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Energie & Management > Finanzierung - Energiepreiskrise: 4 Lehren für die Zukunft
Quelle: stock.adobe.com/Mihail
Finanzierung

Energiepreiskrise: 4 Lehren für die Zukunft

Deutschland steht in einer Situation, in der die Preise für Strom und Gas regelrecht explodieren. Dabei hätte sich das vermeiden lassen.
„Hinterher ist man immer schlauer“, weiß der Volksmund. Nun befinden wir uns derzeit zwar immer noch an einem weitgehend unbekannten Punkt der Preissteigerungen für Strom und Gas. Wir wissen nur, dass der (sowieso bereits im Ländervergleich) hohe Strompreis Anfang des Jahres 31 Cent pro Kilowattstunde (kWh) betrug und jetzt streckenweise schon die 50-Cent-Schallmauer durchbrochen hat. Wir wissen auch, dass sich die Gaspreise am Terminmarkt um unglaubliche 1.000 Prozent erhöht haben und können die unterschiedlichen Auswirkungen auf den Markt von Gasheizungen und Wärmepumpen beobachten.

Allerdings lässt sich bereits jetzt sagen: So weit hätte es nicht kommen müssen. Natürlich trägt letzten Endes Wladimir Putins Handeln daran die Hauptschuld. Dennoch hätten verschiedene Bundesregierungen in der Vergangenheit Weichen stellen können, um ein solches Szenario weitgehend zu vermeiden. Spätestens, um eine Wiederholung der aktuellen Situation zu vermeiden, könnten diverse Gesetzesänderungen und vergleichbare Optionen helfen. Doch in welchen Bereichen?

1. Keine Abhängigkeit mehr von unzuverlässigen Staaten

Ganz Europa stützt sich stark auf Erdgas. Und Russland war mit zuletzt 43 Prozent der wichtigste Lieferant für diesen Energieträger. Allerdings gibt es innerhalb des Staatenbundes erhebliche Unterschiede der Bedeutung von russischem Gas. Deutschland, Polen und Österreich etwa sind extrem abhängig davon. Die Niederlande, Belgien, Frankreich und Spanien deutlich weniger.
Nun mag Deutschland sich zwar unabhängiger vom Energieträger Gas machen können. Beim chemischen Grundstoff Gas ist das jedoch ungleich schwieriger und wird längere Zeit in Anspruch nehmen. Beim Kunstdünger etwa stehen gasfreie Prozesse erst am Anfang.

Die Lehre: Deutschlands Politik muss bei der Auswahl seiner (Gas-)Lieferanten künftig strategischer, langfristiger denken. Ein zentraler Kern dabei muss sein, sich nicht in eine solche Abhängigkeit von in ihrem Kern undemokratischen, instabilen Nationen zu begeben. Das setzt voraus, nicht nur den Ist-Zustand zu bewerten, sondern auch zu analysieren, wie sich ein solcher Staat entwickeln könnte.
 
stock.adobe.com/Artalis-Kartographie
 
2. PV- und Speicherpflicht ohne Alternativen

Photovoltaik (PV) ist in Sachen Stromerzeugung die wohl wichtigste Technik, um die Abhängigkeit jedes einzelnen Verbrauchers von einer externen Netzstromversorgung zu reduzieren – oder sogar gänzlich zu eliminieren.

Und aufgrund der limitierten Freiflächen, respektive einer Konkurrenz mit der Landwirtschaft, touristischen und anderen Aspekten, kommt Gebäuden, deren Dächern und Fassaden, eine zentrale Bedeutung zu.
Das bisherige Potenzial auf Dachflächen ist in Deutschland zu fast 90 Prozent ungenutzt.
  • Zwar unterscheidet sich das Gebäude-PV-Potenzial je nach Bundesland, allerdings konstatieren mehrere Untersuchungen, es würde bei derzeitigem Stand bereits genügen, rund 25 Prozent aller Dachflächen zu nutzen, um Deutschlands Stromverbrauch komplett autark zu machen.
  • Würden alle Dachflächen genutzt, könnte die Autarkie sogar ungeachtet aller weiteren Steigerungen gehalten werden – etwa, um den kompletten Verkehr auf Elektrofahrzeuge umzustellen und dadurch auch beim Öl unabhängiger von anderen Staaten zu werden.
  • Europa ist gerade dabei, sich bei der PV-Modulproduktion unabhängiger von Asien zu machen. Importe von dort werden zwar weiterhin eine große Rolle spielen, können jedoch längerfristig abgefedert werden.
Die Tragweite dieser Bedeutung wurde bislang nur von einigen Bundesländern richtig erkannt. Doch selbst dort herrscht bezüglich der jüngsten „Solarpflicht“-Gesetzgebungen viel Uneinigkeit: Die einen schreiben sie beispielsweise nur für gewerbliche Bauten vor, die anderen exkludieren Wohngebäude generell.

