E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Gas - Europa ist auf Lieferstopp vorbereitet
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas

Europa ist auf Lieferstopp vorbereitet

Die Ankündigung des russischen Energiekonzerns Gazprom, Polen und Bulgarien nicht mehr zu beliefern, hat in der EU keine Panik ausgelöst.
Am schnellsten reagierte der Gaspreis auf den bevorstehenden Lieferstopp. Am wichtigsten Handelsplatz für Erdgas, der niederländischen TTF, stieg die Notierung von 91 auf 107 Euro pro MWh, schloss den Handelstag dann aber bei 99 Euro.

In Brüssel trat am Morgen des 27. April, die Gas-Koordinierungsgruppe zusammen, in der die Mitgliedsstaaten der EU und ihre Versorgungsunternehmen zusammenarbeiten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach danach von einer „Provokation des Kreml“.

Es handele sich um den „erneuten Versuch Russlands, Gas als Instrument der Erpressung einzusetzen“. Das sei ungerechtfertigt und inakzeptabel, aber keine Ãœberraschung. „Es zeigt wieder einmal, dass Russland kein zuverlässiger Gaslieferant ist.“ Die Kommission sei auf dieses Szenario vorbereitet und stimme sich eng mit den Mitgliedsstaaten ab. Die französische Ratspräsidentschaft werde kurzfristig einen Sonderrat der Energieminister einberufen.

„Unsere Antwort wird schnell, vereint und abgestimmt sein“, sagte von der Leyen weiter. Mit dem Ziel, die Auswirkungen auf die europäischen Verbraucher möglichst gering zu halten. Polen und Bulgarien würden bereits von ihren Nachbarländern beliefert. Die Investitionen der letzten Jahre in die Gas-Infrastruktur machten sich jetzt bezahlt. Es komme vor allem auf die regionale Zusammenarbeit an, um Engpässen entgegenzuwirken. Die Kommission werde sich daran intensiv beteiligen.

Von der Leyen bestätigte, dass es europäischen Importeuren nicht gestattet ist, Gazprom in Rubel zu bezahlen „wenn das in den Verträgen nicht vorgesehen ist“. Es handele sich um eine klare Verletzung der gegen Russland verhängten Sanktionen. Mehr als 96 % der Verträge sähen Zahlungen in Dollar oder Euro vor. Als Reaktion auf den russischen Lieferstopp werde die Kommission ein sechstes Sanktionspaket vorlegen.

Nicht gelungen, EU zu spalten

Tatsächlich schade sich Russland mit dieser Maßnahme aber selber am meisten, weil es auf die damit verbundenen Einnahmen verzichte. Die Kommission arbeite dennoch weiter daran, nach der Kohle auch auf russisches Öl und Gas zu verzichten. Es zeige sich jetzt, dass diese Bemühungen nicht vergeblich waren. Der Regierung in Moskau sei es auch mit dem Lieferstopp nicht gelungen, die EU zu spalten. In jedem Fall neige sich die Ära russischer Energie in der EU ihrem definitiven Ende zu.

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezeichnete die Einstellung der Gaslieferungen durch Russland als „direkten Angriff“ auf Polen. Russland räche sich damit dafür, dass Polen russische Oligarchen und Unternehmen, darunter Gazprom, mit Sanktionen belegt habe. Das Land verfüge aber über ausreichende Vorräte: „Wir haben in den vergangenen Monaten Gas in polnische Speicher gepumpt. Ich betone: polnische Speicher, nicht in die Speicher in Deutschland in russischem Besitz.“

Interkonnektor soll im Juni in Betrieb gehen

Auch die bulgarische Regierung beschuldigte Russland, Gas als politische und wirtschaftliche Waffe einzusetzen. Bulgarien werde aber unter Druck keine Verhandlungen mit Russland führen, sagte Energieminister Aleksander Nikolow in Sofia. Die Versorgung des Landes sei für mindestens einen Monat gesichert. Bulgarien ist auch 15 Jahre nach dem Beitritt zur EU noch weitgehend von Gasimporten aus Russland abhängig. Ein Interkonnektor nach Griechenland soll im Juni in Betrieb gehen.

Besorgt zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Deutschland werde zwar weiter stabil beliefert, man beobachte die Lage aber sehr genau, sagte Habeck in Berlin: „Wir sehen aber mit Sorge, dass es in europäischen Partnerländern zum Stopp der Lieferungen gekommen ist.“ Man sei mit der EU in enger Abstimmung.

Unterdessen hat Russland auch anderen Ländern mit ähnlichen Schritten gedroht, sollten die Zahlungen beim Staatskonzern Gazprom nicht in Rubel eingehen. Ein entsprechendes Dekret von Präsident Wladimir Putin werde umgesetzt, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Die deutschen Speicher füllen sich inzwischen wieder. Anfang der Woche erreichte das Niveau 33 %, wie die Bundesnetzagentur mitteilt. Das sei vergleichbar mit den Jahren 2015 bis 2017 und deutlich mehr als 2021.

