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Energie & Management > Europaeische Union - EU-Ratssitzung beschließt Teilembargo für russisches Erdöl
Quelle: Fotolia / kreatik
Europaeische Union

EU-Ratssitzung beschließt Teilembargo für russisches Erdöl

Das Embargo gegen russisches Öl betrifft zunächst nicht Pipelineöl, auf Drängen Ungarns. Dafür gibt es Vorschläge, das Einstimmigkeitsprinzip solcher EU-Beschlüsse abzuschaffen.
Mit einem Kompromiss endete in der Nacht zum 31. Mai das Tauziehen um das 6. Sanktionspaket gegen Russland wegen seines Angriffskrieges auf die Ukraine. So kommt bis Jahresende ein Embargo für russisches Erdöl, allerdings nicht, wenn es per Pipeline fließt. Dies ist dem Veto Ungarns geschuldet, das andernfalls ernste Versorgungsprobleme befürchtet. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell räumte ein, dass Russland sein Öl anderweitig verkaufen könne. Allerdings „werden sie sicherlich die Preise senken müssen“, sagte er. Damit würde bereits erreicht, dass der russischen Regierung weniger Geld für den Krieg zur Verfügung steht.

Der Chef der christdemokratischen EVP-Fraktion, Manfred Weber, drängte im Deutschlandfunk auf eine Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit in der Europäischen Union. Es gehe nicht an, dass ein Land wichtige EU-Beschlüsse verhindern könne. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schloss sich der Forderung an, gab aber zu bedenken, dass die Entscheidung für den Wechsel zum Mehrheitsbeschluss ebenfalls einstimmig beschlossen werden müsste. Ein Erdgasembargo steht vorläufig nicht zur Debatte.

Inhalte des 6. Sanktionspakets

Das Ölembargo für etwa zwei Drittel der aktuellen Importmenge aus Russland ist Teil eines ganzen Sanktionspaketes. Dieses sieht außerdem vor, die größte russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. Zudem sollen der staatliche Fernseh-Nachrichtensender Russland 24 (Rossija 24) sowie die ebenfalls staatlichen Sender RTR Planeta und TV Centre in der EU verboten werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte die Sanktionen gegen Russland „einschneidend“. Da Deutschland und Polen laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) nicht von der Ausnahme für Pipeline-Öl profitieren wollten, würden 90 % der russischen Ölimporte in die EU ab Jahresende unterbleiben. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Habeck sei der Anteil russischen Öls am deutschen Verbrauch bereits von 35 % vor dem Ukrainekrieg auf 12 % gesenkt worden. Dafür waren Lieferungen per Tanker von anderen Anbietern geordert worden.

Ungewisse Versorgung für das PCK Schwedt ab Jahresende

Allerdings werden die ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna weiter über die „Druschba“-Pipeline mit Öl aus Russland versorgt. Die brandenburgische SPD forderte, diese Unternehmen in ihrer Produktion abzusichern trotz des Embargos. „Wir tun alles dafür, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, sagte eine Sprecherin des BMWK. Der Betreiber Totalenergies hatte für die Mitteldeutsche Raffinerie in Leuna bereits den Verzicht auf russisches Öl angekündigt.

Die PCK-Raffinerie in Schwedt an der Oder mit rund 1.200 Beschäftigten wird allerdings von der deutschen Tochter des russischen Staatskonzerns Rosneft betrieben. Die Anlagen sind auf das schwefelhaltige russische Öl ausgerichtet. Auch die Anlieferung großer Ölmengen auf dem Landweg über Rostock und Danzig werde schwierig. Der Ostbeauftragte der Linksfraktion, Sören Pellmann, forderte zum Schutz der Arbeitsplätze in Schwedt: „Wenn es Ausnahmeregelungen für EU-Staaten gibt, sollte auch Ostdeutschland davon Gebrauch machen können.“

Steigende Ölpreise erwartet

Für alle deutschen Verbraucher und die Industrie dürften durch die höhere Nachfrage die Preise für Öl und Folgeprodukte wie Kraftstoffe steigen. Die deutsche Industrie unterstütze dennoch die Entscheidung der Bundesregierung und der EU für ein Embargo. BDI-Präsident Siegfried Russwurm sagte: „Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine braucht es unmissverständliche, zielgenaue und langfristig durchhaltbare Sanktionen, die den Aggressor stärker bestrafen als uns Europäer“. In der Ausgestaltung des Ölembargos sollten innerhalb der EU Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, mahnte er zugleich.

Neben den Sanktionen vereinbarten die Staats- und Regierungschefs in Brüssel, der Ukraine bis Ende des Jahres weitere Finanzhilfen von bis zu 9 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld soll die Ukraine laufende Kosten etwa für Rentenzahlungen und den Betrieb von Krankenhäusern decken können.