Und nirgendwo ist ein Schlüsselbaustein für eine wirkliche Autarkie vorgeschrieben: ein Stromspeicher. Dabei ermöglicht nur er es, auf einfachstem Weg den gesamten PV-Strom selbst zu verbrauchen und dadurch nebenbei die technische Regulierung der Einspeisung für die Netzbetreiber und Stromanbieter deutlich zu vereinfachen.

Die Lehre: Deutschland sollte schnellstmöglich eine bundeseinheitliche PV-Pflicht einführen – mit einem klaren Fokus auf energetische Autarkie. Diese muss zur Anlagengröße passende Stromspeicher inkludieren und sollte für jede Form von Neubau oder Dachsanierung gelten.

Ferner muss unbedingt (ähnlich wie bei der Zehn-Prozent-Regelung bei Dämmungen) konkret ausdefiniert werden, ab wann eine Dachsanierung eine PV-Pflicht nach sich zieht. Ausnahmen sollte es nur für Gebäude geben, bei denen Solartechnik aufgrund der Umgebungsbedingungen nicht möglich ist (etwa Abschattung durch Geländeformationen).

3. Subventionen und Fördermittel deutlich erhöhen

Wir befinden uns derzeit an einem Punkt, an dem verschiedene energetische Pflichten bei Gebäuden unter anderem am Ende der Wirtschaftlichkeit angelangt sind. Zu diesem Ergebnis kommt ein Positionspapier, das von den Wissenschaftlichen Diensten für den Bundestag angefertigt wurde.

Das heißt: Die angesprochene PV-Pflicht würde für alle Gebäude in Privat- und Unternehmensbesitz eine unzumutbare Zusatzbelastung darstellen. Erst recht im Angesicht der derzeit nach langen Jahren wieder steigenden Zinsen und der dramatischen Inflation.

Da es jedoch auf lange Sicht für Deutschlands Strompreise, seine energetische Autarkie und nicht zuletzt das Klima keine Alternative zu dieser Maßnahme gibt, muss es im jetzigen und zukünftigen Interesse aller Landes- und Bundesregierungen liegen, möglichst rasch auf jedem Dach Photovoltaik zu installieren. Die bisherigen Fördermittel von KfW, BAFA und anderen Stellen genügen dazu bei Weitem nicht.

Die Lehre: Da Energie für Deutschland eine derart erhebliche Bedeutung hat, müssen die Finanzierungsanstrengungen deutlich stärker in diese Richtung gelenkt werden. Dazu sind die Regierenden angehalten, Möglichkeiten zu finden, um eine PV-Pflicht ohne Zusatzbelastung von Wirtschaft und Bevölkerung durchzusetzen – neue oder erhöhte Steuern sollten deshalb keine Option sein.

Selbst im Rahmen der EU-Konvergenzkriterien könnte sich das durchsetzen lassen. Etwa durch den Verkauf von Staatsbeteiligungen, Abschaffung anderer Subventionen, Reduktion von Entwicklungszusammenarbeiten und den Ausgaben für die Politik.

 
stock.adobe.com/Pierre Olivier

4. Wasserstoff im ganz großen Stil

Das leichteste Element im Periodensystem hat einige extreme Vorteile aufzuweisen:
  • Es wird lediglich Wasser als Rohstoff benötigt.
  • Wasserstoff lässt sich komplett mit regenerativem Strom herstellen.
  • Es ist sowohl eine traditionelle Verbrennung als auch eine Nutzung in Brennstoffzellen möglich – bei ersterem beträgt der Heizwert mit etwa 143 Megajoule/Kilogramm mehr als das Dreifache von Ottokraftstoff.
  • Bei beiden Verwendungen ist Wasserdampf das hauptsächliche Abgas, nur bei einer Verbrennung kommen noch Stickoxide hinzu.
Zwar wird immer wieder das Argument angeführt, wonach der Wirkungsgrad einer Wasserstoff-basierten Stromerzeugung geringer sei als eine direkte Speicherung in Batterien – aus 100 Prozent für die Herstellung aufgewendetem Strom werden „nur“ rund 42 Prozent wieder rückverstromt.

