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Energie & Management > Bilanz - EWE geht auf Nummer sicher und fährt Dividende enorm zurück
Quelle: Fotolia / Rynio Productions
Bilanz

EWE geht auf Nummer sicher und fährt Dividende enorm zurück

Der Energiekonzern EWE gibt sich nach geringeren Erträgen sparsam und schüttet seinen Anteilseignern erheblich weniger Dividende aus. Damit lassen die Oldenburger Vorsicht walten.
Vorsicht und Zurückhaltung legt der Energiekonzern EWE an den Tag. Nach einem unerwartet hohen Rückgang des operativen Vorsteuerergebnisses (Ebit) um fast 20 % (auf 354 Mio. Euro) im Jahr 2021 schütten die Oldenburger im Vergleich zum Vorjahr weniger als die Hälfte an ihre Anteilseigner aus (84 Mio. statt 186 Mio. Euro). Damit, so Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler auf der Bilanzpressekonferenz am 28. April, reagiere das Unternehmen auf die durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Unsicherheiten.

Dohler spricht gemeinsam mit dem Finanzvorstand Wolfgang Mücher von einem „soliden“ Ergebnis, das aufgrund der geopolitischen Situation sowie der Verwerfungen und Turbulenzen auf den Energiemärkten fast schon als gut zu bezeichnen sei. EWE hatte bereits im April 2021 seine Prognose vage gehalten und im operativen Ergebnis mit der Spanne von minus 15 % bis plus 5 % angegeben.

Bezogene Gasmengen erzeugen "keinen kassenwirksamen Gewinn"

Stefan Dohler spricht von „etwas verzerrten“ Zahlen. Dies liege auch an einer geänderten Strategie beim Gasvertrieb. EWE hat im Herbst zusätzlich Gas eingekauft und erheblich mehr Mengen als üblich über den Jahreswechsel hinaus in seinen Speichern belassen. Das hat besondere Effekte auf den Umsatz und das Jahresergebnis.

Die Bilanzsumme wurde zum 31. Dezember berechnet und schrieb den vorhandenen Energiemengen den aktuell hohen Stichtagswert zu. Marktwert aber ist nicht Verkaufswert, da die eingekauften Mengen zu einem verabredeten, also niedrigeren Preis an die Kundschaft gehen. Somit sei die Verdopplung des Jahresergebnisses (um 103 % auf 598 Mio. Euro) nur „ein theoretischer, kein kassenwirksamer Gewinn“, so Wolfgang Mücher. Mehr Aussagekraft habe das gesunkene Vorsteuerergebnis (Ebit).

Herausragend bei den Oldenburgern sind die getätigten Investitionen, die sich auf rund 1,2 Mrd. Euro verdoppelt haben. Auch dies liegt an einmaligen Effekten. Einer davon sind die Investitionen in das 2021 gegründete Unternehmen Alterric, ein gemeinsam mit der Aloys-Wobben-Stiftung (Enercon-Mutter) geführtes Onshore-Windkraft-Unternehmen. Alterric, so Dohler, habe aufgrund allgemeiner schwacher Windenergie-Ausbeute weniger Ertrag erbracht als geplant. Langfristig will Alterric zu den 2.000 MW vorhandener Leistung 9.000 MW zubauen.

Die Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine verändern in Oldenburg die Schwerpunkte. Es gehe aktuell vorrangig um Versorgungssicherheit, so Vorstandschef Dohler. Die drei Gasspeicher von EWE seien aktuell zu 37 % gefüllt, was etwa 3 Punkte über dem Bundesdurchschnitt liege. Der Konzern hat einen Krisenstab eingerichtet, der „jeden Tag“ die aktuelle Lage analysiere. Dohler bezeichnete es im Rückblick als „Fehler“ Deutschlands, sich bei der Energiebeschaffung so stark von Russland abhängig gemacht zu haben. EWE habe keine direkten Verträge mit russischen Energiefirmen, sondern beziehe seine Mengen über den Großhandel, sei aber dadurch indirekt in vollem Umfang betroffen.

