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Energie & Management > Recht - Gasumlagen lassen viele Anwenderfragen offen
Quelle: Fotolia / vege
Recht

Gasumlagen lassen viele Anwenderfragen offen

Energierechtsexpertinnen der Kanzlei Schalast aus Frankfurt/Main diskutierten in einem Webinar die Gaspreisumlage und die Speicherumlage, die ab diesem Herbst erhoben werden.
Das Bundeskabinett hat befristete Gasumlagen verabschiedet, damit die Importeure und Versorger handlungsfähig bleiben und die Gasversorgung trotz Lieferausfällen des russischen Staatskonzerns Gazprom gesichert ist. Eine Umlage entschädigt Importeure für teurere Gasersatzbeschaffungen und eine andere Umlage soll den wirtschaftlichen Aufwand der nationalen Speicherbefüllung für den Winter ausgleichen. Details dieser Verordnungen erörterten die Energierechtsexpertinnen Janka Schwaibold und Victoria Boss der Kanzlei Schalast in einem Webinar am 10. August.

„Trotz der großen Eile sind die Rechtsgrundlagen gut gemacht“, bescheinigte Victoria Boss, Spezialistin für die Marktrolle von Energieversorgungsunternehmen (EVU). Dennoch blieben viele Fragen offen. So müssten zunächst die Bilanzkreisverantwortlichen die Umlage für die georderten Gasmengen zahlen, dann aber zusehen, wie sie diese von ihren Abnehmern wiederbekommen. Dafür seien die langen Fristen von 6 Wochen Ankündigung der Preisänderungen ein Handycap. Da erst am 15. bzw. 18. August die Höhe der Umlage in Cent/kWh veröffentlicht wird, sei es herausfordernd, die neuen Preise den Endkunden rechtzeitig bekanntzugeben. „Mancher Versorger muss dann 20.000 Briefe rausschicken“, sagte Janka Schwaibold, Expertin für EVU.

Geld einsammeln für Gasimporteure und Speicherfüllung

Die Gasimporteure können ab Oktober nachweisen, welche Mehrkosten ihnen entstehen durch den Wegfall des preiswerten russischen Erdgases. Bis dahin müssen sie die Mehrkosten allein tragen. Die Kosten, die für die Speicherbefüllung bereits angefallen sind und künftig anfallen, legt der Marktgebietsverantwortliche selbst um. Da Gasverträge oft lange Laufzeiten haben, können die Gashändler die starken Preiserhöhungen seit dem letzten Herbst nur bedingt an ihre Kunden weitergeben. Die Umlagen sollen die Mehrbelastung halbwegs gerecht auf alle Gaskunden, egal ob mit lang- oder kurzfristigen Verträgen, verteilen und Insolvenzen in der Gaswirtschaft verhindern.

Allerdings könnten trotzdem einige Gasversorger in Schwierigkeiten geraten, befürchten die Rechtsexpertinnen. So müssen sie bei zeitlichen Verzögerungen in der Weitergabe der Umlagen das Geld vorstrecken oder ganz allein tragen. Zudem würden ihnen die Gasmengen des Vorjahres als Grundlage der Umlagen berechnet. Wenn die Kunden aber wegen diverser Sparmaßnahmen tatsächlich weniger Gas verbrauchen, bekommen sie über die Abrechnung des tatsächlichen Verbrauchs auch weniger Umlage zurück.

 
Die Rechtsgrundlagen und ihre Umsetzungstermine
(zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)
Quelle: Schalast Law

Gewerbekunden und Industrie absichern

Die Rechtsanwältinnen halten auch eine Absicherung von mittelgroßen Gaskunden für notwendig. Bis zu einem Verbrauch von 10.000 kWh/Jahr sind Verbraucher und Kleingewerbe über die Grund- und Ersatzversorgung abgesichert, weil der lokale Energieversorger sie mit Erdgas beliefern muss. Eine solche Sicherung gibt es für Mittelständler nicht. Angesichts der unsicheren Gasmarktlage könnten auslaufende Verträge künftig nicht verlängert werden oder Kunden, die wegen hoher Preise kündigen, keinen neuen Anbieter finden, fürchten die Expertinnen. „Hier sollte der Staat ebenfalls einen Versorger bestimmen, der im Notfall einspringen muss, diesen aber stützen“, sagte Boss.


