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Energie & Management > Politik - Energieakteure warnen vor Teilung der Stromgebotszone
Quelle: Fotolia / ChaotiC PhotographY
Politik

Energieakteure warnen vor Teilung der Stromgebotszone

Energieverbände haben die Bundesregierung aufgefordert, die einheitliche deutsche Stromgebotszone zu erhalten. Sie reagieren damit auf eine Empfehlung der Europäischen Netzbetreiber.
Der Verband der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber (Entsoe) hat am 28. April 2025 seinen aktuellen „Bidding Zone Study Report“ veröffentlicht (wir berichteten). Darin schlägt der Verband die Aufteilung der deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone in fünf kleinere Zonen vor. Der Bericht legt sich zwar noch nicht abschließend auf ein Modell fest, die Bundesregierung ist jedoch verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten Position zu beziehen.

Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber – 50 Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW – äußern Bedenken gegen die Empfehlung der europäischen Kollegen. Die Datengrundlage des Berichts sei veraltet, die Analysezeiträume uneinheitlich und die erwarteten Wohlfahrtsgewinne nicht belastbar genug für eine grundlegende Entscheidung über die Struktur der Stromgebotszonen.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und die Energy Traders (Efet) Deutschland kritisieren diesen Vorschlag. Laut BEE-Präsidentin Simone Peter birgt die Aufteilung erhebliche Risiken für die Strompreise, die Investitionssicherheit sowie den Ausbau von erneuerbaren Energien und Flexibilitäten. Zwar würden laut Entsoe-Modellierungen im Jahr 2025 Wohlfahrtsgewinne von rund 339 Millionen Euro erwartet, dies entspreche jedoch weniger als einem Prozent der Systemkosten. Peter sieht darin keinen ausreichenden Nutzen.

Wichtige Kriterien fehlen im Entsoe-Bericht

Bereits im vergangenen Jahr hatte der BEE gemeinsam mit weiteren Energie- und Wirtschaftsverbänden einen Realitätscheck gefordert, der sämtliche wirtschaftlichen Auswirkungen eines Gebotszonensplits berücksichtigen soll. Kritik äußert der Verband, insbesondere an der engen Auslegung der Bewertungsgrundlage durch Entsoe. In der Analyse seien nur Marktliquidität und Transaktionskosten untersucht worden. Weitere zentrale Faktoren wie Netzsicherheit, Markteffizienz, Stabilität, die Robustheit der Gebotszonen oder die Auswirkungen auf die Energiewende seien außen vor geblieben.

Peter betont, dass langfristige Preisstabilität essenziell für Investitionen und Risikomanagement sei – sowohl für die Industrie als auch für die Privathaushalte. Sie verweist auf den hochliquiden deutschen Terminmarkt, der in der Energiepreiskrise 2022 stabilisierend gewirkt habe. Die Trennung der deutsch-österreichischen Stromgebotszone im Jahr 2018 habe hingegen gezeigt, wie stark der Terminhandel durch kleinere Zonen beeinträchtigt werde. Österreich habe seither einen deutlichen Rückgang beim Handelsvolumen erlebt.

Investitionssicherheit erhalten

Aus Sicht des BEE würde eine weitere Zonenaufteilung zu stärker volatilen Preisen führen – speziell in Regionen mit hoher Einspeisung erneuerbarer Energien bei gleichzeitig geringer Last. Dies könne zu häufigeren Zeitfenstern mit negativen Strompreisen führen, in denen Strom aus Erneuerbaren nicht vergütet wird. Dies gefährde die Wirtschaftlichkeit sowohl neuer als auch bestehender Anlagen und schrecke Investoren ab.

Auch Energy Traders Deutschland, der Verband der Energiehändler mit Sitz in Berlin, spricht sich gegen die Aufspaltung der Gebotszone aus. Der Vorstandsvorsitzende Bernhard Walter betont, eine stabile Zonenkonfiguration sei Voraussetzung für liquide Großhandelsmärkte. Nur so könnten Marktakteure Risiken kontrollieren und Strom effizient und kostengünstig handeln. Eine Aufteilung der Gebotszone würde diese Liquidität gefährden und grenzüberschreitenden Wettbewerb schwächen. Zudem warnt der Verband vor weitreichenden regulatorischen Folgen und zusätzlichen Kosten durch eine Neustrukturierung der Preiszonen.

Nachteile für die Industrie befürchtet

Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer, sieht in der Aufspaltung einen massiven Nachteil für die energieintensive Industrie. Eine kleinteilige Marktstruktur würde zu höheren Preisen, weniger Wettbewerb und zusätzlicher Bürokratie führen. Die Marktliquidität nähme ab, regionale Monopole könnten begünstigt werden. Dercks fordert die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene weiter für den Erhalt der einheitlichen Zone einzusetzen. Nur ein starker Binnenmarkt mit grenzüberschreitender Infrastruktur schaffe stabile Rahmenbedingungen.

Simone Peter kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Debatte über sogenannte „lokale Strompreise“, die von einigen Akteuren ins Spiel gebracht wurden. Stattdessen sollten regionale Signale über gezielte Marktmechanismen wie Energy Sharing, regionale Flexibilitätsmärkte oder direkte Einbindung über Verteilnetzbetreiber geschaffen werden.