Weitere Preissteigerung angekündigt

Neben der Ungewissheit über Russlands weitere Gaslieferungen „bewegt uns alle“, so Dohler, dass Energie bezahlbar bleibe und der Konzern zugleich nachhaltig wirtschafte. EWE komme gleichwohl nicht umhin, so Dohler, im laufenden Jahr die Preise noch einmal „mit Augenmaß“ zu erhöhen. „Wir wollen uns nicht reich machen, sondern müssen unser Unternehmen schützen und wirtschaftlich agieren.“

Zunächst steht jedoch eine Preissenkung an. Dohler kündigte an, den Wegfall der EEG-Umlage von 3,7 Cent je kWh auf den Strompreis ab 1. Juli vollständig an die Kundschaft weiterzugeben und aktuell keine Preissteigerungen beim Einkauf gegenzurechnen.

Der kommunal getragene Konzern baut seine Aktivitäten bei Digitalisierung (inzwischen 183.000 verfügbare Glasfaseranschlüsse) und Elektromobilität sukzessive aus, macht seine Geschäfte aber weiterhin hauptsächlich mit dem Energievertrieb. Im Nordwesten Deutschlands, in Brandenburg, auf Rügen und in Polen summiert sich die Kundschaft von EWE auf etwa 1,4 Mio. im Bereich Strom sowie jeweils 700.000 bei Erdgas und Telekommunikationsdienstleistungen.

Das Unternehmen sieht sich auf einem guten Weg zur Klimaneutralität. Die bei der Stromproduktion ausgestoßene Menge an CO2 je kWh habe sich fast halbiert (auf 134,07 g). Dazu hat der Ökostrom der Windkraft-Tochter Alterric ebenso beigetragen wie das Abschalten von Block 6 im letzten Bremer Kohlekraftwerk. Stefan Dohler stellte indes infrage, ob das Tochterunternehmen SWB Bremen wie angekündigt im Sommer 2023 den letzten Kohlemeiler, Block 15 mit 150 MW, im Bremer Hafen tatsächlich vom Netz nehmen werde. Auch hier sei die Versorgungssicherheit zu beachten.

 
Kennzahlen (in Euro)20212020in %
Umsatz6,119 Mrd.5,642 Mrd.+ 8,5
Operatives Ebit354,7 Mio.442,0 Mio.- 19,8
Investitionen1,171 Mrd.656,7 Mio.+ 78,5
Dividende84,1 Mio.186,9 Mio.- 55 %
Mitarbeitende9.5759.141+ 4,7 %

Quelle: EWE

Donnerstag, 28.04.2022, 16:24 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Bilanz - EWE geht auf Nummer sicher und fährt Dividende enorm zurück
Quelle: Fotolia / Rynio Productions
Bilanz
EWE geht auf Nummer sicher und fährt Dividende enorm zurück
Der Energiekonzern EWE gibt sich nach geringeren Erträgen sparsam und schüttet seinen Anteilseignern erheblich weniger Dividende aus. Damit lassen die Oldenburger Vorsicht walten.
Vorsicht und Zurückhaltung legt der Energiekonzern EWE an den Tag. Nach einem unerwartet hohen Rückgang des operativen Vorsteuerergebnisses (Ebit) um fast 20 % (auf 354 Mio. Euro) im Jahr 2021 schütten die Oldenburger im Vergleich zum Vorjahr weniger als die Hälfte an ihre Anteilseigner aus (84 Mio. statt 186 Mio. Euro). Damit, so Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler auf der Bilanzpressekonferenz am 28. April, reagiere das Unternehmen auf die durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Unsicherheiten.

Dohler spricht gemeinsam mit dem Finanzvorstand Wolfgang Mücher von einem „soliden“ Ergebnis, das aufgrund der geopolitischen Situation sowie der Verwerfungen und Turbulenzen auf den Energiemärkten fast schon als gut zu bezeichnen sei. EWE hatte bereits im April 2021 seine Prognose vage gehalten und im operativen Ergebnis mit der Spanne von minus 15 % bis plus 5 % angegeben.

Bezogene Gasmengen erzeugen "keinen kassenwirksamen Gewinn"

Stefan Dohler spricht von „etwas verzerrten“ Zahlen. Dies liege auch an einer geänderten Strategie beim Gasvertrieb. EWE hat im Herbst zusätzlich Gas eingekauft und erheblich mehr Mengen als üblich über den Jahreswechsel hinaus in seinen Speichern belassen. Das hat besondere Effekte auf den Umsatz und das Jahresergebnis.

