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Energie & Management > Stromnetz - Eurelectric fordert richtige Signale im Netz
Quelle: Shutterstock / peopleandmore
Stromnetz

Eurelectric fordert richtige Signale im Netz

Mit der richtigen Tarifierung können die Stromnetze leistungsfähiger gemacht werden. Manche Investition wird dadurch entbehrlich.

Darauf hat der Dachverband der europäischen Elektrizitätswirtschaft, Eurelectric, in einer Untersuchung hingewiesen. Der Generalsekretär des Verbandes, Kristian Ruby, sagte auf einer Videokonferenz: „Die Netzentgelte müssen so angepasst werden, dass sie die Nutzung der Netze in Zukunft besser steuern.“ Ruby mahnte stabilere Rahmenbedingungen für Investitionen in die Netze an: „Weitere Interventionen in den Markt werden die Energiewende verlangsamen oder gar unmöglich machen.“

Die Netze müssten darauf vorbereitet werden, „große Mengen erneuerbarer Energien, Millionen Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und ein anderes Verbraucherverhalten“ zu bewältigen, sagte Ruby weiter. Eurelectric geht davon aus, dass bis 2030 rund 500.000 MW erneuerbare Energien mehr als heute, 45 Millionen Wärmepumpen und 50 bis 70 Millionen Elektroautos am Netz sein werden. Dafür müssten 400 Mrd. Euro in die Netze investiert werden. Dabei handele es sich in erster Linie um den Ersatz bestehender Anlagen, zusätzliche Investitionen seien jedoch nötig, um die Netze zu digitalisieren und flexibler zu machen.

Dazu müssten richtig strukturierte Tarife einen wichtigen Beitrag leisten. Sie sollten einen Anreiz für eine effiziente Nutzung der Netze darstellen und allen Anbietern einen gleichberechtigten Zugang zum Elektrizitätsmarkt geben. Für eine erfolgreiche Energiewende müssten die Netzentgelte so strukturiert werden, dass die „richtigen Signale für neue Einsatzfelder“ wie die Selbsterzeugung, die Speicherung oder die Elektromobilität gesendet würden.

Künftige Tarife müssten die Kosten des Netzbetriebs richtig wiedergeben und die Elektrifizierung fördern. Den Anbietern sollte es deswegen freigestellt sein, die Netzentgelte im Preis weiterzugeben – oder auch nicht. Patentrezepte gibt es nach Ansicht der meisten Experten nicht. Eurelectric favorisiert deswegen, die Tarifentwicklung genau zu beobachten und die Netzentgelte in Absprache mit allen Beteiligten anzupassen.

Höhere Tarife für Netznutzung in Spitzenzeiten

Gleichzeitig hat die Stromlobby klare Präferenzen. Kostenorientierte Tarife müssten sich an den Grenzkosten des Netzausbaus orientieren. Das bedeute, dass die Netzentgelte vor allem an den Kapazitäten ausgerichtet werden müssten. Statische, zeitabhängige Tarife (ToU) würden die tatsächlichen Kosten der Netzbetreiber zuverlässiger abbilden und ein besseren Preissignal erzeugen als proportionale Tarife. Rein leistungsbezogene Tarife seien dagegen ein „exzessiver Anreiz zur Eigenproduktion“, weil dadurch sowohl die Kosten des Strombezugs als auch für das Netz eingespart würden.

Unter ToU-Tarifen versteht Eurelectric Tarife, die Verbraucher, die das Netz zu Spitzenzeiten nutzen, höher belasten als bei geringer Auslastung. Sie können sich parallel zu den eigentlichen Strompreisen entwickeln, aber auch gegenläufig. Eine Abstimmung sollte es dagegen zwischen den Verteil- und den Übertragungsnetzbetreibern geben.

Die Zeiten, zu denen die Netzentgelte hoch oder niedrig sind, sollten ebenso bekannt sein wie die jeweils geltenden Tarife. Sie können dabei sowohl von der bezogenen Leistung als auch von der Kapazität oder beidem abhängig sein. Die Verbraucher, insbesondere die industriellen sollten dabei in der Lage sein, zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Kapazitäten zu nutzen. Für Überschreitungen müssten dann Zuschläge gezahlt werden.

Die Tarifstruktur müsse für die Verbraucher transparent und einfach zu verstehen sein. Dadurch entstehe ein vorhersehbares Preissignal, an dem sich die Verbraucher orientieren könnten. Tarifänderungen müssten deswegen mit ausreichendem Vorlauf publiziert werden, um auf einer zuverlässigen Grundlage über Investitionen entscheiden zu können.

