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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Floating-PV - Wenn die Solarenergie schwimmen lernt
Bild: Ralf Köpke
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Floating-PV - Wenn die Solarenergie schwimmen lernt

Die Zeit drängt. Das novellierte Bundesklimaschutzgesetz verschärft die Vorgaben zur Treibhausgasneutralität. Erläuterungen von Jens Vollprecht und Johanna Wilhelmina Mamerow*.
Das novellierte Bundesklimaschutzgesetz − angestoßen durch das „Klimaurteil“ des Bundesverfassungsgerichts − verschärft die Vorgaben zur Treibhausgasneutralität. Gleichzeitig hebt das Bundeswirtschaftsministerium die Schätzung des Stromverbrauchs für 2030 an. Erreicht werden können diese neuen Vorgaben nur durch einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Doch wo soll der Ausbau erfolgen? Wo können Anlagen errichtet werden ohne Nutzungskonflikte zu verursachen? Schwimmende Photovoltaikanlagen (Floating-PV) könnten ein wichtiger Baustein sein, um Antworten auf diese Fragen zu finden.

PV-Anlagen sind mittlerweile nicht mehr nur an Land, sondern auch auf dem Wasser denkbar. Die PV-Module werden hierfür auf einer schwimmenden Unterkonstruktion befestigt und dann vorzugsweise auf strömungsarmen Gewässern (zum Beispiel Bagger-, Stau- oder Tagebauseen) mittels eines Ankers installiert. Der wesentliche Vorteil der Floating-PV liegt auf der Hand: Gewässer, die weder der Erholung noch dem Naturschutz dienen, stellen ungenutzte Flächen dar, die angesichts zunehmender Nutzungskonkurrenz immer wichtiger werden. Darüber hinaus kühlt das Wasser die Anlagen, wodurch ihre Energieeffizienz steigt. Die ganztägige Sonneneinstrahlung auf der offenen Wasseroberfläche erhöht ebenfalls den Stromertrag. Erste Studienergebnisse legen außerdem nahe, dass die schwimmenden PV-Anlagen sich nicht negativ auf Gewässer auswirken.

Hemmnisse aufgrund komplexer rechtlicher Vorgaben

Trotz dieser Vorteile steht die Floating-PV in Deutschland − anders als beispielsweise in Teilen Asiens − noch in den Startlöchern. Dabei schätzt das Fraunhofer ISE das Potenzial allein für die Nutzung von Braunkohletagebauseen auf 2,74 GWp. Doch Hemmnisse für den Ausbau ergeben sich insbesondere aus den teilweise komplexen rechtlichen Vorgaben für die Errichtung von Floating-PV.

Welche Gewässer sich für den Ausbau eignen, wird dabei wesentlich durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und die Regelungen des jeweiligen Landeswassergesetzes bestimmt. Anknüpfungspunkt ist hier insbesondere § 36 Abs. 1 Nr. 1 WHG. Danach sind Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern − zu denen auch die schwimmenden PV-Module gehören − so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind. Aus dem WHG selbst folgt dabei wohl kein unmittelbares Genehmigungserfordernis für die Floating-PV. Allerdings ist eine Genehmigung für die Errichtung, den Betrieb und die Unterhaltung von Anlagen über oberirdischen Gewässern regelmäßig nach dem einschlägigen Landeswassergesetz erforderlich.

Sofern die Errichtung von Floating-PV auch mit einem Gewässerausbau, also der Herstellung, Beseitigung oder wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer, verbunden ist, ist zudem die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens oder eines Plangenehmigungsverfahrens nach §§ 68 ff. WHG erforderlich. Darüber hinaus können im Einzelfall auch natur- und artenschutzrechtliche Anforderungen die Errichtung von Floating-PV erschweren.

Betrachtet man die Wirtschaftlichkeit einer schwimmenden PV-Anlage, so ist der Blick insbesondere auf die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu richten. So kommt etwa eine Förderung von solarer Strahlungsenergie für Anlagen auf, an oder in einer „sonstigen baulichen Anlage“ in Betracht (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2021). Ebenfalls förderfähig ist zum Beispiel Strom aus Anlagen auf Konversionsflächen. Dabei handelt es sich unter anderem um Flächen, die stark durch ihre wirtschaftliche Vornutzung (zum Beispiel durch den Kies- oder Kohleabbau) geprägt sind (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. c) lit. cc) EEG 2021). Inwieweit ein Gewässer eine solche „bauliche Anlage“ oder „Konversionsfläche“ darstellt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Gerade bei künstlichen Gewässern wie Baggerseen, kommt eine entsprechende Förderung aber durchaus in Betracht.

