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Energie & Management > Regenerative - Fraunhofer ISE will Agri-PV mit guten Beispielen verbreiten
Quelle: Fotolia / Simon Kraus
Regenerative

Fraunhofer ISE will Agri-PV mit guten Beispielen verbreiten

Solarpaneele über oder neben Ackerflächen können einen Doppelertrag aus Landwirtschaft und Stromerzeugung bieten. Das Fraunhofer ISE versucht, gute Beispiele zu propagieren.
Vor allem im Nordosten Deutschlands gibt es bisher noch keine Agri-PV-Anlagen. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern fürchtet, dass Energieerzeugung zulasten regionaler Lebensmittelproduktion gehe. Daher solle Solarstromproduktion bevorzugt auf Dachflächen, Industriebrachen und Konversionsflächen stattfinden, so seine Stellungnahme. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg sieht dagegen für Deutschland ein riesiges Potenzial an Flächen, die Landwirtschaft und Energiegewinnung vereinen.

Das Landwirtschaftsministerium in Schwerin teilte mit, solange mehr als 85 % der Fläche weiter für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen, bekämen die Bauern weiter EU-Zuschüsse für den Anbau und könnten so bei Agri-PV-Anlagen zwei Einkommensquellen parallel nutzen. Der Bauernverband favorisiert vor allem ertragsschwache Flächen wie Trockenstandorte oder Felder mit leichten und sehr sandigen Böden für solche Versuche.

Erste Anlagen in Süddeutschland

Bisher ist Agri-PV in Deutschland vor allem im Obst- und Gemüseanbau in Süddeutschland im Einsatz. Das ISE hat solche Projekte wissenschaftlich begleitet. Demnach sei ein breites Spektrum in der Intensität und Art landwirtschaftlicher Nutzung und im Mehraufwand für den PV-Anlagenbau möglich. Dieses Spektrum reiche vom Anbau von Sonderkulturen und intensiven Ackerkulturen mit speziellen PV-Montagesystemen bis zu extensiver Beweidung mit marginalen Anpassungen auf der PV-Seite.

Agri-PV könne den Ausbau der PV-Leistung bei gleichzeitigem Erhalt fruchtbarer Ackerflächen für die Landwirtschaft oder in Verbindung mit der Schaffung artenreicher Biotope erreichen, wirbt das Institut. Es sei auch weltweit bereits im Einsatz, 2020 betrug die installierte Leistung bereits 14.000 MW. Das Potential für Deutschland sehen die Fraunhofer-Forschenden bei bis zu 1,7 Mio. MW. Neben dem Stromertrag hätten Landwirte den Zusatznutzen der Verschattung durch die Paneele, die vor Hagel-, Frost- und Dürreschäden schützen könnten.

Rechtliche Regeln hinderlich

Allerdings sei die duale Flächennutzung von der EU und im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) noch nicht ausreichend geregelt, gesteht das Institut ein. Aufgrund kontinuierlich sinkender Kosten seien die Anlagen aber mittlerweile selbst ohne staatliche Förderung wirtschaftlich. „Eine effiziente und gesellschaftlich akzeptierte Integration der PV in verschiedene Lebensbereiche erscheint dabei dringend geboten, denn die Solarenergie wird mit der Windenenergie langfristig zur wichtigsten Säule der Energieversorgung werden“, fordert das Institut.

Für ein bis 2045 geplantes klimaneutrales Energiesystem müsse nach Berechnungen des ISE die in Deutschland installierte PV-Kapazität um den Faktor sechs bis acht erhöht werden vom heutigen Stand. Im Rahmen des Forschungsprogramms FONA „Forschung für nachhaltige Entwicklung“ des Bundesministeriums entstand eine Pilotanlage in Heggelbach am Bodensee, in der die Technologie der Agri-PV unter Realbedingungen untersucht wurde.
 
