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Energie & Management > Windkraft Onshore - Extreme Preisunterschiede bei Fernumstellung von Windturbinen
Quelle: Fotolia / Mellimage
Windkraft Onshore

Extreme Preisunterschiede bei Fernumstellung von Windturbinen

Windenergieanlagen sollen diesen Winter auch an Land unbegrenzt laufen dürfen, um zur Stromerzeugung beizutragen − so will es der Bund. Das können die Betreiber aber nur mit den OEM.
Für die Fernumstellung deutscher Windkraftanlagen an Land auf Dauerbetrieb in diesem Winter halten die Originalhersteller (OEM) extrem unterschiedlich die Hand auf. Dies ergeben unbestätigte Angaben eines Windpark-Betreibers (wir berichteten) und Antworten zweier Windturbinen-Hersteller auf Fragen unserer Redaktion.

Hintergrund: Gemäß einer Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) dürfen Windpark-Betreiber an Land seit 13. Oktober bei der Immissionschutzbehörde einen bis 15. April 2023 laufenden Dauerbetrieb beantragen. Ziel: so viel wie möglich zusätzlichen Strom ins System pumpen.

Würden alle Betreiber und Direktvermarkter dieser neuen Möglichkeit nachkommen, würde dies nach Schätzungen des Bundesverbandes Windenergie (BWE) 1,19 Prozent mehr Onshore-Windstrom oder zusätzlich 1,35 Milliarden kWh ergeben. Das Wirtschaftsministerium, aus dem die EnSiG-Novelle stammt, geht auf Anfrage optimistischer von 8 Prozent oder 7,92 Milliarden kWh aus.

Normalerweise müssen Windräder − je nach ihrer Entfernung zu Wohnhäusern − wegen ihrer Schallentwicklung nachts zur Schlafenszeit abschalten oder drosseln und tagsüber wegen Schattenwurfs für kurze Zeit aus dem Wind gehen, erläutert Jürgen Quentin von der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) dieser Redaktion. Die Rechtsänderung sah auch eine fiktive Genehmigung vor, wenn die Genehmigungsbehörde vier Wochen nach dem Eingang des Antrags keinen Bescheid erlassen hat.

Allein, die Windmüller können nicht einfach selbst irgendwelche Schalter umlegen. Vielmehr muss die auf die Winter-Abschaltzeiten eingestellte Software umgestellt werden, und zwar in der Regel von den Herstellern selbst, die die Software entweder fernumstellen oder einen Techniker zum Windrad schicken.

Angeblicher Beispielpreis von Enercon

Und die langen dafür unterschiedlich hoch zu: Im Oktober beklagte sich ein der Redaktion namentlich bekannter schleswig-holsteinischer Windpark-Betreiber in einer öffentlichen Veranstaltung des BWE, der ostfriesische Windturbinen-Hersteller Enercon verlange von ihm für die Umstellung einer E-70 3.200 Euro. Er sah dies als Beispiel für von ihm als (zu) hoch empfundene OEM-Preise.

Die Preise von Nordex

Unsere Redaktion hat alle in Deutschland aktiven OEM dazu befragt. Geantwortet haben Enercons Wettbewerber Nordex und Eno Energy. Die Hamburger und Rostocker Nordex ruft nach eigenen Angaben für die "Um- und Rückstellung eines temporären Schallmodus" pro Anlage dagegen insgesamt 1.500 Euro auf und für "Deaktivierung und Reaktivierung der Schattenwurfreaktion" 1.000 Euro pro Windpark. Die erste Anlage sei in diesem Preis inbegriffen. Jede weitere koste 100 Euro. Die Dokumentation sei inklusive. Je nach Maßnahme, Anlagengeneration und technischer Umsetzung innerhalb eines Windparks sei der Betreiber teilweise aber auch nicht unbedingt auf Nordex angewiesen.

Die Preise von Eno

Der Rostocker OEM Eno Energy wiederum spricht von lediglich 400 Euro pro Anlage inklusive Dokumentation, um die Parameter über die Fernüberwachung zu ändern.
Die Preise dürften also mindestens um den Faktor acht auseinanderliegen.

Sowohl Nordex als auch Eno brauchen für die Umstellung nach eigenem Anspruch einen einzigen Arbeitstag nach Auftragseingang.

