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Energie & Management > Erdgas - Gasversorgung: Der Optimismus wächst
Die Esperanza läuft mit der ersten Ladung LNG in Wilhelmshaven ein. Quelle: N-Ports
Erdgas

Gasversorgung: Der Optimismus wächst

Die Hoffnung, mit dem in Deutschland eingespeicherten Erdgas über den Winter zu kommen, wächst. Warnende Stimmen gibt es weiter: Schließlich geht es bereits um den Winter 2023/24.
Zu den Mahnern hatte immer schon der Chef der Bundesnetzagentur gehört. Zwar sprach sich Präsident Klaus Müller zum Teil lobend aus, dass in der Bevölkerung erkennbar Gas gespart werde. Die Entwicklung in den letzten Novembertagen und den ersten Tagen im Dezember erntete aber seine Missbilligung: Statt der von ihm geforderten 20 Prozent belief sich der Einspareffekt durch Industrie, Gewerbe und Haushalte nur auf 13 Prozent. „Das soll sich nicht fortsetzen“, twitterte er damals.

Am 22. Dezember schickte er dann aber diese vorweihnachtliche frohe Botschaft über den Kurznachrichtendienst: „Gute Nachricht: Am Mittwoch wurde zum ersten Mal seit Ende November wieder mehr Gas ein- als ausgespeichert. Der Stand der Gasspeicher stieg um 0,11 auf 87,31 %. Damit geht Deutschland gut vorbereitet in die Festtage. Achtsamer Umgang mit Gas bleibt trotzdem richtig.“

Speicherverand: Keine Probleme bei Normaltemperaturen

Während in der Vorwoche die Speicherstände wegen der niedrigen Temperaturen an vier aufeinanderfolgenden Tagen um jeweils über einen Prozentpunkt zurückgegangen waren, konnte in den vergangenen Tagen der gegenteilige Effekt beobachtet werden: Die vergleichsweise milde Witterung ließ die Gasnachfrage zurückgehen, und weil die Importe weiterliefen, war wieder genug Gas für die Speicher übrig.

Kürzlich vorgestellte Berechnungen des Speicherverbandes Ines, Initiative Energien Speicher, hatten ergeben, dass allenfalls noch bei extrem niedrigen Temperaturen eine Gasmangellage im Januar oder Februar eintreten könnte. Aber auch die wäre nur noch halb so schlimm, wie man noch im November befürchtet hatte.

Bei Normaltemperaturen sehen die Ines-Prognosen überhaupt keine Probleme mehr. Im Gegenteil. Der Verbrauch im Januar – dem Monat mit üblicherweise den höchsten Werten – wird nur noch bei 3,9 Milliarden kWh gesehen, während im November noch 4,5 Milliarden Euro angenommen worden waren. Das hätte zur Folge, dass man die gesetzlichen Vorgaben bei den Speicherständen im kommenden Jahr locker erfüllen könnte: Schon im Februar wären 70 Prozent statt der festgelegten 40 Prozent möglich.

Zu verdanken ist das vor allem dem Umstand, dass Deutschland mit Speicherständen von 100 Prozent in diesen Winter starten konnte. Angesichts einer Ausgangslage von 26 Prozent im April und der Tatsache, dass die Gasflüsse aus Russland schon Anfang des Jahres weniger und am 31. August ganz gestoppt wurden, grenzt das schon fast an ein Wunder. Eines, das natürlich seinen Preis in Euro hatte. Zudem sorgte die radikale Beschaffungsstrategie der Bundesregierung bei den europäischen Nachbarn mit weniger gut gefülltem Geldbeutel für erheblichen Unmut.

Wirtschaft fordert mehr Tempo bei der Energiewende

Ins „Team Vorsicht“ reiht sich traditionsgemäß die bayerische Industrie ein, wenn es um die Energieversorgung geht. Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte der Deutschen Presseagentur: „Für eine Entwarnung gibt es keinen Anlass. Niemand kann ausschließen, dass wir vor einem harten Winter stehen.“ Deshalb müsse weiter Energie gespart werden.

Eine Gasmangellage wäre mehr als nur unangenehm, so Russwurm. Zwangsweise Abschaltungen für Unternehmen wären hochgradig schädlich. Die Industrie habe Gas eingespart, zum einen durch Effizienzanstrengungen und den Ersatz von Gas etwa durch Öl.

Russwurm verlangte außerdem mehr Tempo bei der Energiewende. Die Politik müsse vor allem angemessene Randbedingungen für die notwendigen Investitionen schaffen. „Bei der Energiewende hakt es in Deutschland nicht am Willen, sondern an der Umsetzung − und an vielfältigen lokalen Befindlichkeiten. Notwendige politische und regulatorische Veränderungen dauern zu lang. Der Ausbau muss das bisherige Tempo bei Weitem übertreffen.“

„Rasche Entleerung der Speicher unterbinden“

Für den von Russwurm angesprochenen „harten Winter“ hat die Gasspeicherbranche ebenfalls ein Modell erstellt. Bei extrem niedrigen Temperaturen wie im Jahr 2010 wären die Speicher im Februar leer, der Gasmangel könnte dann an einzelnen Tagen bei 12 Prozent des Verbrauchs liegen. Auch darüber, was dann zu tun wäre, hat man sich Gedanken gemacht: „Im äußerst unwahrscheinlichen, aber nicht vollständig auszuschließenden Fall einer Gasmangellage, sollte staatliches Handeln darauf ausgerichtet sein, eine rasche Entleerung der Speicher zu unterbinden, um die Versorgung des lebenswichtigen Bedarfs abzusichern“, rät Ines Geschäftsführer Sebastian Bleschke.

