Auf einem Bauernhof im schleswig-holsteinischen ist seit Frühjahr 2019 die bundesweite einzige B.Ventus-Windturbine in Betrieb, Bild: Dierk Jensen
Trotz akzeptabler Auftragslage muss die B.Ventus GmbH, hierzulande bislang einer der wenigen Hoffnungsträger auf dem Markt für kleine und mittelgroße Windturbinen, die Segel streichen.
Der deutsche Kleinwindmarkt ist um einen Hoffnungsträger ärmer: Die B.Ventus GmbH, 2017 als Start-up von Eon-Mitarbeitern und zudem mit finanzieller Unterstützung von einigen Gesellschaften des Energiekonzerns gegründet, ist insolvent.
Das Aus führt Christoph Esche, einer der beiden B.Ventus-Geschäftsführer, auf Schwierigkeiten mit der Leitner AG und ihrem Tochterunternehmen Leitwind aus Südtirol zurück, das die getriebelose Windturbine mit 250 kW gefertigt hatte. "Vertraglich zugesagte Leistungen für Nachbesserungen sind von Leitner unterblieben", betonte Esche gegenüber unserer Redaktion.
Die Insolvenz trifft B.Ventus zu einem ungünstigen Zeitpunkt: "Wir hatten nicht nur 20 Aufträge vorliegen, sondern auch rund 500 ernsthafte Anfragen für weitere Vorhaben", so Esche. Deshalb bleibt es bei dem einem "Eon Windrad 250" (so die Marketingbezeichnung von Eon Energie Deutschland), das im Frühjahr 2019 im schleswig-holsteinischen Steinfeld nordöstlich von Schleswig offiziell in Betrieb gegangen ist. Dabei hat Eon weitaus größere Pläne mit der sogenannten Mid Size-Anlage gehabt, die speziell für die Eigenstromnutzung mittelständischer Betriebe entwickelt worden ist. As Mid Size- oder Medium-Windturbinen werden Anlagen in der Leistungsklasse zwischen 100 und 750 kW bezeichnet.
Vorstellung auf der E-world 2019
Im Februar 2019, als der Essener Energiekonzern sein "Windrad" auf der Fachmesse E-world in Essen erstmals vorstellte, kündigten die Eon-Verantwortlichen die Errichtung von mindestens 49 Anlagen bis Ende 2020 an. Da der B.Ventus-Rotor auf eine Gesamthöhe von 49 Metern kommt, war die griffige Marketingformel "49x49" schnell in der Welt.
"Das ist ein geiles Produkt", pries Otmar Zisler, der damals zur Geschäftsführung von Eon Energie Deutschland zählte, die kleine Windturbine bei der ersten öffentlichen Präsentation auf der Essener Fachmesse an, "für uns zählt auch Kleinwind zu den Bausteinen für eine zunehmend dezentralere Energieversorgung." Mit der neuen Kleinwindanlage schließe Eon eine Lücke im regenerativen B2B-Angebot, so Zisler damals. Deshalb hatte Eon auch eine exklusive Vertriebspartnerschaft mit B.Ventus geschlossen, womit in Branchenkreisen durchaus die Hoffnung auf größere Absatzzahlen verbunden gewesen sind.
Ob Eon nach der B.Ventus-Insolvenz weiterhin auf die Kleinwind-Technologie setzt, ließ das Unternehmen auf eine Anfrage unserer Redaktion offen. In der Antwort heißt es unter anderem: "Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass Kleinwindräder einen wichtigen Beitrag zur dezentralen Energieerzeugung leisten können und für Kunden einen echten Mehrwert bieten. Deshalb sind wir grundsätzlich offen dafür, künftig wieder ein entsprechendes Produkt anzubieten."
Die B.Ventus-Insolvenz ist auf jeden Fall ein weiterer Rückschritt für die Mid-Size-Windturbinen, denen Branchenexperten vor wenigen Jahren angesichts der Möglichkeiten für die Eigenstromnutzung durch gewerbliche Betreiber gewisse Wachstumschancen eingeräumt hatten. Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus: Im vergangenen Jahr, so die vorliegenden Statistiken, ist nicht eine einzige Anlage aus der Größenklasse neu in Betrieb gegangen.
Freitag, 26.02.2021, 15:00 Uhr
Ralf Köpke
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