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Energie & Management > Europaeische Union -
Bild: Shutterstock, jorisvo
Europaeische Union

"Fossiler" Wasserstoff als Brücke zur Nachhaltigkeit

Das Europäische Parlament hat sich für eine Förderung der Wasserstoffwirtschaft und eine Integration der Energiesysteme ausgesprochen.
In zwei Resolutionen betonte eine große Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament die zentrale Bedeutung eines ausreichenden Wasserstoffangebotes für die Erreichung der europäischen Klimaziele. Wasserstoff, der mithilfe von fossiler Energie erzeugt wird, wird von den Parlamentariern als Brückentechnologie akzeptiert, sollte aber „so schnell wie möglich“ durch „erneuerbaren“ Wasserstoff ersetzt werden. Dieser darf nur aus Wind-, Solar- oder Wasserkraft erzeugt werden.

„Emissionsarmer Wasserstoff kann eine Brücke zur Nachhaltigkeit sein“, sagte der Berichterstatter des Parlamentes, Jens Geier (SPD), nach der Abstimmung: „Und wir brauchen ihn für einen schnellen Hochlauf des Wasserstoffmarktes.“ Den Abgeordneten ist bewusst, dass der Einsatz von Wasserstoff nur in wenigen Fällen wirtschaftlich ist. Sie fordern deswegen von der Kommission und den Mitgliedsstaaten, seinen Einsatz „über die gesamte Wertschöpfungskette“ zu fördern.

In diesem Zusammenhang erwartet das Parlament insbesondere die Vorlage einer Strategie für „sauberen Stahl“ durch die Kommission. Die Nachfrage nach Wasserstoff müsse vor allem in Sektoren wie dem Luft-, See- und Straßengüterverkehr oder der Industrie unterstützt werden, in denen die Dekarbonisierung technisch nicht anders möglich sei. Nachrangig sei dagegen die Verwendung im Wärmemarkt.

Notwendig sei eine einheitliche europäische Klassifizierung der unterschiedlichen Wasserstoffarten, damit die Verbraucher zwischen „erneuerbarem“ und „emissionsarmem“ Wasserstoff eindeutig unterscheiden könnten. Diese Systematik müsse auch auf importierten Wasserstoff angewendet werden, damit es nicht zu Produktionsverlagerungen in Drittstaaten (Carbon Leakage) komme.

Für den Transport und die Lagerung von Wasserstoff sollte so weit wie möglich auf die vorhandene Gasinfrastruktur zurückgegriffen werden. Neue Projekte müssten auch für reinen Wasserstofftransport ausgelegt sein. Alle europäischen Bürger müssten Zugang zu preiswerter und sauberer Energie haben. Das sei nur möglich, wenn Energie in jeder Form nationale Grenzen ungehindert überwinden könne.

Bedeutende Effizienzgewinne und Kostensenkungen versprechen sich die Abgeordneten von einer stärkeren Integration der Energiesysteme. Der Ausbau der Infrastruktur für Gas und Strom, für die Industrie und den privaten Verbrauch sowie die Digitalisierung sollten deswegen zusammen geplant und abgestimmt betrieben werden. Die nach der Coronakrise zur Verfügung stehenden Gelder sollten deswegen auch für die Dekarbonisierung der Wirtschaft und für eine sichere Energieversorgung eingesetzt werden. 

Reaktionen fallen unterschiedlich aus

Der energiepolitische Sprecher der Liberalen, Andreas Glück (FDP), begrüßte, dass sich das Parlament für Technologieneutralität ausgesprochen habe. Seine Fraktion wäre gerne weiter gegangen, „um die vielfältigen Chancen von Wasserstoff als sauberem Energieträger und Grundstoff zu entfalten“.

