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Energie & Management > Politik - Europaabgeordnete: Atomkraft nicht gleichstellen
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Politik

Europaabgeordnete: Atomkraft nicht gleichstellen

Der Grüne Bas Eikhout warnt genauso wie der EVP-Mann Peter Liese davor, Gas und Kernkraft in die EU-Taxonomieverordnung aufzunehmen. Die Klimakonferenz in Glasgow beginnt am 31. Oktober.

Die Grünen im Europäischen Parlament verlangen von den Industrieländern, die Entwicklungsländer finanziell stärker zu unterstützen. Diese hätten einen moralischen Anspruch darauf, für Schäden des Klimawandels („loss and damage“), der alleine durch die Industrieländer verursacht sei, entschädigt zu werden.

Seit der letzten Klimakonferenz haben sich die Prioritäten im Verhandlungsprozess nach Ansicht der Grünen allerdings verschoben. Im Vordergrund stehe nicht mehr die Verständigung über das „Regelbuch“ zur Umsetzung von Artikel 6 des Pariser Abkommens. Es sieht die Zusammenarbeit der Vertragsstaaten bei der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen vor, zum Beispiel im Rahmen eines Emissionshandels.

Das "Regelbuch" sei weiter wichtig, sagte der grüne Abgeordnete Bas Eikhout vor seiner Abreise nach Glasgow. Keine Vereinbarung darüber sei aber besser als eine schlechte. Vorschläge Brasiliens etwa seien geeignet, die Integrität des Pariser Abkommens zu untergraben. Darauf dürfe sich die EU nicht einlassen.

Entscheidend sei, dass die Vertragsstaaten in Glasgow ihre Klimaziele verbesserten. Nur mit deutlich anspruchsvolleren nationalen Klimaplänen (NDC) könne das 1,5-Grad-Ziel doch noch erreicht werden.

Zweitens müssten die Industrieländer ihre finanziellen Zusagen bis 2025 einhalten und für die Zeit danach neue und höhere Verpflichtungen eingehen. Bislang wollen sie 100 Mrd. Dollar pro Jahr für Projekte zum Schutz des Klimas in Entwicklungsländern bereitstellen. Die EU-Staaten müssten 30 bis 35 % dieser Mittel aufbringen, die Vereinigten Staaten 40 bis 45 %. Die EU komme mit rund 25 % der bisherigen Einzahlungen in den Klimafonds ihren Verpflichtungen zwar am nächsten, erfülle sie aber nicht vollständig. US-Präsident Joe Biden habe eine Verdoppelung des amerikanischen Beitrags zugesagt. Damit würden die USA aber erst 15 % aufbringen.

Höhere und verbindliche Zusagen würden vor allem für die Zeit nach 2025 benötigt. Nur dann würden die notwendigen Investitionen rechtzeitig auf den Weg gebracht.

Noch wichtiger für die Investoren sei jedoch, dass die EU ihre Kapitalflüsse in Übereinstimmung bringe mit ihren Klimazielen. Auch das sei Gegenstand des Pariser Abkommens und müsse in der Taxonomieverordnung umgesetzt werden. Eikhout warnte in diesem Zusammehang davor, Gas und die Kernenergie als emissionsarme Technologien anzuerkennen und steuerlich oder regulatorisch mit den erneuerbaren Energien gleichzusetzen.

Damit werde die Glaubwürdigkeit des Klimapaktes (Green Deal) in Frage gestellt. Es gebe im Ministerrat zwar keine Mehrheit für die Atomenergie. Frankreich bemühe sich jedoch um eine Allianz mit den Ländern, die Gas noch länger nutzen wollten. Der grüne Abgeordnete geht davon aus, dass diese Allianz auf die Unterstützung der EU-Kommission zählen kann. Es sei jedenfalls „nicht hilfreich“, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Atomkraft als „notwendige Grundlast“ und Gas als „starke Energiequelle für den Ãœbergang“ bezeichne.

Deustchland spielt dabei nach Ansicht von Eikhout „eine zweifelhafte Rolle“. Die Bundesregierung habe der Ankündigung von der Leyens nicht widersprochen und unterstütze damit indirekt die französischen Pläne. Das sei mit dem Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie nicht vereinbar. Die Grünen gehen davon aus, dass die Energieversorgung der EU vollständig durch erneuernbare Energien sichergestellt werden kann.

Auch der EVP-Abgeordnete Peter Liese (CDU) sprach sich gegen eine Gleichstellung der Erneuerbaren und der Atomenergie aus. Letztere sei zwar emissionsarm, Atomkraftwerke (AKW) könnten jedoch in absehbarer Zukunft keinen substantiellen Beitrag zur Versorgung in der EU leisten. Liese verwies in diesem Zusammenhang auf die langen Planungs- und Bauzeiten für neue AKW.

Im Hinblick auf die Klimakonferenz in Glasgow zeigte sich Liese beeindruckt, wie viele Länder inzwischen anspruchsvollere Klimaziele akzeptiert hätten. Auch der Widerstand gegen die von der EU angekündigte Grenzausgleichsabgabe auf den CO2-Gehalt sei wesentlich geringer ausgefallen als erwartet. Die EU müsse weiter dafür werben, den Emissionshandel auszuweiten. Eine besondere Herausforderung sei es, Akzeptanz auch für die Einbeziehung des Schiffsverkehrs in das ETS herbeizuführen. Ohne den Emissionshandel für den Verkehr und den Gebäudesektor könne die EU ihre Klimaziele aber nicht erreichen.