Zuvor hatte das Vergleichsportal Check24 berechnet, dass allein auf einen Single-Haushalt durch die Umlage auf den Gaspreis Mehrkosten von 100 bis 300 Euro jährlich zukommen. Je nachdem, ob sie 1,5 Cent oder 5 Cent je kWh beträgt. Die Speicherumlage soll zwar geringer ausfallen, kommt aber noch dazu. Mit dem Auslaufen von Vertragszeiten können die Gasversorger dann auch die Preise erhöhen, um ihre höheren Beschaffungskosten weiterzugeben. Damit kommen hohe Belastungen auf die Haushalte und das Gewerbe zu, die auch hier zu Stundungen und Zahlungsunfähigkeiten führen können.

Was tun bei positiven Einkünften?

In der Verordnung zur Gaspreisumlage ist festgelegt, dass Gasimporteure Vertragsstrafen für nicht gelieferte Mengen geltend machen sollen. Ob und wie dies gegenüber dem russischen Staatskonzern Gazprom gelingen kann, sei fraglich, sagte Janka Schwaibold. Sollten in diesem Prozess aber tatsächlich Einkünfte entstehen, müssten diese eigentlich auch wieder mit der Umlage verrechnet werden, was völlig ungeklärt sei. Wie Fernwärmeversorger, die mit Gas arbeiten, ihre Mehrkosten weitergeben können, solange Altverträge laufen, ist ebenfalls noch offen.

Die Gaspreisumlage soll zudem alle drei Monate durch den Marktgebietsverantwortlichen THE (Trading Hub Europe) in ihrer Höhe überprüft werden. Das sei zwar löblich, um Überzahlungen zu vermeiden, könne aber viermal im Jahr zu aufwendigen Preisanpassungen für die Endkunden führen. Die Gasspeicherumlage werde nur halbjährlich überprüft. Hier sei aber bereits vorgesehen, dass sie auch zu Erstattungen führen kann, wenn weniger Kosten entstehen. Ob die Umlagen zusätzlich mit Mehrwertsteuer zu belasten sind, ist ebenfalls noch offen, müsse aber schnellstens geklärt werden, damit korrekte Forderungen an die Kunden gehen können, forderten die Expertinnen abschließend.

Mittwoch, 10.08.2022, 15:54 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Recht - Gasumlagen lassen viele Anwenderfragen offen
Quelle: Fotolia / vege
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Gasumlagen lassen viele Anwenderfragen offen
Energierechtsexpertinnen der Kanzlei Schalast aus Frankfurt/Main diskutierten in einem Webinar die Gaspreisumlage und die Speicherumlage, die ab diesem Herbst erhoben werden.
Das Bundeskabinett hat befristete Gasumlagen verabschiedet, damit die Importeure und Versorger handlungsfähig bleiben und die Gasversorgung trotz Lieferausfällen des russischen Staatskonzerns Gazprom gesichert ist. Eine Umlage entschädigt Importeure für teurere Gasersatzbeschaffungen und eine andere Umlage soll den wirtschaftlichen Aufwand der nationalen Speicherbefüllung für den Winter ausgleichen. Details dieser Verordnungen erörterten die Energierechtsexpertinnen Janka Schwaibold und Victoria Boss der Kanzlei Schalast in einem Webinar am 10. August.

„Trotz der großen Eile sind die Rechtsgrundlagen gut gemacht“, bescheinigte Victoria Boss, Spezialistin für die Marktrolle von Energieversorgungsunternehmen (EVU). Dennoch blieben viele Fragen offen. So müssten zunächst die Bilanzkreisverantwortlichen die Umlage für die georderten Gasmengen zahlen, dann aber zusehen, wie sie diese von ihren Abnehmern wiederbekommen. Dafür seien die langen Fristen von 6 Wochen Ankündigung der Preisänderungen ein Handycap. Da erst am 15. bzw. 18. August die Höhe der Umlage in Cent/kWh veröffentlicht wird, sei es herausfordernd, die neuen Preise den Endkunden rechtzeitig bekanntzugeben. „Mancher Versorger muss dann 20.000 Briefe rausschicken“, sagte Janka Schwaibold, Expertin für EVU.

