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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Endlich loslegen
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Endlich loslegen

Lange hat die Energiewirtschaft auf klare Rahmenbedingungen für den Smart Meter Rollout gewartet. Die nun geltenden Vorgaben sind zum Teil sportlich.
„Der Bundesrat hat in seiner 1033. Sitzung am 12. Mai 2023 beschlossen, zu dem
vom Deutschen Bundestag am 20. April 2023 verabschiedeten Gesetz einen Antrag
gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes n i c h t zu stellen“, heißt es lapidar mit gesperrt gedruckten Buchstaben im Beschluss der Länderkammer. Damit ist der Weg frei für das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende. Es wird kein gemeinsamer Ausschuss von Bundesrat und Bundestag einberufen und keine erneute Abstimmung der Parlamentarier geben.

Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe war noch nicht ganz klar, ob das Gesetz noch im Mai in Kraft treten wird. Möglicherweise könnte dies der Fall sein, wahrscheinlich jedoch im Juni, vermutete Jost Eder, Rechtsanwalt und Partner bei Becker Büttner Held (BBH), kürzlich bei der Regulierungskonferenz des Arbeitskreises REGTP in Berlin − der Arbeitskreis ist noch nach der ursprünglichen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post benannt.

Nach all den juristischen Auseinandersetzungen, die um das Messstellenbetriebsgesetz und den Rollout intelligenter Messsysteme in den vergangenen Jahren entbrannt waren, schafft das Gesetz in einer Reihe von bislang strittigen Fragen Klarheit. Gleichzeitig kommen damit deutlich ambitioniertere Ziele für den Rollout intelligenter Messsysteme auf die Branche zu.

Alle Einbaugruppen werden auf einen Schlag freigegeben und die von den grundzuständigen Messstellenbetreibern zu erfüllenden Einbauquoten im Vergleich zum bisher geltenden Rechtsrahmen deutlich angehoben. Statt der 10-Prozent-Quote der Pflichteinbaufälle bei Letztverbrauchern im Zeitraum der ersten drei Jahre seit Erlass der ursprünglichen Marktverfügbarkeitserklärung sind jetzt 20 Prozent der Pflichteinbaufälle bis zum 31. Dezember 2025 abzuarbeiten. In einem Gespräch mit Journalisten wies Volker Schirra darauf hin, dass damit die zu verbauende Gerätemenge stark ansteigt. Innerhalb der ersten drei Jahre bedeute dies etwa eine Verdreifachung der geforderten Einbauten, so der Geschäftsführer des Metering-Dienstleisters Voltaris, der unter anderem als Gateway-Administrator tätig ist und im Rahmen einer Anwendergemeinschaft Stadtwerke beim Smart Meter Rollout berät und unterstützt.

Angesichts der Erfahrungen der vergangenen Monate mit der Chipkrise beziehungsweise mit dem allgemeinen Mangel an elektronischen Bauteilen und entsprechenden Lieferengpässen, betonte er, sei Geräteknappheit aktuell kein Thema. „Wir sind gut auf die gestiegenen Anforderungen vorbereitet“, so Schirra.

Zubau von EEG-Anlagen erhöht die Zahl der Einbaufälle

Mit dem zu erwartenden Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen, mit der zunehmenden Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors und der damit steigenden Zahl an Ladestationen, Wallboxen und Wärmepumpen im Netz werden die Pflichteinbaufälle deutlich zunehmen. Schirra rechnet damit, dass bis 2030 durchschnittlich etwa 30 bis 40 Prozent aller Messstellen in einem Verteilnetzgebiet mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden müssen. Aktuell seien es 15 bis 20 Prozent.

Damit kommen auf die Stadtwerke durchaus herausfordernde Zeiten zu. Mit dem agilen Rollout, den das Gesetz nun vorsieht, können sie auch unmittelbar starten. Marcus Hörhammer rät deshalb, nun keine Zeit zu verlieren. „Die Pflicht, 20 Prozent der Pflichteinbaufälle bis Ende 2025 abgearbeitet zu haben, bedeutet im Grunde nichts anderes als die Aufforderung, mit dem Rollout unverzüglich anzufangen oder weiterzumachen“, so der Bereichsleiter Produktentwicklung und Vertrieb von Voltaris im Gespräch mit E&M. Abhängig von Netzgröße, bisherigem Umbaustand und Professionalität der Prozesse könne dies sportlich werden, so seine Einschätzung.

