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Energie & Management > Windkraft Onshore - Fehlende Richter könnten Windkraftausbau bremsen
Bild: Fotolia, psdesign1
Windkraft Onshore

Fehlende Richter könnten Windkraftausbau bremsen

Ohne wesentlich mehr zusätzliche Richter wird das neue Investitionsbeschleunigungsgesetz der Windbranche wenig helfen, befürchtet der Landesverband Erneuerbare Energien NRW.
Für die Windbranche hatte Ricarda Brandts eine Art Abschiedsgeschenk parat: „Mit drei zusätzlichen Richterstellen als Aufpolsterung sehe ich uns personell gut aufgestellt, um künftig mehr Klagen gegen neue Windparkprojekte abarbeiten zu können“, betonte die Ende Mai aus Altersgründen ausscheidende Präsidentin des Oberverwaltungsgerichtes NRW (OVG) beim traditionellen (dieses Mal virtuellen) Jahrespressegespräch.

Für den Fall, dass diese drei neue Stellen zu wenig seien, habe sie kein Problem beim Landesjustizministerium anzurufen: „Düsseldorf hat uns immer mit mehr Personal geholfen, wenn wir angefragt haben.“ Brandts erinnerte an die sprunghaft gestiegene Zahl beispielsweise von Verfahren von Asyl-Suchenden, die gegen die Ablehnung ihrer Bescheide geklagt hatten.

Fakt ist, dass auf den 8. und neuerdings auch den 7. Senat am OVG-Sitz in Münster mehr Arbeit mit Klagen gegen geplante und teilweise auch genehmigte Windparks zukommen wird. Dafür sorgt das Investitionsbeschleunigungsgesetz, das Bundestag und Bundesrat im vergangenen Dezember beschlossen hatten. Kernpunkt dabei: Um vor Gerichten zu mehr Tempo zu kommen, sieht das neue Gericht den Wegfall einer Gerichtsinstanz vor. Statt wie bislang üblich müssen sich nicht erst die Verwaltungs-, sondern gleich die Oberverwaltungsgerichte mit den „Windkraft-Klagen“ beschäftigen.

Mit den drei neuen Richterstellen am OVG NRW ist nach Einschätzung von Reiner Priggen keine nennenswerte Beschleunigung für den Bau neuer Windparks möglich. Der Vorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) verweist zum einen auf den ohnehin bestehenden Entscheidungsstau: „Allein beim OVG waren nach unseren Informationen Ende 2020 rund 160 Verfahren anhängig, von denen der bisherige 8. Senat in der Regel jährlich rund 40 abgeschlossen hat.“

Und nicht nur das: Da erfahrungsgemäß kaum ein neu geplanter Windpark „klagefrei“ in Betrieb geht, landeten demnächst jährlich mehr als 100 neue Klagen aus dem Windkraftsektor beim OVG in Münster. Bei diesen Zahlen sei nach Worten Priggens, auch ohne zum Taschenrechner zu greifen, leicht erkennbar, dass die Verfahrensdauer eher zu- denn abnehme: „Da das Personal fehlt, verkehrt sich das Beschleunigungsgesetz ins Gegenteil.“ Schon heute müssten potenzielle Investoren für neue Windparks drei Jahre und länger auf ein OVG-Urteil warten. Priggen: „Wir gehen davon aus, dass sich die Verfahrenszeiten vor dem OVG in den nächsten mindestens verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen können.“

Auf dieses abzeichnende Dilemma hatte der LEE NRW bereits den Düsseldorfer Landesjustizminister Peter Biesenbach (CDU) hingewiesen. In seiner Antwort verwies Biesenbach auf die „mehr als 2.500 neuen Planstellen und Stellen in der Justiz“, für die die schwarz-gelbe Landesregierung in den Haushalten 2018 bis 2021 die Finanzmittel zur Verfügung gestellt habe.

