellen, dass wir eine bestimmte Markt- und Kostenführerschaft haben.
E&M: RWE hat die tschechische Transgas gekauft, weil Ruhrgas zu wenig Geld dafür hatte?
Gautier: RWE hat für die Transgas relativ viel Geld auf den Tisch gelegt, das war eine Entscheidung ...
E&M: … für eine strategisch wichtige Investition
Gautier: RWE hat gewonnen. Dem Projekt nachzutrauern, lohnt nicht. Wir waren ja in einer attraktiven Partnerschaft mit anderen europäischen Gasunternehmen und hatten ein gutes Konzept, aber RWE hat eben mehr Geld auf den Tisch gelegt. Wir haben sehr wohl Mittel für weitere Akquisitionen, nichts desto trotz muss man sagen, dass, je nachdem wie die Privatisierung in anderen Ländern weitergeht, es schon besser ist, wenn man weitere finanzstarke Aktionäre im Rücken hat.
E&M: Sich größer an Statoil zu beteiligen oder an Gazprom, da geht dann irgendwann das Geld aus?
Gautier: Wir können solche großen Schritte zumindest nicht häufiger machen.
E&M: Sie sind Vorstandsvorsitzender der Ruhrgas Beteiligungs-AG, wo es im Wesentlichen um 20-Prozenter bei Stadtwerken geht: Da haben Sie keine Grenzen?
Gautier: Wir müssen unterscheiden zwischen dem deutschen und dem internationalen Markt. In Deutschland haben wir tatsächlich diese 20-Prozent-Grenze, etwas anders ist die Situation im Ausland, wo wir eben keine kartellrechtliche Begrenzung haben. Da werden wir unsere Chancen nutzen.
E&M: Gazprom hat Berater im Haus, wie an Ruhrgas und Wingas vorbei mehr Geld im westeuropäischen Markt zu verdienen ist.
Gautier: Sie erwarten sicher nicht von mir, dass ich Gerüchte über Gazprom-Berater kommentiere. Entscheidend für uns ist: Gazprom betont unzweideutig die Notwendigkeit langfristiger Verträge mit ihren europäischen Vertriebspartnern. Natürlich muss man ganz objektiv ein Bestreben des russischen Staates anerkennen, über Gazprom so viel Geld wie möglich für sein Gas zu erzielen. Da liegt es auch nahe, wenn Gazprom oder der russische Staat es nicht so gut finden, wenn die europäische Kommission nun Produzentenwettbewerb will.
E&M: Ohne dass Sie Aussagen von Ihren Aktionären kommentieren sollen: Was passiert, wenn beispielsweise BP mit großen LNG-Mengen auf den Markt kommt?
Gautier: Ich habe auch schon gehört und gelesen, dass es solche Überlegungen gibt. Wir bei der Ruhrgas haben dieses Thema von verschiedenen Blickwinkeln aus untersucht mit dem Ergebnis, dass die Vermarktung von LNG in Konkurrenz zu bestehenden Importen über Pipelines im Augenblick nicht wirtschaftlich ist. Wenn andere zu anderen Ergebnissen kommen, dann werden die entsprechenden Gremien wohl auch die entsprechenden Entscheidungen treffen.

 
Fritz Gautier (Bild von2002), Vorstandsmitglied der Ruhrgas AG
Quelle: E&M

 

Sonntag, 17.04.2022, 17:40 Uhr
Helmut Sendner und Fritz Wilhelm

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