Die Bilanzsumme wurde zum 31. Dezember berechnet und schrieb den vorhandenen Energiemengen den aktuell hohen Stichtagswert zu. Marktwert aber ist nicht Verkaufswert, da die eingekauften Mengen zu einem verabredeten, also niedrigeren Preis an die Kundschaft gehen. Somit sei die Verdopplung des Jahresergebnisses (um 103 % auf 598 Mio. Euro) nur „ein theoretischer, kein kassenwirksamer Gewinn“, so Wolfgang Mücher. Mehr Aussagekraft habe das gesunkene Vorsteuerergebnis (Ebit).

Herausragend bei den Oldenburgern sind die getätigten Investitionen, die sich auf rund 1,2 Mrd. Euro verdoppelt haben. Auch dies liegt an einmaligen Effekten. Einer davon sind die Investitionen in das 2021 gegründete Unternehmen Alterric, ein gemeinsam mit der Aloys-Wobben-Stiftung (Enercon-Mutter) geführtes Onshore-Windkraft-Unternehmen. Alterric, so Dohler, habe aufgrund allgemeiner schwacher Windenergie-Ausbeute weniger Ertrag erbracht als geplant. Langfristig will Alterric zu den 2.000 MW vorhandener Leistung 9.000 MW zubauen.

Die Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine verändern in Oldenburg die Schwerpunkte. Es gehe aktuell vorrangig um Versorgungssicherheit, so Vorstandschef Dohler. Die drei Gasspeicher von EWE seien aktuell zu 37 % gefüllt, was etwa 3 Punkte über dem Bundesdurchschnitt liege. Der Konzern hat einen Krisenstab eingerichtet, der „jeden Tag“ die aktuelle Lage analysiere. Dohler bezeichnete es im Rückblick als „Fehler“ Deutschlands, sich bei der Energiebeschaffung so stark von Russland abhängig gemacht zu haben. EWE habe keine direkten Verträge mit russischen Energiefirmen, sondern beziehe seine Mengen über den Großhandel, sei aber dadurch indirekt in vollem Umfang betroffen.

Weitere Preissteigerung angekündigt

Neben der Ungewissheit über Russlands weitere Gaslieferungen „bewegt uns alle“, so Dohler, dass Energie bezahlbar bleibe und der Konzern zugleich nachhaltig wirtschafte. EWE komme gleichwohl nicht umhin, so Dohler, im laufenden Jahr die Preise noch einmal „mit Augenmaß“ zu erhöhen. „Wir wollen uns nicht reich machen, sondern müssen unser Unternehmen schützen und wirtschaftlich agieren.“

Zunächst steht jedoch eine Preissenkung an. Dohler kündigte an, den Wegfall der EEG-Umlage von 3,7 Cent je kWh auf den Strompreis ab 1. Juli vollständig an die Kundschaft weiterzugeben und aktuell keine Preissteigerungen beim Einkauf gegenzurechnen.

Der kommunal getragene Konzern baut seine Aktivitäten bei Digitalisierung (inzwischen 183.000 verfügbare Glasfaseranschlüsse) und Elektromobilität sukzessive aus, macht seine Geschäfte aber weiterhin hauptsächlich mit dem Energievertrieb. Im Nordwesten Deutschlands, in Brandenburg, auf Rügen und in Polen summiert sich die Kundschaft von EWE auf etwa 1,4 Mio. im Bereich Strom sowie jeweils 700.000 bei Erdgas und Telekommunikationsdienstleistungen.

Das Unternehmen sieht sich auf einem guten Weg zur Klimaneutralität. Die bei der Stromproduktion ausgestoßene Menge an CO2 je kWh habe sich fast halbiert (auf 134,07 g). Dazu hat der Ökostrom der Windkraft-Tochter Alterric ebenso beigetragen wie das Abschalten von Block 6 im letzten Bremer Kohlekraftwerk. Stefan Dohler stellte indes infrage, ob das Tochterunternehmen SWB Bremen wie angekündigt im Sommer 2023 den letzten Kohlemeiler, Block 15 mit 150 MW, im Bremer Hafen tatsächlich vom Netz nehmen werde. Auch hier sei die Versorgungssicherheit zu beachten.

 
Kennzahlen (in Euro)20212020in %
Umsatz6,119 Mrd.5,642 Mrd.+ 8,5
Operatives Ebit354,7 Mio.442,0 Mio.- 19,8
Investitionen1,171 Mrd.656,7 Mio.+ 78,5
Dividende84,1 Mio.186,9 Mio.- 55 %
Mitarbeitende9.5759.141+ 4,7 %

Quelle: EWE

Donnerstag, 28.04.2022, 16:24 Uhr
Volker Stephan

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