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Energie & Management > Wasserstoff - Europa soll seine Industriestandorte erhalten
Quelle: Shutterstock / r.classen
Wasserstoff

Europa soll seine Industriestandorte erhalten

Auf dem „H2-Forum“ diskutierten Fachleute, wie die energieintensive Industrie trotz Dekarbonisierung in Europa erhalten werden kann. Letztlich entscheide der Energiepreis so ihr Fazit.
In einer Diskussionsrunde auf der Veranstaltung „H2-Forum 2023“ in Berlin ging es um den Erhalt der Industriestandorte in der EU trotz der Dekarbonisierung. Die Unternehmensvertreter waren sich einig, dass Strom aus erneuerbaren Quellen und klimaneutrale Gase wie Wasserstoff ein gangbarer Weg seien, um klimafreundlich zu produzieren. Doch der Weg dahin sei voller regulatorischer Hürden, kritisierte Carsten Rolle, Abteilungsleiter Energie- und Klimapolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

Dem pflichtete Gilles Le Van bei. Der Vizepräsident für die Energiewende in Zentraleuropa beim Gaseproduzent Air Liquide Deutschland sagte, dass sein Unternehmen bereits Elektrolyseure baue und installiere. Allerdings seien „die bürokratischen Hürden entmutigend“. Der europäische Fokus auf die Pflicht zu komplett erneuerbarer Strom- und Wasserstofferzeugung sei für schnelle Fortschritte hinderlich. Weltweit werde darauf gesetzt, weniger Klimagase auszustoßen, aber niemand auf eine einzelne Technologie festgelegt.

Le Van plädierte dafür, nichts zu diskriminieren, was Klimagase reduziere. „Deregulieren zum Beschleunigen!“, forderte er. Europas Reglement sei zu kompliziert im Vergleich zum Steuerermäßigungsmodell des Inflation Reduction Act (IRA) in den USA. Auch die EU solle schnell ein Carbon Managementsystem und CCS (Auffangen und Einlagern von CO2) erlauben, weil es immer unvermeidbare Emissionen geben werden, wie beispielsweise in der Zementindustrie.

Weltmarktpreise entscheidend

Lars Baumgürtel, Geschäftsführer der ZINQ Group, fürchtet für mittelständische Unternehmen, dass die hohen Wasserstoffpreise sie aus dem Wettbewerb werfen. „Die EU strebt aktuell 8 Euro/kg H2 an, in Schottland habe ich bereits kleine Mengen für 2,70 Euro/kg angeboten bekommen“, sagte Baumgürtel.

Daher fürchtet er, die EU komme zu spät. Er forderte statt Unternehmensförderung wie für die Stahlindustrie staatliche Regulierungen, die es attraktiver machen, teurere, aber haltbare Produkte zu kaufen. Das spare letztlich ein Vielfaches an Geld und Rohstoffen. „Es gilt, hochqualitative Produktion in Europa zu halten mithilfe billig erzeugter nachhaltiger Energie“, appellierte er.
 
Diskussion auf dem H2 Forum: (v.li). Matthias Tomenendal (Berlin School of Economics and Law - Moderator), Lars Baumgürtel (ZINQ Group), Ulf Gehrckens (Aurubis), Gilles Le Van (Air Liquide), Carsten Rolle (BDI)
Quelle: E&M/Harmsen

Keiner zahlt einen Cent mehr für grünes Kupfer

Für die Kupferbranche betonte Ulf Gehrckens, Vizepräsident des Kupferproduzenten Aurubis, dass das Metall nach Weltmarktpreisen gehandelt wird, ohne Rücksicht auf die Produktionsbedingungen. Trotz höherer Strompreise und hinderlicher Regulierung habe sein Unternehmen die Produktion mit Wasserstoff erfolgreich erprobt. Aber das Kupfer sei auf diesem Wege zwei- bis dreifach teurer und damit nicht konkurrenzfähig. Bislang wollten alle Kunden nachhaltig produziertes Kupfer, seien aber nicht bereit, auch nur einen Cent mehr dafür zu bezahlen, bedauerte er.

Es könnte daher sein, dass es am billigsten würde, in Regionen zu produzieren, wo billiger erneuerbarer Strom und Wasserstoff direkt bereitstehen. „Das nächste Jahrzehnt wird entscheiden, ob die Produktion in Europa bleiben kann“, sagte Gehrckens. Ohne Kupfer könnten weder Windturbinen noch Elektroautos gebaut werden, erinnerte er. Daher müsse Energie auch in Europa preiswerter sein und am besten ein Zertifikatsystem sichern, dass der Maßstab für grünen Wasserstoff und dekarbonisierte Produktion weltweit gilt, unabhängig von der Technologie.

