Bild: Fotolia, bluedesign
Auf dem Handelsblatt Energiegipfel 2021 diskutierten Experten den Rahmen, in dem berechenbare Investitionen in die europäische Energiewende und den Klimaschutz möglich werden.
Im Zuge des beschlossenen „Green Deal“ der Europäischen Union stehen der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft, der Umgang mit stillgelegten Kohle-Kraftwerken, die Zukunft der Automobilindustrie sowie Wasserstoff als neuer Energieträger auf dem Aufgabenblatt. Auf dem Handelsblatt Energiegipfel 2021 sagte die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Veronika Grimm von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg einen enorm großen Investitionsbedarf in den nächsten zehn Jahren voraus.
Als Mitglied des Sachverständigenrats der Bundesregierung riet sie dazu, eine Überlagerung von Regulierungen zwischen EU-Richtlinien und nationalen Gesetzen zu vermeiden, Abgabeanteile an den Strompreisen zu senken und Marktmechanismen wie den CO2-Preis zu nutzen. So könnten sich die künftig notwendigen Teile der Wertschöpfungsketten entwickeln, zugleich müssten Ausbildung und Forschung dafür gefördert werden.
Langfristiger Investitionsrahmen nötigDie Infrastrukturen sollten gesamteuropäisch und sektorübergreifend gestaltet werden, damit marktwirtschaftlich investiert werden kann. Berechenbarkeit der Ziele und Pläne, wie sie über den Emissionshandel mit einem verlässlich steigenden CO2-Preis seien wichtiger als staatliche Förderung, meinte Grimm. Auch Preisbelastungen der erneuerbaren Energie, die nicht berechtigt sind, müssten abgebaut werden. Dem stimmte Stefan Kapferer, CEO des Übertragungsnetzbetreibers 50 Hertz zu.
Er möchte Investitionen Privater entfesseln, um genug Kapital zu haben für den Umbau des Energiesystems. 80 bis 100 Mrd. Euro würden dafür benötigt, schätzt Kapferer. „Das Tempo der Energiewende muss so hochgehalten werden, dass alle mit müssen“, forderte er. Tobias C. Pross CEO Allianz Global Investors sagte, dass Rentenfonds, Versicherungen und ähnliche in Europa ein Volumen von 13 Billionen Euro verwalten. „Das ist ein Topf, mit dem man arbeiten kann, bisher werden aber nur 3 bis 15 % davon in alternative Energien investiert“, so Pross.
Bürger an der Energiewende beteiligenWenn ein sicherer Rahmen existiert und klare Laufzeiten, würden die Fondsverwalter investieren, zeigte Pross sich überzeugt. Allerdings müssten die EU und die nationalen Regierungen dafür Genehmigungen und Regulatorik beschleunigen, damit realistische Projektumsetzung und Return on Investment erkennbar seien. „Ein einseitiges Kündigungsrecht von Verträgen durch Regierungen muss ausgeschlossen werden, sonst gibt es keine Sicherheit für Investoren“, mahnte Pross.
Er sieht es als Herausforderung, die europäischen Bürger an Netzausbau und ähnlichen Investitionen zu beteiligen. Aber da es kaum Zinssteigerungen auf Sparguthaben geben werde, seien Investitionen in produktives Kapital eher erfolgversprechend.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erinnerte, dass Europa aktuell 70 % des Primärenergiebedarfs importiert, und daher auch für den künftigen Bedarf heute schon Investitionen mit ausländischen Partnern entwickeln müsse. Zum Grenzausgleich teurerer grüner Produkte aus Europa riet sie, sich besser mit anderen großen Handelspartnern wie China abzustimmen, anstatt einseitige Zölle einzuführen.
Mittwoch, 13.01.2021, 16:45 Uhr
© 2024 Energie & Management GmbH