Jedoch:
  • Wasserstoff würde Deutschland unabhängiger von Rohstoffen aus unzuverlässigen Nationen machen. Der einzige kritische Rohstoff bei Brennstoffzellen ist Platin. Davon werden pro Brennstoffzelle wenige Gramm benötigt, das Edelmetall lässt sich recyceln. Mit Südafrika ist ein recht stabiler Staat das Hauptförderland. Bei Batterien sind hingegen mehr Lithium und Kobalt nötig. Ersteres stammt hauptsächlich aus demokratischen Staaten (mehrheitlich Chile und Australien), Kobalt hingegen aus der Demokratischen Republik Kongo – die im Fragile State Index deutlich schlechtere Plätze als Südafrika belegt.
  • Die Speicherung von Wasserstoff ist einfacher als die von Strom. Ähnlich zu den Gasspeichern könnte Deutschland ein System von Wasserstoffspeichern aufbauen, um darin einen Energieträger für Notlagen zu bevorraten.
  • Wasserstoff kann verwendet werden, um Ammoniak umweltfreundlicher herzustellen. Das würde beispielsweise die Kunstdüngerproduktion unabhängiger von Erdgas machen. Ferner lässt sich das Element als alternatives Reduktionsmittel in der Stahlherstellung nutzen, wodurch die Notwendigkeit für Kokskohle entfällt – und somit eine weitere Abhängigkeit von Russland (45 Prozent der deutschen Steinkohle stammen ebenfalls von dort).
Die Lehre: Gerade, weil eine PV-Pflicht Überkapazitäten produzieren würde, sollte Deutschland eine umfassende Wasserstoffproduktion in Erwägung ziehen. Die Vorteile als Energieträger und chemischer Ausgangsstoff sind nicht von der Hand zu weisen.

Fazit:
Der Grund, warum Energie derzeit so teuer ist, liegt primär an der aktuellen politischen Weltlage. Das heißt jedoch nicht, Deutschlands Bundesregierungen der Vergangenheit seien völlig unschuldig.

Die Losung muss jetzt lauten, aus dieser Situation die richtigen Lehren zu ziehen, damit sie sich nie mehr wiederholen kann. Direkt ist es dazu nötig, Deutschland langfristig nur von stabilen, demokratischen Nationen abhängig zu machen. Indirekt muss die Politik dazu ein kurzfristiges Denken von Legislaturperiode zu Legislaturperiode ablegen – und lernen, in Dekaden zu denken.

Samstag, 3.09.2022, 16:39 Uhr
Redaktion
Energie & Management > Finanzierung - Energiepreiskrise: 4 Lehren für die Zukunft
Quelle: stock.adobe.com/Mihail
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Energiepreiskrise: 4 Lehren für die Zukunft
Deutschland steht in einer Situation, in der die Preise für Strom und Gas regelrecht explodieren. Dabei hätte sich das vermeiden lassen.
„Hinterher ist man immer schlauer“, weiß der Volksmund. Nun befinden wir uns derzeit zwar immer noch an einem weitgehend unbekannten Punkt der Preissteigerungen für Strom und Gas. Wir wissen nur, dass der (sowieso bereits im Ländervergleich) hohe Strompreis Anfang des Jahres 31 Cent pro Kilowattstunde (kWh) betrug und jetzt streckenweise schon die 50-Cent-Schallmauer durchbrochen hat. Wir wissen auch, dass sich die Gaspreise am Terminmarkt um unglaubliche 1.000 Prozent erhöht haben und können die unterschiedlichen Auswirkungen auf den Markt von Gasheizungen und Wärmepumpen beobachten.

Allerdings lässt sich bereits jetzt sagen: So weit hätte es nicht kommen müssen. Natürlich trägt letzten Endes Wladimir Putins Handeln daran die Hauptschuld. Dennoch hätten verschiedene Bundesregierungen in der Vergangenheit Weichen stellen können, um ein solches Szenario weitgehend zu vermeiden. Spätestens, um eine Wiederholung der aktuellen Situation zu vermeiden, könnten diverse Gesetzesänderungen und vergleichbare Optionen helfen. Doch in welchen Bereichen?

1. Keine Abhängigkeit mehr von unzuverlässigen Staaten

Ganz Europa stützt sich stark auf Erdgas. Und Russland war mit zuletzt 43 Prozent der wichtigste Lieferant für diesen Energieträger. Allerdings gibt es innerhalb des Staatenbundes erhebliche Unterschiede der Bedeutung von russischem Gas. Deutschland, Polen und Österreich etwa sind extrem abhängig davon. Die Niederlande, Belgien, Frankreich und Spanien deutlich weniger.
Nun mag Deutschland sich zwar unabhängiger vom Energieträger Gas machen können. Beim chemischen Grundstoff Gas ist das jedoch ungleich schwieriger und wird längere Zeit in Anspruch nehmen. Beim Kunstdünger etwa stehen gasfreie Prozesse erst am Anfang.