Floating-PV das Potenzial hat, Nutzungskonkurrenzen zu entschärfen

Voraussetzung für eine EEG-Förderung ist bei PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 750 kW die erfolgreiche Teilnahme an einer Ausschreibung für Solaranlagen. Die Förderhöhe bemisst sich dann nach der Höhe des bezuschlagten Gebots, mit dem die beziehungsweise der Bietende „ins Rennen gegangen ist“. Zu beachten ist dabei, dass der Strom aus „Ausschreibungsanlagen“ grundsätzlich nicht eigenversorgt werden darf. Andernfalls drohen gravierende Sanktionen. Betreiber von Floating-PV können darüber hinaus an den Innovationsausschreibungen teilnehmen. Da bei diesen Ausschreibungen jedoch nur Anlagenkombinationen zugelassen werden, muss die Floating-PV-Anlage beispielsweise mit einem Speicher zusammengeschlossen werden. Für die Gebotsrunde am 1. April 2022 wird bei den Innovationsausschreibungen ein Segment für besondere Solaranlagen in Höhe von voraussichtlich 150 MW reserviert. Zu diesen besonderen Solaranlagen gehört neben den PV-Anlagen auf Parkplätzen und Ackerflächen (Agri-PV) auch die Floating-PV. Welche Anforderungen an diese Anlagen im Einzelnen zu stellen sind, soll die Bundesnetzagentur bis zum 1. Oktober 2021 bestimmen.

Muss die Anlage nicht an einer Ausschreibung teilnehmen oder soll eine finanzielle Förderung nach dem EEG nicht in Anspruch genommen werden, ist die Eigenversorgung eine Option. Eine Reduzierung der EEG-Umlage gelingt allerdings nur, wenn unter anderem der Eigenverbrauch im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zur Anlage erfolgt. Das kann gewisse Herausforderungen mit sich bringen. Einfacher ist es mit den Netzentgelten und den anderen netzentgeltbezogenen Abgaben und Umlagen: Diese fallen nicht an, wenn der Strom von der Anlage aus gesehen „vor“ dem Netz für die allgemeine Versorgung verbraucht wird.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Floating-PV das Potenzial hat, Nutzungskonkurrenzen zu entschärfen und damit ein wichtiger Baustein für die Energiewende zu werden. In rechtlicher Hinsicht ebnen einige Stellschrauben bereits den Weg, andere können die Potenziale der neuen Technologie dagegen deutlich einschränken. Es gilt also in jedem Fall, nicht nur technisch, sondern auch juristisch innovativ zu sein, damit sich die Floating-PV tatsächlich „über Wasser halten“ kann.

* Johanna Wilhelmina Mamerow, Rechtsanwältin, und Jens Vollprecht, Rechtsanwalt, Becker Büttner Held, Berlin

Dienstag, 10.08.2021, 08:56 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Floating-PV - Wenn die Solarenergie schwimmen lernt
Bild: Ralf Köpke
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Floating-PV - Wenn die Solarenergie schwimmen lernt
Die Zeit drängt. Das novellierte Bundesklimaschutzgesetz verschärft die Vorgaben zur Treibhausgasneutralität. Erläuterungen von Jens Vollprecht und Johanna Wilhelmina Mamerow*.
Das novellierte Bundesklimaschutzgesetz − angestoßen durch das „Klimaurteil“ des Bundesverfassungsgerichts − verschärft die Vorgaben zur Treibhausgasneutralität. Gleichzeitig hebt das Bundeswirtschaftsministerium die Schätzung des Stromverbrauchs für 2030 an. Erreicht werden können diese neuen Vorgaben nur durch einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Doch wo soll der Ausbau erfolgen? Wo können Anlagen errichtet werden ohne Nutzungskonflikte zu verursachen? Schwimmende Photovoltaikanlagen (Floating-PV) könnten ein wichtiger Baustein sein, um Antworten auf diese Fragen zu finden.

PV-Anlagen sind mittlerweile nicht mehr nur an Land, sondern auch auf dem Wasser denkbar. Die PV-Module werden hierfür auf einer schwimmenden Unterkonstruktion befestigt und dann vorzugsweise auf strömungsarmen Gewässern (zum Beispiel Bagger-, Stau- oder Tagebauseen) mittels eines Ankers installiert. Der wesentliche Vorteil der Floating-PV liegt auf der Hand: Gewässer, die weder der Erholung noch dem Naturschutz dienen, stellen ungenutzte Flächen dar, die angesichts zunehmender Nutzungskonkurrenz immer wichtiger werden. Darüber hinaus kühlt das Wasser die Anlagen, wodurch ihre Energieeffizienz steigt. Die ganztägige Sonneneinstrahlung auf der offenen Wasseroberfläche erhöht ebenfalls den Stromertrag. Erste Studienergebnisse legen außerdem nahe, dass die schwimmenden PV-Anlagen sich nicht negativ auf Gewässer auswirken.

Hemmnisse aufgrund komplexer rechtlicher Vorgaben

Trotz dieser Vorteile steht die Floating-PV in Deutschland − anders als beispielsweise in Teilen Asiens − noch in den Startlöchern. Dabei schätzt das Fraunhofer ISE das Potenzial allein für die Nutzung von Braunkohletagebauseen auf 2,74 GWp. Doch Hemmnisse für den Ausbau ergeben sich insbesondere aus den teilweise komplexen rechtlichen Vorgaben für die Errichtung von Floating-PV.