Agri-PV-Anlage Heggelbach am Bodenseee Quelle: Fraunhofer ISE

Die Hofgemeinschaft Heggelbach erprobte seit 2016 in fünf Metern Durchfahrtshöhe über dem Feld 720 bifaziale PV-Module mit einer installierten Leistung von 194 kW auf einer ein Drittel Hektar großen Ackerfläche. Durch die Nutzung des Solarstroms direkt vor Ort wurden die Gesamtausgaben für Strom reduziert. Im Sommer konnte sich die Gemeinschaft fast komplett mit eigenem Sonnenstrom versorgen. In den Jahren 2017 und 2018 konnten Steigerungen der Landnutzungseffizienz zwischen 60 und 86 % sowie eine verbesserte Anpassungsfähigkeit bei Trockenperioden nachgewiesen werden.

Als Testkulturen wurden Winterweizen, Kartoffeln, Sellerie und Kleegras angebaut. Ein größerer Reihenabstand zwischen den Modulen in über fünf Metern Höhe und die Ausrichtung nach Südwesten stellen sicher, dass die Nutzpflanzen gleichmäßig Sonnenlicht erhalten. Die Durchfahrtshöhe und der Abstand der Aufständerung lässt die Bewirtschaftung auch mit großen Landmaschinen, wie Mähdreschern, ohne größere Einschränkungen zu.

Weitere Regelungen gefordert

Für die weitere Verbreitung solcher Anlagen hält das ISE weitere Schritte des Gesetzgebers für erforderlich. So müssten Agri-PV-Anlagen im Flächennutzungsplan als „Sondergebiet Agri-Photovoltaik“ und nicht als „elektrische Betriebsstätte/Gewerbe“ ausgewiesen werden, um nicht unzutreffend als versiegelte Fläche zu gelten.

Im EEG sollten kleine, hoch aufgeständerte Anlagen unter 1 MW Leistung ohne Ausschreibung gefördert werden. Ein separates Ausschreibungssegment sollte für große, hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen über 1 MW gelten. Kleinere Anlagen sollten auch nach Baurecht privilegiert werden für einfachere Genehmigungen.

Freitag, 27.05.2022, 12:38 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Regenerative - Fraunhofer ISE will Agri-PV mit guten Beispielen verbreiten
Quelle: Fotolia / Simon Kraus
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Fraunhofer ISE will Agri-PV mit guten Beispielen verbreiten
Solarpaneele über oder neben Ackerflächen können einen Doppelertrag aus Landwirtschaft und Stromerzeugung bieten. Das Fraunhofer ISE versucht, gute Beispiele zu propagieren.
Vor allem im Nordosten Deutschlands gibt es bisher noch keine Agri-PV-Anlagen. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern fürchtet, dass Energieerzeugung zulasten regionaler Lebensmittelproduktion gehe. Daher solle Solarstromproduktion bevorzugt auf Dachflächen, Industriebrachen und Konversionsflächen stattfinden, so seine Stellungnahme. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg sieht dagegen für Deutschland ein riesiges Potenzial an Flächen, die Landwirtschaft und Energiegewinnung vereinen.

Das Landwirtschaftsministerium in Schwerin teilte mit, solange mehr als 85 % der Fläche weiter für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen, bekämen die Bauern weiter EU-Zuschüsse für den Anbau und könnten so bei Agri-PV-Anlagen zwei Einkommensquellen parallel nutzen. Der Bauernverband favorisiert vor allem ertragsschwache Flächen wie Trockenstandorte oder Felder mit leichten und sehr sandigen Böden für solche Versuche.

Erste Anlagen in Süddeutschland

Bisher ist Agri-PV in Deutschland vor allem im Obst- und Gemüseanbau in Süddeutschland im Einsatz. Das ISE hat solche Projekte wissenschaftlich begleitet. Demnach sei ein breites Spektrum in der Intensität und Art landwirtschaftlicher Nutzung und im Mehraufwand für den PV-Anlagenbau möglich. Dieses Spektrum reiche vom Anbau von Sonderkulturen und intensiven Ackerkulturen mit speziellen PV-Montagesystemen bis zu extensiver Beweidung mit marginalen Anpassungen auf der PV-Seite.