Die Lehre: Deutschlands Politik muss bei der Auswahl seiner (Gas-)Lieferanten künftig strategischer, langfristiger denken. Ein zentraler Kern dabei muss sein, sich nicht in eine solche Abhängigkeit von in ihrem Kern undemokratischen, instabilen Nationen zu begeben. Das setzt voraus, nicht nur den Ist-Zustand zu bewerten, sondern auch zu analysieren, wie sich ein solcher Staat entwickeln könnte.
 
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2. PV- und Speicherpflicht ohne Alternativen

Photovoltaik (PV) ist in Sachen Stromerzeugung die wohl wichtigste Technik, um die Abhängigkeit jedes einzelnen Verbrauchers von einer externen Netzstromversorgung zu reduzieren – oder sogar gänzlich zu eliminieren.

Und aufgrund der limitierten Freiflächen, respektive einer Konkurrenz mit der Landwirtschaft, touristischen und anderen Aspekten, kommt Gebäuden, deren Dächern und Fassaden, eine zentrale Bedeutung zu.
Das bisherige Potenzial auf Dachflächen ist in Deutschland zu fast 90 Prozent ungenutzt.
  • Zwar unterscheidet sich das Gebäude-PV-Potenzial je nach Bundesland, allerdings konstatieren mehrere Untersuchungen, es würde bei derzeitigem Stand bereits genügen, rund 25 Prozent aller Dachflächen zu nutzen, um Deutschlands Stromverbrauch komplett autark zu machen.
  • Würden alle Dachflächen genutzt, könnte die Autarkie sogar ungeachtet aller weiteren Steigerungen gehalten werden – etwa, um den kompletten Verkehr auf Elektrofahrzeuge umzustellen und dadurch auch beim Öl unabhängiger von anderen Staaten zu werden.
  • Europa ist gerade dabei, sich bei der PV-Modulproduktion unabhängiger von Asien zu machen. Importe von dort werden zwar weiterhin eine große Rolle spielen, können jedoch längerfristig abgefedert werden.
Die Tragweite dieser Bedeutung wurde bislang nur von einigen Bundesländern richtig erkannt. Doch selbst dort herrscht bezüglich der jüngsten „Solarpflicht“-Gesetzgebungen viel Uneinigkeit: Die einen schreiben sie beispielsweise nur für gewerbliche Bauten vor, die anderen exkludieren Wohngebäude generell.

Und nirgendwo ist ein Schlüsselbaustein für eine wirkliche Autarkie vorgeschrieben: ein Stromspeicher. Dabei ermöglicht nur er es, auf einfachstem Weg den gesamten PV-Strom selbst zu verbrauchen und dadurch nebenbei die technische Regulierung der Einspeisung für die Netzbetreiber und Stromanbieter deutlich zu vereinfachen.

Die Lehre: Deutschland sollte schnellstmöglich eine bundeseinheitliche PV-Pflicht einführen – mit einem klaren Fokus auf energetische Autarkie. Diese muss zur Anlagengröße passende Stromspeicher inkludieren und sollte für jede Form von Neubau oder Dachsanierung gelten.

Ferner muss unbedingt (ähnlich wie bei der Zehn-Prozent-Regelung bei Dämmungen) konkret ausdefiniert werden, ab wann eine Dachsanierung eine PV-Pflicht nach sich zieht. Ausnahmen sollte es nur für Gebäude geben, bei denen Solartechnik aufgrund der Umgebungsbedingungen nicht möglich ist (etwa Abschattung durch Geländeformationen).

3. Subventionen und Fördermittel deutlich erhöhen

Wir befinden uns derzeit an einem Punkt, an dem verschiedene energetische Pflichten bei Gebäuden unter anderem am Ende der Wirtschaftlichkeit angelangt sind. Zu diesem Ergebnis kommt ein Positionspapier, das von den Wissenschaftlichen Diensten für den Bundestag angefertigt wurde.

Das heißt: Die angesprochene PV-Pflicht würde für alle Gebäude in Privat- und Unternehmensbesitz eine unzumutbare Zusatzbelastung darstellen. Erst recht im Angesicht der derzeit nach langen Jahren wieder steigenden Zinsen und der dramatischen Inflation.

Da es jedoch auf lange Sicht für Deutschlands Strompreise, seine energetische Autarkie und nicht zuletzt das Klima keine Alternative zu dieser Maßnahme gibt, muss es im jetzigen und zukünftigen Interesse aller Landes- und Bundesregierungen liegen, möglichst rasch auf jedem Dach Photovoltaik zu installieren. Die bisherigen Fördermittel von KfW, BAFA und anderen Stellen genügen dazu bei Weitem nicht.

