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Energie & Management > Politik - Gasbranche und Analyst gegen geplantes Ausspeicherverbot
Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
Politik

Gasbranche und Analyst gegen geplantes Ausspeicherverbot

Experten begrüßen die Verlängerung der Füllstandsvorgaben für Gasspeicher und der temporären Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes. An einem Punkt gibt es massive Kritik.
Die Pläne der Bundesregierung, die im Energiewirtschaftsgesetz geregelten Füllstandsvorgaben für Gasspeicher bis 1. April 2027 zu verlängern, stoßen in der Branche nicht auf uneingeschränkte Zustimmung. Das wurde bei einer Expertenanhörung im Energieausschuss des Bundestages am 13. Dezember deutlich. Das Kabinett hatte im November den Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes“ (EnWG) präsentiert.

Durch die seit der Energiekrise vorgeschriebenen Speicherfüllstände − 80 Prozent am 1. Oktober, 90 Prozent am 1. November und 40 Prozent am 1. Februar − werde sichergestellt, dass die deutschen Speicher bestmöglich gefüllt werden, um die Gasversorgung optimal abzusichern, so Sebastian Kemper, Geschäftsführer der Trading Hub Europe GmbH (THE). Dabei sei zu loben, dass das Gesetz die Verantwortung für die Versorgungssicherheit eindeutig adressiere, „aber keine Eingriffe in den Markt vorsieht, solange dieser funktioniert“.

Auch Timm Kehler, Vorstand in der als Verein organisierten Brancheninitiative Zukunft Gas und Geschäftsführer der Zukunft Gas GmbH, hält die Vorgaben für „richtig und wichtig“. Beachtet werden müsse aber, dass hinter den Speichern betriebswirtschaftlich agierende Unternehmen stünden. So stärke das Gesetz in einer Notlage die Versorgungssicherheit, mindere aber die wirtschaftliche Attraktivität der Speicher, „da die Vermarktung der Kapazität eingeschränkt wird“.

„Nicht zulasten des Optimalfalls optimieren“

Kritisiert wurde am vorliegenden Gesetzesentwurf ein geplanter Zusatz zum Absatz 5 des Paragrafen 35b EnWG, der unter bestimmten Voraussetzungen für den Fall, dass die vorgeschriebenen Speicherfüllstände unterschritten werden, Ausspeicherungen untersagt. „Speicherkunden buchen keine Kapazitäten, die sie nicht benutzen dürfen“, sagte Sebastian Heinermann. Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern (Ines), dazu.

Ähnlich hatte sich auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zuvor geäußert: „Der Verlust der Hoheit über die Ausspeicher-Entscheidung reduziert den Wert der Speicherbuchung und den Anreiz für Händler, Speicher zu buchen. Darüber hinaus reduziert dies die Fähigkeit von Marktteilnehmern, Einspeicherungen zu finanzieren“, heißt es in dem am 31. Oktober veröffentlichten Papier.

Ines-Geschäftsführer Heinermann sieht die Vorgaben insgesamt kritisch. Er verweist darauf, dass auch in diesem Jahr die Gasspeicher zu 100 Prozent gefüllt seien, ohne dass staatliche Maßnahmen nötig gewesen seien. „Wir sollten nicht den Fehler machen, die Prozesse aus dem Krisenfall zulasten des Optimalfalls zu optimieren“, sagte der Ines-Geschäftsführer.

Auch Andreas Schröder, Head of Energy Analytics (Quantitative) bei dem Preisinformationsdienst Independent Commodity Intelligence Services (ICIS), äußerte sich kritisch zu den Plänen. Bei einer Verlängerung bis April 2027 liefen die Vorgaben in Deutschland zeitlich nicht mehr synchron mit denen anderer EU-Länder. Dadurch könne es zu Marktverzerrungen im EU-Binnenmarkt für Gasspeicher kommen.

Grundsätzlich erwarte ICIS im globalen LNG-Markt schon im Verlaufe des Jahres 2025 und noch stärker im Jahre 2026 eine Entspannung. Eine Vielzahl an Export-LNG-Anlagen dränge 2025 und 2026 neu an den Markt, was zu einem Überangebot führen und sich in günstigen Preisen niederschlagen könne. In dem Fall sei die Marktsituation vollkommen anders als in den Knappheitsjahren 2022 und 2023. „Wenn Flüssigerdgas günstig und ausreichend verfügbar wird, sind Füllstandsvorgaben weniger wichtig für die Versorgungssicherheit“, sagte Schröder.

Temporäre Höherauslastung reduziert Redispatchkosten

Ebenfalls zur Diskussion stand in der Expertenanhörung, dass die temporäre Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes bis 31. März 2027 verlängert werden soll (Paragraf 49b EnWG). Tetiana Chuvilina, Leiterin Politik beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet, begrüßte den Vorstoß. Allein im Jahr 2023 seien durch die Regelung die Kosten für kurzfristige Eingriffe in Kraftwerks-Fahrweisen (Redispatch) um 25 Prozent reduziert worden. Das seien 1 bis 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Angesichts der hohen Netzentgelte müssten alle Maßnahmen zur Senkung ergriffen werden. „1,5 Milliarden Euro pro Jahr sind da schon eine große Hausnummer“, sagte Chuvilina.
 
 
Die Regelung helfe auch bei Großstörungen, „weil wir so Lastabschaltungen minimieren können“. Zwar sei die Höherauslastung auch mit Netzverlusten verbunden, die Kosten hierfür seien aber wesentlich geringer als die Einsparungen beim Redispatch.
 

