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Energie & Management > Kohlekraftwerke - Energy Brainpool: Entschädigung nicht marktkonform
Bild: Photocase/Markus Imorde
Kohlekraftwerke

Energy Brainpool: Entschädigung nicht marktkonform

Eine Analyse im Auftrag von Greenpeace Energy sieht in den geplanten Entschädigungszahlungen für den Braunkohleausstieg eine marktverzerrende Unterstützung der Kraftwerksbetreiber.
Die zwischen dem Bund und den Betreibern der Braunkohlekraftwerke ausgehandelten Kompensationen von 2,6 Mrd. Euro für RWE und 1,75 Mrd. Euro für die Leag werden vermutlich den Kohleausstieg verzögern und insgesamt Greenpeace Energy in seiner Eigenschaft als Stromversorger sowie Projektierer und Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen benachteiligen.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten von Energy Brainpool im Auftrag des Öko-Energieanbieters. Ohne die Entschädigungszahlungen würden nach Ansicht der Energiemarktanalysten die Kohlekraftwerke deutlich vor dem im Ausstiegsfahrplan beschlossenen Jahr 2038 abgeschaltet werden. Denn unter Berücksichtigung steigender Preise für CO2-Emissionsrechte und des daraus resultierenden Marktumfelds würden die Kraftwerke sehr schnell an Wert verlieren und unrentabel werden. In ihrer Analyse gehen die Autoren von einem Wertverlust der 15 betrachteten Kraftwerksblöcke von RWE von mehr als 600 Mio. Euro in nur zwei Jahren aus: von 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2020 auf 673 Mio. Euro im Jahr 2022.

Darüber hinaus kritisieren die Analysten die Auffassung der Bundesregierung, die Entschädigung müsse neben den entgangenen Gewinnen auch die zusätzlichen Tagebaufolgekosten durch die vorzeitige Stilllegung der Kraftwerke berücksichtigen. Allerdings widerspreche eine Beteiligung des Bundes an den Tagebaufolgekosten dem Verursacherprinzip des Bundesberggesetzes. Demnach trage nämlich der Bergbaubetreiber die volle Verantwortung für verursachte Bergschäden.

Nach Einschätzung von Energy Brainpool ist das Kohleausstiegsgesetz auch nicht als „unzumutbarer Eingriff“ des Bundes anzusehen, der eine Beteiligung an den Tagebaufolgekosten rechtfertige. Mindestens seit Abschluss des Pariser Klimaabkommens 2015 sei den Betreibern hinreichend bekannt, dass die Braunkohleverstromung deutlich früher als zum Ende der technischen Lebenszeit der Braunkohleanlagen auslaufen müsse. Im Handelsgesetzbuch sei die unternehmerische Pflicht verankert, für derartige „ungewisse Verbindlichkeiten“ frühzeitig entsprechende Rückstellungen zu bilden.
 
Greenpeace Energy nimmt im EU-Prüfverfahren Stellung
 
„Die hohen Entschädigungen sorgen aber jetzt dafür, dass Braunkohlekonzerne Zeiten aussitzen können, in denen ihre Kraftwerke nicht mehr wirtschaftlich sind“, kritisiert Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy. Daher sei es Aufgabe der EU-Wettbewerbshüter, nun im aktuellen Prüfverfahren zu untersuchen, ob die geplante Beihilfe mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar sei. „Aus Sicht des Beihilferechts wirft die Art und Weise, wie die Entschädigungsbeträge festgelegt wurden, viele Fragen auf. Um vereinbar zu sein, müssen sich Beihilfen unter anderem auf ein Minimum beschränken, was hier fraglich ist“, so Anwältin Maria Segura von der Brüsseler Kanzlei Clayton & Segura, die Greenpeace Energy im Verfahren vertritt.

Durch die Zahlungen hätten Energieversorger wie RWE in jedem Fall einen unangemessenen Vorteil gegenüber Wettbewerbern, was zu zahlreichen Verzerrungen am Strommarkt führe, folgern die Gutachter von Brainpool Energy. Das betreffe beispielsweise den Wettbewerb unter den Projektierern von Erneuerbare-Energie-Anlagen – sowohl im In- und Ausland. Denn finanzielle Mittel aus den Entschädigungen könnten dafür herangezogen werden, die Kosten für eigene regenerative Erzeugungsprojekte zu senken, was die Chance auf Förderzuschläge in den Ausschreibungsrunden erhöhe. Besonders bei RWE sei davon auszugehen, dass der Konzern Bundesmittel dazu nutze, sich Vorteile im Wettbewerb mit lokalen Unternehmen im Ausland zu verschaffen.

Außerdem habe eine verzögerte Stilllegung von Kohlekapazitäten über den Merit-Order-Mechanismus insgesamt eine strompreissenkende Wirkung, was die Erlöse für regenerativ erzeugten Strom verringere. Der verlängerte Betrieb behindere ebenso den Markthochlauf CO2-ärmerer Flexibilitätstechnologien im deutschen und europäischen Regelenergiemarkt sowie den Markthochlauf grüner Sektorkopplungstechnologien.

„Angesichts der großen Marktmacht, die RWE und LEAG schon jetzt haben, ist es verwunderlich, dass die Kommission mögliche Wettbewerbsverzerrungen durch die Entschädigungen bisher nicht adressiert hat“, sagt Sönke Tangermann.

Das Gutachten von Energy Brainpool „Wirtschaftliche Benachteiligung von Greenpeace Energy durch die Regelungen zum deutschen Braunkohleausstieg“ steht zum Download zur Verfügung.
 

