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Energie & Management > Sachsen - Erneuerbaren-Verband kritisiert neue Abstandsregel bei Windkraft
Quelle: IStock / chelovek
Sachsen

Erneuerbaren-Verband kritisiert neue Abstandsregel bei Windkraft

Die Energiewende kann nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nicht schnell genug erfolgen. Die Grünen in Sachsen indes stehen nun wegen einer Windkraft-Beschränkung in der Kritik.
Nach Bayern, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen hat der Freistaat Sachsen als viertes Bundesland nun eine Regelung ins Baugesetzbuch aufgenommen, die Mindestabstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung festlegt. Pikant an der 1000-m-Bestimmung ist, dass die Grünen als Partner in der Kenia-Koalition den Beschluss mittragen.

Für den in diesem Jahr frisch aus der Taufe gehobenen Landesverband Erneuerbare Energien (LEE Sachsen) ist das Gesetz ein Unding. Der verbindliche Abstand werde „zu einem noch weitergehenden Stillstand führen, als es sowieso schon der Fall ist“, teilte der Verband auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die Interessenvereinigung beklagt, dass „ohne Not“ bisher mögliche Flächen für Windenergie ausgeschlossen würden. Da der Abstand sich bereits auf fünf zusammenhängende Wohngebäude bezieht, reduziere dies „die verfügbare Fläche für Windenergie massiv“.

Turbinenzubau stockt im Freistaat seit Jahren

Seit mehr als drei Jahren spielt Windkraft in Sachsen effektiv keine Rolle mehr. Nach fünf zugebauten Anlagen im Jahr 2019 folgten in den weiteren Jahren nur noch drei Windräder beziehungsweise eine neue Turbine (2021). Im zu Ende gehenden ersten Halbjahr verzeichnet der Freistaat magere zwei neue Anlagen mit 6,9 MW Nennleistung. Bei der aktuell installierten Leistung lässt Sachsen (1.267 MW) im Ländervergleich neben den drei Stadtstaaten Berlin (23 MW), Hamburg (119 MW) und Bremen (201 MW) lediglich noch das Saarland (531 MW) hinter sich. Stichtag für diese Zahlen des Bundesverbands Windenergie (BWE) ist der 31. Dezember 2021.

Die parlamentarische Kritik an der Energiepolitik der regierenden Koalition aus CDU, Grünen und SPD kommt von der Linken-Fraktion im sächsischen Landtag. Ihr klimapolitischer Sprecher, Marco Böhme, spricht von einer „faktischen Verhinderung des Windkraftausbaus“.

Daniel Gerber, klima- und energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, bemüht sich dagegen, das Gesetz als „deutlichere Erleichterung“ für den Zubau und als „Beseitigung bürokratischer Hürden“ erscheinen zu lassen. Schließlich erlaube es Kommunen, den 1.000-m-Abstand zu unterschreiten.

Am Ende bundesweite Abstandsregelung

Der LEE Sachsen widerspricht: „Bürokratische Hürden werden aufgebaut.“ Das Verfahren, mit dem Gemeinden per Ratsbeschluss und im Einvernehmen mit Nachbarkommunen geringere Abstände festlegen können, sei unnötig kompliziert und werde Verfahren verzögern. Die Grünen fühlten sich offenbar dem 2019 aufgesetzten Koalitionsvertrag verpflichtet, so der Verband. Unter den völlig veränderten Rahmenbedingungen der Flutkatastrophe oder des Krieges in der Ukraine empfindet der Erneuerbaren-Verband diese Haltung jedoch als "aus der Zeit gefallen“.

Auch der Verweis der Grünen, dass ihr Bundesminister Robert Habeck die Länderöffnungsklauseln für Abstandsregelungen außer Kraft setzen könne, sofern sie dem anvisierten 2%-Flächenziel für Windkraft entgegenstehen, zieht beim LEE Sachsen nicht. Das Prinzip „Ober sticht Unter“ sei juristisch „als mindestens nebulös zu bezeichnen“. Geltende Bestimmungen im Baugesetzbuch eines Landes hätten Bestandssicherheit. Habeck käme also an die Regelungen in bislang vier Bundesländern nicht so einfach heran. Zudem steht in Thüringen die nächste Einführung einer ähnlichen Abstandsvorgabe bevor.

Der LEE Sachsen sieht für den Bundeswirtschaftsminister nur die Möglichkeit, im Baugesetzbuch eine konkrete eigene Abstandsregelung durchzusetzen. „Diese würde dann die Länderregelung überschreiben und unanwendbar machen“, so der Verband.

Er hat allerdings auch ein paar Streicheleinheiten für das am 1. Juni verabschiedete Gesetzespaket übrig: Bei der Solarenergie gebe es Verbesserungen bei Abstandsflächen auf Dächern. Zu begrüßen sei auch die Reduzierung der Baulasten für Windenergieanlagen.

