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Energie & Management > Gas - Gaswirtschaft verlangt Label für grünes Gas
Bild: Dmitry Naumov / Fotolia
Gas

Gaswirtschaft verlangt Label für grünes Gas

Die EU-Kommission legt zurzeit letzte Hand an einen neuen Rechtsrahmen für die Energiewirtschaft. Die Gaswirtschaft will dabei nicht unter die Räder kommen.
In Brüssel steigt die Spannung. In den nächsten Wochen will die EU-Kommission mitteilen, wie sie sich den Weg zu den jüngst beschlossenen Klimazielen vorstellt: Senkung der Treibhausgase um 55 % bis 2030 und „Klimaneutralität“ ab 2050. In den letzten Wochen haben Beamte der Kommission 38.000 Eingaben ausgewertet: von Unternehmen, Verbänden, Umweltorganisationen, Regierungen, Wissenschaftlern und vielen anderen, die sich von der Weichenstellung auf europäischer Ebene betroffen fühlen.

Noch habe man daraus keine endgültigen Schlüsse gezogen, sagte Antonio Lopez-Nicolas, der stellvertretende Direktor für erneuerbare Energien in der EU-Kommission am 11. Mai auf einer Konferenz des Dachverbandes der Branche, Eurogas. Es bestehe jedoch nahezu ein Konsens darüber, dass die erneuerbaren Energien der Schlüssel zum klimapolitischen Erfolg der EU seien: 98 % der Eingaben würden diese Position vertreten.

Eine Mehrheit der Wirtschaftsverbände (43 %) setze sich dafür ein, sektorspezifische Ziele für den Einsatz erneuerbarer Energien (RE) in Übereinstimmung mit den Klimazielen festzulegen, immer noch 37 % wären auch mit einem höheren RE-Ziel einverstanden. 61 % sprechen sich für verbindliche RE-Ziele auf nationaler Ebene aus.

Der Ansatz der Kommission, so Lopez-Nicolas weiter, beruhe auf drei Säulen: 1. einer weiteren Verbesserung der Energieeffizienz (EE), vor allem durch kreislaufwirtschaftliche Lösungen, 2. eine weitere Elektrifizierung sowie der Herstellung von Kraftstoffen und Wasserstoff mithilfe erneuerbarer Energien und 3. Förderprogrammen für mehr EE und RE.

Diesen Ansatz will die Kommission in jeder Branche mit gezielten Maßnahmen verfolgen. Vorrangig gehe es darum, Schlüsselbranchen wie die Energiewirtschaft, die Klimatisierung von Gebäuden (einschließlich KWK), den Verkehr und die Industrie auf den richtigen Kurs zu bringen. Eine wichtige Rolle spiele auch nachhaltige Bioenergie aus der Land- und Forstwirtschaft. Verbindliche RE-Ziele seien nach wie vor eine „Option“, sagte Lopez-Nicolas, man denke jedoch auch über sektorspezifische Regeln nach, um solche Ziele praktisch zu erreichen.

Für die Kommission haben Kraftstoffe und Wasserstoff aus RE oberste Priorität. Gleichzeitig räumt er ein, dass zumindest in einer Ãœbergangsphase auch Energie, die mit geringen Emissionen verbunden ist („low carbon“) zum Einsatz kommen muss. Die für 2030 geplante Produktion von 10 Mio. Tonnen Wasserstoff aus RE reiche bestenfalls für ein paar lokale Demonstrationsprojekte zum Beispiel in der Stahlindustrie oder dem Güterverkehr.

Ungeklärt ist dabei noch, ob erneuerbare Energie und die daraus erzeugten Vorprodukte genauso behandelt werden sollen wie solche, die mit nur geringen Emissionen verbunden sind. Besonders hitzig wird in Brüssel darüber diskutiert, ob es für beide Kategorien ein gemeinsames Herkunftszertifikat (Guarantee of Origin, GO) geben soll.

Auch andere Branchen wollen Zertifizierung

Für eine Zertifizierung macht sich vor allem die Gaswirtschaft stark, aber auch andere Branchen wie die Papierindustrie. Ob sie lieber getrennte GOs für erneuerbare und Niedrigemissions-Energie oder ein einheitliches Zertifikat hätten, wissen ihre Lobbyisten noch nicht genau. Wichtig sei, dass ein Zertifikat verpflichtend sei und nach klaren Nachhaltigkeitskriterien erteilt werde.

Klare Regeln, welches Gas als nachhaltig gilt, sind nach Ansicht von Eurogas die Voraussetzung für fairen Wettbewerb und Investitionen. Nur damit könne die Gaswirtschaft einen industriellen Beitrag zur Senkung der Treibhausgase in der EU leisten.

GOs müssten Aufschluss über den Gehalt an Treibhausgasen geben, sagte Roxana Caliminte vom Verband der europäischen Gasinfrastruktur-Betreiber, GIE: „Sie müssen technologieneutral sein und auf einem europäischen Markt gehandelt werden.“ Dann sei es für die Gaswirtschaft möglich, einen Beitrag auch zu anspruchsvollen, nationalen Zielen zu leisten. Nationale Fördermaßnahmen könnten einen zusätzlichen Beitrag leisten.

Auch die Papierindustrie steht einer schrittweisen Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff, Biomethan und andere, nachhaltig produzierte Gase aufgeschlossen gegenüber. Malgosia Rybak vom Branchenverband Cepi macht klar, dass die Papiermühlen graues, blaues oder grünes Gas genauso gerne einsetzen wie Erdgas, unter der Voraussetzung, dass die nachhaltigen Gase zu erschwinglichen Preisen auf dem Markt verfügbar sind.

