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Energie & Management > Österreich - Energielenkungsverordnung vorläufig gescheitert
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Energielenkungsverordnung vorläufig gescheitert

Vorerst werden Unternehmen die Kosten für den Umstieg von Erdgas auf andere Energieträger nicht abgegolten. Die Opposition will der Regierung "keinen Blankoscheck" gewähren.
Die geplante finanzielle Kompensation für die Umstellung von Kraft- und Heizwerken von Erdgas auf andere Brennstoffe in Österreich liegt vorläufig auf Eis. In der Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrats, der ersten Kammer des österreichischen Parlaments, am 23. August verweigerten sämtliche Oppositionsparteien ihre Zustimmung. Damit kam die für den Beschluss der Verordnung notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zustande.

Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz vor der Sitzung konstatierte der Energiesprecher der Sozialdemokraten (SPÖ), Alois Schroll, die Verordnung in ihrer nunmehr gescheiterten Fassung hätte Konzerne mit Steuergeld gefördert, "die ohnehin Krisengewinner sind". Ferner wäre es den begünstigten Unternehmen möglich gewesen, diese Förderung in Anspruch zu nehmen und dennoch mit dem Argument gestiegener Großhandelspreise für Erdgas die Preise für die Endkunden weiter zu erhöhen.

Lediglich in den rechtlich bedeutungslosen Erläuterungen habe sich eine – überdies schwammige – Formulierung gefunden, die dem entgegenstand, bemängelte Schroll auf Anfrage der Redaktion. Ferner habe die Regierung "keine nachvollziehbaren Zahlen" vorgelegt. So sei von 20 Mio. Euro an Kosten für die Steinkohle die Rede gewesen, die der Stromkonzern Verbund im Zuge der Rückrüstung des Kraftwerks Mellach I von Gas auf Kohle benötigt. Wie aus anderen Quellen hervorgeht, dürften sich diese Kosten jedoch auf rund 160 Mio. Euro belaufen. Schrolls Fazit: "Wir stellen der Regierung sicher keinen Blankoscheck aus."

SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried betonte, seine Partei sei indessen gesprächsbereit: "Eine vernünftige Verordnung können wir kommende Woche beschließen." Ein neuer Text müsste Leichtfried zufolge gewährleisten, dass Energiekonzerne mit "krisenbedingten" Gewinnen "ab einer bestimmten Höhe" keine Mittel auf Basis der Verordnung beanspruchen dürften: "Wer zwei Milliarden Euro Übergewinn macht, wird sich die Umstellung leisten können." Dies richtet sich gegen den Verbund, der für das heurige Jahr einen Gewinn in derartiger Höhe in Aussicht gestellt hatte.

Ähnlich argumentierten die rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ). Energiesprecher Axel Kassegger zufolge wollte die Bundesregierung "zig Millionen Euro Steuergeld quasi verschenken". Der Entwurf der Verordnung "drückt die vollkommene Hilflosigkeit der Bundesregierung aus. Sie löst kein einziges Problem. Denn das tatsächliche Problem ist die verfehlte Energiepolitik von Schwarz-Grün in den letzten Jahren und die Knieschuss-Sanktionspolitik gegen Russland."

Mit der ihrer Ansicht nach nicht gerechtfertigten Unterstützung der Energieunternehmen argumentierten auch die liberalen Neos. Zwar hätte deren Zustimmung nicht ausgereicht, um die Zweidrittelmehrheit zu gewährleisten. "Atmosphärisch" wäre ihr Placet indessen willkommen gewesen.

Konter der Regierung

Die Regierungsparteien, die konservative Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und die Grünen, reagierten scharf. "Mit ihrem verantwortungslosen Abstimmungsverhalten gefährdet die SPÖ die Versorgungssicherheit des Landes", wetterten die Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne). Könne der Verbund Mellach nicht rückrüsten, wäre die Versorgung von 260.000 Haushalten in der steirischen Landeshauptstadt Graz und deren Umfeld mit Strom und Wärme gefährdet. Dieses Argument ist jedoch fragwürdig: Schon im Juni hatte Verbund-Generaldirektor Michael Strugl betont, die benötigte Kohle könne schwerlich vor dem Winter beschafft werden. Sie werde aller Wahrscheinlichkeit nach erst im Frühjahr 2023 und damit nach dem kommenden Winter zur Verfügung stehen.

Für Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist das vorläufige Scheitern der Verordnung die zweite bittere Niederlage innerhalb kurzer Zeit. Am 22. August hatten Vertreter der Grünen und der ÖVP offen zugegeben, was inoffiziell seit längerer Zeit bekannt war: Das geplante Klimaschutzgesetz kommt vorerst nicht zustande. Die Grünen bestehen auf verbindliche Zielen für die Wirtschaft. Für die ÖVP kommen diese nicht infrage.

