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Energie & Management > Wasserstoff - Forscher möchten Gras als Rohstoff nutzen
Quelle: Shutterstock / Alexander Limbach
Wasserstoff

Forscher möchten Gras als Rohstoff nutzen

Am Campus Jülich der FH Aachen wollen Forschende aus organischem Material wie Gras Wasserstoff erzeugen. Das würde eine klimafreundliche und flächendeckende Erzeugung ermöglichen.
Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz und eine erneuerbare Energieversorgung auch bei Dunkelflaute und in Produktionsbereichen, wo Moleküle benötigt werden. Aktuell wird dafür meist eine Elektrolyse genutzt, die mittels Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Campus Jülich der FH Aachen wollen Wasserstoff alternativ aus leicht verfügbarem organischem Material mittels Fermentierung erzeugen.

Das interdisziplinäre Projekt heißt „Elektrisch verstärkte mikrobielle Wasserstoffproduktion“ (eBioH2). Beteiligt sind die drei Jülicher Fachbereiche Chemie und Biotechnologie, Medizintechnik und Technomathematik sowie Energietechnik. Basis ist ein Verfahren, das prinzipiell mit der Herstellung von Biogas vergleichbar ist. Dabei startet in einem Bioreaktor der Prozess der Fermentierung. Doch statt Biogas (Methan − CH4) soll hier Wasserstoff (H2) entstehen: „Wir setzen Mikroorganismen ein, die bei 70 bis 80 Grad Celsius biogene Reststoffe direkt in Wasserstoff konvertieren können“, erläuterte Nils Tippkötter, der als Professor für Bioverfahrenstechnik das Projekt federführend verantwortet.

Fermentierung im Labor optimieren

Wichtige Faktoren für einen funktionierenden Fermentierungsprozess müssten noch im Labor optimiert werden. Für die Forschenden geht es darum, herauszufinden, wie beispielsweise pH-Wert, Temperatur und Druck die Ergebnisse beeinflussen. „Wir müssen die Apparate umrüsten, weil eine höhere Temperatur als in herkömmlichen Reaktoren anliegt“, sagte Berit Rothkranz, die als Doktorandin an dem Projekt beteiligt ist und mit einem sogenannten Chromatographen die Zusammensetzung des entstehenden Gasgemischs untersucht. Das wiederum lässt auf die Prozessqualität schließen.

Entscheidend seien die verschiedenen Kompetenzen im Team. Am Institut Nowum-Energy beispielsweise arbeiten Spezialistinnen und Spezialisten für die Analyse von Biogasprozessen. „Wir können die Ergebnisse unserer bisherigen Arbeit auf das neue Verfahren übertragen“, sagt Institutsleiterin Isabel Kuperjans. Ihre Mitarbeitenden wissen bereits, welche Eigenschaften die organischen Rohstoffe mitbringen müssen, um einen stabilen Fermentationsprozess gewährleisten zu können. Das Institut für Nano- und Biotechnologien (INB) wiederum ist für die Themen Messtechnik und Steuerung zuständig.

Mehr Wasserstoff durch Stromzufuhr

Das eBioH2-Forschungsteam hat festgestellt, dass die Wasserstoffproduktion ansteigt, wenn zusätzlich elektrische Energie über Elektroden in den Fermentationsprozess eingespeist wird. Gerade in Kombination mit erneuerbaren Energien sehen sie daher eine interessante Option. „Wir können bedarfsgerecht elektrische Überschussenergie aufnehmen und in Form von Wasserstoff speichern“, sagt Tippkötter. Der Wasserstoff könnte dann dezentral als Energiespeicher dienen.

Aktuell suchen die Forschenden nach Partnerunternehmen aus der Wirtschaft, die bereit wären, das Verfahren einzusetzen. Gerade für die Landwirtschaft könnte es interessant sein, wo organisches Material von vornherein vorhanden ist. Der Wasserstoff müsse auch nicht weit transportiert werden, da er als Treibstoff für Fahrzeuge und Maschinen dienen könnte. Tippkötter ist davon überzeugt, dass dieses neue Verfahren der Wasserstoffproduktion auch für Industriezweige mit hohem Energiebedarf wie der Chemiebranche und bei der Stahl- und Zementproduktion interessant sein könnte.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgen Forschende am Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock (Likat). Sie erzeugen aus organischen Reststoffen wie Stroh Ameisensäure (CH2O2), die sich leicht speichern lässt und aus dieser Wasserstoff. Mittels Katalysatoren wird daraus bei Bedarf Wasserstoff gelöst. Ihr Verfahren funktioniert laut Veröffentlichungen von 2018 sogar bei Raumtemperatur und in einem Reaktionsgefäß (One Pot).