Die Grünen sehen in dem Beschluss dagegen eine „erneute Schlappe für den Green Deal“. Die Zulassung von Wasserstoff, der nicht aus erneuerbarer Energie gewonnen wird, öffne die Tür für Fehlinvestitionen in Milliardenhöhe, sagte ihr energiepolitischer Sprecher Michael Bloss. Damit würden Atomkraft und fossile Energien „grün gewaschen“.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing begrüßte das Votum des Parlamentes. Das volle Dekarbonisierungspotential könne nur gehoben werden, wenn die einzelnen Sektoren miteinander verbunden würden: „Wasserstoff kann das zentrale Bindeglied zwischen den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr werden.“ Dafür könne das Gasleitungsnetz in der Fläche genutzt werden. 

Auch der BDEW betont die Notwendigkeit, „schnellstmöglich einen europäischen Rechtsrahmen für Wasserstoff“ zu schaffen. BDEW-Chefin Kerstin Andreae findet es gut, dass sich die Abgeordneten dafür aussprechen, die Umwidmung der Gasnetze für den Transport von Wasserstoff zu prüfen. Die bestehende Gasinfrastruktur biete eine „optimale Grundlage für eine flächendeckende Versorgung aller potenziellen Nutzer“. Das sei „sinnvoller und kosteneffizienter“ als der Aufbau einer komplett neuen Infrastruktur. Kritisch sieht Andreae dagegen die Fokussierung des Parlamentes auf den Einsatz in der Industrie und im Verkehr: „Ein genereller Ausschluss von Anwendungsfeldern behindert den Hochlauf eines Wasserstoffmarktes.“ 

Nach Ansicht des Klimanetzwerkes CAN unterminiert das Parlament mit seinem Beschluss die Klimaziele der EU. Mit der Förderung von emissionsarmem Wasserstoff als Brückentechnologie werde die Finanzierung von Investitionen für die Nutzung erneuerbarer Energien oder zur Verbesserung der Energieeffizienz erschwert. Positiv beurteilen die Klimaschützer, dass sich das Parlament dafür ausspricht, Wasserstoff nicht im Wärmemarkt einzusetzen. 

Donnerstag, 20.05.2021, 14:47 Uhr
Tom Weingärtner
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Europaeische Union
"Fossiler" Wasserstoff als Brücke zur Nachhaltigkeit
Das Europäische Parlament hat sich für eine Förderung der Wasserstoffwirtschaft und eine Integration der Energiesysteme ausgesprochen.
In zwei Resolutionen betonte eine große Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament die zentrale Bedeutung eines ausreichenden Wasserstoffangebotes für die Erreichung der europäischen Klimaziele. Wasserstoff, der mithilfe von fossiler Energie erzeugt wird, wird von den Parlamentariern als Brückentechnologie akzeptiert, sollte aber „so schnell wie möglich“ durch „erneuerbaren“ Wasserstoff ersetzt werden. Dieser darf nur aus Wind-, Solar- oder Wasserkraft erzeugt werden.

„Emissionsarmer Wasserstoff kann eine Brücke zur Nachhaltigkeit sein“, sagte der Berichterstatter des Parlamentes, Jens Geier (SPD), nach der Abstimmung: „Und wir brauchen ihn für einen schnellen Hochlauf des Wasserstoffmarktes.“ Den Abgeordneten ist bewusst, dass der Einsatz von Wasserstoff nur in wenigen Fällen wirtschaftlich ist. Sie fordern deswegen von der Kommission und den Mitgliedsstaaten, seinen Einsatz „über die gesamte Wertschöpfungskette“ zu fördern.

In diesem Zusammenhang erwartet das Parlament insbesondere die Vorlage einer Strategie für „sauberen Stahl“ durch die Kommission. Die Nachfrage nach Wasserstoff müsse vor allem in Sektoren wie dem Luft-, See- und Straßengüterverkehr oder der Industrie unterstützt werden, in denen die Dekarbonisierung technisch nicht anders möglich sei. Nachrangig sei dagegen die Verwendung im Wärmemarkt.

