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Energie & Management > Europaeische Union - Erneuerbare sollen schneller ausgebaut werden
Quelle: Shutterstock / jorisvo
Europaeische Union

Erneuerbare sollen schneller ausgebaut werden

Unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine wächst in Brüssel die Neigung, russische Importe zu unterbinden und den Ausbau der erneuer-baren Energien in der EU zu beschleunigen.
Der Abgeordnete Peter Liese (CDU) verlangte in Brüssel einen Importstopp für russisches Gas, Öl und Kohle. Die EU gebe dafür jährlich 99 Mrd. Euro aus, „doppeltsoviel wie der russische Militärhaushalt“. Die Zahlungen dafür sollten auf ein Sperrkonto fließen, das erst freigegeben werde, „wenn der Krieg beendet ist. Im Zweifel müssen wir von uns aus die Exporte stoppen.“

Es sei unerträglich, dass ausgerechnet die Gazprom-Bank von den Sanktionen der EU ausgenommen sei. Liese verlangte einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. Kurzfristig müsse mehr Kohle aus anderen Teilen der Welt eingesetzt werden. Dazu sagte Lieses Fraktionskollege Christian Ehler, es gebe gegenwärtig keine Mehrheit für einen vollständigen Importstopp russischer Energierohstoffe.

Der Berichterstatter des Europäischen Parlamentes für die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, Markus Pieper (CDU), legte am 3. März seinen Bericht für die Beratung des Kommissionsvorschlages vom Juli letzten Jahres vor. Danach sollen der Energieverbrauch weiter gesenkt und die erneuerbaren Energien sollen einen substantielleren Beitrag zur Dekarbonisierung Europas leisten als bislang vorgesehen. Die Mitgliedsstaaten sollen ihren Energieverbrauch bis 2030 um mindestens 1,5 % pro Jahr reduzieren, fast doppeltsoviel wie der geltende Zielwert von 0,8 %. Dabei soll der öffentliche Sektor mit 1,7 % p.a. mit gutem Beispiel vorangehen. Die erneuerbaren Energien sollen 2030 mindestens 40 % (statt 32 %) des europäischen Energieverbrauchs decken.

Fokus stärker auf Unabhängigkeit setzen

Die Kommission will die erneuerbaren Energien auch stärker für die Klimatisierung von Gebäuden einsetzen. Bis 2030 müssten mindestens 49 % der Gebäudeenergien aus erneuerbaren Quellen stammen. Erneuerbare Energien könnten aber auch in Fernwärmesystemen eingesetzt werden. Pro Jahr soll deswegen 2,1 % mehr Fernwärme aus Erneuerbaren erzeugt werden.

Der russische Krieg zwinge die EU, „den Fokus noch viel stärker auf unsere Unabhängigkeit zu setzen“, sagte Pieper bei der Vorstellung seines Berichtes im Industrieausschuss des Europäischen Parlamentes. Der Angriff auf die Ukraine erfordere „eine Neuausrichtung unserer europäischen Energiepolitik“. Der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren werde Europa mehr Unabhängigkeit und Sicherheit bringen, aber: „Das wird sich mittelfristig auch auf die Energiepreise auswirken.“

Die EU müsse ihre Zielvorgaben deswegen schneller anheben, als bislang vorgesehen. Im Einzelnen schlägt Pieper vor, den Zielwert für die erneuerbaren Energien bis 2030 auf 45 % (statt 40 %) anzuheben. Die Auswirkungen dieses Schrittes müssten jedoch vorher von der Kommission untersucht werden. Auch das Parlament selbst sollte eine Abschätzung der Folgen eines höheren Zieles vornehmen lassen.

Darüber hinaus sollen Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien in Zukunft „im öffentlichen Interesse“ bevorzugt genehmigt werden. Um Synergien aus der Integration des Binnemarktes zu mobilisieren, will Pieper mehr grenzüberschreitende Grünstromprojekte und Wasserstoff-Leitungen auf den Weg bringen. Jeder Mitgliedsstaat müsse mindestens zwei solcher Projekte umsetzen. Große Mitgliedsstaaten mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 100 TWh sollen bis 2025 mindestens drei grenzüberschreitende Leitungen für Grünstrom beschließen. Der Abgeordnete beklagte in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedsstaaten die Mittel aus dem Corona-Hilfsfonds nicht für grenzüberschreitende Projekte verwenden.

