E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Windkraft -
Die Wind Energy Hamburg 2022, Halle A1. Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft

"Europa ist abhängig von anderen Kontinenten"

Ein bedeutender Zulieferer hat auf der Messe Wind Energy Hamburg die Lieferketten-Probleme drastisch beschrieben. Dann wurde das Podium schnell politisch.
Jede dritte Windturbine hat Steuerungselektronik von dem Vorarlberger Zulieferer Bachmann Electronic, sie steckt weltweit in 140.000 Windrädern. Wie drastisch sich die allgemein bekannten Lieferketten-Probleme konkret auswirken, hat auf einem Podium des Industrie-Fachverbandes VDMA Power Systems auf der Messe Wind Energy Bachmann-Geschäftsführer Bernhard Zangerl beschrieben.

Ihm zufolge waren und sind Elektronikkomponenten für Bachmanns Steuerungsboxen wegen der immer wieder verhängten Lockdowns in China und wegen Unterbrechungen in der Logistik „zum Teil nur noch über Brokerkanäle“ lieferbar, und dort seien die Einkaufspreise teurer. Für mittelfristig gefährlicher für die Branche hält Zangerl aber den allgemeinen Fachkräftemangel.

Europa hat in Abhängigkeit von anderen Kontinenten begeben und spürt das nun mit langen Lieferfristen, wenn erneut der Schanghaier Hafen geschlossen wird oder ein Containerschiff den Suezkanal blockiert. Tony Adams von den Political Affairs des Turbinenherstellers Nordex sprach von einem „Paradigmenwechsel“ seit dem Ukrainekrieg und dem Abwürgen der russischen Gasexporte, dass Europa wieder Technologieunabhängigkeit und Technologiekontrolle erlangen möchte.
 
Auf dem Podium (von links): Tony Adam (Nordex), Bernhard Zangerl (Bachmann Electronic) Bengt Bergt (SPD), Tibor Fischer (Dena) und Dennis Rendschmidt (VDMA)
Quelle: E&M / Georg Eble

Vor elf Jahren seien noch 60 % der Wind-Produktionskapazität in Europa gewesen, jetzt seien 60 % bis 70 % in Asien. Adam forderte langfristige Liquiditätshilfen für alle in Europa beheimateten Glieder der Lieferkette, den Aufbau einer gemeinsamen Einkaufsmacht und die Vereinfachung der Windkraft-Ausschreibungen, indem Umwelt- und Planungsrecht dort nicht nochmal behandelt wird.

Während der Wind Energy hatten sieben Offshore-Industrieverbände aus Amerika und Europa, darunter die Wab, unter anderem die Berücksichtigung des lokalen Fußabdrucks beim Ausbau der Windkraft gefordert – was weite Frachtwege aus Asien freilich weniger günstig dastehen ließe.

Eine Abschottung Europas, um eine komplette Lieferkette wiederaufzubauen, ginge Bachmann-Chef Zangerl zu weit, schließlich lieferten die unsichtbaren Zulieferer wie Bachmann weltweit, und China verlange bereits Local Content. Zangerl sind „attraktive Heimatmärkte“ wichtiger.

Bengt Bergt, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für Windkraft, brach eine Lanze für europaweite Local-Content-Vorschriften. Dann sei es ihm aber auch genauso recht, „wenn hier ein Asiate investiert“.

Tibor Fischer, Leiter des Arbeitsgebiets Erneuerbare Energien bei der Deutschen Energieagentur, die im Auftrag der Bundesregierung den Stakeholderdialog zum Aufbau einer europäischen Lieferkette organisiert, prognostizierte weiteren erheblichen Reformbedarf, wenn die Offshore-Auktionen von 2027 und später die elektrische Leistung auf See bis 2030 verdreifachen sollen.

Fischer hat ausrechnen lassen, dass dann pro Tag 25 Schwerlast-Lkw mit Rotorblättern, die mehr als 80 m lang sind, unterwegs sein müssen, um das Zubauziel zu erreichen. Gleichzeitig seien aber 4.000 norddeutsche Brücken kaputt, und die Genehmigungen und das Fachpersonal sind jetzt schon nur langwierig zu bekommen.
 

