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Energie & Management > Österreich - Experten raten zu Vorsicht bei Markteingriffen
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Experten raten zu Vorsicht bei Markteingriffen

Natürlich wolle die Politik die Auswirkungen der Großhandelspreise auf die Kunden dämpfen. Markteingriffe könnten aber kontraproduktiv sein, hieß es beim "Austrian Energy Day".
Der massive Anstieg der Großhandelspreise für Strom ist nicht allein dem ebenso drastischen Anstieg der Gaspreise geschuldet. Eine maßgebliche Rolle spielen auch die Probleme mit den französischen Kernkraftwerken und die witterungsbedingt geringe Stromerzeugung der Wasserkraftwerke. Das sagte Ryan Alexander, der für die europäischen Märkte zuständige Forschungschef des britischen Beratungsunternehmens Aurora Energy Research, beim Austrian Energy Day am 13. Oktober in Wien.

Alexander konstatierte, die EU-Gremien sowie die Mitgliedsstaaten hätten bekanntlich eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt, um die Auswirkungen der Preisentwicklungen auf die Endkunden zu dämpfen. Weitere Aktionen seien im Kommen. Mittels Abschöpfung der sogenannten "Übergewinne" der Stromversorger bei Großhandelspreisen von mehr als 180 Euro/MWh versuche die EU-Kommission, eine Art "harmonisierten Ansatz" für derartige Schritte zu schaffen. Nicht zuletzt der Wunsch nach einheitlicherem Vorgehen der EU-Mitglieder liege auch den Debatten über einen "Gaspreisdeckel" zugrunde.

Allerdings stellt sich laut Alexander die Frage, wie sich angesichts dessen die Versorgungssicherheit aufrechterhalten lässt. Klar ist ihm zufolge: "Es werden Erzeugungskapazitäten aus dem Markt gehen, vor allem Gaskraftwerke." Der Umfang dieses Kapazitätsverlustes ist Alexander zufolge schwer einzuschätzen. Der Aspekt der Versorgungssicherheit muss seiner Ansicht nach auch bei den Debatten über das neue Strommarktdesign bedacht werden. Hinsichtlich dieses Designs liege bereits eine Reihe von mehr oder weniger detailliert ausgearbeiteten Konzepten vor: "Ideal ist keines davon."

Alexander betonte, das Problem sei "nicht der Strommarkt als solcher. Das Problem ist das Preissignal, das dieser Markt derzeit gibt." Lösen lasse sich dies jedoch nicht mit allzu weitgehenden Eingriffen. Stattdessen gelte es, auf den Markt und seine Kräfte zu vertrauen: "Mein Wunsch an die Politik ist: Rührt den Markt nicht an." In der Vergangenheit hätten sich Eingriffe immer wieder als kontraproduktiv erwiesen und unerwünschte Wirkungen gezeitigt. Natürlich sei es angesichts der derzeitigen Entwicklungen und ihrer Auswirkungen auf die Kunden politisch schwierig, Zurückhaltung zu üben, räumte Alexander ein. Nicht zuletzt die EU-Kommission stehe unter erheblichem Handlungsdruck. Aller Voraussicht nach werde sie deshalb agieren, wenn auch möglicherweise mit Maßnahmen, deren Wirkung sich in Grenzen halte.

Energieeffizienz und Erneuerbare alternativlos

Ähnlich argumentierte Karina Knaus, die Energiemarktreferentin der Österreichischen Energieagentur (AEA), eines Vereins, dem die jeweilige Energieministerin oder der jeweilige Energieminister präsidiert. Ihr zufolge sendet der Markt über das Merit-Order-Prinzip derzeit ein Knappheitssignal aus. Wie von der Politik angestrebt, in den Markt einzugreifen, laufe darauf hinaus, dieses Signal abzuschwächen.