Notwendig sei eine einheitliche europäische Klassifizierung der unterschiedlichen Wasserstoffarten, damit die Verbraucher zwischen „erneuerbarem“ und „emissionsarmem“ Wasserstoff eindeutig unterscheiden könnten. Diese Systematik müsse auch auf importierten Wasserstoff angewendet werden, damit es nicht zu Produktionsverlagerungen in Drittstaaten (Carbon Leakage) komme.

Für den Transport und die Lagerung von Wasserstoff sollte so weit wie möglich auf die vorhandene Gasinfrastruktur zurückgegriffen werden. Neue Projekte müssten auch für reinen Wasserstofftransport ausgelegt sein. Alle europäischen Bürger müssten Zugang zu preiswerter und sauberer Energie haben. Das sei nur möglich, wenn Energie in jeder Form nationale Grenzen ungehindert überwinden könne.

Bedeutende Effizienzgewinne und Kostensenkungen versprechen sich die Abgeordneten von einer stärkeren Integration der Energiesysteme. Der Ausbau der Infrastruktur für Gas und Strom, für die Industrie und den privaten Verbrauch sowie die Digitalisierung sollten deswegen zusammen geplant und abgestimmt betrieben werden. Die nach der Coronakrise zur Verfügung stehenden Gelder sollten deswegen auch für die Dekarbonisierung der Wirtschaft und für eine sichere Energieversorgung eingesetzt werden. 

Reaktionen fallen unterschiedlich aus

Der energiepolitische Sprecher der Liberalen, Andreas Glück (FDP), begrüßte, dass sich das Parlament für Technologieneutralität ausgesprochen habe. Seine Fraktion wäre gerne weiter gegangen, „um die vielfältigen Chancen von Wasserstoff als sauberem Energieträger und Grundstoff zu entfalten“.

Die Grünen sehen in dem Beschluss dagegen eine „erneute Schlappe für den Green Deal“. Die Zulassung von Wasserstoff, der nicht aus erneuerbarer Energie gewonnen wird, öffne die Tür für Fehlinvestitionen in Milliardenhöhe, sagte ihr energiepolitischer Sprecher Michael Bloss. Damit würden Atomkraft und fossile Energien „grün gewaschen“.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing begrüßte das Votum des Parlamentes. Das volle Dekarbonisierungspotential könne nur gehoben werden, wenn die einzelnen Sektoren miteinander verbunden würden: „Wasserstoff kann das zentrale Bindeglied zwischen den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr werden.“ Dafür könne das Gasleitungsnetz in der Fläche genutzt werden. 

Auch der BDEW betont die Notwendigkeit, „schnellstmöglich einen europäischen Rechtsrahmen für Wasserstoff“ zu schaffen. BDEW-Chefin Kerstin Andreae findet es gut, dass sich die Abgeordneten dafür aussprechen, die Umwidmung der Gasnetze für den Transport von Wasserstoff zu prüfen. Die bestehende Gasinfrastruktur biete eine „optimale Grundlage für eine flächendeckende Versorgung aller potenziellen Nutzer“. Das sei „sinnvoller und kosteneffizienter“ als der Aufbau einer komplett neuen Infrastruktur. Kritisch sieht Andreae dagegen die Fokussierung des Parlamentes auf den Einsatz in der Industrie und im Verkehr: „Ein genereller Ausschluss von Anwendungsfeldern behindert den Hochlauf eines Wasserstoffmarktes.“ 

Nach Ansicht des Klimanetzwerkes CAN unterminiert das Parlament mit seinem Beschluss die Klimaziele der EU. Mit der Förderung von emissionsarmem Wasserstoff als Brückentechnologie werde die Finanzierung von Investitionen für die Nutzung erneuerbarer Energien oder zur Verbesserung der Energieeffizienz erschwert. Positiv beurteilen die Klimaschützer, dass sich das Parlament dafür ausspricht, Wasserstoff nicht im Wärmemarkt einzusetzen. 

Donnerstag, 20.05.2021, 14:47 Uhr
Tom Weingärtner

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