Dienstag, 6.06.2023, 16:00 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Wasserstoff - Europa soll seine Industriestandorte erhalten
Quelle: Shutterstock / r.classen
Wasserstoff
Europa soll seine Industriestandorte erhalten
Auf dem „H2-Forum“ diskutierten Fachleute, wie die energieintensive Industrie trotz Dekarbonisierung in Europa erhalten werden kann. Letztlich entscheide der Energiepreis so ihr Fazit.
In einer Diskussionsrunde auf der Veranstaltung „H2-Forum 2023“ in Berlin ging es um den Erhalt der Industriestandorte in der EU trotz der Dekarbonisierung. Die Unternehmensvertreter waren sich einig, dass Strom aus erneuerbaren Quellen und klimaneutrale Gase wie Wasserstoff ein gangbarer Weg seien, um klimafreundlich zu produzieren. Doch der Weg dahin sei voller regulatorischer Hürden, kritisierte Carsten Rolle, Abteilungsleiter Energie- und Klimapolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

Dem pflichtete Gilles Le Van bei. Der Vizepräsident für die Energiewende in Zentraleuropa beim Gaseproduzent Air Liquide Deutschland sagte, dass sein Unternehmen bereits Elektrolyseure baue und installiere. Allerdings seien „die bürokratischen Hürden entmutigend“. Der europäische Fokus auf die Pflicht zu komplett erneuerbarer Strom- und Wasserstofferzeugung sei für schnelle Fortschritte hinderlich. Weltweit werde darauf gesetzt, weniger Klimagase auszustoßen, aber niemand auf eine einzelne Technologie festgelegt.

Le Van plädierte dafür, nichts zu diskriminieren, was Klimagase reduziere. „Deregulieren zum Beschleunigen!“, forderte er. Europas Reglement sei zu kompliziert im Vergleich zum Steuerermäßigungsmodell des Inflation Reduction Act (IRA) in den USA. Auch die EU solle schnell ein Carbon Managementsystem und CCS (Auffangen und Einlagern von CO2) erlauben, weil es immer unvermeidbare Emissionen geben werden, wie beispielsweise in der Zementindustrie.

Weltmarktpreise entscheidend

Lars Baumgürtel, Geschäftsführer der ZINQ Group, fürchtet für mittelständische Unternehmen, dass die hohen Wasserstoffpreise sie aus dem Wettbewerb werfen. „Die EU strebt aktuell 8 Euro/kg H2 an, in Schottland habe ich bereits kleine Mengen für 2,70 Euro/kg angeboten bekommen“, sagte Baumgürtel.

Daher fürchtet er, die EU komme zu spät. Er forderte statt Unternehmensförderung wie für die Stahlindustrie staatliche Regulierungen, die es attraktiver machen, teurere, aber haltbare Produkte zu kaufen. Das spare letztlich ein Vielfaches an Geld und Rohstoffen. „Es gilt, hochqualitative Produktion in Europa zu halten mithilfe billig erzeugter nachhaltiger Energie“, appellierte er.
 
Diskussion auf dem H2 Forum: (v.li). Matthias Tomenendal (Berlin School of Economics and Law - Moderator), Lars Baumgürtel (ZINQ Group), Ulf Gehrckens (Aurubis), Gilles Le Van (Air Liquide), Carsten Rolle (BDI)
Quelle: E&M/Harmsen

Keiner zahlt einen Cent mehr für grünes Kupfer

Für die Kupferbranche betonte Ulf Gehrckens, Vizepräsident des Kupferproduzenten Aurubis, dass das Metall nach Weltmarktpreisen gehandelt wird, ohne Rücksicht auf die Produktionsbedingungen. Trotz höherer Strompreise und hinderlicher Regulierung habe sein Unternehmen die Produktion mit Wasserstoff erfolgreich erprobt. Aber das Kupfer sei auf diesem Wege zwei- bis dreifach teurer und damit nicht konkurrenzfähig. Bislang wollten alle Kunden nachhaltig produziertes Kupfer, seien aber nicht bereit, auch nur einen Cent mehr dafür zu bezahlen, bedauerte er.

Es könnte daher sein, dass es am billigsten würde, in Regionen zu produzieren, wo billiger erneuerbarer Strom und Wasserstoff direkt bereitstehen. „Das nächste Jahrzehnt wird entscheiden, ob die Produktion in Europa bleiben kann“, sagte Gehrckens. Ohne Kupfer könnten weder Windturbinen noch Elektroautos gebaut werden, erinnerte er. Daher müsse Energie auch in Europa preiswerter sein und am besten ein Zertifikatsystem sichern, dass der Maßstab für grünen Wasserstoff und dekarbonisierte Produktion weltweit gilt, unabhängig von der Technologie.

Dienstag, 6.06.2023, 16:00 Uhr
Susanne Harmsen

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