Zusatzerlöse eher mager

Lohnt sich der Aufwand für die Windmüller betriebswirtschaftlich? Nordex erklärt, seinen Kunden lägen alle Informationen zu den Betriebsmodi vor, die das EnSiG ermöglicht hat. Diese Redaktion kommt überschlägig unter vielen Prämissen zu folgendem Rechenweg: 

Multipliziert man die optimistische Zahl der Volllaststunden einer schleswig-holsteinischen Anlage von 2.500 mit einer angenommenen Leistung von 5 MW und dem Marktwert von Onshore-Wind im Dezember von 137,18 Euro/MWh, ergäben sich Jahreserlöse von 1,7 Mio. Euro. Bei einem angenommenen Umschalttermin am 15. November 2022 darf die Anlage fünf Monate lang im Dauerbetrieb rotieren. Das ergibt währenddessen Gesamterlöse von 714.500 Euro. Diese erhöhen sich gemäß der BWE-Schätzung um 1,119 Prozent.

Das ergäbe einen mageren Mehrertrag von 723 Euro. Die Umstellung wäre also in vielen Fällen ein Fall für Liebhaber oder wäre von der Hoffnung genährt, dass der Bund den Winter-Dauerbetrieb in den Sommer 2023 hinein verlängert. Im Sommer kommen aber weitere Abschaltzeiten hinzu, um bestimmte Vogelarten zu schonen.

Nordex spricht auch von einer "eher geringen" Nachfrage im Verhältnis zum Anlagenpotenzial. Eno Energy registriert "verschiedene Anfragen" zur Umstellung. Enercon nahm nicht Stellung. Man bespreche solche Angelegenheiten mit den Kunden direkt, nicht in der Öffentlichkeit, hieß es zur Begründung. Auch der Windpark-Betreiber, der sich beklagt hatte, reagierte entgegen seiner ursprünglichen Signale nicht auf Anfragen.

Nach Angaben eines damit befassten Branchenvertreters hatte kein Bundesland Interesse signalisiert, die Zahl und stromwirtschaftliche Bedeutung der in ihren Immissionsschutzbehörden gestellten Anträge zu erfassen.

Mittwoch, 21.12.2022, 15:18 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Extreme Preisunterschiede bei Fernumstellung von Windturbinen
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Windkraft Onshore
Extreme Preisunterschiede bei Fernumstellung von Windturbinen
Windenergieanlagen sollen diesen Winter auch an Land unbegrenzt laufen dürfen, um zur Stromerzeugung beizutragen − so will es der Bund. Das können die Betreiber aber nur mit den OEM.
Für die Fernumstellung deutscher Windkraftanlagen an Land auf Dauerbetrieb in diesem Winter halten die Originalhersteller (OEM) extrem unterschiedlich die Hand auf. Dies ergeben unbestätigte Angaben eines Windpark-Betreibers (wir berichteten) und Antworten zweier Windturbinen-Hersteller auf Fragen unserer Redaktion.

Hintergrund: Gemäß einer Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) dürfen Windpark-Betreiber an Land seit 13. Oktober bei der Immissionschutzbehörde einen bis 15. April 2023 laufenden Dauerbetrieb beantragen. Ziel: so viel wie möglich zusätzlichen Strom ins System pumpen.

Würden alle Betreiber und Direktvermarkter dieser neuen Möglichkeit nachkommen, würde dies nach Schätzungen des Bundesverbandes Windenergie (BWE) 1,19 Prozent mehr Onshore-Windstrom oder zusätzlich 1,35 Milliarden kWh ergeben. Das Wirtschaftsministerium, aus dem die EnSiG-Novelle stammt, geht auf Anfrage optimistischer von 8 Prozent oder 7,92 Milliarden kWh aus.

Normalerweise müssen Windräder − je nach ihrer Entfernung zu Wohnhäusern − wegen ihrer Schallentwicklung nachts zur Schlafenszeit abschalten oder drosseln und tagsüber wegen Schattenwurfs für kurze Zeit aus dem Wind gehen, erläutert Jürgen Quentin von der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) dieser Redaktion. Die Rechtsänderung sah auch eine fiktive Genehmigung vor, wenn die Genehmigungsbehörde vier Wochen nach dem Eingang des Antrags keinen Bescheid erlassen hat.