Freitag, 4.06.2021, 13:33 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Kohlekraftwerke - Energy Brainpool: Entschädigung nicht marktkonform
Bild: Photocase/Markus Imorde
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Energy Brainpool: Entschädigung nicht marktkonform
Eine Analyse im Auftrag von Greenpeace Energy sieht in den geplanten Entschädigungszahlungen für den Braunkohleausstieg eine marktverzerrende Unterstützung der Kraftwerksbetreiber.
Die zwischen dem Bund und den Betreibern der Braunkohlekraftwerke ausgehandelten Kompensationen von 2,6 Mrd. Euro für RWE und 1,75 Mrd. Euro für die Leag werden vermutlich den Kohleausstieg verzögern und insgesamt Greenpeace Energy in seiner Eigenschaft als Stromversorger sowie Projektierer und Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen benachteiligen.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten von Energy Brainpool im Auftrag des Öko-Energieanbieters. Ohne die Entschädigungszahlungen würden nach Ansicht der Energiemarktanalysten die Kohlekraftwerke deutlich vor dem im Ausstiegsfahrplan beschlossenen Jahr 2038 abgeschaltet werden. Denn unter Berücksichtigung steigender Preise für CO2-Emissionsrechte und des daraus resultierenden Marktumfelds würden die Kraftwerke sehr schnell an Wert verlieren und unrentabel werden. In ihrer Analyse gehen die Autoren von einem Wertverlust der 15 betrachteten Kraftwerksblöcke von RWE von mehr als 600 Mio. Euro in nur zwei Jahren aus: von 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2020 auf 673 Mio. Euro im Jahr 2022.

Darüber hinaus kritisieren die Analysten die Auffassung der Bundesregierung, die Entschädigung müsse neben den entgangenen Gewinnen auch die zusätzlichen Tagebaufolgekosten durch die vorzeitige Stilllegung der Kraftwerke berücksichtigen. Allerdings widerspreche eine Beteiligung des Bundes an den Tagebaufolgekosten dem Verursacherprinzip des Bundesberggesetzes. Demnach trage nämlich der Bergbaubetreiber die volle Verantwortung für verursachte Bergschäden.

Nach Einschätzung von Energy Brainpool ist das Kohleausstiegsgesetz auch nicht als „unzumutbarer Eingriff“ des Bundes anzusehen, der eine Beteiligung an den Tagebaufolgekosten rechtfertige. Mindestens seit Abschluss des Pariser Klimaabkommens 2015 sei den Betreibern hinreichend bekannt, dass die Braunkohleverstromung deutlich früher als zum Ende der technischen Lebenszeit der Braunkohleanlagen auslaufen müsse. Im Handelsgesetzbuch sei die unternehmerische Pflicht verankert, für derartige „ungewisse Verbindlichkeiten“ frühzeitig entsprechende Rückstellungen zu bilden.
 
Greenpeace Energy nimmt im EU-Prüfverfahren Stellung
 
„Die hohen Entschädigungen sorgen aber jetzt dafür, dass Braunkohlekonzerne Zeiten aussitzen können, in denen ihre Kraftwerke nicht mehr wirtschaftlich sind“, kritisiert Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy. Daher sei es Aufgabe der EU-Wettbewerbshüter, nun im aktuellen Prüfverfahren zu untersuchen, ob die geplante Beihilfe mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar sei. „Aus Sicht des Beihilferechts wirft die Art und Weise, wie die Entschädigungsbeträge festgelegt wurden, viele Fragen auf. Um vereinbar zu sein, müssen sich Beihilfen unter anderem auf ein Minimum beschränken, was hier fraglich ist“, so Anwältin Maria Segura von der Brüsseler Kanzlei Clayton & Segura, die Greenpeace Energy im Verfahren vertritt.

Durch die Zahlungen hätten Energieversorger wie RWE in jedem Fall einen unangemessenen Vorteil gegenüber Wettbewerbern, was zu zahlreichen Verzerrungen am Strommarkt führe, folgern die Gutachter von Brainpool Energy. Das betreffe beispielsweise den Wettbewerb unter den Projektierern von Erneuerbare-Energie-Anlagen – sowohl im In- und Ausland. Denn finanzielle Mittel aus den Entschädigungen könnten dafür herangezogen werden, die Kosten für eigene regenerative Erzeugungsprojekte zu senken, was die Chance auf Förderzuschläge in den Ausschreibungsrunden erhöhe. Besonders bei RWE sei davon auszugehen, dass der Konzern Bundesmittel dazu nutze, sich Vorteile im Wettbewerb mit lokalen Unternehmen im Ausland zu verschaffen.

Außerdem habe eine verzögerte Stilllegung von Kohlekapazitäten über den Merit-Order-Mechanismus insgesamt eine strompreissenkende Wirkung, was die Erlöse für regenerativ erzeugten Strom verringere. Der verlängerte Betrieb behindere ebenso den Markthochlauf CO2-ärmerer Flexibilitätstechnologien im deutschen und europäischen Regelenergiemarkt sowie den Markthochlauf grüner Sektorkopplungstechnologien.

„Angesichts der großen Marktmacht, die RWE und LEAG schon jetzt haben, ist es verwunderlich, dass die Kommission mögliche Wettbewerbsverzerrungen durch die Entschädigungen bisher nicht adressiert hat“, sagt Sönke Tangermann.

Das Gutachten von Energy Brainpool „Wirtschaftliche Benachteiligung von Greenpeace Energy durch die Regelungen zum deutschen Braunkohleausstieg“ steht zum Download zur Verfügung.
 

Freitag, 4.06.2021, 13:33 Uhr
Fritz Wilhelm

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