Donnerstag, 14.12.2023, 15:05 Uhr
Katia Meyer-Tien
Energie & Management > Politik - Gasbranche und Analyst gegen geplantes Ausspeicherverbot
Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
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Gasbranche und Analyst gegen geplantes Ausspeicherverbot
Experten begrüßen die Verlängerung der Füllstandsvorgaben für Gasspeicher und der temporären Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes. An einem Punkt gibt es massive Kritik.
Die Pläne der Bundesregierung, die im Energiewirtschaftsgesetz geregelten Füllstandsvorgaben für Gasspeicher bis 1. April 2027 zu verlängern, stoßen in der Branche nicht auf uneingeschränkte Zustimmung. Das wurde bei einer Expertenanhörung im Energieausschuss des Bundestages am 13. Dezember deutlich. Das Kabinett hatte im November den Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes“ (EnWG) präsentiert.

Durch die seit der Energiekrise vorgeschriebenen Speicherfüllstände − 80 Prozent am 1. Oktober, 90 Prozent am 1. November und 40 Prozent am 1. Februar − werde sichergestellt, dass die deutschen Speicher bestmöglich gefüllt werden, um die Gasversorgung optimal abzusichern, so Sebastian Kemper, Geschäftsführer der Trading Hub Europe GmbH (THE). Dabei sei zu loben, dass das Gesetz die Verantwortung für die Versorgungssicherheit eindeutig adressiere, „aber keine Eingriffe in den Markt vorsieht, solange dieser funktioniert“.

Auch Timm Kehler, Vorstand in der als Verein organisierten Brancheninitiative Zukunft Gas und Geschäftsführer der Zukunft Gas GmbH, hält die Vorgaben für „richtig und wichtig“. Beachtet werden müsse aber, dass hinter den Speichern betriebswirtschaftlich agierende Unternehmen stünden. So stärke das Gesetz in einer Notlage die Versorgungssicherheit, mindere aber die wirtschaftliche Attraktivität der Speicher, „da die Vermarktung der Kapazität eingeschränkt wird“.

„Nicht zulasten des Optimalfalls optimieren“

Kritisiert wurde am vorliegenden Gesetzesentwurf ein geplanter Zusatz zum Absatz 5 des Paragrafen 35b EnWG, der unter bestimmten Voraussetzungen für den Fall, dass die vorgeschriebenen Speicherfüllstände unterschritten werden, Ausspeicherungen untersagt. „Speicherkunden buchen keine Kapazitäten, die sie nicht benutzen dürfen“, sagte Sebastian Heinermann. Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern (Ines), dazu.

Ähnlich hatte sich auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zuvor geäußert: „Der Verlust der Hoheit über die Ausspeicher-Entscheidung reduziert den Wert der Speicherbuchung und den Anreiz für Händler, Speicher zu buchen. Darüber hinaus reduziert dies die Fähigkeit von Marktteilnehmern, Einspeicherungen zu finanzieren“, heißt es in dem am 31. Oktober veröffentlichten Papier.

Ines-Geschäftsführer Heinermann sieht die Vorgaben insgesamt kritisch. Er verweist darauf, dass auch in diesem Jahr die Gasspeicher zu 100 Prozent gefüllt seien, ohne dass staatliche Maßnahmen nötig gewesen seien. „Wir sollten nicht den Fehler machen, die Prozesse aus dem Krisenfall zulasten des Optimalfalls zu optimieren“, sagte der Ines-Geschäftsführer.

Auch Andreas Schröder, Head of Energy Analytics (Quantitative) bei dem Preisinformationsdienst Independent Commodity Intelligence Services (ICIS), äußerte sich kritisch zu den Plänen. Bei einer Verlängerung bis April 2027 liefen die Vorgaben in Deutschland zeitlich nicht mehr synchron mit denen anderer EU-Länder. Dadurch könne es zu Marktverzerrungen im EU-Binnenmarkt für Gasspeicher kommen.

Grundsätzlich erwarte ICIS im globalen LNG-Markt schon im Verlaufe des Jahres 2025 und noch stärker im Jahre 2026 eine Entspannung. Eine Vielzahl an Export-LNG-Anlagen dränge 2025 und 2026 neu an den Markt, was zu einem Überangebot führen und sich in günstigen Preisen niederschlagen könne. In dem Fall sei die Marktsituation vollkommen anders als in den Knappheitsjahren 2022 und 2023. „Wenn Flüssigerdgas günstig und ausreichend verfügbar wird, sind Füllstandsvorgaben weniger wichtig für die Versorgungssicherheit“, sagte Schröder.

Temporäre Höherauslastung reduziert Redispatchkosten

Ebenfalls zur Diskussion stand in der Expertenanhörung, dass die temporäre Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes bis 31. März 2027 verlängert werden soll (Paragraf 49b EnWG). Tetiana Chuvilina, Leiterin Politik beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet, begrüßte den Vorstoß. Allein im Jahr 2023 seien durch die Regelung die Kosten für kurzfristige Eingriffe in Kraftwerks-Fahrweisen (Redispatch) um 25 Prozent reduziert worden. Das seien 1 bis 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Angesichts der hohen Netzentgelte müssten alle Maßnahmen zur Senkung ergriffen werden. „1,5 Milliarden Euro pro Jahr sind da schon eine große Hausnummer“, sagte Chuvilina.
 
 
Die Regelung helfe auch bei Großstörungen, „weil wir so Lastabschaltungen minimieren können“. Zwar sei die Höherauslastung auch mit Netzverlusten verbunden, die Kosten hierfür seien aber wesentlich geringer als die Einsparungen beim Redispatch.
 

Donnerstag, 14.12.2023, 15:05 Uhr
Katia Meyer-Tien

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