Allein, die Windmüller können nicht einfach selbst irgendwelche Schalter umlegen. Vielmehr muss die auf die Winter-Abschaltzeiten eingestellte Software umgestellt werden, und zwar in der Regel von den Herstellern selbst, die die Software entweder fernumstellen oder einen Techniker zum Windrad schicken.

Angeblicher Beispielpreis von Enercon

Und die langen dafür unterschiedlich hoch zu: Im Oktober beklagte sich ein der Redaktion namentlich bekannter schleswig-holsteinischer Windpark-Betreiber in einer öffentlichen Veranstaltung des BWE, der ostfriesische Windturbinen-Hersteller Enercon verlange von ihm für die Umstellung einer E-70 3.200 Euro. Er sah dies als Beispiel für von ihm als (zu) hoch empfundene OEM-Preise.

Die Preise von Nordex

Unsere Redaktion hat alle in Deutschland aktiven OEM dazu befragt. Geantwortet haben Enercons Wettbewerber Nordex und Eno Energy. Die Hamburger und Rostocker Nordex ruft nach eigenen Angaben für die "Um- und Rückstellung eines temporären Schallmodus" pro Anlage dagegen insgesamt 1.500 Euro auf und für "Deaktivierung und Reaktivierung der Schattenwurfreaktion" 1.000 Euro pro Windpark. Die erste Anlage sei in diesem Preis inbegriffen. Jede weitere koste 100 Euro. Die Dokumentation sei inklusive. Je nach Maßnahme, Anlagengeneration und technischer Umsetzung innerhalb eines Windparks sei der Betreiber teilweise aber auch nicht unbedingt auf Nordex angewiesen.

Die Preise von Eno

Der Rostocker OEM Eno Energy wiederum spricht von lediglich 400 Euro pro Anlage inklusive Dokumentation, um die Parameter über die Fernüberwachung zu ändern.
Die Preise dürften also mindestens um den Faktor acht auseinanderliegen.

Sowohl Nordex als auch Eno brauchen für die Umstellung nach eigenem Anspruch einen einzigen Arbeitstag nach Auftragseingang.

Zusatzerlöse eher mager

Lohnt sich der Aufwand für die Windmüller betriebswirtschaftlich? Nordex erklärt, seinen Kunden lägen alle Informationen zu den Betriebsmodi vor, die das EnSiG ermöglicht hat. Diese Redaktion kommt überschlägig unter vielen Prämissen zu folgendem Rechenweg: 

Multipliziert man die optimistische Zahl der Volllaststunden einer schleswig-holsteinischen Anlage von 2.500 mit einer angenommenen Leistung von 5 MW und dem Marktwert von Onshore-Wind im Dezember von 137,18 Euro/MWh, ergäben sich Jahreserlöse von 1,7 Mio. Euro. Bei einem angenommenen Umschalttermin am 15. November 2022 darf die Anlage fünf Monate lang im Dauerbetrieb rotieren. Das ergibt währenddessen Gesamterlöse von 714.500 Euro. Diese erhöhen sich gemäß der BWE-Schätzung um 1,119 Prozent.

Das ergäbe einen mageren Mehrertrag von 723 Euro. Die Umstellung wäre also in vielen Fällen ein Fall für Liebhaber oder wäre von der Hoffnung genährt, dass der Bund den Winter-Dauerbetrieb in den Sommer 2023 hinein verlängert. Im Sommer kommen aber weitere Abschaltzeiten hinzu, um bestimmte Vogelarten zu schonen.

Nordex spricht auch von einer "eher geringen" Nachfrage im Verhältnis zum Anlagenpotenzial. Eno Energy registriert "verschiedene Anfragen" zur Umstellung. Enercon nahm nicht Stellung. Man bespreche solche Angelegenheiten mit den Kunden direkt, nicht in der Öffentlichkeit, hieß es zur Begründung. Auch der Windpark-Betreiber, der sich beklagt hatte, reagierte entgegen seiner ursprünglichen Signale nicht auf Anfragen.

Nach Angaben eines damit befassten Branchenvertreters hatte kein Bundesland Interesse signalisiert, die Zahl und stromwirtschaftliche Bedeutung der in ihren Immissionsschutzbehörden gestellten Anträge zu erfassen.

Mittwoch, 21.12.2022, 15:18 Uhr
Georg Eble

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