Donnerstag, 2.06.2022, 16:55 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Sachsen - Erneuerbaren-Verband kritisiert neue Abstandsregel bei Windkraft
Quelle: IStock / chelovek
Sachsen
Erneuerbaren-Verband kritisiert neue Abstandsregel bei Windkraft
Die Energiewende kann nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nicht schnell genug erfolgen. Die Grünen in Sachsen indes stehen nun wegen einer Windkraft-Beschränkung in der Kritik.
Nach Bayern, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen hat der Freistaat Sachsen als viertes Bundesland nun eine Regelung ins Baugesetzbuch aufgenommen, die Mindestabstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung festlegt. Pikant an der 1000-m-Bestimmung ist, dass die Grünen als Partner in der Kenia-Koalition den Beschluss mittragen.

Für den in diesem Jahr frisch aus der Taufe gehobenen Landesverband Erneuerbare Energien (LEE Sachsen) ist das Gesetz ein Unding. Der verbindliche Abstand werde „zu einem noch weitergehenden Stillstand führen, als es sowieso schon der Fall ist“, teilte der Verband auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die Interessenvereinigung beklagt, dass „ohne Not“ bisher mögliche Flächen für Windenergie ausgeschlossen würden. Da der Abstand sich bereits auf fünf zusammenhängende Wohngebäude bezieht, reduziere dies „die verfügbare Fläche für Windenergie massiv“.

Turbinenzubau stockt im Freistaat seit Jahren

Seit mehr als drei Jahren spielt Windkraft in Sachsen effektiv keine Rolle mehr. Nach fünf zugebauten Anlagen im Jahr 2019 folgten in den weiteren Jahren nur noch drei Windräder beziehungsweise eine neue Turbine (2021). Im zu Ende gehenden ersten Halbjahr verzeichnet der Freistaat magere zwei neue Anlagen mit 6,9 MW Nennleistung. Bei der aktuell installierten Leistung lässt Sachsen (1.267 MW) im Ländervergleich neben den drei Stadtstaaten Berlin (23 MW), Hamburg (119 MW) und Bremen (201 MW) lediglich noch das Saarland (531 MW) hinter sich. Stichtag für diese Zahlen des Bundesverbands Windenergie (BWE) ist der 31. Dezember 2021.

Die parlamentarische Kritik an der Energiepolitik der regierenden Koalition aus CDU, Grünen und SPD kommt von der Linken-Fraktion im sächsischen Landtag. Ihr klimapolitischer Sprecher, Marco Böhme, spricht von einer „faktischen Verhinderung des Windkraftausbaus“.

Daniel Gerber, klima- und energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, bemüht sich dagegen, das Gesetz als „deutlichere Erleichterung“ für den Zubau und als „Beseitigung bürokratischer Hürden“ erscheinen zu lassen. Schließlich erlaube es Kommunen, den 1.000-m-Abstand zu unterschreiten.

Am Ende bundesweite Abstandsregelung

Der LEE Sachsen widerspricht: „Bürokratische Hürden werden aufgebaut.“ Das Verfahren, mit dem Gemeinden per Ratsbeschluss und im Einvernehmen mit Nachbarkommunen geringere Abstände festlegen können, sei unnötig kompliziert und werde Verfahren verzögern. Die Grünen fühlten sich offenbar dem 2019 aufgesetzten Koalitionsvertrag verpflichtet, so der Verband. Unter den völlig veränderten Rahmenbedingungen der Flutkatastrophe oder des Krieges in der Ukraine empfindet der Erneuerbaren-Verband diese Haltung jedoch als "aus der Zeit gefallen“.

Auch der Verweis der Grünen, dass ihr Bundesminister Robert Habeck die Länderöffnungsklauseln für Abstandsregelungen außer Kraft setzen könne, sofern sie dem anvisierten 2%-Flächenziel für Windkraft entgegenstehen, zieht beim LEE Sachsen nicht. Das Prinzip „Ober sticht Unter“ sei juristisch „als mindestens nebulös zu bezeichnen“. Geltende Bestimmungen im Baugesetzbuch eines Landes hätten Bestandssicherheit. Habeck käme also an die Regelungen in bislang vier Bundesländern nicht so einfach heran. Zudem steht in Thüringen die nächste Einführung einer ähnlichen Abstandsvorgabe bevor.

Der LEE Sachsen sieht für den Bundeswirtschaftsminister nur die Möglichkeit, im Baugesetzbuch eine konkrete eigene Abstandsregelung durchzusetzen. „Diese würde dann die Länderregelung überschreiben und unanwendbar machen“, so der Verband.

Er hat allerdings auch ein paar Streicheleinheiten für das am 1. Juni verabschiedete Gesetzespaket übrig: Bei der Solarenergie gebe es Verbesserungen bei Abstandsflächen auf Dächern. Zu begrüßen sei auch die Reduzierung der Baulasten für Windenergieanlagen.

Donnerstag, 2.06.2022, 16:55 Uhr
Volker Stephan

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