Dienstag, 29.04.2025, 16:28 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Energieakteure warnen vor Teilung der Stromgebotszone
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Politik
Energieakteure warnen vor Teilung der Stromgebotszone
Energieverbände haben die Bundesregierung aufgefordert, die einheitliche deutsche Stromgebotszone zu erhalten. Sie reagieren damit auf eine Empfehlung der Europäischen Netzbetreiber.
Der Verband der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber (Entsoe) hat am 28. April 2025 seinen aktuellen „Bidding Zone Study Report“ veröffentlicht (wir berichteten). Darin schlägt der Verband die Aufteilung der deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone in fünf kleinere Zonen vor. Der Bericht legt sich zwar noch nicht abschließend auf ein Modell fest, die Bundesregierung ist jedoch verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten Position zu beziehen.

Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber – 50 Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW – äußern Bedenken gegen die Empfehlung der europäischen Kollegen. Die Datengrundlage des Berichts sei veraltet, die Analysezeiträume uneinheitlich und die erwarteten Wohlfahrtsgewinne nicht belastbar genug für eine grundlegende Entscheidung über die Struktur der Stromgebotszonen.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und die Energy Traders (Efet) Deutschland kritisieren diesen Vorschlag. Laut BEE-Präsidentin Simone Peter birgt die Aufteilung erhebliche Risiken für die Strompreise, die Investitionssicherheit sowie den Ausbau von erneuerbaren Energien und Flexibilitäten. Zwar würden laut Entsoe-Modellierungen im Jahr 2025 Wohlfahrtsgewinne von rund 339 Millionen Euro erwartet, dies entspreche jedoch weniger als einem Prozent der Systemkosten. Peter sieht darin keinen ausreichenden Nutzen.

Wichtige Kriterien fehlen im Entsoe-Bericht

Bereits im vergangenen Jahr hatte der BEE gemeinsam mit weiteren Energie- und Wirtschaftsverbänden einen Realitätscheck gefordert, der sämtliche wirtschaftlichen Auswirkungen eines Gebotszonensplits berücksichtigen soll. Kritik äußert der Verband, insbesondere an der engen Auslegung der Bewertungsgrundlage durch Entsoe. In der Analyse seien nur Marktliquidität und Transaktionskosten untersucht worden. Weitere zentrale Faktoren wie Netzsicherheit, Markteffizienz, Stabilität, die Robustheit der Gebotszonen oder die Auswirkungen auf die Energiewende seien außen vor geblieben.

Peter betont, dass langfristige Preisstabilität essenziell für Investitionen und Risikomanagement sei – sowohl für die Industrie als auch für die Privathaushalte. Sie verweist auf den hochliquiden deutschen Terminmarkt, der in der Energiepreiskrise 2022 stabilisierend gewirkt habe. Die Trennung der deutsch-österreichischen Stromgebotszone im Jahr 2018 habe hingegen gezeigt, wie stark der Terminhandel durch kleinere Zonen beeinträchtigt werde. Österreich habe seither einen deutlichen Rückgang beim Handelsvolumen erlebt.

Investitionssicherheit erhalten

Aus Sicht des BEE würde eine weitere Zonenaufteilung zu stärker volatilen Preisen führen – speziell in Regionen mit hoher Einspeisung erneuerbarer Energien bei gleichzeitig geringer Last. Dies könne zu häufigeren Zeitfenstern mit negativen Strompreisen führen, in denen Strom aus Erneuerbaren nicht vergütet wird. Dies gefährde die Wirtschaftlichkeit sowohl neuer als auch bestehender Anlagen und schrecke Investoren ab.

Auch Energy Traders Deutschland, der Verband der Energiehändler mit Sitz in Berlin, spricht sich gegen die Aufspaltung der Gebotszone aus. Der Vorstandsvorsitzende Bernhard Walter betont, eine stabile Zonenkonfiguration sei Voraussetzung für liquide Großhandelsmärkte. Nur so könnten Marktakteure Risiken kontrollieren und Strom effizient und kostengünstig handeln. Eine Aufteilung der Gebotszone würde diese Liquidität gefährden und grenzüberschreitenden Wettbewerb schwächen. Zudem warnt der Verband vor weitreichenden regulatorischen Folgen und zusätzlichen Kosten durch eine Neustrukturierung der Preiszonen.

Nachteile für die Industrie befürchtet

Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer, sieht in der Aufspaltung einen massiven Nachteil für die energieintensive Industrie. Eine kleinteilige Marktstruktur würde zu höheren Preisen, weniger Wettbewerb und zusätzlicher Bürokratie führen. Die Marktliquidität nähme ab, regionale Monopole könnten begünstigt werden. Dercks fordert die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene weiter für den Erhalt der einheitlichen Zone einzusetzen. Nur ein starker Binnenmarkt mit grenzüberschreitender Infrastruktur schaffe stabile Rahmenbedingungen.

Simone Peter kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Debatte über sogenannte „lokale Strompreise“, die von einigen Akteuren ins Spiel gebracht wurden. Stattdessen sollten regionale Signale über gezielte Marktmechanismen wie Energy Sharing, regionale Flexibilitätsmärkte oder direkte Einbindung über Verteilnetzbetreiber geschaffen werden.

Dienstag, 29.04.2025, 16:28 Uhr
Susanne Harmsen

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