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Energie & Management > Europaeische Union - EU-Parlament kritisiert Pläne für CO2-Grenzausgleichsabgabe
Quelle: iStock, FrankyDeMeyer
Europaeische Union

EU-Parlament kritisiert Pläne für CO2-Grenzausgleichsabgabe

Die von der EU-Kommission geplante Grenzausgleichsabgabe auf den CO2-Gehalt von Importen erhält im Europäischen Parlament ein unterschiedliches Echo.
In einer ersten Aussprache des Umweltausschusses im EU-Parlament wurde die Grenzausgleichsabgabe auf den CO2-Gehalt behandelt. Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) soll beim Import von Gütern in die EU die finanzielle Abgabe auf die damit verbundenen CO2-Emissionen regeln. Die Fraktionen haben oft eigenen Vorstellungen zu den Plänen der EU-Kommission.
 
Die meisten Abgeordneten unterstützten die Zielsetzung der Kommission: Der CBAM soll das Abwandern von emissionsintensiven Betrieben aus der EU verhindern, da die Kosten für den Ausstoß der Treibhausgase in den nächsten Jahren steigen, weil von der EU weniger Emissionsrechte für diese Betriebe zur Verfügung gestellt werden. Denn um den Druck auf die heimische Industrie zusätzlich zu erhöhen, erhalten die Betriebe außerdem keine Emissionsrechte mehr gratis. Die europäische Industrie soll damit gezwungen werden, emissionsfreie Technologien einzusetzen.
 
Viele Parlamentarier bezweifelten allerdings, dass der CBAM diese Erwartungen erfüllt. Auf der rechten Seite des Hauses fürchtet man, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie auf der Strecke bleibt. Grünen und Linken gehen die Vorschläge der Kommission nicht weit genug:
 
Konservative befürchteten Nebenwirkungen

Jutta Paulus von den Grünen äußerte Zweifel daran, dass die Kommission den CO2-Gehalt der importierten Waren zuverlässig ermitteln kann. Diese Art der Zertifizierung habe sich schon unter dem Kyoto-Protokoll als unzuverlässig erwiesen. Der linke Abgeordnete Petros Kokkalis monierte, dass nur 3,2 % der Importe in die EU vom CBAM erfasst würden und forderte die Kommission auf, die Importabgabe auf mehr Produkte als Stahl, Zement, Aluminium, Düngemittel und Strom zu erheben.
 
Der konservative Abgeordnete Peter Liese (CDU/EVP) warb dagegen für eine noch behutsamere Einführung des CBAM. So sollten die Gratis-Zertifikate für die Industrie bis auf Weiteres beibehalten werden. Es müsse sichergestellt sein, dass der CBAM die anvisierte Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit auch erziele. Das betreffe in erster Linie die Exporte der betroffenen Sektoren.
 
Die Konservativen befürchteten „Nebenwirkungen“, die ex ante nicht absehbar seien. Liese sprach sich außerdem dafür aus, Strom und Zement nicht mit der Abgabe zu belasten. Damit treffe man vor allem die Nachbarstaaten der EU. Die EVP sei bereit, den Druck auf andere Staaten zu erhöhen, wolle aber den Dialog mit ihnen nicht belasten.
 
Nationalkonservative beklagen erheblichen bürokratischen Aufwand

Nationalkonservative Parlamentarier aus Polen und Frankreich kritisierten vor allem den erheblichen bürokratischen Aufwand, der mit dem CBAM verbunden sei. Das treffe vor allem die kleineren Betriebe. Es sei völlig unrealistisch, die notwendigen Daten zu erheben. Der Grenzausgleich werde die europäische Industrie nicht gegen die Konkurrenz aus Russland oder China schützen und zur Abwanderung wichtiger Branchen führen, sagte die polnische Abgeordnete Anna Zalewska. Polnische Lobbyisten warfen der Kommission am Rande der Ausschusssitzung vor, die Exportwirtschaft „unter den Bus zu stoßen“.
 
Rundum zufrieden mit dem Vorschlag der Kommission zeigten sich nur die Sozialdemokraten: Wenn alle Einwände gegen den CBAM berücksichtigt würden, sagte ihr Sprecher Mohammed Chahim, könne man das Ganze vergessen.
 