Mittwoch, 27.04.2022, 15:47 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gas - Europa ist auf Lieferstopp vorbereitet
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas
Europa ist auf Lieferstopp vorbereitet
Die Ankündigung des russischen Energiekonzerns Gazprom, Polen und Bulgarien nicht mehr zu beliefern, hat in der EU keine Panik ausgelöst.
Am schnellsten reagierte der Gaspreis auf den bevorstehenden Lieferstopp. Am wichtigsten Handelsplatz für Erdgas, der niederländischen TTF, stieg die Notierung von 91 auf 107 Euro pro MWh, schloss den Handelstag dann aber bei 99 Euro.

In Brüssel trat am Morgen des 27. April, die Gas-Koordinierungsgruppe zusammen, in der die Mitgliedsstaaten der EU und ihre Versorgungsunternehmen zusammenarbeiten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach danach von einer „Provokation des Kreml“.

Es handele sich um den „erneuten Versuch Russlands, Gas als Instrument der Erpressung einzusetzen“. Das sei ungerechtfertigt und inakzeptabel, aber keine Ãœberraschung. „Es zeigt wieder einmal, dass Russland kein zuverlässiger Gaslieferant ist.“ Die Kommission sei auf dieses Szenario vorbereitet und stimme sich eng mit den Mitgliedsstaaten ab. Die französische Ratspräsidentschaft werde kurzfristig einen Sonderrat der Energieminister einberufen.

„Unsere Antwort wird schnell, vereint und abgestimmt sein“, sagte von der Leyen weiter. Mit dem Ziel, die Auswirkungen auf die europäischen Verbraucher möglichst gering zu halten. Polen und Bulgarien würden bereits von ihren Nachbarländern beliefert. Die Investitionen der letzten Jahre in die Gas-Infrastruktur machten sich jetzt bezahlt. Es komme vor allem auf die regionale Zusammenarbeit an, um Engpässen entgegenzuwirken. Die Kommission werde sich daran intensiv beteiligen.

Von der Leyen bestätigte, dass es europäischen Importeuren nicht gestattet ist, Gazprom in Rubel zu bezahlen „wenn das in den Verträgen nicht vorgesehen ist“. Es handele sich um eine klare Verletzung der gegen Russland verhängten Sanktionen. Mehr als 96 % der Verträge sähen Zahlungen in Dollar oder Euro vor. Als Reaktion auf den russischen Lieferstopp werde die Kommission ein sechstes Sanktionspaket vorlegen.

Nicht gelungen, EU zu spalten

Tatsächlich schade sich Russland mit dieser Maßnahme aber selber am meisten, weil es auf die damit verbundenen Einnahmen verzichte. Die Kommission arbeite dennoch weiter daran, nach der Kohle auch auf russisches Öl und Gas zu verzichten. Es zeige sich jetzt, dass diese Bemühungen nicht vergeblich waren. Der Regierung in Moskau sei es auch mit dem Lieferstopp nicht gelungen, die EU zu spalten. In jedem Fall neige sich die Ära russischer Energie in der EU ihrem definitiven Ende zu.

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezeichnete die Einstellung der Gaslieferungen durch Russland als „direkten Angriff“ auf Polen. Russland räche sich damit dafür, dass Polen russische Oligarchen und Unternehmen, darunter Gazprom, mit Sanktionen belegt habe. Das Land verfüge aber über ausreichende Vorräte: „Wir haben in den vergangenen Monaten Gas in polnische Speicher gepumpt. Ich betone: polnische Speicher, nicht in die Speicher in Deutschland in russischem Besitz.“

Interkonnektor soll im Juni in Betrieb gehen

Auch die bulgarische Regierung beschuldigte Russland, Gas als politische und wirtschaftliche Waffe einzusetzen. Bulgarien werde aber unter Druck keine Verhandlungen mit Russland führen, sagte Energieminister Aleksander Nikolow in Sofia. Die Versorgung des Landes sei für mindestens einen Monat gesichert. Bulgarien ist auch 15 Jahre nach dem Beitritt zur EU noch weitgehend von Gasimporten aus Russland abhängig. Ein Interkonnektor nach Griechenland soll im Juni in Betrieb gehen.

Besorgt zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Deutschland werde zwar weiter stabil beliefert, man beobachte die Lage aber sehr genau, sagte Habeck in Berlin: „Wir sehen aber mit Sorge, dass es in europäischen Partnerländern zum Stopp der Lieferungen gekommen ist.“ Man sei mit der EU in enger Abstimmung.

Unterdessen hat Russland auch anderen Ländern mit ähnlichen Schritten gedroht, sollten die Zahlungen beim Staatskonzern Gazprom nicht in Rubel eingehen. Ein entsprechendes Dekret von Präsident Wladimir Putin werde umgesetzt, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Die deutschen Speicher füllen sich inzwischen wieder. Anfang der Woche erreichte das Niveau 33 %, wie die Bundesnetzagentur mitteilt. Das sei vergleichbar mit den Jahren 2015 bis 2017 und deutlich mehr als 2021.

Mittwoch, 27.04.2022, 15:47 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.