Die Stadtwerke Dreieich sind ein solcher kleiner Netz- beziehungsweise Messstellenbetreiber. Der kommunale Versorger aus dem Landkreis Offenbach in Hessen hat laut Steffen Arta „erste Gehversuche“ beim Smart Meter Rollout bereits 2016 gemacht. Auf einem Podium der Regulierungskonferenz des Arbeitskreises REGTP berichtete der Stadtwerkegeschäftsführer vom Rollout intelligenter Messsysteme in einem „kleinen überschaubaren“ Rahmen. Angesichts der „Hängepartie“ in den letzten Jahren habe man sich in eine „Beobachterrolle“ begeben. „Ein Stück weit bin ich froh über den aktuellen Gesetzentwurf, weil wir als Energieversorger in die Lage versetzt werden, jetzt tatsächlich zu handeln“, sagte Arta. Nun werden die Stadtwerke, die insgesamt 26.000 Zählpunkte im eigenen Netz haben, die Rollout-Planung wieder aus der Schublade holen, die Situation gegebenenfalls neu bewerten und dann „unaufgeregt“ den Rollout angehen.

Die Netzgesellschaft der Stadtwerke Braunschweig hat bereits einige Hundert intelligente Messsysteme ins Feld gebracht, wie deren Geschäftsführer Klaus Winter ebenfalls in Berlin berichtete. Die Braunschweiger Netz GmbH gehört zu den Messstellenbetreibern, die eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Marktverfügbarkeitserklärung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angestrengt hatten. Daher habe man zwar zunächst „einige Hundert“ intelligente Messsysteme eingebaut, sei dann aber „auf die Bremse getreten“, sagte Winter. Gleichzeitig betonte er, Beschwerde gegen die Markterklärung einzulegen, bedeute nicht, gegen das intelligente Messwesen zu sein. Das Ziel sei in Ordnung, aber das Handwerkliche, wie die Rahmenbedingungen für den Rollout geschaffen wurden, sei es nicht, stellte er klar.

Regelung zur Aufteilung der Kosten greift sofort

Eine entscheidende Änderung im Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende gegenüber der bisherigen Regelung ist die Aufteilung der Kosten zwischen dem Kunden und dem Netzbetreiber. Diese greift sofort mit Inkrafttreten des Gesetzes. Zwar bleibt beispielsweise die Preisobergrenze für Einbau und Betrieb eines intelligenten Messsystems in einem Privathaushalt bei 100 Euro. Künftig müssen die Kunden statt des vollen Betrags jedoch nur noch 20 Euro und der Netzbetreiber 80 Euro tragen.

Vor diesem Hintergrund warnt Winter vor einer unredlichen Diskussion. Denn der Netzbetreiber profitiere nicht zwangsläufig vom Rollout. Deshalb schließt er nicht aus, dass die 80 Euro in voller Höhe in die Ermittlung der Netzentgelte einfließen und letztlich dann doch bei den Kunden als Mehrbelastung ankommen. Die Vorteile für die Netzbetreiber, wie sie sich der Gesetzgeber offensichtlich vorstellt, etwa durch das intelligente Schalten und Steuern über das Smart Meter Gateway und damit die Vermeidung von Netzausbaukosten, sieht Winter zumindest in naher Zukunft noch nicht − allenfalls mittel- oder langfristig, wenn der Voll-Rollout tatsächlich Realität ist.

Steffen Arta bekräftigt zwar, dass derjenige die Kosten tragen solle, der auch den Nutzen hat. Dass die Verteilnetzbetreiber aber einen unmittelbaren Nutzen haben werden, bezweifelt auch er und verweist ebenfalls auf den Voll-Rollout. Die erforderliche Menge an intelligenten Messsystemen, die tatsächlich Transparenz ins Verteilnetz bringen und eine intelligente Netzführung ermöglichen, sieht er zumindest in den nächsten fünf Jahren noch nicht. Dennoch ist es aus Artas Sicht keine Option, den Kopf in den Sand zu stecken. „Wir gehen den Rollout an“, versicherte er.