Dienstag, 30.11.2021, 11:26 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Wasserstoff - Forscher möchten Gras als Rohstoff nutzen
Quelle: Shutterstock / Alexander Limbach
Wasserstoff
Forscher möchten Gras als Rohstoff nutzen
Am Campus Jülich der FH Aachen wollen Forschende aus organischem Material wie Gras Wasserstoff erzeugen. Das würde eine klimafreundliche und flächendeckende Erzeugung ermöglichen.
Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz und eine erneuerbare Energieversorgung auch bei Dunkelflaute und in Produktionsbereichen, wo Moleküle benötigt werden. Aktuell wird dafür meist eine Elektrolyse genutzt, die mittels Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Campus Jülich der FH Aachen wollen Wasserstoff alternativ aus leicht verfügbarem organischem Material mittels Fermentierung erzeugen.

Das interdisziplinäre Projekt heißt „Elektrisch verstärkte mikrobielle Wasserstoffproduktion“ (eBioH2). Beteiligt sind die drei Jülicher Fachbereiche Chemie und Biotechnologie, Medizintechnik und Technomathematik sowie Energietechnik. Basis ist ein Verfahren, das prinzipiell mit der Herstellung von Biogas vergleichbar ist. Dabei startet in einem Bioreaktor der Prozess der Fermentierung. Doch statt Biogas (Methan − CH4) soll hier Wasserstoff (H2) entstehen: „Wir setzen Mikroorganismen ein, die bei 70 bis 80 Grad Celsius biogene Reststoffe direkt in Wasserstoff konvertieren können“, erläuterte Nils Tippkötter, der als Professor für Bioverfahrenstechnik das Projekt federführend verantwortet.

Fermentierung im Labor optimieren

Wichtige Faktoren für einen funktionierenden Fermentierungsprozess müssten noch im Labor optimiert werden. Für die Forschenden geht es darum, herauszufinden, wie beispielsweise pH-Wert, Temperatur und Druck die Ergebnisse beeinflussen. „Wir müssen die Apparate umrüsten, weil eine höhere Temperatur als in herkömmlichen Reaktoren anliegt“, sagte Berit Rothkranz, die als Doktorandin an dem Projekt beteiligt ist und mit einem sogenannten Chromatographen die Zusammensetzung des entstehenden Gasgemischs untersucht. Das wiederum lässt auf die Prozessqualität schließen.

Entscheidend seien die verschiedenen Kompetenzen im Team. Am Institut Nowum-Energy beispielsweise arbeiten Spezialistinnen und Spezialisten für die Analyse von Biogasprozessen. „Wir können die Ergebnisse unserer bisherigen Arbeit auf das neue Verfahren übertragen“, sagt Institutsleiterin Isabel Kuperjans. Ihre Mitarbeitenden wissen bereits, welche Eigenschaften die organischen Rohstoffe mitbringen müssen, um einen stabilen Fermentationsprozess gewährleisten zu können. Das Institut für Nano- und Biotechnologien (INB) wiederum ist für die Themen Messtechnik und Steuerung zuständig.

Mehr Wasserstoff durch Stromzufuhr

Das eBioH2-Forschungsteam hat festgestellt, dass die Wasserstoffproduktion ansteigt, wenn zusätzlich elektrische Energie über Elektroden in den Fermentationsprozess eingespeist wird. Gerade in Kombination mit erneuerbaren Energien sehen sie daher eine interessante Option. „Wir können bedarfsgerecht elektrische Überschussenergie aufnehmen und in Form von Wasserstoff speichern“, sagt Tippkötter. Der Wasserstoff könnte dann dezentral als Energiespeicher dienen.

Aktuell suchen die Forschenden nach Partnerunternehmen aus der Wirtschaft, die bereit wären, das Verfahren einzusetzen. Gerade für die Landwirtschaft könnte es interessant sein, wo organisches Material von vornherein vorhanden ist. Der Wasserstoff müsse auch nicht weit transportiert werden, da er als Treibstoff für Fahrzeuge und Maschinen dienen könnte. Tippkötter ist davon überzeugt, dass dieses neue Verfahren der Wasserstoffproduktion auch für Industriezweige mit hohem Energiebedarf wie der Chemiebranche und bei der Stahl- und Zementproduktion interessant sein könnte.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgen Forschende am Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock (Likat). Sie erzeugen aus organischen Reststoffen wie Stroh Ameisensäure (CH2O2), die sich leicht speichern lässt und aus dieser Wasserstoff. Mittels Katalysatoren wird daraus bei Bedarf Wasserstoff gelöst. Ihr Verfahren funktioniert laut Veröffentlichungen von 2018 sogar bei Raumtemperatur und in einem Reaktionsgefäß (One Pot).


Dienstag, 30.11.2021, 11:26 Uhr
Susanne Harmsen

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