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Energie & Management > Veranstaltung - Gastagung setzt auf Erdgas als Brücke zum Klimaschutz
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Gastagung setzt auf Erdgas als Brücke zum Klimaschutz

Bei der Handelsblatt-Jahrestagung Gas in Berlin wurde Gas eine Schlüsselrolle als Energieträger der Zukunft bescheinigt. Zum Klimaschutz werde Erdgas durch erneuerbare Gase abgelöst.
Die Jahrestagung Gas fand wegen der Covid-19-Pandemie online statt. Zur Einführung sprach Tatiana Marquez Uriarte, Mitglied des Kabinetts der EU-Energiekommissarin Kadri Simson, über die europäischen Ziele für den Gasmarkt. Sie kündigte zum Ende dieses Jahres neue Rahmenbedingungen der Kommission an. Diese sollen die Integration von CO2-freien und CO2-armen Gasen in den Markt gewährleisten. Dafür müsse über Zertifizierungen deren Qualität gesichert werden, sagte Marquez. Sie sollten auch den Zugang zu LNG Terminals bekommen und über Regeln für den Rollout eines Wasserstoffnetzes sollten Gaskunden die freie Wahl bekommen, welches Gas sie nutzen wollen.

EU bereitet Regeln für Wasserstoff vor

Innerhalb der Green Deal Strategie verfolge die EU-Kommission drei Ziele für den Klimaschutz, erläuterte Marquez. So solle zuerst Energiesparen als kostengünstigste Variante genutzt werden, danach alles elektrifiziert werden, was machbar ist. An dritter Stelle solle für alle fehlenden Einsatzbereiche zunehmend auf kohlenstoffarme oder klimaneutrale Energieträger umgestellt werden. „So lange noch zu wenig erneuerbare Gase wie grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen, sieht die EU-Kommission Erdgas als Brücke zur Ablösung von Kohle an, da es weniger CO2 freisetzt“, betonte Marquez.

Bis Ende 2024 will die EU aber Elektrolyseure mit einer Kapazität von insgesamt 40.000 MW betreiben. Im Übergang sei auch Wasserstoff aus Erdgas mit Abscheidung von Kohlenstoff (CCS) einsetzbar, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Dabei werde noch diskutiert, wie fairerweise die Kosten für die Netze auf die Kunden umgelegt werden. Erdgaskunden sollen nicht das Wasserstoffnetz bezahlen müssen, vor allem für industrielle Anwendungen, so die Haltung der Kommission.

Branche macht sich bereit für klimafreundliche Gase

Timm Kehler, Geschäftsführer von Zukunft Gas betonte, dass die Branche den Umstieg auf Wasserstoff vorbereite. „Wir brauchen keine Markt- und Denkverbote für die Herstellung und Verteilung von Wasserstoff“, forderte Kehler von der künftigen Bundesregierung und EU-Kommission. Auch Biogas solle mit einer eigenen Strategie gefördert werden. Investitionen müssten schnell politisch abgesichert werden, damit die Netzbetreiber die langwierige Umrüstung auf Wasserstoff beginnen könnten, forderte Kehler. „Die technische Machbarkeit ist gelöst, jetzt müssen die regulatorischen Bremsen gelöst werden“, sagte er.

Für die Hersteller der Gasturbinen und -motoren sagte Carlos Lange, Präsident und CEO der Innio, die Jenbacher Aggregate könnten schon mit Wasserstoff laufen oder umgerüstet werden. Dies bestätigten auch andere Herstellervertreter auf der Tagung. Jochen Eickholdt, Vorstandsmitglied der Siemens Energy befürchtet allerdings eine Engpasssituation in der Energieversorgung, weil der Bau neuer Gaskraftwerke mindestens drei Jahre dauert. Als Ersatz für den Ausstieg aus Kernkraft und Kohle würde erneuerbare Erzeugung zu langsam ausgebaut und Gaskraftwerke nicht genug angereizt, kritisierte er die Politik.

Rekordpreise am Gasmarkt diskutiert

Zu den aktuell enorm gestiegenen Gaspreisen auf dem Weltmarkt sagte Stefan Rolle, Referatsleiter Gas im Bundeswirtschaftsministerium, es gebe keinen Engpass. „Alle Lieferverträge werden bedient“, versicherte er. Auch Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) sah keinen Grund zur Beunruhigung. Er verwies darauf, dass die langfristigen Gaspreise für 2022 und 2023 lange nicht so hoch seien wie die aktuelle Preisspitze. Er führt diese nur auf die aktuell gestiegene Nachfrage in Asien zurück.

Der Senior Gas Analyst der Internationalen Energieagentur (IEA), Jean-Baptiste Dubreuil, führte die aktuell um ein Viertel höheren Erdgaspreise auf den langen Winter 2020/21 zurück, der mehr Heizenergie verbraucht habe. Zudem hätte das trockene Frühjahr die Wasserspeicher leer laufen lassen, so dass vielerorts Gas zur Stromerzeugung genutzt werden musste. Nicht zuletzt laufe die Weltwirtschaft nach der Covid-19-Pandemie wieder an und verlange daher mehr Energie, erläuterte Dubreuil. Auch gäbe es Spekulationsblasen an einzelnen Märkten, sagte er abschließend.
 
