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Energie & Management > Gas - Gasbranche offenbar einig über Importausbau-Gebühr
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas

Gasbranche offenbar einig über Importausbau-Gebühr

Wer soll dafür wie viel bezahlen, wenn der Ausbau von Gasimport-Kapazitäten angestoßen wird? Über diese regulatorische Frage scheint sich die Branche einig zu sein.
Alle zwei Verbände, die an einer Konsultation der Bundesnetzagentur über die Gestaltung von Gebühren der Ferngasnetzbetreiber (FNB) für unverbindliche Marktanfragen zum Ausbau deutscher Gasimportpunkte teilgenommen haben, bevorzugen die von deren Vereinigung FNB Gas vorgeschlagene Pauschale von 30.000 Euro. Der Regulierer hatte demgegenüber eine Variante von 2.000 Euro pro GWh/h angefragte zusätzliche Kapazität vorgeschlagen.

Das geht aus den zwei Stellungnahmen hervor, die die Beschlusskammer 9 (BK 9) der Behörde nach Abschluss der Konsultation veröffentlicht hat. Sie stammen von der FNB Gas selbst und vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Letzterer vertritt auch die Interessen von Gasimporteuren, die diese Gebühr zahlen müssten. Stellungnahmen einzelner Importeure gab es nicht.

Gashändler, die mehr als die vorhandene Transportkapazität zum Import nach Deutschland benötigen, müssen für die Errichtung der dafür nötigen Netzinfrastruktur wie in der gesamten EU einen regulierten Prozess namens "Incremental Capacity" anstoßen. Eine unverbindliche Anfrage von ihnen bei den FNB an den betroffenen Grenzkoppelpunkten löst diesen mehrjährigen Prozess aus. Die FNB müssen dann
 
aufwändig mehrere Szenarien entwickeln, um ein solches Projekt genehmigungsfähig in den Netzentwicklungsplan (NEP) Gas einzubringen.

Dabei tragen sie das Risiko, dass die Gashändler in einer späteren, verbindlichen Marktabfrage einen Rückzieher machen oder dass die Netzagentur ihr Projekt nicht genehmigt. Daher hatten sie bei der BK 9 ein Feststellungsverfahren erwirkt, ob sie pauschal 30.000 Euro pro unverbindlicher Anfrage erheben dürfen. Grundlage ist Artikel 26 Absatz 11 des EU-Netzkodex Kapazitätszuweisungsmechanismen Gas (NC CAM). Während das Feststellungsverfahren noch läuft, stellte die BK 9 parallel ihren eigenen Gegenvorschlag einer leistungsabhängigen Gebühr zur Konsultation.

"Incremental Capacity" beginnt immer nur in ungeraden Jahren. In Deutschland war das 2021 die unverbindliche Anfrage einer nicht genannten Anzahl an Transportkunden, die feste, frei zuordenbare Kapazität (FZK) an den drei Grenzübergabepunkten von Belgien von derzeit 1.841 MWh/h schrittweise bis Oktober 2027 auf 16.800 MWh/h zu erhöhen.

Dies erfordert zwei neue Verdichter und eine neue Gasdruck-Regel-und-Messanlage für knapp 150 Millionen Euro plus pro Jahr 21 Millionen Euro zusätzliche Treibkosten. Im September 2022 stellten die potenziellen Bauherren − die FNB Fluxys TENP, Gascade, Open Grid und Thyssengas − bei der Bundesnetzagentur einen Projektantrag. Sie rechnen damit, dass die zusätzliche Kapazität erst 2030 voll zur Verfügung stehen kann.

Wenn der Regulierer das Projekt im Frühjahr 2023 genehmigt, werden die Zusatzkapazitäten im Sommer als Jahresprodukte auf der europaweiten Vermarktungsplattform Prisma versteigert, diesmal verbindlich. Sind die Auktionsergebnisse bestätigt, muss das Vorhaben noch im deutschen NEP Gas von der Netzagentur bestätigt werden. Danach geht es in die Umsetzung.

