PV-Module so weit das Auge reicht: Der Energiepark Witznitz beansprucht eine Fläche von 500 Hektar. Quelle: Move on Energy
Südlich von Leipzig ist am 3. Juli die größte Photovoltaik-Freiflächenanlage Europas offiziell in Betrieb genommen worden. Sie kann auch durchgehend Blindleistung zur Verfügung stellen.
Der Energiepark Witznitz hat eine Leistung von 650 MW und ist direkt an das Ãœbertragungsnetz von 50 Hertz angeschlossen. Es ist eine doppelte Premiere: Erstmals speist ein Solarkraftwerk direkt auf der Höchstspannungsebene Strom ein und erstmals trägt eine solche Anlage rund um die Uhr – also auch bei Dunkelheit – zur Netzstabilität bei. Dazu liefern die mit einer zusätzlichen Software ausgestatteten 3.500 Wechselrichter des PV-Parks Blindleistung, die die Systemführung von 50 Hertz bei Bedarf zur Spannungshaltung abrufen kann.
Der Energiepark Witznitz wurde in den vergangenen zwei Jahren auf einem früheren Braunkohletagebaugebiet mit einer Fläche von rund 500 Hektar auf dem Gebiet der Gemeinden Neukieritzsch, Böhlen und Rötha am Hainer See errichtet. Am Rande verläuft eine 380-kV-Leitung, die über das Umspannwerk Pulgar zum Braunkohlekraftwerk Lippendorf führt.
An diese Freileitungist die PV-Anlage über ein vom Projektentwickler Move On Energy errichtetes neues Umspannwerk angebunden. Da der Energiepark in mehreren Bauabschnitten realisiert wurde, wird bereits seit Dezember vergangenen Jahres Strom eingespeist. Die volle Leistung steht jedoch erst seit wenigen Wochen zur Verfügung.
Pionier in Sachen Blindleistung
Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung von 50 Hertz, erklärte zu dem Projekt: „Die erneuerbaren Energien haben in den ersten Monaten dieses Jahres rund 75 Prozent des Strombedarfs im Osten Deutschlands und Hamburg gedeckt. Der Energiepark Witznitz hat dazu bereits beigetragen und zeigt, dass der Ausbau der Photovoltaik jetzt ganz neue Größenordnungen erreicht.“ Mit dem Abruf von Blindleistung und der Einbeziehung des PV-Parks ins Engpassmanagement leiste man auf dem Gebiet erneut Pionierarbeit, um so viel grünen Strom wie möglich netztechnisch nutzbar zu machen.
Damit möglichst viel Strom beim Verbraucher ankommen kann, ist neben der eigentlichen Wirkleistung auch Blindleistung erforderlich. Sie muss in Abhängigkeit von regionalen Einspeise- und Entnahmesituationen auf einzelnen Netzabschnitten regulierend eingesetzt werden. Zu viel oder zu wenig Blindleistung wirkt sich ansonsten destabilisierend auf die genormte Spannung aus. Bisher liefern die Generatoren von Großkraftwerken Blindleistung während der Stromerzeugung mit.
Der Energiepark Witznitz wird künftig Blindleistung in einer Größenordnung von 150 Mvar bereitstellen und damit teilweise die Blindleistung aus dem benachbarten Braunkohlekraftwerk Lippendorf mit zweimal 400 Mvar ersetzen. Der Solarpark kann auch dann Blindleistung zur Verfügung stellen, wenn kein Sonnenstrom produziert wird. Dann wird die in den Wechselrichtern verbaute Leistungselektronik mit Strom aus dem Übertragungsnetz gespeist, damit sie diese Aufgabe erfüllen kann. Der Energiepark Witznitz gilt in dieser Hinsicht als wichtiges Pilotvorhaben, von dem weitere Projekte profitieren können.
Mittwoch, 3.07.2024, 12:39 Uhr
Günter Drewnitzky
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