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Energie & Management > Europaeische Union - EU-Staaten sollen Gasverbrauch senken
Quelle: Shutterstock / Lightspring
Europaeische Union

EU-Staaten sollen Gasverbrauch senken

Die EU-Kommission will den Mitgliedsstaaten notfalls eine Reduzierung ihres Gasverbrauchs verordnen - wenn sie Einsparungen von 15 % nicht freiwillig erreichen.
Angesichts des Krieges in der Ukraine müsse die EU damit rechnen, in diesem Winter vollständig ohne russisches Gas auszukommen, sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, in Brüssel. Es sei deswegen nötig, bereits in diesem Sommer den Gasverbrauch zu reduzieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warf dem russischen Energiekonzern Gazprom vor, "kein Interesse am Marktausgleich" zu haben. Trotz der hohen Preise habe das Unternehmen die Lieferungen an zwölf Mitgliedsstaaten der EU aus politischen Gründen gekürzt oder ganz eingestellt. Insgesamt habe die EU nur ein Drittel der Menge russischen Gases im Vergleich zu den Vorjahren erhalten. Die Kommission operiere deswegen nicht mehr mit unterschiedlichen Szenarien, sondern bereite sich auf den kompletten Ausfall der russischen Lieferungen vor.

Die Antwort der EU bestehe darin, zusätzliche Mengen Gas zu beschaffen und die Nachfrage zu reduzieren. Insgesamt konnte die EU in den ersten sechs Monaten diesen Jahres 21 Mrd. m3 mehr Flüssiggas importieren sowie 14 Mrd. m zusätzlich über bestehende Pipelines. Durch den erhöhten Einsatz erneuerbarer Energien konnten 4 Mrd. m3 Erdgas ersetzt werden. Insgesamt konnte der Ausfall der russischen Lieferungen damit bis jetzt mehr als ersetzt werden. Die zusätzlichen Beschaffungsmöglichkeiten scheinen vorerst jedoch erschöpft zu sein.

Gasverbrauch in Europa geht zurück

Um einschneidende Maßnahmen bei einem kompletten Ausfall der russischen Lieferungen zu vermeiden, reiche das aber nicht aus, sagte Timmermans weiter. "Damit wir weder frieren noch Arbeitsplätze verlieren, müssen wir unseren Verbrauch jetzt reduzieren." Private Haushalte und andere Verbraucher blieben dabei geschützt, verfügten aber ebenfalls über ein wichtiges Einsparpotential. Ein wichtiges Element zur Senkung des Gasverbrauchs sei der sogenannte "fuel-switch" in der Industrie und der Energiewirtschaft. Durch den Ersatz von Gas durch andere Brennstoffe wie Kohle, Öl oder Biogas werden europaweit bereits 17 Mrd. m Erdgas eingespart.

In manchen Mitgliedsstaaten sind nach Angaben der Energiekommissarin, Kadri Simson, in den letzten Monaten bereits beträchtliche Einsparungen erzielt worden. So habe Finnland seinen Gasverbrauch um 54 % reduziert, die Niederlande um 20 %. Deutschland hat in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nach Angaben der Bundesregierung 14,3 % weniger Gas verbraucht als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bereinigt um die unterschiedlichen Temperaturen waren es allerdings nur 6,4 %. Der Gasverbrauch der Kraftwerke ging ebenfalls um 14,3 % - das entspricht 37 Mrd. KWh - zurück.

Insgesamt sei der Verbrauch in der EU aber nur um 5 % zurückgegangen, sagte Simson: "Und das reicht nicht!" Insgesamt müsse die EU mit 45 Mrd. m3 weniger Gas auskommen.

Mitgliedsstaaten können zur Senkung verpflichtet werden

Die Kommission hat dem Ministerrat deswegen eine Verordnung zugeleitet, nach der alle Mitgliedsstaaten verpflichtet werden können, ihren Verbrauch vom 1. August 2022 bis 31. März 2023 um 15 % zu senken. Der Vergleichswert ist der durchschnittliche Verbrauch im gleichen Zeitraum der vergangen fünf Jahre.

Ein einheitlicher Wert für alle Mitgliedsstaaten sei leicht zu vermitteln und umzusetzen, sagte Timmermans zur Begründung. Der Vergleichszeitraum werde auch den Ländern gerecht, die ihren Gasverbrauch bereits stark reduziert hätten.

Die Kommission kann jedoch auch den europaweiten Notfall ausrufen und den Mitgliedsstaaten verbindliche Einsparziele vorgeben. Dies kann auf Antrag von drei Mitgliedssstaaten geschehen oder wenn die Kommission auf europäischer Ebene eine Gasmangellage erkennt. Das soll jedoch nach Möglichkeit vermieden werden. Die Verordnung soll in der nächsten Woche von den Energieministern mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Von den Mitgliedsstaaten erwartet die Kommission bis Ende September detaillierte Pläne, wie sie die geforderten Einsparungen erreichen wollen.

Atomkraft als wichtiges Instrument

Entscheidend sei, dass die Mitgliedsstaaten bereits jetzt alle Instrumente nutzten, um Gas einzusparen, sagte Timmermans. Dazu gehört nach Ansicht der Kommission auch der Einsatz der Atomkraft. Das sei eine Frage der Solidarität. Die Union werde eine Versorgungskrise nur bestehen, wenn sie geeint, solidarisch und maßvoll vorgehe. Wichtige Lieferketten und der europäische Binnenmarkt müssten geschützt werden, so Timmermans. Es sei keinem gedient, wenn Fabriken geschlossen werden müssten, von denen die Produktion auch in anderen Mitgliedsstaaten abhängig sei.