Die Kommission verteidigte ihren Entwurf, konnte allerdings nicht alle Einwände entkräften. Beim CBAM handele es sich um eine „Maßnahme des Umweltschutzes“, unterstrich Generaldirektor Gerrassimos Thomas. Nur so könne die EU das neue Instrument im Rahmen der WTO rechtfertigen. Eine Entlastung der Exporte sei aus diesem Grunde ausgeschlossen.
 
Man habe die speziellen Sektoren ausgewählt, sagte Thomas weiter, weil sie 45 % der Emissionen ausmachten, die die infrage kommenden Branchen ausstießen. Dabei handele es sich um die 36 Sektoren, in denen bislang Gratis-Zertifikate zugeteilt würden. Ziel der Kommission sei es, die Ausgleichsabgabe mittelfristig auf mehr Importe zu erheben und auch die „indirekten Emissionen“ eines Produkts wie aus der Erzeugung des eingesetzten Stroms zu berücksichtigen.
 
Landwirtschaft nicht von Abwanderung betroffen

Die dafür notwendigen Daten könne sie aber erst mittelfristig erheben, um daraus die Höhe der Abgabe auch für komplexere Produkte zu ermitteln. In den nächsten Jahren soll ein System unabhängiger Experten aufgebaut werden, die Importen spezielle „verifizierte Emissionen“ zuordnen. Auf dieser Grundlage allein werde die CO2-Abgabe erhoben. Ausgenommen seien nur Waren aus Ländern, die ein dem europäischen Energiehandelssystem ETS vergleichbares System unterhielten wie beispielsweise Norwegen.
 
Es sei allerdings nicht geplant, alle Importe in den CBAM einzubeziehen. Sinn mache die CO2-Abgabe nur für solche Branchen, die abwandern könnten und wo der Aufwand, die notwendigen Daten zu erheben, in einem angemessenen Verhältnis zum zu erwartenden Nutzen stehe. Die Landwirtschaft etwa erfülle diese Voraussetzungen nicht.

Freitag, 10.09.2021, 14:48 Uhr
Tom Weingärtner
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EU-Parlament kritisiert Pläne für CO2-Grenzausgleichsabgabe
Die von der EU-Kommission geplante Grenzausgleichsabgabe auf den CO2-Gehalt von Importen erhält im Europäischen Parlament ein unterschiedliches Echo.
In einer ersten Aussprache des Umweltausschusses im EU-Parlament wurde die Grenzausgleichsabgabe auf den CO2-Gehalt behandelt. Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) soll beim Import von Gütern in die EU die finanzielle Abgabe auf die damit verbundenen CO2-Emissionen regeln. Die Fraktionen haben oft eigenen Vorstellungen zu den Plänen der EU-Kommission.
 
Die meisten Abgeordneten unterstützten die Zielsetzung der Kommission: Der CBAM soll das Abwandern von emissionsintensiven Betrieben aus der EU verhindern, da die Kosten für den Ausstoß der Treibhausgase in den nächsten Jahren steigen, weil von der EU weniger Emissionsrechte für diese Betriebe zur Verfügung gestellt werden. Denn um den Druck auf die heimische Industrie zusätzlich zu erhöhen, erhalten die Betriebe außerdem keine Emissionsrechte mehr gratis. Die europäische Industrie soll damit gezwungen werden, emissionsfreie Technologien einzusetzen.
 
Viele Parlamentarier bezweifelten allerdings, dass der CBAM diese Erwartungen erfüllt. Auf der rechten Seite des Hauses fürchtet man, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie auf der Strecke bleibt. Grünen und Linken gehen die Vorschläge der Kommission nicht weit genug:
 
Konservative befürchteten Nebenwirkungen

Jutta Paulus von den Grünen äußerte Zweifel daran, dass die Kommission den CO2-Gehalt der importierten Waren zuverlässig ermitteln kann. Diese Art der Zertifizierung habe sich schon unter dem Kyoto-Protokoll als unzuverlässig erwiesen. Der linke Abgeordnete Petros Kokkalis monierte, dass nur 3,2 % der Importe in die EU vom CBAM erfasst würden und forderte die Kommission auf, die Importabgabe auf mehr Produkte als Stahl, Zement, Aluminium, Düngemittel und Strom zu erheben.
 