Dafür gelte es aber zunächst einmal, sich Dienstleistungskapazitäten zu sichern.
In der Anwendergemeinschaft von Voltaris, die mittlerweile mehr als 40 Stadtwerke umfasst, sind knappe Montagekapazitäten kein wesentliches Thema. Marcus Hörhammer und seine Kollegen werden jedoch zunehmend auf IT-Dienstleistungen über die Gateway-Administration hinaus zur Umsetzung des intelligenten Messstellenbetriebs angesprochen.

Da die Neugestaltung von Paragraf 14a EnWG vorsieht, dass ab dem 1. Januar 2024 eine Anlage über ein intelligentes Messsystem steuerbar sein muss, müssen auch die Backend-Systeme, mit denen das Smart Meter Gateway kommunizieren soll, entsprechend ertüchtigt werden. Darüber hinaus müssen Netzbetreiber und Messstellenbetreiber bis Anfang 2025 die Voraussetzungen dafür schaffen, dass steuerbare Verbraucher und Einspeiser auch tatsächlich geschaltet werden können.

Dies setze funktionierende Prozesse und Systeme voraus, sagt Marcus Hörhammer. Daher gehe mit der Komplexitätsreduktion im regulatorischen Rahmen eine steigende Komplexität für die Akteure im Operativen einher. Die Umsetzung des sogenannten aktiven externen Marktteilnehmers (aEMT) − über dieses System läuft die Kommunikation des Smart Meter Gateways mit der Steuerbox − und damit die Anbindung an die Systeme des Messstellenbetriebs ist nur ein Beispiel dafür.

Nachfrage nach „Full Service“ nimmt zu

„Für die Netzgesellschaften im Konzernverbund betreiben wir das aEMT-System sowie das MSB-System schon“, sagt Hörhammer. Daher habe Voltaris das entsprechende Know-how, dies künftig neben der Gateway-Administration und anderen Metering-Dienstleistungen auch Dritten anzubieten. Solche Anfragen von Stadtwerken für einen „MSB Full Service“ inklusive Systemen und Prozessen des Messstellenbetriebs habe es bereits gegeben, sagt Hörhammer. Derzeit werde eine EVU-Plattform pilotiert, mit der den Stadtwerkepartnern ein Full-Service-Angebot von A bis Z bereitgestellt werden kann.
 
Podium beim Arbeitskreis REGTP in Berlin (v.l.): Jost Eder (BBH), Klaus Winter (Braunschweiger Netz GmbH), Michal Sobotka (Gwadriga), Steffen Arta (SW Dreieich), Andreas Lied (BBH Consulting)
Quelle: Screenshot E&M

Freitag, 9.06.2023, 08:49 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Endlich loslegen
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Endlich loslegen
Lange hat die Energiewirtschaft auf klare Rahmenbedingungen für den Smart Meter Rollout gewartet. Die nun geltenden Vorgaben sind zum Teil sportlich.
„Der Bundesrat hat in seiner 1033. Sitzung am 12. Mai 2023 beschlossen, zu dem
vom Deutschen Bundestag am 20. April 2023 verabschiedeten Gesetz einen Antrag
gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes n i c h t zu stellen“, heißt es lapidar mit gesperrt gedruckten Buchstaben im Beschluss der Länderkammer. Damit ist der Weg frei für das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende. Es wird kein gemeinsamer Ausschuss von Bundesrat und Bundestag einberufen und keine erneute Abstimmung der Parlamentarier geben.

Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe war noch nicht ganz klar, ob das Gesetz noch im Mai in Kraft treten wird. Möglicherweise könnte dies der Fall sein, wahrscheinlich jedoch im Juni, vermutete Jost Eder, Rechtsanwalt und Partner bei Becker Büttner Held (BBH), kürzlich bei der Regulierungskonferenz des Arbeitskreises REGTP in Berlin − der Arbeitskreis ist noch nach der ursprünglichen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post benannt.

Nach all den juristischen Auseinandersetzungen, die um das Messstellenbetriebsgesetz und den Rollout intelligenter Messsysteme in den vergangenen Jahren entbrannt waren, schafft das Gesetz in einer Reihe von bislang strittigen Fragen Klarheit. Gleichzeitig kommen damit deutlich ambitioniertere Ziele für den Rollout intelligenter Messsysteme auf die Branche zu.