Geld einsammeln für Gasimporteure und Speicherfüllung

Die Gasimporteure können ab Oktober nachweisen, welche Mehrkosten ihnen entstehen durch den Wegfall des preiswerten russischen Erdgases. Bis dahin müssen sie die Mehrkosten allein tragen. Die Kosten, die für die Speicherbefüllung bereits angefallen sind und künftig anfallen, legt der Marktgebietsverantwortliche selbst um. Da Gasverträge oft lange Laufzeiten haben, können die Gashändler die starken Preiserhöhungen seit dem letzten Herbst nur bedingt an ihre Kunden weitergeben. Die Umlagen sollen die Mehrbelastung halbwegs gerecht auf alle Gaskunden, egal ob mit lang- oder kurzfristigen Verträgen, verteilen und Insolvenzen in der Gaswirtschaft verhindern.

Allerdings könnten trotzdem einige Gasversorger in Schwierigkeiten geraten, befürchten die Rechtsexpertinnen. So müssen sie bei zeitlichen Verzögerungen in der Weitergabe der Umlagen das Geld vorstrecken oder ganz allein tragen. Zudem würden ihnen die Gasmengen des Vorjahres als Grundlage der Umlagen berechnet. Wenn die Kunden aber wegen diverser Sparmaßnahmen tatsächlich weniger Gas verbrauchen, bekommen sie über die Abrechnung des tatsächlichen Verbrauchs auch weniger Umlage zurück.

 
Die Rechtsgrundlagen und ihre Umsetzungstermine
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Quelle: Schalast Law

Gewerbekunden und Industrie absichern

Die Rechtsanwältinnen halten auch eine Absicherung von mittelgroßen Gaskunden für notwendig. Bis zu einem Verbrauch von 10.000 kWh/Jahr sind Verbraucher und Kleingewerbe über die Grund- und Ersatzversorgung abgesichert, weil der lokale Energieversorger sie mit Erdgas beliefern muss. Eine solche Sicherung gibt es für Mittelständler nicht. Angesichts der unsicheren Gasmarktlage könnten auslaufende Verträge künftig nicht verlängert werden oder Kunden, die wegen hoher Preise kündigen, keinen neuen Anbieter finden, fürchten die Expertinnen. „Hier sollte der Staat ebenfalls einen Versorger bestimmen, der im Notfall einspringen muss, diesen aber stützen“, sagte Boss.


Zuvor hatte das Vergleichsportal Check24 berechnet, dass allein auf einen Single-Haushalt durch die Umlage auf den Gaspreis Mehrkosten von 100 bis 300 Euro jährlich zukommen. Je nachdem, ob sie 1,5 Cent oder 5 Cent je kWh beträgt. Die Speicherumlage soll zwar geringer ausfallen, kommt aber noch dazu. Mit dem Auslaufen von Vertragszeiten können die Gasversorger dann auch die Preise erhöhen, um ihre höheren Beschaffungskosten weiterzugeben. Damit kommen hohe Belastungen auf die Haushalte und das Gewerbe zu, die auch hier zu Stundungen und Zahlungsunfähigkeiten führen können.

Was tun bei positiven Einkünften?

In der Verordnung zur Gaspreisumlage ist festgelegt, dass Gasimporteure Vertragsstrafen für nicht gelieferte Mengen geltend machen sollen. Ob und wie dies gegenüber dem russischen Staatskonzern Gazprom gelingen kann, sei fraglich, sagte Janka Schwaibold. Sollten in diesem Prozess aber tatsächlich Einkünfte entstehen, müssten diese eigentlich auch wieder mit der Umlage verrechnet werden, was völlig ungeklärt sei. Wie Fernwärmeversorger, die mit Gas arbeiten, ihre Mehrkosten weitergeben können, solange Altverträge laufen, ist ebenfalls noch offen.

Die Gaspreisumlage soll zudem alle drei Monate durch den Marktgebietsverantwortlichen THE (Trading Hub Europe) in ihrer Höhe überprüft werden. Das sei zwar löblich, um Überzahlungen zu vermeiden, könne aber viermal im Jahr zu aufwendigen Preisanpassungen für die Endkunden führen. Die Gasspeicherumlage werde nur halbjährlich überprüft. Hier sei aber bereits vorgesehen, dass sie auch zu Erstattungen führen kann, wenn weniger Kosten entstehen. Ob die Umlagen zusätzlich mit Mehrwertsteuer zu belasten sind, ist ebenfalls noch offen, müsse aber schnellstens geklärt werden, damit korrekte Forderungen an die Kunden gehen können, forderten die Expertinnen abschließend.

Mittwoch, 10.08.2022, 15:54 Uhr
Susanne Harmsen

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