Welche Gewässer sich für den Ausbau eignen, wird dabei wesentlich durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und die Regelungen des jeweiligen Landeswassergesetzes bestimmt. Anknüpfungspunkt ist hier insbesondere § 36 Abs. 1 Nr. 1 WHG. Danach sind Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern − zu denen auch die schwimmenden PV-Module gehören − so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind. Aus dem WHG selbst folgt dabei wohl kein unmittelbares Genehmigungserfordernis für die Floating-PV. Allerdings ist eine Genehmigung für die Errichtung, den Betrieb und die Unterhaltung von Anlagen über oberirdischen Gewässern regelmäßig nach dem einschlägigen Landeswassergesetz erforderlich.

Sofern die Errichtung von Floating-PV auch mit einem Gewässerausbau, also der Herstellung, Beseitigung oder wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer, verbunden ist, ist zudem die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens oder eines Plangenehmigungsverfahrens nach §§ 68 ff. WHG erforderlich. Darüber hinaus können im Einzelfall auch natur- und artenschutzrechtliche Anforderungen die Errichtung von Floating-PV erschweren.

Betrachtet man die Wirtschaftlichkeit einer schwimmenden PV-Anlage, so ist der Blick insbesondere auf die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu richten. So kommt etwa eine Förderung von solarer Strahlungsenergie für Anlagen auf, an oder in einer „sonstigen baulichen Anlage“ in Betracht (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2021). Ebenfalls förderfähig ist zum Beispiel Strom aus Anlagen auf Konversionsflächen. Dabei handelt es sich unter anderem um Flächen, die stark durch ihre wirtschaftliche Vornutzung (zum Beispiel durch den Kies- oder Kohleabbau) geprägt sind (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. c) lit. cc) EEG 2021). Inwieweit ein Gewässer eine solche „bauliche Anlage“ oder „Konversionsfläche“ darstellt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Gerade bei künstlichen Gewässern wie Baggerseen, kommt eine entsprechende Förderung aber durchaus in Betracht.

Floating-PV das Potenzial hat, Nutzungskonkurrenzen zu entschärfen

Voraussetzung für eine EEG-Förderung ist bei PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 750 kW die erfolgreiche Teilnahme an einer Ausschreibung für Solaranlagen. Die Förderhöhe bemisst sich dann nach der Höhe des bezuschlagten Gebots, mit dem die beziehungsweise der Bietende „ins Rennen gegangen ist“. Zu beachten ist dabei, dass der Strom aus „Ausschreibungsanlagen“ grundsätzlich nicht eigenversorgt werden darf. Andernfalls drohen gravierende Sanktionen. Betreiber von Floating-PV können darüber hinaus an den Innovationsausschreibungen teilnehmen. Da bei diesen Ausschreibungen jedoch nur Anlagenkombinationen zugelassen werden, muss die Floating-PV-Anlage beispielsweise mit einem Speicher zusammengeschlossen werden. Für die Gebotsrunde am 1. April 2022 wird bei den Innovationsausschreibungen ein Segment für besondere Solaranlagen in Höhe von voraussichtlich 150 MW reserviert. Zu diesen besonderen Solaranlagen gehört neben den PV-Anlagen auf Parkplätzen und Ackerflächen (Agri-PV) auch die Floating-PV. Welche Anforderungen an diese Anlagen im Einzelnen zu stellen sind, soll die Bundesnetzagentur bis zum 1. Oktober 2021 bestimmen.

Muss die Anlage nicht an einer Ausschreibung teilnehmen oder soll eine finanzielle Förderung nach dem EEG nicht in Anspruch genommen werden, ist die Eigenversorgung eine Option. Eine Reduzierung der EEG-Umlage gelingt allerdings nur, wenn unter anderem der Eigenverbrauch im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zur Anlage erfolgt. Das kann gewisse Herausforderungen mit sich bringen. Einfacher ist es mit den Netzentgelten und den anderen netzentgeltbezogenen Abgaben und Umlagen: Diese fallen nicht an, wenn der Strom von der Anlage aus gesehen „vor“ dem Netz für die allgemeine Versorgung verbraucht wird.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Floating-PV das Potenzial hat, Nutzungskonkurrenzen zu entschärfen und damit ein wichtiger Baustein für die Energiewende zu werden. In rechtlicher Hinsicht ebnen einige Stellschrauben bereits den Weg, andere können die Potenziale der neuen Technologie dagegen deutlich einschränken. Es gilt also in jedem Fall, nicht nur technisch, sondern auch juristisch innovativ zu sein, damit sich die Floating-PV tatsächlich „über Wasser halten“ kann.

* Johanna Wilhelmina Mamerow, Rechtsanwältin, und Jens Vollprecht, Rechtsanwalt, Becker Büttner Held, Berlin

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Heidi Roider

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