Die Lehre: Da Energie für Deutschland eine derart erhebliche Bedeutung hat, müssen die Finanzierungsanstrengungen deutlich stärker in diese Richtung gelenkt werden. Dazu sind die Regierenden angehalten, Möglichkeiten zu finden, um eine PV-Pflicht ohne Zusatzbelastung von Wirtschaft und Bevölkerung durchzusetzen – neue oder erhöhte Steuern sollten deshalb keine Option sein.

Selbst im Rahmen der EU-Konvergenzkriterien könnte sich das durchsetzen lassen. Etwa durch den Verkauf von Staatsbeteiligungen, Abschaffung anderer Subventionen, Reduktion von Entwicklungszusammenarbeiten und den Ausgaben für die Politik.

 
stock.adobe.com/Pierre Olivier

4. Wasserstoff im ganz großen Stil

Das leichteste Element im Periodensystem hat einige extreme Vorteile aufzuweisen:
  • Es wird lediglich Wasser als Rohstoff benötigt.
  • Wasserstoff lässt sich komplett mit regenerativem Strom herstellen.
  • Es ist sowohl eine traditionelle Verbrennung als auch eine Nutzung in Brennstoffzellen möglich – bei ersterem beträgt der Heizwert mit etwa 143 Megajoule/Kilogramm mehr als das Dreifache von Ottokraftstoff.
  • Bei beiden Verwendungen ist Wasserdampf das hauptsächliche Abgas, nur bei einer Verbrennung kommen noch Stickoxide hinzu.
Zwar wird immer wieder das Argument angeführt, wonach der Wirkungsgrad einer Wasserstoff-basierten Stromerzeugung geringer sei als eine direkte Speicherung in Batterien – aus 100 Prozent für die Herstellung aufgewendetem Strom werden „nur“ rund 42 Prozent wieder rückverstromt.

Jedoch:
  • Wasserstoff würde Deutschland unabhängiger von Rohstoffen aus unzuverlässigen Nationen machen. Der einzige kritische Rohstoff bei Brennstoffzellen ist Platin. Davon werden pro Brennstoffzelle wenige Gramm benötigt, das Edelmetall lässt sich recyceln. Mit Südafrika ist ein recht stabiler Staat das Hauptförderland. Bei Batterien sind hingegen mehr Lithium und Kobalt nötig. Ersteres stammt hauptsächlich aus demokratischen Staaten (mehrheitlich Chile und Australien), Kobalt hingegen aus der Demokratischen Republik Kongo – die im Fragile State Index deutlich schlechtere Plätze als Südafrika belegt.
  • Die Speicherung von Wasserstoff ist einfacher als die von Strom. Ähnlich zu den Gasspeichern könnte Deutschland ein System von Wasserstoffspeichern aufbauen, um darin einen Energieträger für Notlagen zu bevorraten.
  • Wasserstoff kann verwendet werden, um Ammoniak umweltfreundlicher herzustellen. Das würde beispielsweise die Kunstdüngerproduktion unabhängiger von Erdgas machen. Ferner lässt sich das Element als alternatives Reduktionsmittel in der Stahlherstellung nutzen, wodurch die Notwendigkeit für Kokskohle entfällt – und somit eine weitere Abhängigkeit von Russland (45 Prozent der deutschen Steinkohle stammen ebenfalls von dort).
Die Lehre: Gerade, weil eine PV-Pflicht Überkapazitäten produzieren würde, sollte Deutschland eine umfassende Wasserstoffproduktion in Erwägung ziehen. Die Vorteile als Energieträger und chemischer Ausgangsstoff sind nicht von der Hand zu weisen.

Fazit:
Der Grund, warum Energie derzeit so teuer ist, liegt primär an der aktuellen politischen Weltlage. Das heißt jedoch nicht, Deutschlands Bundesregierungen der Vergangenheit seien völlig unschuldig.

Die Losung muss jetzt lauten, aus dieser Situation die richtigen Lehren zu ziehen, damit sie sich nie mehr wiederholen kann. Direkt ist es dazu nötig, Deutschland langfristig nur von stabilen, demokratischen Nationen abhängig zu machen. Indirekt muss die Politik dazu ein kurzfristiges Denken von Legislaturperiode zu Legislaturperiode ablegen – und lernen, in Dekaden zu denken.

Samstag, 3.09.2022, 16:39 Uhr
Redaktion

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