Einseitige Abhängigkeit bei Wasserstoff vermeiden

In seinem Bericht fordert er eine „Grünstrom-Wasserstoff-Importinitiative“ mit konkreten Mengenzielen zum Import von Wasserstoff aus „diversifizierten Lieferländern“. Damit keine einseitigen Abhängigkeiten entstehen, sollte die EU Allianzen mit Industrie- und Entwicklungsländern zur Herstellung von Grünstrom und grünem Wasserstoff aufbauen.

Ãœbergangsweise sollen für die Industrie allerdings auch „Low-Carbon-Lösungen“ akzeptiert werden. Damit ist insbesondere „blauer Wasserstoff“ gemeint, der aus Erdgas erzeugt wird. Das entstehende CO2 wird mit CCS-Technik neutralisiert. Das von der Kommission anvisierte Ziel, bis 2030 die Hälfte „grünen Wasserstoff“ einzusetzen, sei anders nicht erreichbar.

Die Quote für erneuerbare Kraftstoffe sollte auf 20 % (statt 13 % nach dem Kommissionsvorschlag) angehoben werden. Auf diese Quote sollen nicht nur Bio-, sondern auch synthetische Kraftstoffe angerechnet werden, „um echte Technologieoffenheit“ sicherzustellen und Optionen für solche Sektoren oder Regionen zu schaffen, die schwer zu elektrifizieren seien.

Das Klimanetzwerk CAN kritisierte Piepers Bericht als „enttäuschend“. Die EU müsse bis 2030 mindestens 50 % ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Das sei nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch zur Sicherheit der EU. Der Vorschlag, übergangsweise auch „blauen Wasserstoff“ einzusetzen, wird von den Klimaschützern zurückgewiesen.

Donnerstag, 3.03.2022, 15:18 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Erneuerbare sollen schneller ausgebaut werden
Quelle: Shutterstock / jorisvo
Europaeische Union
Erneuerbare sollen schneller ausgebaut werden
Unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine wächst in Brüssel die Neigung, russische Importe zu unterbinden und den Ausbau der erneuer-baren Energien in der EU zu beschleunigen.
Der Abgeordnete Peter Liese (CDU) verlangte in Brüssel einen Importstopp für russisches Gas, Öl und Kohle. Die EU gebe dafür jährlich 99 Mrd. Euro aus, „doppeltsoviel wie der russische Militärhaushalt“. Die Zahlungen dafür sollten auf ein Sperrkonto fließen, das erst freigegeben werde, „wenn der Krieg beendet ist. Im Zweifel müssen wir von uns aus die Exporte stoppen.“

Es sei unerträglich, dass ausgerechnet die Gazprom-Bank von den Sanktionen der EU ausgenommen sei. Liese verlangte einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. Kurzfristig müsse mehr Kohle aus anderen Teilen der Welt eingesetzt werden. Dazu sagte Lieses Fraktionskollege Christian Ehler, es gebe gegenwärtig keine Mehrheit für einen vollständigen Importstopp russischer Energierohstoffe.

Der Berichterstatter des Europäischen Parlamentes für die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, Markus Pieper (CDU), legte am 3. März seinen Bericht für die Beratung des Kommissionsvorschlages vom Juli letzten Jahres vor. Danach sollen der Energieverbrauch weiter gesenkt und die erneuerbaren Energien sollen einen substantielleren Beitrag zur Dekarbonisierung Europas leisten als bislang vorgesehen. Die Mitgliedsstaaten sollen ihren Energieverbrauch bis 2030 um mindestens 1,5 % pro Jahr reduzieren, fast doppeltsoviel wie der geltende Zielwert von 0,8 %. Dabei soll der öffentliche Sektor mit 1,7 % p.a. mit gutem Beispiel vorangehen. Die erneuerbaren Energien sollen 2030 mindestens 40 % (statt 32 %) des europäischen Energieverbrauchs decken.