Alle Einbaugruppen werden auf einen Schlag freigegeben und die von den grundzuständigen Messstellenbetreibern zu erfüllenden Einbauquoten im Vergleich zum bisher geltenden Rechtsrahmen deutlich angehoben. Statt der 10-Prozent-Quote der Pflichteinbaufälle bei Letztverbrauchern im Zeitraum der ersten drei Jahre seit Erlass der ursprünglichen Marktverfügbarkeitserklärung sind jetzt 20 Prozent der Pflichteinbaufälle bis zum 31. Dezember 2025 abzuarbeiten. In einem Gespräch mit Journalisten wies Volker Schirra darauf hin, dass damit die zu verbauende Gerätemenge stark ansteigt. Innerhalb der ersten drei Jahre bedeute dies etwa eine Verdreifachung der geforderten Einbauten, so der Geschäftsführer des Metering-Dienstleisters Voltaris, der unter anderem als Gateway-Administrator tätig ist und im Rahmen einer Anwendergemeinschaft Stadtwerke beim Smart Meter Rollout berät und unterstützt.

Angesichts der Erfahrungen der vergangenen Monate mit der Chipkrise beziehungsweise mit dem allgemeinen Mangel an elektronischen Bauteilen und entsprechenden Lieferengpässen, betonte er, sei Geräteknappheit aktuell kein Thema. „Wir sind gut auf die gestiegenen Anforderungen vorbereitet“, so Schirra.

Zubau von EEG-Anlagen erhöht die Zahl der Einbaufälle

Mit dem zu erwartenden Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen, mit der zunehmenden Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors und der damit steigenden Zahl an Ladestationen, Wallboxen und Wärmepumpen im Netz werden die Pflichteinbaufälle deutlich zunehmen. Schirra rechnet damit, dass bis 2030 durchschnittlich etwa 30 bis 40 Prozent aller Messstellen in einem Verteilnetzgebiet mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden müssen. Aktuell seien es 15 bis 20 Prozent.

Damit kommen auf die Stadtwerke durchaus herausfordernde Zeiten zu. Mit dem agilen Rollout, den das Gesetz nun vorsieht, können sie auch unmittelbar starten. Marcus Hörhammer rät deshalb, nun keine Zeit zu verlieren. „Die Pflicht, 20 Prozent der Pflichteinbaufälle bis Ende 2025 abgearbeitet zu haben, bedeutet im Grunde nichts anderes als die Aufforderung, mit dem Rollout unverzüglich anzufangen oder weiterzumachen“, so der Bereichsleiter Produktentwicklung und Vertrieb von Voltaris im Gespräch mit E&M. Abhängig von Netzgröße, bisherigem Umbaustand und Professionalität der Prozesse könne dies sportlich werden, so seine Einschätzung.

Die Stadtwerke Dreieich sind ein solcher kleiner Netz- beziehungsweise Messstellenbetreiber. Der kommunale Versorger aus dem Landkreis Offenbach in Hessen hat laut Steffen Arta „erste Gehversuche“ beim Smart Meter Rollout bereits 2016 gemacht. Auf einem Podium der Regulierungskonferenz des Arbeitskreises REGTP berichtete der Stadtwerkegeschäftsführer vom Rollout intelligenter Messsysteme in einem „kleinen überschaubaren“ Rahmen. Angesichts der „Hängepartie“ in den letzten Jahren habe man sich in eine „Beobachterrolle“ begeben. „Ein Stück weit bin ich froh über den aktuellen Gesetzentwurf, weil wir als Energieversorger in die Lage versetzt werden, jetzt tatsächlich zu handeln“, sagte Arta. Nun werden die Stadtwerke, die insgesamt 26.000 Zählpunkte im eigenen Netz haben, die Rollout-Planung wieder aus der Schublade holen, die Situation gegebenenfalls neu bewerten und dann „unaufgeregt“ den Rollout angehen.

Die Netzgesellschaft der Stadtwerke Braunschweig hat bereits einige Hundert intelligente Messsysteme ins Feld gebracht, wie deren Geschäftsführer Klaus Winter ebenfalls in Berlin berichtete. Die Braunschweiger Netz GmbH gehört zu den Messstellenbetreibern, die eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Marktverfügbarkeitserklärung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angestrengt hatten. Daher habe man zwar zunächst „einige Hundert“ intelligente Messsysteme eingebaut, sei dann aber „auf die Bremse getreten“, sagte Winter. Gleichzeitig betonte er, Beschwerde gegen die Markterklärung einzulegen, bedeute nicht, gegen das intelligente Messwesen zu sein. Das Ziel sei in Ordnung, aber das Handwerkliche, wie die Rahmenbedingungen für den Rollout geschaffen wurden, sei es nicht, stellte er klar.