Freitag, 30.09.2022, 17:46 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft -
Die Wind Energy Hamburg 2022, Halle A1. Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft
"Europa ist abhängig von anderen Kontinenten"
Ein bedeutender Zulieferer hat auf der Messe Wind Energy Hamburg die Lieferketten-Probleme drastisch beschrieben. Dann wurde das Podium schnell politisch.
Jede dritte Windturbine hat Steuerungselektronik von dem Vorarlberger Zulieferer Bachmann Electronic, sie steckt weltweit in 140.000 Windrädern. Wie drastisch sich die allgemein bekannten Lieferketten-Probleme konkret auswirken, hat auf einem Podium des Industrie-Fachverbandes VDMA Power Systems auf der Messe Wind Energy Bachmann-Geschäftsführer Bernhard Zangerl beschrieben.

Ihm zufolge waren und sind Elektronikkomponenten für Bachmanns Steuerungsboxen wegen der immer wieder verhängten Lockdowns in China und wegen Unterbrechungen in der Logistik „zum Teil nur noch über Brokerkanäle“ lieferbar, und dort seien die Einkaufspreise teurer. Für mittelfristig gefährlicher für die Branche hält Zangerl aber den allgemeinen Fachkräftemangel.

Europa hat in Abhängigkeit von anderen Kontinenten begeben und spürt das nun mit langen Lieferfristen, wenn erneut der Schanghaier Hafen geschlossen wird oder ein Containerschiff den Suezkanal blockiert. Tony Adams von den Political Affairs des Turbinenherstellers Nordex sprach von einem „Paradigmenwechsel“ seit dem Ukrainekrieg und dem Abwürgen der russischen Gasexporte, dass Europa wieder Technologieunabhängigkeit und Technologiekontrolle erlangen möchte.
 
Auf dem Podium (von links): Tony Adam (Nordex), Bernhard Zangerl (Bachmann Electronic) Bengt Bergt (SPD), Tibor Fischer (Dena) und Dennis Rendschmidt (VDMA)
Quelle: E&M / Georg Eble

Vor elf Jahren seien noch 60 % der Wind-Produktionskapazität in Europa gewesen, jetzt seien 60 % bis 70 % in Asien. Adam forderte langfristige Liquiditätshilfen für alle in Europa beheimateten Glieder der Lieferkette, den Aufbau einer gemeinsamen Einkaufsmacht und die Vereinfachung der Windkraft-Ausschreibungen, indem Umwelt- und Planungsrecht dort nicht nochmal behandelt wird.

Während der Wind Energy hatten sieben Offshore-Industrieverbände aus Amerika und Europa, darunter die Wab, unter anderem die Berücksichtigung des lokalen Fußabdrucks beim Ausbau der Windkraft gefordert – was weite Frachtwege aus Asien freilich weniger günstig dastehen ließe.

Eine Abschottung Europas, um eine komplette Lieferkette wiederaufzubauen, ginge Bachmann-Chef Zangerl zu weit, schließlich lieferten die unsichtbaren Zulieferer wie Bachmann weltweit, und China verlange bereits Local Content. Zangerl sind „attraktive Heimatmärkte“ wichtiger.

Bengt Bergt, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für Windkraft, brach eine Lanze für europaweite Local-Content-Vorschriften. Dann sei es ihm aber auch genauso recht, „wenn hier ein Asiate investiert“.

Tibor Fischer, Leiter des Arbeitsgebiets Erneuerbare Energien bei der Deutschen Energieagentur, die im Auftrag der Bundesregierung den Stakeholderdialog zum Aufbau einer europäischen Lieferkette organisiert, prognostizierte weiteren erheblichen Reformbedarf, wenn die Offshore-Auktionen von 2027 und später die elektrische Leistung auf See bis 2030 verdreifachen sollen.

Fischer hat ausrechnen lassen, dass dann pro Tag 25 Schwerlast-Lkw mit Rotorblättern, die mehr als 80 m lang sind, unterwegs sein müssen, um das Zubauziel zu erreichen. Gleichzeitig seien aber 4.000 norddeutsche Brücken kaputt, und die Genehmigungen und das Fachpersonal sind jetzt schon nur langwierig zu bekommen.
 

Freitag, 30.09.2022, 17:46 Uhr
Georg Eble

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.