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Energie & Management > Europaeische Union - EU sucht Weg aus dem Energiepreisdilemma
Quelle: iStock/FrankyDeMeyer
Europaeische Union

EU sucht Weg aus dem Energiepreisdilemma

Die Staats- und Regierungschefs der EU konnten sich auf ihrem Gipfel in Brüssel nicht auf eine klare Strategie gegen den Anstieg der Energiepreise verständigen.
Nach einer kontroversen Diskussion erteilte der Europäische Rat der EU-Kommission eine Reihe von Aufträgen, die bis zum nächsten regulären Gipfel im Dezember dieses Jahres erledigt werden sollen. So soll die Kommission gemeinsam mit der Europäischen Finanzmarktaufsicht (ESMA) untersuchen, ob der Gas-, Elektrizitäts- und der Kohlenstoffmarkt (ETS) der EU richtig organisiert oder „weitere Regulierungsmaßnahmen“ notwendig sind. 

Die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, das von der Kommission vorgelegte Instrumentarium (wir berichteten) zu nutzen, um „die schwächsten Verbraucher kurzfristig zu entlasten und europäische Unternehmen zu unterstützen“. 

Die Kommission und der Ministerrat sollen überlegen, welche mittel- und langfristigen Maßnahmen zu bezahlbaren Energiepreisen für die Haushalte und die Unternehmen beitragen könnten. Die Stabilität des Energiebinnenmarktes müsse erhöht und die Versorgungssicherheit verbessert werden – auch, um den Ãœbergang zur Klimaneutralität zu unterstützen. Dabei sollen sie den spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Mitgliedsstaaten Rechnung tragen. Die Energieminister werden sich bereits in Ende Oktober mit den Energiepreisen befassen. 

Erhebliche Meinungsverschiedenheiten offen gelegt

Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll prüfen, ob mehr in die Energiewende investiert werden kann – im Rahmen ihrer vorhandenen Mittel. Zusätzliches Kapital wird der Bank nicht in Aussicht gestellt. 

In der Diskussion wurden erhebliche Meinungsverschiedenheiten zu den Ursachen und die zu ergreifenden Maßnahmen deutlich. Frankreich, Spanien und andere Länder äußerten Zweifel daran, ob die Energiemärkte in der EU richtig reguliert seien. „Es gibt zurzeit keine Hinweise darauf, dass die Preise schon bald wieder fallen“, sagte der französische Präsident, Emmanuel Macron: „Im Gegenteil, sie werden weiter steigen.“ 
 
 
Für eine Neuordnung des ETS setzte sich auch der tschechische Regierungschef, Andrej Babis ein. Für den Anstieg des CO2-Preises machte er Spekulanten verantwortlich. Die Kommission widersprach und verwies darauf, dass der CO2-Preis nur einen geringen Teil der Energiekosten ausmache. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sah weder auf den Energiemärkten noch auf dem Kohlenstoffmarkt Anzeichen für ein Marktversagen.

Green Deal nicht Frage stellen

Ebenso wie die Kommission lehnten die skandinavischen Länder, Deutschland und die Benelux-Staaten Eingriffe in die Energiemärkte oder das ETS ab. Sie gehen davon aus, dass der Preisanstieg nur vorübergehend ist: „Wir sollten besonnen reagieren und den Markt nicht völlig ausschalten, sondern eher für etwas mehr Markt sorgen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Einkommensschwache Gruppen sollte durch Sozialleistungen unterstützt werden. 

Auch der belgische Premierminister, Alexander de Croo, und der neue österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg sprachen sich gegen Eingriffe in die Energiemärkte aus. Vergleichbare Entwicklungen habe es schon früher gegeben, etwa in der Folge des Hurrikans Catherina, sagte Schallenberg: „Wir müssen aber aufpassen, dass Energie nicht zu einem Luxusgut wird, das sich normale Leute nicht mehr leisten können.“ 

De Croo und Schallenberg betonten, dass der von der Kommission auf den Weg gebrachte Klimapakt − der Green Deal − durch die Entwicklung der Energiepreise nicht infrage gestellt werden dürfe. Die Ministerpräsidentinnen von Dänemark und Estland, Mette Friedriksen und Kaja Kallas, hatten zuvor gemeinsam mit de Croo die Regierungschefs der G20 aufgefordert, mehr für den Klimaschutz zu unternehmen. 

Kontroverse bei Atomkraft

Frankreich konnte in seinen Bemühungen, die Atomkraft als emissionsfreie Energiequelle anzuerkennen, einen Teilerfolg verzeichnen. Die Kommissionspräsidentin bezeichnete die Kernenergie, genauso wie die erneuerbaren Energien, als eine „heimische“ Art der Energiegewinnung. Erdgas und Kernenergie spielten eine wichtige Rolle beim Ãœbergang zu einer emissionsfreien Energiewirtschaft. 

Andere Länder wie Deutschland oder Österreich wollten das nicht akzeptieren. „Die Atomenergie darf nicht durch die Hintertür wieder salonfähig werden“, sagte Schallenberg. Der Kommission seien die unterschiedlichen Standpunkte noch einmal vorgetragen worden, ergänzte Angela Merkel und: „Dass Frankreich anders auf die Kernenergie schaut als ich, das ist sicher keine Ãœberraschung gewesen.“ Die Regierungschefs hätten jedoch keine Vorentscheidung darüber getroffen, ob die Kernkraft als klimafreundliche Technologie im Rahmen der Taxonomy anerkannt werde. Darüber entscheide zunächst nur die Kommission. Die Kanzlerin hofft, dass die Vorschläge der Kommission dazu „möglichst viele Mitgliedsstaaten zufrieden stellen“.