Die Begründungen der Verbände

Auch der BDEW argumentiert nun, die Pauschalisierung erscheine plausibel, nachdem die Netzagentur ihrerseits für ihre Entscheidung über neu zu schaffende Importkapazitäten 30.000 bis 100.000 Euro Gebühr erheben darf. Eine leistungsabhängige und damit im Zweifel niedrigere Gebühr wäre zwar wettbewerbs- und mittelstandsfreundlicher, meint der Verband. Doch der BDEW teilt die Ansicht des FNB Gas, wonach der Bearbeitungsaufwand der FNB mit der Höhe der angefragten Zusatzleistung nichts zu tun habe und daher "nicht sachgerecht" sei. Vielmehr stiegen deren Kosten mit der Anzahl der zu berücksichtigenden Marktgebietsgrenzen, Anfragearten (Upgrade oder neue Kapazität) sowie Flussrichtungen.

Der BDEW geht davon aus, dass die Gebühr von 30.000 Euro im FNB-Vorschlag auf alle betroffenen Anfragesteller aufgeteilt werden würde. Ohnehin wird sie mit Entgelten für Transportbuchungen auf die Ausbaukapazität angerechnet.

Seitenhieb zur Sinnhaftigkeit

Einen Seitenhieb zur Sinnhaftigkeit der Konsultation zum jetzigen Zeitpunkt konnte sich der Verband nicht verkneifen: "In der aktuellen Lage mit sich stark anpassenden Umfeld erscheint das Verfahren etwas losgelöst", schreibt er mit Blick auf den Ukrainekrieg.

Allerdings könnte sich gerade wegen des russischen Exportstopps von Erdgas über die Ostsee der Bedarf ergeben, leitungsgebundene Importpunkte von anderen Exportländern zu verstärken. Im begonnenen ungeraden Jahr 2023 dürfen neue Increment-Capacity-Verfahren hierzu anlaufen.

Donnerstag, 19.01.2023, 10:29 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Gas - Gasbranche offenbar einig über Importausbau-Gebühr
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Gas
Gasbranche offenbar einig über Importausbau-Gebühr
Wer soll dafür wie viel bezahlen, wenn der Ausbau von Gasimport-Kapazitäten angestoßen wird? Über diese regulatorische Frage scheint sich die Branche einig zu sein.
Alle zwei Verbände, die an einer Konsultation der Bundesnetzagentur über die Gestaltung von Gebühren der Ferngasnetzbetreiber (FNB) für unverbindliche Marktanfragen zum Ausbau deutscher Gasimportpunkte teilgenommen haben, bevorzugen die von deren Vereinigung FNB Gas vorgeschlagene Pauschale von 30.000 Euro. Der Regulierer hatte demgegenüber eine Variante von 2.000 Euro pro GWh/h angefragte zusätzliche Kapazität vorgeschlagen.

Das geht aus den zwei Stellungnahmen hervor, die die Beschlusskammer 9 (BK 9) der Behörde nach Abschluss der Konsultation veröffentlicht hat. Sie stammen von der FNB Gas selbst und vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Letzterer vertritt auch die Interessen von Gasimporteuren, die diese Gebühr zahlen müssten. Stellungnahmen einzelner Importeure gab es nicht.

Gashändler, die mehr als die vorhandene Transportkapazität zum Import nach Deutschland benötigen, müssen für die Errichtung der dafür nötigen Netzinfrastruktur wie in der gesamten EU einen regulierten Prozess namens "Incremental Capacity" anstoßen. Eine unverbindliche Anfrage von ihnen bei den FNB an den betroffenen Grenzkoppelpunkten löst diesen mehrjährigen Prozess aus. Die FNB müssen dann
 
aufwändig mehrere Szenarien entwickeln, um ein solches Projekt genehmigungsfähig in den Netzentwicklungsplan (NEP) Gas einzubringen.