Eurelectric spricht sich in diesem Zusammenhang gegen zeitlich dynamische Netzentgelte aus, die von der tatsächlichen Auslastung der Netze abhängen. Sie seien zu komplex für die Verteilnetzbetreiber ebenso wie für die Erzeuger oder Verbraucher.

Eine wichtige Voraussetzung für effiziente Tarife sind nach Ansicht von Eurelectric Smart Meter sowie der Zugang zu den so gewonnen Daten. Auf dieser Grundlage könnten Flexibilitätsreserven im Markt mobilisiert, Engpässe besser gemanagt und der Netzausbau optimiert werden.

Kritik an hohen Steuern und Abgaben

Die hohen Steuern und Abgaben auf Strom verwässerten die Preissignale und stünden einer effizienten Nutzung der Netze entgegen. Gleichzeitig behinderten sie die für die Dekarbonisierung nötige Elektrifizierung des Energieverbrauchs. Erzeuger sollten nach Möglichkeit nicht mit Netzentgelten belastet werden. Dadurch werde der Wettbewerb im Groß- und Einzelhandel verzerrt. In jedem Fall dürften Erzeuger, die in das Übertragungsnetz einspeisen, nicht anders behandelt werden als solche, die direkt in ein Verteilnetz liefern.

Die unbefriedigende Entwicklung von Speichermöglichkeiten für Strom könnte nach Ansicht von Eurelectric auf falsche Preissignale zurückzuführen sein. Die bestehenden Tarife sollten darauf untersucht und mit den tatsächlichen Kosten der Speichertechnologien verglichen werden. Für das Problem der Stromspeicher spielten Elektrofahrzeuge eine wichtige Rolle. ToU-Tarife könnten dazu beitragen, dass sie nicht mehr, wie bislang, vorwiegend in Spitzenzeiten der Netzauslastung geladen werden.

Der Eurelectric-Untersuchungsbericht kann auf der Homepage des Verbandes heruntergeladen werden.


Dienstag, 19.10.2021, 13:45 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Stromnetz - Eurelectric fordert richtige Signale im Netz
Quelle: Shutterstock / peopleandmore
Stromnetz
Eurelectric fordert richtige Signale im Netz
Mit der richtigen Tarifierung können die Stromnetze leistungsfähiger gemacht werden. Manche Investition wird dadurch entbehrlich.

Darauf hat der Dachverband der europäischen Elektrizitätswirtschaft, Eurelectric, in einer Untersuchung hingewiesen. Der Generalsekretär des Verbandes, Kristian Ruby, sagte auf einer Videokonferenz: „Die Netzentgelte müssen so angepasst werden, dass sie die Nutzung der Netze in Zukunft besser steuern.“ Ruby mahnte stabilere Rahmenbedingungen für Investitionen in die Netze an: „Weitere Interventionen in den Markt werden die Energiewende verlangsamen oder gar unmöglich machen.“

Die Netze müssten darauf vorbereitet werden, „große Mengen erneuerbarer Energien, Millionen Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und ein anderes Verbraucherverhalten“ zu bewältigen, sagte Ruby weiter. Eurelectric geht davon aus, dass bis 2030 rund 500.000 MW erneuerbare Energien mehr als heute, 45 Millionen Wärmepumpen und 50 bis 70 Millionen Elektroautos am Netz sein werden. Dafür müssten 400 Mrd. Euro in die Netze investiert werden. Dabei handele es sich in erster Linie um den Ersatz bestehender Anlagen, zusätzliche Investitionen seien jedoch nötig, um die Netze zu digitalisieren und flexibler zu machen.

Dazu müssten richtig strukturierte Tarife einen wichtigen Beitrag leisten. Sie sollten einen Anreiz für eine effiziente Nutzung der Netze darstellen und allen Anbietern einen gleichberechtigten Zugang zum Elektrizitätsmarkt geben. Für eine erfolgreiche Energiewende müssten die Netzentgelte so strukturiert werden, dass die „richtigen Signale für neue Einsatzfelder“ wie die Selbsterzeugung, die Speicherung oder die Elektromobilität gesendet würden.