Mittwoch, 27.10.2021, 08:36 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Politik - Europaabgeordnete: Atomkraft nicht gleichstellen
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Europaabgeordnete: Atomkraft nicht gleichstellen
Der Grüne Bas Eikhout warnt genauso wie der EVP-Mann Peter Liese davor, Gas und Kernkraft in die EU-Taxonomieverordnung aufzunehmen. Die Klimakonferenz in Glasgow beginnt am 31. Oktober.

Die Grünen im Europäischen Parlament verlangen von den Industrieländern, die Entwicklungsländer finanziell stärker zu unterstützen. Diese hätten einen moralischen Anspruch darauf, für Schäden des Klimawandels („loss and damage“), der alleine durch die Industrieländer verursacht sei, entschädigt zu werden.

Seit der letzten Klimakonferenz haben sich die Prioritäten im Verhandlungsprozess nach Ansicht der Grünen allerdings verschoben. Im Vordergrund stehe nicht mehr die Verständigung über das „Regelbuch“ zur Umsetzung von Artikel 6 des Pariser Abkommens. Es sieht die Zusammenarbeit der Vertragsstaaten bei der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen vor, zum Beispiel im Rahmen eines Emissionshandels.

Das "Regelbuch" sei weiter wichtig, sagte der grüne Abgeordnete Bas Eikhout vor seiner Abreise nach Glasgow. Keine Vereinbarung darüber sei aber besser als eine schlechte. Vorschläge Brasiliens etwa seien geeignet, die Integrität des Pariser Abkommens zu untergraben. Darauf dürfe sich die EU nicht einlassen.

Entscheidend sei, dass die Vertragsstaaten in Glasgow ihre Klimaziele verbesserten. Nur mit deutlich anspruchsvolleren nationalen Klimaplänen (NDC) könne das 1,5-Grad-Ziel doch noch erreicht werden.

Zweitens müssten die Industrieländer ihre finanziellen Zusagen bis 2025 einhalten und für die Zeit danach neue und höhere Verpflichtungen eingehen. Bislang wollen sie 100 Mrd. Dollar pro Jahr für Projekte zum Schutz des Klimas in Entwicklungsländern bereitstellen. Die EU-Staaten müssten 30 bis 35 % dieser Mittel aufbringen, die Vereinigten Staaten 40 bis 45 %. Die EU komme mit rund 25 % der bisherigen Einzahlungen in den Klimafonds ihren Verpflichtungen zwar am nächsten, erfülle sie aber nicht vollständig. US-Präsident Joe Biden habe eine Verdoppelung des amerikanischen Beitrags zugesagt. Damit würden die USA aber erst 15 % aufbringen.

Höhere und verbindliche Zusagen würden vor allem für die Zeit nach 2025 benötigt. Nur dann würden die notwendigen Investitionen rechtzeitig auf den Weg gebracht.

Noch wichtiger für die Investoren sei jedoch, dass die EU ihre Kapitalflüsse in Übereinstimmung bringe mit ihren Klimazielen. Auch das sei Gegenstand des Pariser Abkommens und müsse in der Taxonomieverordnung umgesetzt werden. Eikhout warnte in diesem Zusammehang davor, Gas und die Kernenergie als emissionsarme Technologien anzuerkennen und steuerlich oder regulatorisch mit den erneuerbaren Energien gleichzusetzen.

Damit werde die Glaubwürdigkeit des Klimapaktes (Green Deal) in Frage gestellt. Es gebe im Ministerrat zwar keine Mehrheit für die Atomenergie. Frankreich bemühe sich jedoch um eine Allianz mit den Ländern, die Gas noch länger nutzen wollten. Der grüne Abgeordnete geht davon aus, dass diese Allianz auf die Unterstützung der EU-Kommission zählen kann. Es sei jedenfalls „nicht hilfreich“, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Atomkraft als „notwendige Grundlast“ und Gas als „starke Energiequelle für den Ãœbergang“ bezeichne.

Deustchland spielt dabei nach Ansicht von Eikhout „eine zweifelhafte Rolle“. Die Bundesregierung habe der Ankündigung von der Leyens nicht widersprochen und unterstütze damit indirekt die französischen Pläne. Das sei mit dem Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie nicht vereinbar. Die Grünen gehen davon aus, dass die Energieversorgung der EU vollständig durch erneuernbare Energien sichergestellt werden kann.

Auch der EVP-Abgeordnete Peter Liese (CDU) sprach sich gegen eine Gleichstellung der Erneuerbaren und der Atomenergie aus. Letztere sei zwar emissionsarm, Atomkraftwerke (AKW) könnten jedoch in absehbarer Zukunft keinen substantiellen Beitrag zur Versorgung in der EU leisten. Liese verwies in diesem Zusammenhang auf die langen Planungs- und Bauzeiten für neue AKW.

Im Hinblick auf die Klimakonferenz in Glasgow zeigte sich Liese beeindruckt, wie viele Länder inzwischen anspruchsvollere Klimaziele akzeptiert hätten. Auch der Widerstand gegen die von der EU angekündigte Grenzausgleichsabgabe auf den CO2-Gehalt sei wesentlich geringer ausgefallen als erwartet. Die EU müsse weiter dafür werben, den Emissionshandel auszuweiten. Eine besondere Herausforderung sei es, Akzeptanz auch für die Einbeziehung des Schiffsverkehrs in das ETS herbeizuführen. Ohne den Emissionshandel für den Verkehr und den Gebäudesektor könne die EU ihre Klimaziele aber nicht erreichen.


Mittwoch, 27.10.2021, 08:36 Uhr
Tom Weingärtner

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