Mittwoch, 20.07.2022, 16:44 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - EU-Staaten sollen Gasverbrauch senken
Quelle: Shutterstock / Lightspring
Europaeische Union
EU-Staaten sollen Gasverbrauch senken
Die EU-Kommission will den Mitgliedsstaaten notfalls eine Reduzierung ihres Gasverbrauchs verordnen - wenn sie Einsparungen von 15 % nicht freiwillig erreichen.
Angesichts des Krieges in der Ukraine müsse die EU damit rechnen, in diesem Winter vollständig ohne russisches Gas auszukommen, sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, in Brüssel. Es sei deswegen nötig, bereits in diesem Sommer den Gasverbrauch zu reduzieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warf dem russischen Energiekonzern Gazprom vor, "kein Interesse am Marktausgleich" zu haben. Trotz der hohen Preise habe das Unternehmen die Lieferungen an zwölf Mitgliedsstaaten der EU aus politischen Gründen gekürzt oder ganz eingestellt. Insgesamt habe die EU nur ein Drittel der Menge russischen Gases im Vergleich zu den Vorjahren erhalten. Die Kommission operiere deswegen nicht mehr mit unterschiedlichen Szenarien, sondern bereite sich auf den kompletten Ausfall der russischen Lieferungen vor.

Die Antwort der EU bestehe darin, zusätzliche Mengen Gas zu beschaffen und die Nachfrage zu reduzieren. Insgesamt konnte die EU in den ersten sechs Monaten diesen Jahres 21 Mrd. m3 mehr Flüssiggas importieren sowie 14 Mrd. m zusätzlich über bestehende Pipelines. Durch den erhöhten Einsatz erneuerbarer Energien konnten 4 Mrd. m3 Erdgas ersetzt werden. Insgesamt konnte der Ausfall der russischen Lieferungen damit bis jetzt mehr als ersetzt werden. Die zusätzlichen Beschaffungsmöglichkeiten scheinen vorerst jedoch erschöpft zu sein.

Gasverbrauch in Europa geht zurück

Um einschneidende Maßnahmen bei einem kompletten Ausfall der russischen Lieferungen zu vermeiden, reiche das aber nicht aus, sagte Timmermans weiter. "Damit wir weder frieren noch Arbeitsplätze verlieren, müssen wir unseren Verbrauch jetzt reduzieren." Private Haushalte und andere Verbraucher blieben dabei geschützt, verfügten aber ebenfalls über ein wichtiges Einsparpotential. Ein wichtiges Element zur Senkung des Gasverbrauchs sei der sogenannte "fuel-switch" in der Industrie und der Energiewirtschaft. Durch den Ersatz von Gas durch andere Brennstoffe wie Kohle, Öl oder Biogas werden europaweit bereits 17 Mrd. m Erdgas eingespart.

In manchen Mitgliedsstaaten sind nach Angaben der Energiekommissarin, Kadri Simson, in den letzten Monaten bereits beträchtliche Einsparungen erzielt worden. So habe Finnland seinen Gasverbrauch um 54 % reduziert, die Niederlande um 20 %. Deutschland hat in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nach Angaben der Bundesregierung 14,3 % weniger Gas verbraucht als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bereinigt um die unterschiedlichen Temperaturen waren es allerdings nur 6,4 %. Der Gasverbrauch der Kraftwerke ging ebenfalls um 14,3 % - das entspricht 37 Mrd. KWh - zurück.

Insgesamt sei der Verbrauch in der EU aber nur um 5 % zurückgegangen, sagte Simson: "Und das reicht nicht!" Insgesamt müsse die EU mit 45 Mrd. m3 weniger Gas auskommen.

Mitgliedsstaaten können zur Senkung verpflichtet werden

Die Kommission hat dem Ministerrat deswegen eine Verordnung zugeleitet, nach der alle Mitgliedsstaaten verpflichtet werden können, ihren Verbrauch vom 1. August 2022 bis 31. März 2023 um 15 % zu senken. Der Vergleichswert ist der durchschnittliche Verbrauch im gleichen Zeitraum der vergangen fünf Jahre.

Ein einheitlicher Wert für alle Mitgliedsstaaten sei leicht zu vermitteln und umzusetzen, sagte Timmermans zur Begründung. Der Vergleichszeitraum werde auch den Ländern gerecht, die ihren Gasverbrauch bereits stark reduziert hätten.

Die Kommission kann jedoch auch den europaweiten Notfall ausrufen und den Mitgliedsstaaten verbindliche Einsparziele vorgeben. Dies kann auf Antrag von drei Mitgliedssstaaten geschehen oder wenn die Kommission auf europäischer Ebene eine Gasmangellage erkennt. Das soll jedoch nach Möglichkeit vermieden werden. Die Verordnung soll in der nächsten Woche von den Energieministern mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Von den Mitgliedsstaaten erwartet die Kommission bis Ende September detaillierte Pläne, wie sie die geforderten Einsparungen erreichen wollen.

Atomkraft als wichtiges Instrument

Entscheidend sei, dass die Mitgliedsstaaten bereits jetzt alle Instrumente nutzten, um Gas einzusparen, sagte Timmermans. Dazu gehört nach Ansicht der Kommission auch der Einsatz der Atomkraft. Das sei eine Frage der Solidarität. Die Union werde eine Versorgungskrise nur bestehen, wenn sie geeint, solidarisch und maßvoll vorgehe. Wichtige Lieferketten und der europäische Binnenmarkt müssten geschützt werden, so Timmermans. Es sei keinem gedient, wenn Fabriken geschlossen werden müssten, von denen die Produktion auch in anderen Mitgliedsstaaten abhängig sei.

Mittwoch, 20.07.2022, 16:44 Uhr
Tom Weingärtner

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