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Energie & Management > Österreich - Erneuerbares-Gas-Gesetz unter Kritik
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Erneuerbares-Gas-Gesetz unter Kritik

Der Entwurf des Energieministeriums stößt weitgehend auf Ablehnung. Die Gaswirtschaft fordert ein Marktprämien- statt des Quotenmodells, der Verbund bangt um Österreichs Gaskraftwerke.
 
Nach Ende der Begutachtungsfrist zum Entwurf des „Erneuerbares-Gas-Gesetzes“ (EGG) veröffentlichte das Bundesparlament die eingegangenen 28 Stellungnahmen. Sie fallen überwiegend kritisch aus.

So bemängelt der Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen (FGW) als gesetzliche Vertretung der Gaswirtschaft, dass seitens des Energieministeriums (BMK) „auf ein Quotenmodell mit Lieferantenverpflichtung gesetzt wird, anstatt auf ein kostengünstigeres Marktprämienmodell. Zudem ist fraglich, ob das Quotenmodell einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten würde, da Unternehmen zu Strafzahlungen (Ausgleichsbetrag) verpflichtet werden, auf die sie bedingt durch möglicherweise zeitnah nicht ausreichend vorhandener Grüngasmengen selbst keinen hundertprozentigen Einfluss haben.“ Ähnlich äußert sich der niederösterreichische Energiekonzern EVN, der für ein Marktprämienmodell eintritt.

Ob das BMK von dem Quotensystem abrückt, ist zweifelhaft. Der FGW fordert daher eine Reihe von Verbesserungen. Unter anderem verweist er darauf, dass die in Begutachtung stehende Gas-Investitionskostenzuschuss-Verordnung jährliche Fördermittel von 40 Millionen Euro für den Bau neuer Biogasanlagen festschreibt. Dieser Betrag wäre aber schon „mit rund sieben Biogasanlagen und 15 umgerüsteten Anlagen pro Jahr ausgereizt“. Er sollte daher zumindest verdoppelt werden.

Ferner seien Industrieunternehmen, die ihr Gas selbst beschaffen, laut dem EGG-Entwurf nicht zur Einhaltung der Grüngasquote verpflichtet. Damit müssten vor allem Haushalte und kleine Gewerbebetriebe den Gasversorgern die Kosten für die Erfüllung der Quote über höhere Gaspreise ersetzen. Das Problem dabei ist laut dem FGW: „Eine Finanzierung des Ausbaus von erneuerbaren Gasen rein durch Kunden, die gemäß den Zielen des Bundesministeriums zukünftig kein Gas mehr beziehen dürfen, erscheint nicht sachgerecht.“

Mehrkosten abgelten

Hinzu kommt dem Verband zufolge: Laut dem Entwurf des EGG haben die Gasversorger den Anteil von Biogas und Biomethan an ihrem Absatzmengen ab 1. Januar 2024 von 0,7 Prozent bis 2030 schrittweise auf 7,7 Prozent zu steigern. Zeichnet sich ab, dass dieses Ziel nicht erreicht wird, kann die Bundesregierung die Quoten für die Gasversorger erhöhen. Dem FGW zufolge ist dies jedoch unsinnnig, „wenn zu wenig erneuerbares Gas für Versorger verfügbar sein sollte.“ Daher sollte die Regierung die Möglichkeit schaffen, die Quoten auch zu verringern. Überdies sollten importierte Mengen erneuerbarer Gase auf die Quote anrechenbar sein, sobald „ein anerkanntes, europäisches Herkunftsnachweissystem“ besteht.

Schließlich kritisiert der FGW die Höhe der Ausgleichszahlungen, die die Versorger leisten müssen, wenn sie ihr jährliches Ziel verfehlen. Bis inklusive 2026 betragen diese 18 Cent pro zu wenig eingespeister kWh, von 2027 an 20 Cent. Laut dem FGW werden die Biogasanbieter diese Beträge voraussichtlich auf den Gaspreis aufschlagen und den Gasversorgern verrechnen. Angesichts dessen wäre dem Verband zufolge „bis 2030 mit Mehrkosten auf Versorgerseite von über 1 Milliarde Euro zu rechnen“. Der FGW fordert, diesen Aufwand den Endkunden von den Haushalten bis zur Industrie weiterverrechnen zu dürfen.