Dabei tragen sie das Risiko, dass die Gashändler in einer späteren, verbindlichen Marktabfrage einen Rückzieher machen oder dass die Netzagentur ihr Projekt nicht genehmigt. Daher hatten sie bei der BK 9 ein Feststellungsverfahren erwirkt, ob sie pauschal 30.000 Euro pro unverbindlicher Anfrage erheben dürfen. Grundlage ist Artikel 26 Absatz 11 des EU-Netzkodex Kapazitätszuweisungsmechanismen Gas (NC CAM). Während das Feststellungsverfahren noch läuft, stellte die BK 9 parallel ihren eigenen Gegenvorschlag einer leistungsabhängigen Gebühr zur Konsultation.

"Incremental Capacity" beginnt immer nur in ungeraden Jahren. In Deutschland war das 2021 die unverbindliche Anfrage einer nicht genannten Anzahl an Transportkunden, die feste, frei zuordenbare Kapazität (FZK) an den drei Grenzübergabepunkten von Belgien von derzeit 1.841 MWh/h schrittweise bis Oktober 2027 auf 16.800 MWh/h zu erhöhen.

Dies erfordert zwei neue Verdichter und eine neue Gasdruck-Regel-und-Messanlage für knapp 150 Millionen Euro plus pro Jahr 21 Millionen Euro zusätzliche Treibkosten. Im September 2022 stellten die potenziellen Bauherren − die FNB Fluxys TENP, Gascade, Open Grid und Thyssengas − bei der Bundesnetzagentur einen Projektantrag. Sie rechnen damit, dass die zusätzliche Kapazität erst 2030 voll zur Verfügung stehen kann.

Wenn der Regulierer das Projekt im Frühjahr 2023 genehmigt, werden die Zusatzkapazitäten im Sommer als Jahresprodukte auf der europaweiten Vermarktungsplattform Prisma versteigert, diesmal verbindlich. Sind die Auktionsergebnisse bestätigt, muss das Vorhaben noch im deutschen NEP Gas von der Netzagentur bestätigt werden. Danach geht es in die Umsetzung.

Die Begründungen der Verbände

Auch der BDEW argumentiert nun, die Pauschalisierung erscheine plausibel, nachdem die Netzagentur ihrerseits für ihre Entscheidung über neu zu schaffende Importkapazitäten 30.000 bis 100.000 Euro Gebühr erheben darf. Eine leistungsabhängige und damit im Zweifel niedrigere Gebühr wäre zwar wettbewerbs- und mittelstandsfreundlicher, meint der Verband. Doch der BDEW teilt die Ansicht des FNB Gas, wonach der Bearbeitungsaufwand der FNB mit der Höhe der angefragten Zusatzleistung nichts zu tun habe und daher "nicht sachgerecht" sei. Vielmehr stiegen deren Kosten mit der Anzahl der zu berücksichtigenden Marktgebietsgrenzen, Anfragearten (Upgrade oder neue Kapazität) sowie Flussrichtungen.

Der BDEW geht davon aus, dass die Gebühr von 30.000 Euro im FNB-Vorschlag auf alle betroffenen Anfragesteller aufgeteilt werden würde. Ohnehin wird sie mit Entgelten für Transportbuchungen auf die Ausbaukapazität angerechnet.

Seitenhieb zur Sinnhaftigkeit

Einen Seitenhieb zur Sinnhaftigkeit der Konsultation zum jetzigen Zeitpunkt konnte sich der Verband nicht verkneifen: "In der aktuellen Lage mit sich stark anpassenden Umfeld erscheint das Verfahren etwas losgelöst", schreibt er mit Blick auf den Ukrainekrieg.

Allerdings könnte sich gerade wegen des russischen Exportstopps von Erdgas über die Ostsee der Bedarf ergeben, leitungsgebundene Importpunkte von anderen Exportländern zu verstärken. Im begonnenen ungeraden Jahr 2023 dürfen neue Increment-Capacity-Verfahren hierzu anlaufen.

Donnerstag, 19.01.2023, 10:29 Uhr
Georg Eble

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