Freitag, 23.12.2022, 12:42 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Erdgas - Gasversorgung: Der Optimismus wächst
Die Esperanza läuft mit der ersten Ladung LNG in Wilhelmshaven ein. Quelle: N-Ports
Erdgas
Gasversorgung: Der Optimismus wächst
Die Hoffnung, mit dem in Deutschland eingespeicherten Erdgas über den Winter zu kommen, wächst. Warnende Stimmen gibt es weiter: Schließlich geht es bereits um den Winter 2023/24.
Zu den Mahnern hatte immer schon der Chef der Bundesnetzagentur gehört. Zwar sprach sich Präsident Klaus Müller zum Teil lobend aus, dass in der Bevölkerung erkennbar Gas gespart werde. Die Entwicklung in den letzten Novembertagen und den ersten Tagen im Dezember erntete aber seine Missbilligung: Statt der von ihm geforderten 20 Prozent belief sich der Einspareffekt durch Industrie, Gewerbe und Haushalte nur auf 13 Prozent. „Das soll sich nicht fortsetzen“, twitterte er damals.

Am 22. Dezember schickte er dann aber diese vorweihnachtliche frohe Botschaft über den Kurznachrichtendienst: „Gute Nachricht: Am Mittwoch wurde zum ersten Mal seit Ende November wieder mehr Gas ein- als ausgespeichert. Der Stand der Gasspeicher stieg um 0,11 auf 87,31 %. Damit geht Deutschland gut vorbereitet in die Festtage. Achtsamer Umgang mit Gas bleibt trotzdem richtig.“

Speicherverand: Keine Probleme bei Normaltemperaturen

Während in der Vorwoche die Speicherstände wegen der niedrigen Temperaturen an vier aufeinanderfolgenden Tagen um jeweils über einen Prozentpunkt zurückgegangen waren, konnte in den vergangenen Tagen der gegenteilige Effekt beobachtet werden: Die vergleichsweise milde Witterung ließ die Gasnachfrage zurückgehen, und weil die Importe weiterliefen, war wieder genug Gas für die Speicher übrig.

Kürzlich vorgestellte Berechnungen des Speicherverbandes Ines, Initiative Energien Speicher, hatten ergeben, dass allenfalls noch bei extrem niedrigen Temperaturen eine Gasmangellage im Januar oder Februar eintreten könnte. Aber auch die wäre nur noch halb so schlimm, wie man noch im November befürchtet hatte.

Bei Normaltemperaturen sehen die Ines-Prognosen überhaupt keine Probleme mehr. Im Gegenteil. Der Verbrauch im Januar – dem Monat mit üblicherweise den höchsten Werten – wird nur noch bei 3,9 Milliarden kWh gesehen, während im November noch 4,5 Milliarden Euro angenommen worden waren. Das hätte zur Folge, dass man die gesetzlichen Vorgaben bei den Speicherständen im kommenden Jahr locker erfüllen könnte: Schon im Februar wären 70 Prozent statt der festgelegten 40 Prozent möglich.

Zu verdanken ist das vor allem dem Umstand, dass Deutschland mit Speicherständen von 100 Prozent in diesen Winter starten konnte. Angesichts einer Ausgangslage von 26 Prozent im April und der Tatsache, dass die Gasflüsse aus Russland schon Anfang des Jahres weniger und am 31. August ganz gestoppt wurden, grenzt das schon fast an ein Wunder. Eines, das natürlich seinen Preis in Euro hatte. Zudem sorgte die radikale Beschaffungsstrategie der Bundesregierung bei den europäischen Nachbarn mit weniger gut gefülltem Geldbeutel für erheblichen Unmut.

Wirtschaft fordert mehr Tempo bei der Energiewende

Ins „Team Vorsicht“ reiht sich traditionsgemäß die bayerische Industrie ein, wenn es um die Energieversorgung geht. Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte der Deutschen Presseagentur: „Für eine Entwarnung gibt es keinen Anlass. Niemand kann ausschließen, dass wir vor einem harten Winter stehen.“ Deshalb müsse weiter Energie gespart werden.

Eine Gasmangellage wäre mehr als nur unangenehm, so Russwurm. Zwangsweise Abschaltungen für Unternehmen wären hochgradig schädlich. Die Industrie habe Gas eingespart, zum einen durch Effizienzanstrengungen und den Ersatz von Gas etwa durch Öl.

Russwurm verlangte außerdem mehr Tempo bei der Energiewende. Die Politik müsse vor allem angemessene Randbedingungen für die notwendigen Investitionen schaffen. „Bei der Energiewende hakt es in Deutschland nicht am Willen, sondern an der Umsetzung − und an vielfältigen lokalen Befindlichkeiten. Notwendige politische und regulatorische Veränderungen dauern zu lang. Der Ausbau muss das bisherige Tempo bei Weitem übertreffen.“

„Rasche Entleerung der Speicher unterbinden“

Für den von Russwurm angesprochenen „harten Winter“ hat die Gasspeicherbranche ebenfalls ein Modell erstellt. Bei extrem niedrigen Temperaturen wie im Jahr 2010 wären die Speicher im Februar leer, der Gasmangel könnte dann an einzelnen Tagen bei 12 Prozent des Verbrauchs liegen. Auch darüber, was dann zu tun wäre, hat man sich Gedanken gemacht: „Im äußerst unwahrscheinlichen, aber nicht vollständig auszuschließenden Fall einer Gasmangellage, sollte staatliches Handeln darauf ausgerichtet sein, eine rasche Entleerung der Speicher zu unterbinden, um die Versorgung des lebenswichtigen Bedarfs abzusichern“, rät Ines Geschäftsführer Sebastian Bleschke.

Freitag, 23.12.2022, 12:42 Uhr
Günter Drewnitzky

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