Fokus stärker auf Unabhängigkeit setzen

Die Kommission will die erneuerbaren Energien auch stärker für die Klimatisierung von Gebäuden einsetzen. Bis 2030 müssten mindestens 49 % der Gebäudeenergien aus erneuerbaren Quellen stammen. Erneuerbare Energien könnten aber auch in Fernwärmesystemen eingesetzt werden. Pro Jahr soll deswegen 2,1 % mehr Fernwärme aus Erneuerbaren erzeugt werden.

Der russische Krieg zwinge die EU, „den Fokus noch viel stärker auf unsere Unabhängigkeit zu setzen“, sagte Pieper bei der Vorstellung seines Berichtes im Industrieausschuss des Europäischen Parlamentes. Der Angriff auf die Ukraine erfordere „eine Neuausrichtung unserer europäischen Energiepolitik“. Der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren werde Europa mehr Unabhängigkeit und Sicherheit bringen, aber: „Das wird sich mittelfristig auch auf die Energiepreise auswirken.“

Die EU müsse ihre Zielvorgaben deswegen schneller anheben, als bislang vorgesehen. Im Einzelnen schlägt Pieper vor, den Zielwert für die erneuerbaren Energien bis 2030 auf 45 % (statt 40 %) anzuheben. Die Auswirkungen dieses Schrittes müssten jedoch vorher von der Kommission untersucht werden. Auch das Parlament selbst sollte eine Abschätzung der Folgen eines höheren Zieles vornehmen lassen.

Darüber hinaus sollen Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien in Zukunft „im öffentlichen Interesse“ bevorzugt genehmigt werden. Um Synergien aus der Integration des Binnemarktes zu mobilisieren, will Pieper mehr grenzüberschreitende Grünstromprojekte und Wasserstoff-Leitungen auf den Weg bringen. Jeder Mitgliedsstaat müsse mindestens zwei solcher Projekte umsetzen. Große Mitgliedsstaaten mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 100 TWh sollen bis 2025 mindestens drei grenzüberschreitende Leitungen für Grünstrom beschließen. Der Abgeordnete beklagte in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedsstaaten die Mittel aus dem Corona-Hilfsfonds nicht für grenzüberschreitende Projekte verwenden.

Einseitige Abhängigkeit bei Wasserstoff vermeiden

In seinem Bericht fordert er eine „Grünstrom-Wasserstoff-Importinitiative“ mit konkreten Mengenzielen zum Import von Wasserstoff aus „diversifizierten Lieferländern“. Damit keine einseitigen Abhängigkeiten entstehen, sollte die EU Allianzen mit Industrie- und Entwicklungsländern zur Herstellung von Grünstrom und grünem Wasserstoff aufbauen.

Ãœbergangsweise sollen für die Industrie allerdings auch „Low-Carbon-Lösungen“ akzeptiert werden. Damit ist insbesondere „blauer Wasserstoff“ gemeint, der aus Erdgas erzeugt wird. Das entstehende CO2 wird mit CCS-Technik neutralisiert. Das von der Kommission anvisierte Ziel, bis 2030 die Hälfte „grünen Wasserstoff“ einzusetzen, sei anders nicht erreichbar.

Die Quote für erneuerbare Kraftstoffe sollte auf 20 % (statt 13 % nach dem Kommissionsvorschlag) angehoben werden. Auf diese Quote sollen nicht nur Bio-, sondern auch synthetische Kraftstoffe angerechnet werden, „um echte Technologieoffenheit“ sicherzustellen und Optionen für solche Sektoren oder Regionen zu schaffen, die schwer zu elektrifizieren seien.

Das Klimanetzwerk CAN kritisierte Piepers Bericht als „enttäuschend“. Die EU müsse bis 2030 mindestens 50 % ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Das sei nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch zur Sicherheit der EU. Der Vorschlag, übergangsweise auch „blauen Wasserstoff“ einzusetzen, wird von den Klimaschützern zurückgewiesen.

Donnerstag, 3.03.2022, 15:18 Uhr
Tom Weingärtner

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