Die AEA habe die in Diskussion befindlichen Alternativen zur Merit Order untersucht. Das Ergebnis: "Alle haben ihre Nachteile." Laut Knaus empfiehlt sich, kurzfristig die Energiekunden zu unterstützen und ihnen zu helfen, ihren Energiebedarf zu vermindern. Mittelfristig gelte es, "offen über das Marktdesign zu sprechen und das Energiesystem resilienter zu machen." Längerfristig schließlich gebe es keine Alternative dazu, die Energieeffizienz massiv zu steigern und den Einsatz erneuerbarer Energien zu forcieren: "Das sagen wir schon seit unserer Gründung in den frühen 1970er Jahren."

"Strompreisbremse beschlossen

Unterdessen beschloss das Bundesparlament die sogenannte "Strompreisbremse" für die rund vier Millionen österreichischen Haushalte, die die Bundesregierung Anfang September angekündigt hatte. Im Zeitraum 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2024 erhalten alle Haushalte für einen Verbrauch von bis zu 2.900 kWh Strom pro Jahr einen Kostenzuschuss. Diesen ziehen die Lieferanten automatisch von der jeweils nächsten Jahresabrechnung ab. Er kommt zum Tragen, wenn der Strompreis 10 Ct/kWh überschreitet. Der darüber liegende Preisanteil wird bis zu einer Obergrenze von 40 Ct/kWh aus Bundesmitteln gedeckt. Anders gesagt: Beträgt der Strompreis bis zu 40 Ct/kWh, bezahlen die Haushalte für einen Verbrauch von maximal 2.900 kWh 10 Cent/kWh. Steigt der Preis über 40 Ct/kWh, etwa auf 45 Ct, verteuert sich der "bezuschusste" Verbrauch entsprechend, im konkreten Fall auf 15 Ct. Für den über 2.900 kWh hinausgehenden Bedarf haben die Haushalte den von ihrem Versorger angebotenen Preis zu bezahlen.

Erwartungsgemäß sprachen die Regierungsparteien ÖVP (Konservative) und Grüne von einer "treffsicheren, sozial gerechten und unbürokratischen Maßnahme." Die Opposition aus den Sozialdemokraten, den rechtsgerichteten Freiheitlichen und den liberalen Neos dagegen bezeichnete die "Strompreisbremse" als bloße "Symptommilderung".

Freitag, 14.10.2022, 08:49 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Experten raten zu Vorsicht bei Markteingriffen
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich
Experten raten zu Vorsicht bei Markteingriffen
Natürlich wolle die Politik die Auswirkungen der Großhandelspreise auf die Kunden dämpfen. Markteingriffe könnten aber kontraproduktiv sein, hieß es beim "Austrian Energy Day".
Der massive Anstieg der Großhandelspreise für Strom ist nicht allein dem ebenso drastischen Anstieg der Gaspreise geschuldet. Eine maßgebliche Rolle spielen auch die Probleme mit den französischen Kernkraftwerken und die witterungsbedingt geringe Stromerzeugung der Wasserkraftwerke. Das sagte Ryan Alexander, der für die europäischen Märkte zuständige Forschungschef des britischen Beratungsunternehmens Aurora Energy Research, beim Austrian Energy Day am 13. Oktober in Wien.

Alexander konstatierte, die EU-Gremien sowie die Mitgliedsstaaten hätten bekanntlich eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt, um die Auswirkungen der Preisentwicklungen auf die Endkunden zu dämpfen. Weitere Aktionen seien im Kommen. Mittels Abschöpfung der sogenannten "Übergewinne" der Stromversorger bei Großhandelspreisen von mehr als 180 Euro/MWh versuche die EU-Kommission, eine Art "harmonisierten Ansatz" für derartige Schritte zu schaffen. Nicht zuletzt der Wunsch nach einheitlicherem Vorgehen der EU-Mitglieder liege auch den Debatten über einen "Gaspreisdeckel" zugrunde.

Allerdings stellt sich laut Alexander die Frage, wie sich angesichts dessen die Versorgungssicherheit aufrechterhalten lässt. Klar ist ihm zufolge: "Es werden Erzeugungskapazitäten aus dem Markt gehen, vor allem Gaskraftwerke." Der Umfang dieses Kapazitätsverlustes ist Alexander zufolge schwer einzuschätzen. Der Aspekt der Versorgungssicherheit muss seiner Ansicht nach auch bei den Debatten über das neue Strommarktdesign bedacht werden. Hinsichtlich dieses Designs liege bereits eine Reihe von mehr oder weniger detailliert ausgearbeiteten Konzepten vor: "Ideal ist keines davon."