Dienstag, 11.05.2021, 15:37 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gas - Gaswirtschaft verlangt Label für grünes Gas
Bild: Dmitry Naumov / Fotolia
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Gaswirtschaft verlangt Label für grünes Gas
Die EU-Kommission legt zurzeit letzte Hand an einen neuen Rechtsrahmen für die Energiewirtschaft. Die Gaswirtschaft will dabei nicht unter die Räder kommen.
In Brüssel steigt die Spannung. In den nächsten Wochen will die EU-Kommission mitteilen, wie sie sich den Weg zu den jüngst beschlossenen Klimazielen vorstellt: Senkung der Treibhausgase um 55 % bis 2030 und „Klimaneutralität“ ab 2050. In den letzten Wochen haben Beamte der Kommission 38.000 Eingaben ausgewertet: von Unternehmen, Verbänden, Umweltorganisationen, Regierungen, Wissenschaftlern und vielen anderen, die sich von der Weichenstellung auf europäischer Ebene betroffen fühlen.

Noch habe man daraus keine endgültigen Schlüsse gezogen, sagte Antonio Lopez-Nicolas, der stellvertretende Direktor für erneuerbare Energien in der EU-Kommission am 11. Mai auf einer Konferenz des Dachverbandes der Branche, Eurogas. Es bestehe jedoch nahezu ein Konsens darüber, dass die erneuerbaren Energien der Schlüssel zum klimapolitischen Erfolg der EU seien: 98 % der Eingaben würden diese Position vertreten.

Eine Mehrheit der Wirtschaftsverbände (43 %) setze sich dafür ein, sektorspezifische Ziele für den Einsatz erneuerbarer Energien (RE) in Übereinstimmung mit den Klimazielen festzulegen, immer noch 37 % wären auch mit einem höheren RE-Ziel einverstanden. 61 % sprechen sich für verbindliche RE-Ziele auf nationaler Ebene aus.

Der Ansatz der Kommission, so Lopez-Nicolas weiter, beruhe auf drei Säulen: 1. einer weiteren Verbesserung der Energieeffizienz (EE), vor allem durch kreislaufwirtschaftliche Lösungen, 2. eine weitere Elektrifizierung sowie der Herstellung von Kraftstoffen und Wasserstoff mithilfe erneuerbarer Energien und 3. Förderprogrammen für mehr EE und RE.

Diesen Ansatz will die Kommission in jeder Branche mit gezielten Maßnahmen verfolgen. Vorrangig gehe es darum, Schlüsselbranchen wie die Energiewirtschaft, die Klimatisierung von Gebäuden (einschließlich KWK), den Verkehr und die Industrie auf den richtigen Kurs zu bringen. Eine wichtige Rolle spiele auch nachhaltige Bioenergie aus der Land- und Forstwirtschaft. Verbindliche RE-Ziele seien nach wie vor eine „Option“, sagte Lopez-Nicolas, man denke jedoch auch über sektorspezifische Regeln nach, um solche Ziele praktisch zu erreichen.

Für die Kommission haben Kraftstoffe und Wasserstoff aus RE oberste Priorität. Gleichzeitig räumt er ein, dass zumindest in einer Ãœbergangsphase auch Energie, die mit geringen Emissionen verbunden ist („low carbon“) zum Einsatz kommen muss. Die für 2030 geplante Produktion von 10 Mio. Tonnen Wasserstoff aus RE reiche bestenfalls für ein paar lokale Demonstrationsprojekte zum Beispiel in der Stahlindustrie oder dem Güterverkehr.

Ungeklärt ist dabei noch, ob erneuerbare Energie und die daraus erzeugten Vorprodukte genauso behandelt werden sollen wie solche, die mit nur geringen Emissionen verbunden sind. Besonders hitzig wird in Brüssel darüber diskutiert, ob es für beide Kategorien ein gemeinsames Herkunftszertifikat (Guarantee of Origin, GO) geben soll.

Auch andere Branchen wollen Zertifizierung

Für eine Zertifizierung macht sich vor allem die Gaswirtschaft stark, aber auch andere Branchen wie die Papierindustrie. Ob sie lieber getrennte GOs für erneuerbare und Niedrigemissions-Energie oder ein einheitliches Zertifikat hätten, wissen ihre Lobbyisten noch nicht genau. Wichtig sei, dass ein Zertifikat verpflichtend sei und nach klaren Nachhaltigkeitskriterien erteilt werde.

Klare Regeln, welches Gas als nachhaltig gilt, sind nach Ansicht von Eurogas die Voraussetzung für fairen Wettbewerb und Investitionen. Nur damit könne die Gaswirtschaft einen industriellen Beitrag zur Senkung der Treibhausgase in der EU leisten.

GOs müssten Aufschluss über den Gehalt an Treibhausgasen geben, sagte Roxana Caliminte vom Verband der europäischen Gasinfrastruktur-Betreiber, GIE: „Sie müssen technologieneutral sein und auf einem europäischen Markt gehandelt werden.“ Dann sei es für die Gaswirtschaft möglich, einen Beitrag auch zu anspruchsvollen, nationalen Zielen zu leisten. Nationale Fördermaßnahmen könnten einen zusätzlichen Beitrag leisten.

Auch die Papierindustrie steht einer schrittweisen Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff, Biomethan und andere, nachhaltig produzierte Gase aufgeschlossen gegenüber. Malgosia Rybak vom Branchenverband Cepi macht klar, dass die Papiermühlen graues, blaues oder grünes Gas genauso gerne einsetzen wie Erdgas, unter der Voraussetzung, dass die nachhaltigen Gase zu erschwinglichen Preisen auf dem Markt verfügbar sind.

Dienstag, 11.05.2021, 15:37 Uhr
Tom Weingärtner

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