Kraftwerke in Gefahr

Kritik übt auch der Energiekonzern Verbund, der vom EGG zweifach betroffen ist. Erstens verkauft er Gas an Endkunden und muss diesbezüglich die Grüngasquote einhalten. Zweitens benötigt er Gas für das 800-MW-Kraftwerk Mellach II, das für die Netzstützung unverzichtbar ist. Mellach II würde aber durch das EGG unter Druck kommen, heißt es in der Stellungnahme des Verbunds: „Konzerninternen Modellberechnungen zufolge wird die Einbeziehung von Lieferungen an Gaskraftwerke in die Grüngasquote der Versorger zur Folge haben, dass die in Österreich befindlichen Gaskraftwerke bis 2030 aus dem Markt gedrängt werden.“ Damit steige die Abhängigkeit Österreichs von Stromimporten. Deshalb verlangt der Verbund einen Ausgleich – etwa durch Ausnahme der Gaslieferungen an Kraftwerke von der Grüngasquote oder durch die Möglichkeit, importiertes Gas zur Quotenerfüllung zu nutzen. Denkbar wäre auch Folgendes: Im Rahmen des EU-Emissionshandels (ETS) erzielt der Bund Einnahmen aus dem Verkauf von Zertifikaten an die Kraftwerksbetreiber. Ihnen sollte dieses Geld zurückgegeben werden – mit einer Zweckbindung für die Erfüllung der Grüngasquote.

Unzufrieden mit dem Entwurf ist ferner die Umweltorganisation Global 2000, deren Geschäftsführerin Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) vormals war. Die Organisation fordert die Anhebung der Grüngasquote für 2030 auf etwa 10,2 Prozent sowie Nachhaltigkeitskriterien für die verwendeten Gase.

Dienstag, 11.04.2023, 13:39 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Erneuerbares-Gas-Gesetz unter Kritik
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Österreich
Erneuerbares-Gas-Gesetz unter Kritik
Der Entwurf des Energieministeriums stößt weitgehend auf Ablehnung. Die Gaswirtschaft fordert ein Marktprämien- statt des Quotenmodells, der Verbund bangt um Österreichs Gaskraftwerke.
 
Nach Ende der Begutachtungsfrist zum Entwurf des „Erneuerbares-Gas-Gesetzes“ (EGG) veröffentlichte das Bundesparlament die eingegangenen 28 Stellungnahmen. Sie fallen überwiegend kritisch aus.

So bemängelt der Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen (FGW) als gesetzliche Vertretung der Gaswirtschaft, dass seitens des Energieministeriums (BMK) „auf ein Quotenmodell mit Lieferantenverpflichtung gesetzt wird, anstatt auf ein kostengünstigeres Marktprämienmodell. Zudem ist fraglich, ob das Quotenmodell einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten würde, da Unternehmen zu Strafzahlungen (Ausgleichsbetrag) verpflichtet werden, auf die sie bedingt durch möglicherweise zeitnah nicht ausreichend vorhandener Grüngasmengen selbst keinen hundertprozentigen Einfluss haben.“ Ähnlich äußert sich der niederösterreichische Energiekonzern EVN, der für ein Marktprämienmodell eintritt.

Ob das BMK von dem Quotensystem abrückt, ist zweifelhaft. Der FGW fordert daher eine Reihe von Verbesserungen. Unter anderem verweist er darauf, dass die in Begutachtung stehende Gas-Investitionskostenzuschuss-Verordnung jährliche Fördermittel von 40 Millionen Euro für den Bau neuer Biogasanlagen festschreibt. Dieser Betrag wäre aber schon „mit rund sieben Biogasanlagen und 15 umgerüsteten Anlagen pro Jahr ausgereizt“. Er sollte daher zumindest verdoppelt werden.