Preisentwicklung am Gasmarkt im Vergleich der Jahre 2015 bis 2021
Quelle: IEA
Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken

Mittwoch, 22.09.2021, 16:41 Uhr
Susanne Harmsen
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Gastagung setzt auf Erdgas als Brücke zum Klimaschutz
Bei der Handelsblatt-Jahrestagung Gas in Berlin wurde Gas eine Schlüsselrolle als Energieträger der Zukunft bescheinigt. Zum Klimaschutz werde Erdgas durch erneuerbare Gase abgelöst.
Die Jahrestagung Gas fand wegen der Covid-19-Pandemie online statt. Zur Einführung sprach Tatiana Marquez Uriarte, Mitglied des Kabinetts der EU-Energiekommissarin Kadri Simson, über die europäischen Ziele für den Gasmarkt. Sie kündigte zum Ende dieses Jahres neue Rahmenbedingungen der Kommission an. Diese sollen die Integration von CO2-freien und CO2-armen Gasen in den Markt gewährleisten. Dafür müsse über Zertifizierungen deren Qualität gesichert werden, sagte Marquez. Sie sollten auch den Zugang zu LNG Terminals bekommen und über Regeln für den Rollout eines Wasserstoffnetzes sollten Gaskunden die freie Wahl bekommen, welches Gas sie nutzen wollen.

EU bereitet Regeln für Wasserstoff vor

Innerhalb der Green Deal Strategie verfolge die EU-Kommission drei Ziele für den Klimaschutz, erläuterte Marquez. So solle zuerst Energiesparen als kostengünstigste Variante genutzt werden, danach alles elektrifiziert werden, was machbar ist. An dritter Stelle solle für alle fehlenden Einsatzbereiche zunehmend auf kohlenstoffarme oder klimaneutrale Energieträger umgestellt werden. „So lange noch zu wenig erneuerbare Gase wie grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen, sieht die EU-Kommission Erdgas als Brücke zur Ablösung von Kohle an, da es weniger CO2 freisetzt“, betonte Marquez.

Bis Ende 2024 will die EU aber Elektrolyseure mit einer Kapazität von insgesamt 40.000 MW betreiben. Im Übergang sei auch Wasserstoff aus Erdgas mit Abscheidung von Kohlenstoff (CCS) einsetzbar, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Dabei werde noch diskutiert, wie fairerweise die Kosten für die Netze auf die Kunden umgelegt werden. Erdgaskunden sollen nicht das Wasserstoffnetz bezahlen müssen, vor allem für industrielle Anwendungen, so die Haltung der Kommission.

Branche macht sich bereit für klimafreundliche Gase

Timm Kehler, Geschäftsführer von Zukunft Gas betonte, dass die Branche den Umstieg auf Wasserstoff vorbereite. „Wir brauchen keine Markt- und Denkverbote für die Herstellung und Verteilung von Wasserstoff“, forderte Kehler von der künftigen Bundesregierung und EU-Kommission. Auch Biogas solle mit einer eigenen Strategie gefördert werden. Investitionen müssten schnell politisch abgesichert werden, damit die Netzbetreiber die langwierige Umrüstung auf Wasserstoff beginnen könnten, forderte Kehler. „Die technische Machbarkeit ist gelöst, jetzt müssen die regulatorischen Bremsen gelöst werden“, sagte er.

Für die Hersteller der Gasturbinen und -motoren sagte Carlos Lange, Präsident und CEO der Innio, die Jenbacher Aggregate könnten schon mit Wasserstoff laufen oder umgerüstet werden. Dies bestätigten auch andere Herstellervertreter auf der Tagung. Jochen Eickholdt, Vorstandsmitglied der Siemens Energy befürchtet allerdings eine Engpasssituation in der Energieversorgung, weil der Bau neuer Gaskraftwerke mindestens drei Jahre dauert. Als Ersatz für den Ausstieg aus Kernkraft und Kohle würde erneuerbare Erzeugung zu langsam ausgebaut und Gaskraftwerke nicht genug angereizt, kritisierte er die Politik.

Rekordpreise am Gasmarkt diskutiert

Zu den aktuell enorm gestiegenen Gaspreisen auf dem Weltmarkt sagte Stefan Rolle, Referatsleiter Gas im Bundeswirtschaftsministerium, es gebe keinen Engpass. „Alle Lieferverträge werden bedient“, versicherte er. Auch Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) sah keinen Grund zur Beunruhigung. Er verwies darauf, dass die langfristigen Gaspreise für 2022 und 2023 lange nicht so hoch seien wie die aktuelle Preisspitze. Er führt diese nur auf die aktuell gestiegene Nachfrage in Asien zurück.

Der Senior Gas Analyst der Internationalen Energieagentur (IEA), Jean-Baptiste Dubreuil, führte die aktuell um ein Viertel höheren Erdgaspreise auf den langen Winter 2020/21 zurück, der mehr Heizenergie verbraucht habe. Zudem hätte das trockene Frühjahr die Wasserspeicher leer laufen lassen, so dass vielerorts Gas zur Stromerzeugung genutzt werden musste. Nicht zuletzt laufe die Weltwirtschaft nach der Covid-19-Pandemie wieder an und verlange daher mehr Energie, erläuterte Dubreuil. Auch gäbe es Spekulationsblasen an einzelnen Märkten, sagte er abschließend.
 
Preisentwicklung am Gasmarkt im Vergleich der Jahre 2015 bis 2021
Quelle: IEA
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Mittwoch, 22.09.2021, 16:41 Uhr
Susanne Harmsen

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