Agri-PV könne den Ausbau der PV-Leistung bei gleichzeitigem Erhalt fruchtbarer Ackerflächen für die Landwirtschaft oder in Verbindung mit der Schaffung artenreicher Biotope erreichen, wirbt das Institut. Es sei auch weltweit bereits im Einsatz, 2020 betrug die installierte Leistung bereits 14.000 MW. Das Potential für Deutschland sehen die Fraunhofer-Forschenden bei bis zu 1,7 Mio. MW. Neben dem Stromertrag hätten Landwirte den Zusatznutzen der Verschattung durch die Paneele, die vor Hagel-, Frost- und Dürreschäden schützen könnten.

Rechtliche Regeln hinderlich

Allerdings sei die duale Flächennutzung von der EU und im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) noch nicht ausreichend geregelt, gesteht das Institut ein. Aufgrund kontinuierlich sinkender Kosten seien die Anlagen aber mittlerweile selbst ohne staatliche Förderung wirtschaftlich. „Eine effiziente und gesellschaftlich akzeptierte Integration der PV in verschiedene Lebensbereiche erscheint dabei dringend geboten, denn die Solarenergie wird mit der Windenenergie langfristig zur wichtigsten Säule der Energieversorgung werden“, fordert das Institut.

Für ein bis 2045 geplantes klimaneutrales Energiesystem müsse nach Berechnungen des ISE die in Deutschland installierte PV-Kapazität um den Faktor sechs bis acht erhöht werden vom heutigen Stand. Im Rahmen des Forschungsprogramms FONA „Forschung für nachhaltige Entwicklung“ des Bundesministeriums entstand eine Pilotanlage in Heggelbach am Bodensee, in der die Technologie der Agri-PV unter Realbedingungen untersucht wurde.
 
Agri-PV-Anlage Heggelbach am Bodenseee Quelle: Fraunhofer ISE

Die Hofgemeinschaft Heggelbach erprobte seit 2016 in fünf Metern Durchfahrtshöhe über dem Feld 720 bifaziale PV-Module mit einer installierten Leistung von 194 kW auf einer ein Drittel Hektar großen Ackerfläche. Durch die Nutzung des Solarstroms direkt vor Ort wurden die Gesamtausgaben für Strom reduziert. Im Sommer konnte sich die Gemeinschaft fast komplett mit eigenem Sonnenstrom versorgen. In den Jahren 2017 und 2018 konnten Steigerungen der Landnutzungseffizienz zwischen 60 und 86 % sowie eine verbesserte Anpassungsfähigkeit bei Trockenperioden nachgewiesen werden.

Als Testkulturen wurden Winterweizen, Kartoffeln, Sellerie und Kleegras angebaut. Ein größerer Reihenabstand zwischen den Modulen in über fünf Metern Höhe und die Ausrichtung nach Südwesten stellen sicher, dass die Nutzpflanzen gleichmäßig Sonnenlicht erhalten. Die Durchfahrtshöhe und der Abstand der Aufständerung lässt die Bewirtschaftung auch mit großen Landmaschinen, wie Mähdreschern, ohne größere Einschränkungen zu.

Weitere Regelungen gefordert

Für die weitere Verbreitung solcher Anlagen hält das ISE weitere Schritte des Gesetzgebers für erforderlich. So müssten Agri-PV-Anlagen im Flächennutzungsplan als „Sondergebiet Agri-Photovoltaik“ und nicht als „elektrische Betriebsstätte/Gewerbe“ ausgewiesen werden, um nicht unzutreffend als versiegelte Fläche zu gelten.

Im EEG sollten kleine, hoch aufgeständerte Anlagen unter 1 MW Leistung ohne Ausschreibung gefördert werden. Ein separates Ausschreibungssegment sollte für große, hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen über 1 MW gelten. Kleinere Anlagen sollten auch nach Baurecht privilegiert werden für einfachere Genehmigungen.

Freitag, 27.05.2022, 12:38 Uhr
Susanne Harmsen

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