Ferner seien Industrieunternehmen, die ihr Gas selbst beschaffen, laut dem EGG-Entwurf nicht zur Einhaltung der Grüngasquote verpflichtet. Damit müssten vor allem Haushalte und kleine Gewerbebetriebe den Gasversorgern die Kosten für die Erfüllung der Quote über höhere Gaspreise ersetzen. Das Problem dabei ist laut dem FGW: „Eine Finanzierung des Ausbaus von erneuerbaren Gasen rein durch Kunden, die gemäß den Zielen des Bundesministeriums zukünftig kein Gas mehr beziehen dürfen, erscheint nicht sachgerecht.“

Mehrkosten abgelten

Hinzu kommt dem Verband zufolge: Laut dem Entwurf des EGG haben die Gasversorger den Anteil von Biogas und Biomethan an ihrem Absatzmengen ab 1. Januar 2024 von 0,7 Prozent bis 2030 schrittweise auf 7,7 Prozent zu steigern. Zeichnet sich ab, dass dieses Ziel nicht erreicht wird, kann die Bundesregierung die Quoten für die Gasversorger erhöhen. Dem FGW zufolge ist dies jedoch unsinnnig, „wenn zu wenig erneuerbares Gas für Versorger verfügbar sein sollte.“ Daher sollte die Regierung die Möglichkeit schaffen, die Quoten auch zu verringern. Überdies sollten importierte Mengen erneuerbarer Gase auf die Quote anrechenbar sein, sobald „ein anerkanntes, europäisches Herkunftsnachweissystem“ besteht.

Schließlich kritisiert der FGW die Höhe der Ausgleichszahlungen, die die Versorger leisten müssen, wenn sie ihr jährliches Ziel verfehlen. Bis inklusive 2026 betragen diese 18 Cent pro zu wenig eingespeister kWh, von 2027 an 20 Cent. Laut dem FGW werden die Biogasanbieter diese Beträge voraussichtlich auf den Gaspreis aufschlagen und den Gasversorgern verrechnen. Angesichts dessen wäre dem Verband zufolge „bis 2030 mit Mehrkosten auf Versorgerseite von über 1 Milliarde Euro zu rechnen“. Der FGW fordert, diesen Aufwand den Endkunden von den Haushalten bis zur Industrie weiterverrechnen zu dürfen.

Kraftwerke in Gefahr

Kritik übt auch der Energiekonzern Verbund, der vom EGG zweifach betroffen ist. Erstens verkauft er Gas an Endkunden und muss diesbezüglich die Grüngasquote einhalten. Zweitens benötigt er Gas für das 800-MW-Kraftwerk Mellach II, das für die Netzstützung unverzichtbar ist. Mellach II würde aber durch das EGG unter Druck kommen, heißt es in der Stellungnahme des Verbunds: „Konzerninternen Modellberechnungen zufolge wird die Einbeziehung von Lieferungen an Gaskraftwerke in die Grüngasquote der Versorger zur Folge haben, dass die in Österreich befindlichen Gaskraftwerke bis 2030 aus dem Markt gedrängt werden.“ Damit steige die Abhängigkeit Österreichs von Stromimporten. Deshalb verlangt der Verbund einen Ausgleich – etwa durch Ausnahme der Gaslieferungen an Kraftwerke von der Grüngasquote oder durch die Möglichkeit, importiertes Gas zur Quotenerfüllung zu nutzen. Denkbar wäre auch Folgendes: Im Rahmen des EU-Emissionshandels (ETS) erzielt der Bund Einnahmen aus dem Verkauf von Zertifikaten an die Kraftwerksbetreiber. Ihnen sollte dieses Geld zurückgegeben werden – mit einer Zweckbindung für die Erfüllung der Grüngasquote.

Unzufrieden mit dem Entwurf ist ferner die Umweltorganisation Global 2000, deren Geschäftsführerin Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) vormals war. Die Organisation fordert die Anhebung der Grüngasquote für 2030 auf etwa 10,2 Prozent sowie Nachhaltigkeitskriterien für die verwendeten Gase.

Dienstag, 11.04.2023, 13:39 Uhr
Klaus Fischer

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