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Energie & Management > Politik - Energiegesetze mit vielen offenen Fragen verabschiedet
Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde
Politik

Energiegesetze mit vielen offenen Fragen verabschiedet

In ihren letzten Sitzungen vor der Sommerpause haben Bundestag und Bundesrat das neue Klimaschutzgesetz und ein Bündel von Energiegesetzen verabschiedet. Viele Fragen bleiben ungeklärt.
In Rekordgeschwindigkeit hatte die Bundesregierung das neue Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht, nachdem das Bundesverfassungsgericht das alte als „teilweise verfassungswidrig“ bezeichnet hatte. Danach soll schon bis 2045, also fünf Jahre früher als geplant, Deutschland klimaneutral werden. Mindestens 65 % weniger Treibhausgase bis 2030 im Vergleich zu 1990, mindestens 88 % weniger bis 2040 sind die Etappenziele bis dahin.

Was fehlt, sind konkrete Maßnahmen, um das Ziel zu erreichen. Trotz 8 Mrd. Euro zusätzlich für Verkehr und Gebäudesanierung. Schuldig blieb die Bundesregierung einen Ausbaupfad für Wind- und Sonnenenergie über 2022 hinaus und eine Entlastung von Mietern bei den CO2-Preiskosten.

Großes Bündel von Energiegesetzen verabschiedet

Der Bundestag beschloss am Abend des 24. Juni die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze, die Verordnung zur Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 und Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel.

Die Klimaschutzbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Anja Weisgerber, erläuterte zum Carbon Leakage: „Damit entlasten wir die Unternehmen, die im europäischen und internationalen Wettbewerb stehen, von den Kosten aus dem nationalen Emissionshandel und vermeiden Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland.“ Weitreichendere Entlastungen hinsichtlich der Kompensationshöhe und der beihilfeberechtigten Unternehmen seien „aufgrund der Blockadehaltung der SPD“ leider nicht machbar gewesen, sagte sie.

Kritik aus der Opposition

Die Parteichefin der Linken, Janine Wissler, kritisierte die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung als ineffektiv und unsozial. Das Investitionsprogramm komme viel zu spät und sei nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Der Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Martin Neumann, hätte sich gewünscht, „dass die Bundesregierung einen effizienten Weg zeigt, wie Klimaneutralität wirklich erreicht werden soll, statt starrer Minderungsziele und mehr Leistungszubau volatiler Energieträger festzuschreiben“.

Der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sprach von einem „Wunschzettel“, den die nächste Bundesregierung umzusetzen habe. Der Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende, Patrick Graichen, nannte das 8-Mrd.-Programm „einen ungedeckten Scheck“, weil es vor allem Haushaltsmittel 2022 in Aussicht stellt, über die aber die nächste Regierung und das nächste Parlament entscheiden.

Verbände vermissen großen Wurf

„Kleine Verbesserungen, aber nicht der große Wurf“, nennt der BDEW das novellierte EnWG. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, begrüßte Verbesserungen an „zahlreichen kleineren energiepolitischen Stellschrauben“. So gebe das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) die Chance, den Smart-Meter-Rollout fortzusetzen.

VKU-Chef Ingbert Liebing begrüßte die maßvolle Erhöhung der Ausschreibungsmengen für Erneuerbare-Energien-Anlagen und die Erleichterungen für die Modernisierung alter Windenergieanlagen. „Wir brauchen binnen der ersten Hundert Tage unter anderem ein Erneuerbare-Energien-Programm mit angepassten, langfristig angelegten Ausbaupfaden“, forderte Liebing zugleich.

Der Städtetag kritisierte, dass das neue Klimaschutzgesetz allein nicht ausreiche, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. „Deshalb muss das Klimaschutzsofortprogramm von der neuen Bundesregierung rasch nachgeschärft und deutlich erweitert werden“, forderte der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung. Die Städte müssten jede Menge zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen angehen, wofür sie die Hilfe von Bund und Ländern benötigen, sagte er. Konkret forderte er den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien und mehr Fördermittel für die energetische Gebäudesanierung.

Gasbranche vorsichtig optimistisch

Für die Gasbranche begrüßte Timm Kehler die Entscheidung des Bundestags für eine gemeinsame Nutzung und Finanzierung von Erdgas- und Wasserstoffnetzen. Der Vorstand von Zukunft Gas nannte sie einen ersten Schritt hin zu dem erfolgreichen Hochlauf einer deutschen und europäischen Wasserstoffwirtschaft. „Nun gilt es zügig eine Änderung der europäischen Regelung zu bewirken: im Idealfall bereits im Zuge der Überarbeitung der Gasbinnenmarktregelung“, forderte Kehler.

Die Reparatur des Anfang 2021 in Kraft getretenen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) biete eine echte Perspektive für Tausende Biogasanlagenbetreiber, lobte Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. „Die Streichung des Flexibilitätszuschlags für Biogasanlagen im zweiten EEG-Vergütungszeitraum wurde zurückgenommen“, sagte sie. Allerdings sei keine Weiterentwicklung der Anschlussvergütung für kleine güllevergärende Biogasanlagen nach Ablauf ihres ersten Vergütungszeitraums erreicht worden, bedauerte Rostek zugleich.