Dienstag, 23.08.2022, 16:41 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Energielenkungsverordnung vorläufig gescheitert
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Österreich
Energielenkungsverordnung vorläufig gescheitert
Vorerst werden Unternehmen die Kosten für den Umstieg von Erdgas auf andere Energieträger nicht abgegolten. Die Opposition will der Regierung "keinen Blankoscheck" gewähren.
Die geplante finanzielle Kompensation für die Umstellung von Kraft- und Heizwerken von Erdgas auf andere Brennstoffe in Österreich liegt vorläufig auf Eis. In der Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrats, der ersten Kammer des österreichischen Parlaments, am 23. August verweigerten sämtliche Oppositionsparteien ihre Zustimmung. Damit kam die für den Beschluss der Verordnung notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zustande.

Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz vor der Sitzung konstatierte der Energiesprecher der Sozialdemokraten (SPÖ), Alois Schroll, die Verordnung in ihrer nunmehr gescheiterten Fassung hätte Konzerne mit Steuergeld gefördert, "die ohnehin Krisengewinner sind". Ferner wäre es den begünstigten Unternehmen möglich gewesen, diese Förderung in Anspruch zu nehmen und dennoch mit dem Argument gestiegener Großhandelspreise für Erdgas die Preise für die Endkunden weiter zu erhöhen.

Lediglich in den rechtlich bedeutungslosen Erläuterungen habe sich eine – überdies schwammige – Formulierung gefunden, die dem entgegenstand, bemängelte Schroll auf Anfrage der Redaktion. Ferner habe die Regierung "keine nachvollziehbaren Zahlen" vorgelegt. So sei von 20 Mio. Euro an Kosten für die Steinkohle die Rede gewesen, die der Stromkonzern Verbund im Zuge der Rückrüstung des Kraftwerks Mellach I von Gas auf Kohle benötigt. Wie aus anderen Quellen hervorgeht, dürften sich diese Kosten jedoch auf rund 160 Mio. Euro belaufen. Schrolls Fazit: "Wir stellen der Regierung sicher keinen Blankoscheck aus."

SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried betonte, seine Partei sei indessen gesprächsbereit: "Eine vernünftige Verordnung können wir kommende Woche beschließen." Ein neuer Text müsste Leichtfried zufolge gewährleisten, dass Energiekonzerne mit "krisenbedingten" Gewinnen "ab einer bestimmten Höhe" keine Mittel auf Basis der Verordnung beanspruchen dürften: "Wer zwei Milliarden Euro Übergewinn macht, wird sich die Umstellung leisten können." Dies richtet sich gegen den Verbund, der für das heurige Jahr einen Gewinn in derartiger Höhe in Aussicht gestellt hatte.

Ähnlich argumentierten die rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ). Energiesprecher Axel Kassegger zufolge wollte die Bundesregierung "zig Millionen Euro Steuergeld quasi verschenken". Der Entwurf der Verordnung "drückt die vollkommene Hilflosigkeit der Bundesregierung aus. Sie löst kein einziges Problem. Denn das tatsächliche Problem ist die verfehlte Energiepolitik von Schwarz-Grün in den letzten Jahren und die Knieschuss-Sanktionspolitik gegen Russland."

Mit der ihrer Ansicht nach nicht gerechtfertigten Unterstützung der Energieunternehmen argumentierten auch die liberalen Neos. Zwar hätte deren Zustimmung nicht ausgereicht, um die Zweidrittelmehrheit zu gewährleisten. "Atmosphärisch" wäre ihr Placet indessen willkommen gewesen.

Konter der Regierung

Die Regierungsparteien, die konservative Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und die Grünen, reagierten scharf. "Mit ihrem verantwortungslosen Abstimmungsverhalten gefährdet die SPÖ die Versorgungssicherheit des Landes", wetterten die Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne). Könne der Verbund Mellach nicht rückrüsten, wäre die Versorgung von 260.000 Haushalten in der steirischen Landeshauptstadt Graz und deren Umfeld mit Strom und Wärme gefährdet. Dieses Argument ist jedoch fragwürdig: Schon im Juni hatte Verbund-Generaldirektor Michael Strugl betont, die benötigte Kohle könne schwerlich vor dem Winter beschafft werden. Sie werde aller Wahrscheinlichkeit nach erst im Frühjahr 2023 und damit nach dem kommenden Winter zur Verfügung stehen.

Für Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist das vorläufige Scheitern der Verordnung die zweite bittere Niederlage innerhalb kurzer Zeit. Am 22. August hatten Vertreter der Grünen und der ÖVP offen zugegeben, was inoffiziell seit längerer Zeit bekannt war: Das geplante Klimaschutzgesetz kommt vorerst nicht zustande. Die Grünen bestehen auf verbindliche Zielen für die Wirtschaft. Für die ÖVP kommen diese nicht infrage.

Dienstag, 23.08.2022, 16:41 Uhr
Klaus Fischer

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