Alexander betonte, das Problem sei "nicht der Strommarkt als solcher. Das Problem ist das Preissignal, das dieser Markt derzeit gibt." Lösen lasse sich dies jedoch nicht mit allzu weitgehenden Eingriffen. Stattdessen gelte es, auf den Markt und seine Kräfte zu vertrauen: "Mein Wunsch an die Politik ist: Rührt den Markt nicht an." In der Vergangenheit hätten sich Eingriffe immer wieder als kontraproduktiv erwiesen und unerwünschte Wirkungen gezeitigt. Natürlich sei es angesichts der derzeitigen Entwicklungen und ihrer Auswirkungen auf die Kunden politisch schwierig, Zurückhaltung zu üben, räumte Alexander ein. Nicht zuletzt die EU-Kommission stehe unter erheblichem Handlungsdruck. Aller Voraussicht nach werde sie deshalb agieren, wenn auch möglicherweise mit Maßnahmen, deren Wirkung sich in Grenzen halte.

Energieeffizienz und Erneuerbare alternativlos

Ähnlich argumentierte Karina Knaus, die Energiemarktreferentin der Österreichischen Energieagentur (AEA), eines Vereins, dem die jeweilige Energieministerin oder der jeweilige Energieminister präsidiert. Ihr zufolge sendet der Markt über das Merit-Order-Prinzip derzeit ein Knappheitssignal aus. Wie von der Politik angestrebt, in den Markt einzugreifen, laufe darauf hinaus, dieses Signal abzuschwächen.

Die AEA habe die in Diskussion befindlichen Alternativen zur Merit Order untersucht. Das Ergebnis: "Alle haben ihre Nachteile." Laut Knaus empfiehlt sich, kurzfristig die Energiekunden zu unterstützen und ihnen zu helfen, ihren Energiebedarf zu vermindern. Mittelfristig gelte es, "offen über das Marktdesign zu sprechen und das Energiesystem resilienter zu machen." Längerfristig schließlich gebe es keine Alternative dazu, die Energieeffizienz massiv zu steigern und den Einsatz erneuerbarer Energien zu forcieren: "Das sagen wir schon seit unserer Gründung in den frühen 1970er Jahren."

"Strompreisbremse beschlossen

Unterdessen beschloss das Bundesparlament die sogenannte "Strompreisbremse" für die rund vier Millionen österreichischen Haushalte, die die Bundesregierung Anfang September angekündigt hatte. Im Zeitraum 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2024 erhalten alle Haushalte für einen Verbrauch von bis zu 2.900 kWh Strom pro Jahr einen Kostenzuschuss. Diesen ziehen die Lieferanten automatisch von der jeweils nächsten Jahresabrechnung ab. Er kommt zum Tragen, wenn der Strompreis 10 Ct/kWh überschreitet. Der darüber liegende Preisanteil wird bis zu einer Obergrenze von 40 Ct/kWh aus Bundesmitteln gedeckt. Anders gesagt: Beträgt der Strompreis bis zu 40 Ct/kWh, bezahlen die Haushalte für einen Verbrauch von maximal 2.900 kWh 10 Cent/kWh. Steigt der Preis über 40 Ct/kWh, etwa auf 45 Ct, verteuert sich der "bezuschusste" Verbrauch entsprechend, im konkreten Fall auf 15 Ct. Für den über 2.900 kWh hinausgehenden Bedarf haben die Haushalte den von ihrem Versorger angebotenen Preis zu bezahlen.

Erwartungsgemäß sprachen die Regierungsparteien ÖVP (Konservative) und Grüne von einer "treffsicheren, sozial gerechten und unbürokratischen Maßnahme." Die Opposition aus den Sozialdemokraten, den rechtsgerichteten Freiheitlichen und den liberalen Neos dagegen bezeichnete die "Strompreisbremse" als bloße "Symptommilderung".

Freitag, 14.10.2022, 08:49 Uhr
Klaus Fischer

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