Freitag, 25.06.2021, 13:11 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Energiegesetze mit vielen offenen Fragen verabschiedet
Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde
Politik
Energiegesetze mit vielen offenen Fragen verabschiedet
In ihren letzten Sitzungen vor der Sommerpause haben Bundestag und Bundesrat das neue Klimaschutzgesetz und ein Bündel von Energiegesetzen verabschiedet. Viele Fragen bleiben ungeklärt.
In Rekordgeschwindigkeit hatte die Bundesregierung das neue Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht, nachdem das Bundesverfassungsgericht das alte als „teilweise verfassungswidrig“ bezeichnet hatte. Danach soll schon bis 2045, also fünf Jahre früher als geplant, Deutschland klimaneutral werden. Mindestens 65 % weniger Treibhausgase bis 2030 im Vergleich zu 1990, mindestens 88 % weniger bis 2040 sind die Etappenziele bis dahin.

Was fehlt, sind konkrete Maßnahmen, um das Ziel zu erreichen. Trotz 8 Mrd. Euro zusätzlich für Verkehr und Gebäudesanierung. Schuldig blieb die Bundesregierung einen Ausbaupfad für Wind- und Sonnenenergie über 2022 hinaus und eine Entlastung von Mietern bei den CO2-Preiskosten.

Großes Bündel von Energiegesetzen verabschiedet

Der Bundestag beschloss am Abend des 24. Juni die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze, die Verordnung zur Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 und Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel.

Die Klimaschutzbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Anja Weisgerber, erläuterte zum Carbon Leakage: „Damit entlasten wir die Unternehmen, die im europäischen und internationalen Wettbewerb stehen, von den Kosten aus dem nationalen Emissionshandel und vermeiden Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland.“ Weitreichendere Entlastungen hinsichtlich der Kompensationshöhe und der beihilfeberechtigten Unternehmen seien „aufgrund der Blockadehaltung der SPD“ leider nicht machbar gewesen, sagte sie.

Kritik aus der Opposition

Die Parteichefin der Linken, Janine Wissler, kritisierte die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung als ineffektiv und unsozial. Das Investitionsprogramm komme viel zu spät und sei nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Der Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Martin Neumann, hätte sich gewünscht, „dass die Bundesregierung einen effizienten Weg zeigt, wie Klimaneutralität wirklich erreicht werden soll, statt starrer Minderungsziele und mehr Leistungszubau volatiler Energieträger festzuschreiben“.

Der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sprach von einem „Wunschzettel“, den die nächste Bundesregierung umzusetzen habe. Der Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende, Patrick Graichen, nannte das 8-Mrd.-Programm „einen ungedeckten Scheck“, weil es vor allem Haushaltsmittel 2022 in Aussicht stellt, über die aber die nächste Regierung und das nächste Parlament entscheiden.

Verbände vermissen großen Wurf

„Kleine Verbesserungen, aber nicht der große Wurf“, nennt der BDEW das novellierte EnWG. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, begrüßte Verbesserungen an „zahlreichen kleineren energiepolitischen Stellschrauben“. So gebe das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) die Chance, den Smart-Meter-Rollout fortzusetzen.

VKU-Chef Ingbert Liebing begrüßte die maßvolle Erhöhung der Ausschreibungsmengen für Erneuerbare-Energien-Anlagen und die Erleichterungen für die Modernisierung alter Windenergieanlagen. „Wir brauchen binnen der ersten Hundert Tage unter anderem ein Erneuerbare-Energien-Programm mit angepassten, langfristig angelegten Ausbaupfaden“, forderte Liebing zugleich.

Der Städtetag kritisierte, dass das neue Klimaschutzgesetz allein nicht ausreiche, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. „Deshalb muss das Klimaschutzsofortprogramm von der neuen Bundesregierung rasch nachgeschärft und deutlich erweitert werden“, forderte der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung. Die Städte müssten jede Menge zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen angehen, wofür sie die Hilfe von Bund und Ländern benötigen, sagte er. Konkret forderte er den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien und mehr Fördermittel für die energetische Gebäudesanierung.

Gasbranche vorsichtig optimistisch

Für die Gasbranche begrüßte Timm Kehler die Entscheidung des Bundestags für eine gemeinsame Nutzung und Finanzierung von Erdgas- und Wasserstoffnetzen. Der Vorstand von Zukunft Gas nannte sie einen ersten Schritt hin zu dem erfolgreichen Hochlauf einer deutschen und europäischen Wasserstoffwirtschaft. „Nun gilt es zügig eine Änderung der europäischen Regelung zu bewirken: im Idealfall bereits im Zuge der Überarbeitung der Gasbinnenmarktregelung“, forderte Kehler.

Die Reparatur des Anfang 2021 in Kraft getretenen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) biete eine echte Perspektive für Tausende Biogasanlagenbetreiber, lobte Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. „Die Streichung des Flexibilitätszuschlags für Biogasanlagen im zweiten EEG-Vergütungszeitraum wurde zurückgenommen“, sagte sie. Allerdings sei keine Weiterentwicklung der Anschlussvergütung für kleine güllevergärende Biogasanlagen nach Ablauf ihres ersten Vergütungszeitraums erreicht worden, bedauerte Rostek zugleich.

Freitag, 25.06.2021, 13:11 Uhr
Susanne Harmsen

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