Der konservative Abgeordnete Peter Liese (CDU/EVP) warb dagegen für eine noch behutsamere Einführung des CBAM. So sollten die Gratis-Zertifikate für die Industrie bis auf Weiteres beibehalten werden. Es müsse sichergestellt sein, dass der CBAM die anvisierte Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit auch erziele. Das betreffe in erster Linie die Exporte der betroffenen Sektoren.
 
Die Konservativen befürchteten „Nebenwirkungen“, die ex ante nicht absehbar seien. Liese sprach sich außerdem dafür aus, Strom und Zement nicht mit der Abgabe zu belasten. Damit treffe man vor allem die Nachbarstaaten der EU. Die EVP sei bereit, den Druck auf andere Staaten zu erhöhen, wolle aber den Dialog mit ihnen nicht belasten.
 
Nationalkonservative beklagen erheblichen bürokratischen Aufwand

Nationalkonservative Parlamentarier aus Polen und Frankreich kritisierten vor allem den erheblichen bürokratischen Aufwand, der mit dem CBAM verbunden sei. Das treffe vor allem die kleineren Betriebe. Es sei völlig unrealistisch, die notwendigen Daten zu erheben. Der Grenzausgleich werde die europäische Industrie nicht gegen die Konkurrenz aus Russland oder China schützen und zur Abwanderung wichtiger Branchen führen, sagte die polnische Abgeordnete Anna Zalewska. Polnische Lobbyisten warfen der Kommission am Rande der Ausschusssitzung vor, die Exportwirtschaft „unter den Bus zu stoßen“.
 
Rundum zufrieden mit dem Vorschlag der Kommission zeigten sich nur die Sozialdemokraten: Wenn alle Einwände gegen den CBAM berücksichtigt würden, sagte ihr Sprecher Mohammed Chahim, könne man das Ganze vergessen.
 
Die Kommission verteidigte ihren Entwurf, konnte allerdings nicht alle Einwände entkräften. Beim CBAM handele es sich um eine „Maßnahme des Umweltschutzes“, unterstrich Generaldirektor Gerrassimos Thomas. Nur so könne die EU das neue Instrument im Rahmen der WTO rechtfertigen. Eine Entlastung der Exporte sei aus diesem Grunde ausgeschlossen.
 
Man habe die speziellen Sektoren ausgewählt, sagte Thomas weiter, weil sie 45 % der Emissionen ausmachten, die die infrage kommenden Branchen ausstießen. Dabei handele es sich um die 36 Sektoren, in denen bislang Gratis-Zertifikate zugeteilt würden. Ziel der Kommission sei es, die Ausgleichsabgabe mittelfristig auf mehr Importe zu erheben und auch die „indirekten Emissionen“ eines Produkts wie aus der Erzeugung des eingesetzten Stroms zu berücksichtigen.
 
Landwirtschaft nicht von Abwanderung betroffen

Die dafür notwendigen Daten könne sie aber erst mittelfristig erheben, um daraus die Höhe der Abgabe auch für komplexere Produkte zu ermitteln. In den nächsten Jahren soll ein System unabhängiger Experten aufgebaut werden, die Importen spezielle „verifizierte Emissionen“ zuordnen. Auf dieser Grundlage allein werde die CO2-Abgabe erhoben. Ausgenommen seien nur Waren aus Ländern, die ein dem europäischen Energiehandelssystem ETS vergleichbares System unterhielten wie beispielsweise Norwegen.
 
Es sei allerdings nicht geplant, alle Importe in den CBAM einzubeziehen. Sinn mache die CO2-Abgabe nur für solche Branchen, die abwandern könnten und wo der Aufwand, die notwendigen Daten zu erheben, in einem angemessenen Verhältnis zum zu erwartenden Nutzen stehe. Die Landwirtschaft etwa erfülle diese Voraussetzungen nicht.

Freitag, 10.09.2021, 14:48 Uhr
Tom Weingärtner

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