Dienstag, 31.05.2022, 15:29 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Europaeische Union - EU-Ratssitzung beschließt Teilembargo für russisches Erdöl
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Europaeische Union
EU-Ratssitzung beschließt Teilembargo für russisches Erdöl
Das Embargo gegen russisches Öl betrifft zunächst nicht Pipelineöl, auf Drängen Ungarns. Dafür gibt es Vorschläge, das Einstimmigkeitsprinzip solcher EU-Beschlüsse abzuschaffen.
Mit einem Kompromiss endete in der Nacht zum 31. Mai das Tauziehen um das 6. Sanktionspaket gegen Russland wegen seines Angriffskrieges auf die Ukraine. So kommt bis Jahresende ein Embargo für russisches Erdöl, allerdings nicht, wenn es per Pipeline fließt. Dies ist dem Veto Ungarns geschuldet, das andernfalls ernste Versorgungsprobleme befürchtet. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell räumte ein, dass Russland sein Öl anderweitig verkaufen könne. Allerdings „werden sie sicherlich die Preise senken müssen“, sagte er. Damit würde bereits erreicht, dass der russischen Regierung weniger Geld für den Krieg zur Verfügung steht.

Der Chef der christdemokratischen EVP-Fraktion, Manfred Weber, drängte im Deutschlandfunk auf eine Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit in der Europäischen Union. Es gehe nicht an, dass ein Land wichtige EU-Beschlüsse verhindern könne. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schloss sich der Forderung an, gab aber zu bedenken, dass die Entscheidung für den Wechsel zum Mehrheitsbeschluss ebenfalls einstimmig beschlossen werden müsste. Ein Erdgasembargo steht vorläufig nicht zur Debatte.

Inhalte des 6. Sanktionspakets

Das Ölembargo für etwa zwei Drittel der aktuellen Importmenge aus Russland ist Teil eines ganzen Sanktionspaketes. Dieses sieht außerdem vor, die größte russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. Zudem sollen der staatliche Fernseh-Nachrichtensender Russland 24 (Rossija 24) sowie die ebenfalls staatlichen Sender RTR Planeta und TV Centre in der EU verboten werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte die Sanktionen gegen Russland „einschneidend“. Da Deutschland und Polen laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) nicht von der Ausnahme für Pipeline-Öl profitieren wollten, würden 90 % der russischen Ölimporte in die EU ab Jahresende unterbleiben. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Habeck sei der Anteil russischen Öls am deutschen Verbrauch bereits von 35 % vor dem Ukrainekrieg auf 12 % gesenkt worden. Dafür waren Lieferungen per Tanker von anderen Anbietern geordert worden.

Ungewisse Versorgung für das PCK Schwedt ab Jahresende

Allerdings werden die ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna weiter über die „Druschba“-Pipeline mit Öl aus Russland versorgt. Die brandenburgische SPD forderte, diese Unternehmen in ihrer Produktion abzusichern trotz des Embargos. „Wir tun alles dafür, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, sagte eine Sprecherin des BMWK. Der Betreiber Totalenergies hatte für die Mitteldeutsche Raffinerie in Leuna bereits den Verzicht auf russisches Öl angekündigt.

Die PCK-Raffinerie in Schwedt an der Oder mit rund 1.200 Beschäftigten wird allerdings von der deutschen Tochter des russischen Staatskonzerns Rosneft betrieben. Die Anlagen sind auf das schwefelhaltige russische Öl ausgerichtet. Auch die Anlieferung großer Ölmengen auf dem Landweg über Rostock und Danzig werde schwierig. Der Ostbeauftragte der Linksfraktion, Sören Pellmann, forderte zum Schutz der Arbeitsplätze in Schwedt: „Wenn es Ausnahmeregelungen für EU-Staaten gibt, sollte auch Ostdeutschland davon Gebrauch machen können.“

Steigende Ölpreise erwartet

Für alle deutschen Verbraucher und die Industrie dürften durch die höhere Nachfrage die Preise für Öl und Folgeprodukte wie Kraftstoffe steigen. Die deutsche Industrie unterstütze dennoch die Entscheidung der Bundesregierung und der EU für ein Embargo. BDI-Präsident Siegfried Russwurm sagte: „Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine braucht es unmissverständliche, zielgenaue und langfristig durchhaltbare Sanktionen, die den Aggressor stärker bestrafen als uns Europäer“. In der Ausgestaltung des Ölembargos sollten innerhalb der EU Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, mahnte er zugleich.

Neben den Sanktionen vereinbarten die Staats- und Regierungschefs in Brüssel, der Ukraine bis Ende des Jahres weitere Finanzhilfen von bis zu 9 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld soll die Ukraine laufende Kosten etwa für Rentenzahlungen und den Betrieb von Krankenhäusern decken können.

Dienstag, 31.05.2022, 15:29 Uhr
Susanne Harmsen

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