Freitag, 22.10.2021, 16:05 Uhr
Tom Weingärtner
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Europaeische Union
EU sucht Weg aus dem Energiepreisdilemma
Die Staats- und Regierungschefs der EU konnten sich auf ihrem Gipfel in Brüssel nicht auf eine klare Strategie gegen den Anstieg der Energiepreise verständigen.
Nach einer kontroversen Diskussion erteilte der Europäische Rat der EU-Kommission eine Reihe von Aufträgen, die bis zum nächsten regulären Gipfel im Dezember dieses Jahres erledigt werden sollen. So soll die Kommission gemeinsam mit der Europäischen Finanzmarktaufsicht (ESMA) untersuchen, ob der Gas-, Elektrizitäts- und der Kohlenstoffmarkt (ETS) der EU richtig organisiert oder „weitere Regulierungsmaßnahmen“ notwendig sind. 

Die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, das von der Kommission vorgelegte Instrumentarium (wir berichteten) zu nutzen, um „die schwächsten Verbraucher kurzfristig zu entlasten und europäische Unternehmen zu unterstützen“. 

Die Kommission und der Ministerrat sollen überlegen, welche mittel- und langfristigen Maßnahmen zu bezahlbaren Energiepreisen für die Haushalte und die Unternehmen beitragen könnten. Die Stabilität des Energiebinnenmarktes müsse erhöht und die Versorgungssicherheit verbessert werden – auch, um den Ãœbergang zur Klimaneutralität zu unterstützen. Dabei sollen sie den spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Mitgliedsstaaten Rechnung tragen. Die Energieminister werden sich bereits in Ende Oktober mit den Energiepreisen befassen. 

Erhebliche Meinungsverschiedenheiten offen gelegt

Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll prüfen, ob mehr in die Energiewende investiert werden kann – im Rahmen ihrer vorhandenen Mittel. Zusätzliches Kapital wird der Bank nicht in Aussicht gestellt. 

In der Diskussion wurden erhebliche Meinungsverschiedenheiten zu den Ursachen und die zu ergreifenden Maßnahmen deutlich. Frankreich, Spanien und andere Länder äußerten Zweifel daran, ob die Energiemärkte in der EU richtig reguliert seien. „Es gibt zurzeit keine Hinweise darauf, dass die Preise schon bald wieder fallen“, sagte der französische Präsident, Emmanuel Macron: „Im Gegenteil, sie werden weiter steigen.“ 
 
 
Für eine Neuordnung des ETS setzte sich auch der tschechische Regierungschef, Andrej Babis ein. Für den Anstieg des CO2-Preises machte er Spekulanten verantwortlich. Die Kommission widersprach und verwies darauf, dass der CO2-Preis nur einen geringen Teil der Energiekosten ausmache. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sah weder auf den Energiemärkten noch auf dem Kohlenstoffmarkt Anzeichen für ein Marktversagen.

Green Deal nicht Frage stellen

Ebenso wie die Kommission lehnten die skandinavischen Länder, Deutschland und die Benelux-Staaten Eingriffe in die Energiemärkte oder das ETS ab. Sie gehen davon aus, dass der Preisanstieg nur vorübergehend ist: „Wir sollten besonnen reagieren und den Markt nicht völlig ausschalten, sondern eher für etwas mehr Markt sorgen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Einkommensschwache Gruppen sollte durch Sozialleistungen unterstützt werden. 

Auch der belgische Premierminister, Alexander de Croo, und der neue österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg sprachen sich gegen Eingriffe in die Energiemärkte aus. Vergleichbare Entwicklungen habe es schon früher gegeben, etwa in der Folge des Hurrikans Catherina, sagte Schallenberg: „Wir müssen aber aufpassen, dass Energie nicht zu einem Luxusgut wird, das sich normale Leute nicht mehr leisten können.“ 

De Croo und Schallenberg betonten, dass der von der Kommission auf den Weg gebrachte Klimapakt − der Green Deal − durch die Entwicklung der Energiepreise nicht infrage gestellt werden dürfe. Die Ministerpräsidentinnen von Dänemark und Estland, Mette Friedriksen und Kaja Kallas, hatten zuvor gemeinsam mit de Croo die Regierungschefs der G20 aufgefordert, mehr für den Klimaschutz zu unternehmen. 

Kontroverse bei Atomkraft

Frankreich konnte in seinen Bemühungen, die Atomkraft als emissionsfreie Energiequelle anzuerkennen, einen Teilerfolg verzeichnen. Die Kommissionspräsidentin bezeichnete die Kernenergie, genauso wie die erneuerbaren Energien, als eine „heimische“ Art der Energiegewinnung. Erdgas und Kernenergie spielten eine wichtige Rolle beim Ãœbergang zu einer emissionsfreien Energiewirtschaft. 

Andere Länder wie Deutschland oder Österreich wollten das nicht akzeptieren. „Die Atomenergie darf nicht durch die Hintertür wieder salonfähig werden“, sagte Schallenberg. Der Kommission seien die unterschiedlichen Standpunkte noch einmal vorgetragen worden, ergänzte Angela Merkel und: „Dass Frankreich anders auf die Kernenergie schaut als ich, das ist sicher keine Ãœberraschung gewesen.“ Die Regierungschefs hätten jedoch keine Vorentscheidung darüber getroffen, ob die Kernkraft als klimafreundliche Technologie im Rahmen der Taxonomy anerkannt werde. Darüber entscheide zunächst nur die Kommission. Die Kanzlerin hofft, dass die Vorschläge der Kommission dazu „möglichst viele Mitgliedsstaaten zufrieden stellen“.

Freitag, 22.10.2021, 16:05 Uhr
Tom Weingärtner

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