Künftige Tarife müssten die Kosten des Netzbetriebs richtig wiedergeben und die Elektrifizierung fördern. Den Anbietern sollte es deswegen freigestellt sein, die Netzentgelte im Preis weiterzugeben – oder auch nicht. Patentrezepte gibt es nach Ansicht der meisten Experten nicht. Eurelectric favorisiert deswegen, die Tarifentwicklung genau zu beobachten und die Netzentgelte in Absprache mit allen Beteiligten anzupassen.

Höhere Tarife für Netznutzung in Spitzenzeiten

Gleichzeitig hat die Stromlobby klare Präferenzen. Kostenorientierte Tarife müssten sich an den Grenzkosten des Netzausbaus orientieren. Das bedeute, dass die Netzentgelte vor allem an den Kapazitäten ausgerichtet werden müssten. Statische, zeitabhängige Tarife (ToU) würden die tatsächlichen Kosten der Netzbetreiber zuverlässiger abbilden und ein besseren Preissignal erzeugen als proportionale Tarife. Rein leistungsbezogene Tarife seien dagegen ein „exzessiver Anreiz zur Eigenproduktion“, weil dadurch sowohl die Kosten des Strombezugs als auch für das Netz eingespart würden.

Unter ToU-Tarifen versteht Eurelectric Tarife, die Verbraucher, die das Netz zu Spitzenzeiten nutzen, höher belasten als bei geringer Auslastung. Sie können sich parallel zu den eigentlichen Strompreisen entwickeln, aber auch gegenläufig. Eine Abstimmung sollte es dagegen zwischen den Verteil- und den Übertragungsnetzbetreibern geben.

Die Zeiten, zu denen die Netzentgelte hoch oder niedrig sind, sollten ebenso bekannt sein wie die jeweils geltenden Tarife. Sie können dabei sowohl von der bezogenen Leistung als auch von der Kapazität oder beidem abhängig sein. Die Verbraucher, insbesondere die industriellen sollten dabei in der Lage sein, zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Kapazitäten zu nutzen. Für Überschreitungen müssten dann Zuschläge gezahlt werden.

Die Tarifstruktur müsse für die Verbraucher transparent und einfach zu verstehen sein. Dadurch entstehe ein vorhersehbares Preissignal, an dem sich die Verbraucher orientieren könnten. Tarifänderungen müssten deswegen mit ausreichendem Vorlauf publiziert werden, um auf einer zuverlässigen Grundlage über Investitionen entscheiden zu können.

Eurelectric spricht sich in diesem Zusammenhang gegen zeitlich dynamische Netzentgelte aus, die von der tatsächlichen Auslastung der Netze abhängen. Sie seien zu komplex für die Verteilnetzbetreiber ebenso wie für die Erzeuger oder Verbraucher.

Eine wichtige Voraussetzung für effiziente Tarife sind nach Ansicht von Eurelectric Smart Meter sowie der Zugang zu den so gewonnen Daten. Auf dieser Grundlage könnten Flexibilitätsreserven im Markt mobilisiert, Engpässe besser gemanagt und der Netzausbau optimiert werden.

Kritik an hohen Steuern und Abgaben

Die hohen Steuern und Abgaben auf Strom verwässerten die Preissignale und stünden einer effizienten Nutzung der Netze entgegen. Gleichzeitig behinderten sie die für die Dekarbonisierung nötige Elektrifizierung des Energieverbrauchs. Erzeuger sollten nach Möglichkeit nicht mit Netzentgelten belastet werden. Dadurch werde der Wettbewerb im Groß- und Einzelhandel verzerrt. In jedem Fall dürften Erzeuger, die in das Übertragungsnetz einspeisen, nicht anders behandelt werden als solche, die direkt in ein Verteilnetz liefern.

Die unbefriedigende Entwicklung von Speichermöglichkeiten für Strom könnte nach Ansicht von Eurelectric auf falsche Preissignale zurückzuführen sein. Die bestehenden Tarife sollten darauf untersucht und mit den tatsächlichen Kosten der Speichertechnologien verglichen werden. Für das Problem der Stromspeicher spielten Elektrofahrzeuge eine wichtige Rolle. ToU-Tarife könnten dazu beitragen, dass sie nicht mehr, wie bislang, vorwiegend in Spitzenzeiten der Netzauslastung geladen werden.

Der Eurelectric-Untersuchungsbericht kann auf der Homepage des Verbandes heruntergeladen werden.


Dienstag, 19.10.2021, 13:45 Uhr
Tom Weingärtner

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