Schlusssatz aus dem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt: „In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass es der Präsidentin des OVG NRW und den dort tätigen Kolleginnen und Kollegen gelingen wird, auch die Herausforderungen zu meistern, die der Bundesgesetzgeber den Gerichten der Länder (…) einmal mehr auferlegt hat.“ Knapper Kommentar von LEE NRW-Chef Priggen: „Das bedeutet nichts Gutes für den weiteren Windkraftausbau hier bei uns im Land und auch in den anderen Bundesländern, wo die personelle Ausstattung an den Gerichten nicht besser aussieht.“
 

Freitag, 26.02.2021, 17:11 Uhr
Ralf Köpke
Energie & Management > Windkraft Onshore - Fehlende Richter könnten Windkraftausbau bremsen
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Fehlende Richter könnten Windkraftausbau bremsen
Ohne wesentlich mehr zusätzliche Richter wird das neue Investitionsbeschleunigungsgesetz der Windbranche wenig helfen, befürchtet der Landesverband Erneuerbare Energien NRW.
Für die Windbranche hatte Ricarda Brandts eine Art Abschiedsgeschenk parat: „Mit drei zusätzlichen Richterstellen als Aufpolsterung sehe ich uns personell gut aufgestellt, um künftig mehr Klagen gegen neue Windparkprojekte abarbeiten zu können“, betonte die Ende Mai aus Altersgründen ausscheidende Präsidentin des Oberverwaltungsgerichtes NRW (OVG) beim traditionellen (dieses Mal virtuellen) Jahrespressegespräch.

Für den Fall, dass diese drei neue Stellen zu wenig seien, habe sie kein Problem beim Landesjustizministerium anzurufen: „Düsseldorf hat uns immer mit mehr Personal geholfen, wenn wir angefragt haben.“ Brandts erinnerte an die sprunghaft gestiegene Zahl beispielsweise von Verfahren von Asyl-Suchenden, die gegen die Ablehnung ihrer Bescheide geklagt hatten.

Fakt ist, dass auf den 8. und neuerdings auch den 7. Senat am OVG-Sitz in Münster mehr Arbeit mit Klagen gegen geplante und teilweise auch genehmigte Windparks zukommen wird. Dafür sorgt das Investitionsbeschleunigungsgesetz, das Bundestag und Bundesrat im vergangenen Dezember beschlossen hatten. Kernpunkt dabei: Um vor Gerichten zu mehr Tempo zu kommen, sieht das neue Gericht den Wegfall einer Gerichtsinstanz vor. Statt wie bislang üblich müssen sich nicht erst die Verwaltungs-, sondern gleich die Oberverwaltungsgerichte mit den „Windkraft-Klagen“ beschäftigen.

Mit den drei neuen Richterstellen am OVG NRW ist nach Einschätzung von Reiner Priggen keine nennenswerte Beschleunigung für den Bau neuer Windparks möglich. Der Vorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) verweist zum einen auf den ohnehin bestehenden Entscheidungsstau: „Allein beim OVG waren nach unseren Informationen Ende 2020 rund 160 Verfahren anhängig, von denen der bisherige 8. Senat in der Regel jährlich rund 40 abgeschlossen hat.“

Und nicht nur das: Da erfahrungsgemäß kaum ein neu geplanter Windpark „klagefrei“ in Betrieb geht, landeten demnächst jährlich mehr als 100 neue Klagen aus dem Windkraftsektor beim OVG in Münster. Bei diesen Zahlen sei nach Worten Priggens, auch ohne zum Taschenrechner zu greifen, leicht erkennbar, dass die Verfahrensdauer eher zu- denn abnehme: „Da das Personal fehlt, verkehrt sich das Beschleunigungsgesetz ins Gegenteil.“ Schon heute müssten potenzielle Investoren für neue Windparks drei Jahre und länger auf ein OVG-Urteil warten. Priggen: „Wir gehen davon aus, dass sich die Verfahrenszeiten vor dem OVG in den nächsten mindestens verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen können.“

Auf dieses abzeichnende Dilemma hatte der LEE NRW bereits den Düsseldorfer Landesjustizminister Peter Biesenbach (CDU) hingewiesen. In seiner Antwort verwies Biesenbach auf die „mehr als 2.500 neuen Planstellen und Stellen in der Justiz“, für die die schwarz-gelbe Landesregierung in den Haushalten 2018 bis 2021 die Finanzmittel zur Verfügung gestellt habe.

Schlusssatz aus dem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt: „In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass es der Präsidentin des OVG NRW und den dort tätigen Kolleginnen und Kollegen gelingen wird, auch die Herausforderungen zu meistern, die der Bundesgesetzgeber den Gerichten der Länder (…) einmal mehr auferlegt hat.“ Knapper Kommentar von LEE NRW-Chef Priggen: „Das bedeutet nichts Gutes für den weiteren Windkraftausbau hier bei uns im Land und auch in den anderen Bundesländern, wo die personelle Ausstattung an den Gerichten nicht besser aussieht.“
 

Freitag, 26.02.2021, 17:11 Uhr
Ralf Köpke

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