Regelung zur Aufteilung der Kosten greift sofort

Eine entscheidende Änderung im Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende gegenüber der bisherigen Regelung ist die Aufteilung der Kosten zwischen dem Kunden und dem Netzbetreiber. Diese greift sofort mit Inkrafttreten des Gesetzes. Zwar bleibt beispielsweise die Preisobergrenze für Einbau und Betrieb eines intelligenten Messsystems in einem Privathaushalt bei 100 Euro. Künftig müssen die Kunden statt des vollen Betrags jedoch nur noch 20 Euro und der Netzbetreiber 80 Euro tragen.

Vor diesem Hintergrund warnt Winter vor einer unredlichen Diskussion. Denn der Netzbetreiber profitiere nicht zwangsläufig vom Rollout. Deshalb schließt er nicht aus, dass die 80 Euro in voller Höhe in die Ermittlung der Netzentgelte einfließen und letztlich dann doch bei den Kunden als Mehrbelastung ankommen. Die Vorteile für die Netzbetreiber, wie sie sich der Gesetzgeber offensichtlich vorstellt, etwa durch das intelligente Schalten und Steuern über das Smart Meter Gateway und damit die Vermeidung von Netzausbaukosten, sieht Winter zumindest in naher Zukunft noch nicht − allenfalls mittel- oder langfristig, wenn der Voll-Rollout tatsächlich Realität ist.

Steffen Arta bekräftigt zwar, dass derjenige die Kosten tragen solle, der auch den Nutzen hat. Dass die Verteilnetzbetreiber aber einen unmittelbaren Nutzen haben werden, bezweifelt auch er und verweist ebenfalls auf den Voll-Rollout. Die erforderliche Menge an intelligenten Messsystemen, die tatsächlich Transparenz ins Verteilnetz bringen und eine intelligente Netzführung ermöglichen, sieht er zumindest in den nächsten fünf Jahren noch nicht. Dennoch ist es aus Artas Sicht keine Option, den Kopf in den Sand zu stecken. „Wir gehen den Rollout an“, versicherte er.

Dafür gelte es aber zunächst einmal, sich Dienstleistungskapazitäten zu sichern.
In der Anwendergemeinschaft von Voltaris, die mittlerweile mehr als 40 Stadtwerke umfasst, sind knappe Montagekapazitäten kein wesentliches Thema. Marcus Hörhammer und seine Kollegen werden jedoch zunehmend auf IT-Dienstleistungen über die Gateway-Administration hinaus zur Umsetzung des intelligenten Messstellenbetriebs angesprochen.

Da die Neugestaltung von Paragraf 14a EnWG vorsieht, dass ab dem 1. Januar 2024 eine Anlage über ein intelligentes Messsystem steuerbar sein muss, müssen auch die Backend-Systeme, mit denen das Smart Meter Gateway kommunizieren soll, entsprechend ertüchtigt werden. Darüber hinaus müssen Netzbetreiber und Messstellenbetreiber bis Anfang 2025 die Voraussetzungen dafür schaffen, dass steuerbare Verbraucher und Einspeiser auch tatsächlich geschaltet werden können.

Dies setze funktionierende Prozesse und Systeme voraus, sagt Marcus Hörhammer. Daher gehe mit der Komplexitätsreduktion im regulatorischen Rahmen eine steigende Komplexität für die Akteure im Operativen einher. Die Umsetzung des sogenannten aktiven externen Marktteilnehmers (aEMT) − über dieses System läuft die Kommunikation des Smart Meter Gateways mit der Steuerbox − und damit die Anbindung an die Systeme des Messstellenbetriebs ist nur ein Beispiel dafür.

Nachfrage nach „Full Service“ nimmt zu

„Für die Netzgesellschaften im Konzernverbund betreiben wir das aEMT-System sowie das MSB-System schon“, sagt Hörhammer. Daher habe Voltaris das entsprechende Know-how, dies künftig neben der Gateway-Administration und anderen Metering-Dienstleistungen auch Dritten anzubieten. Solche Anfragen von Stadtwerken für einen „MSB Full Service“ inklusive Systemen und Prozessen des Messstellenbetriebs habe es bereits gegeben, sagt Hörhammer. Derzeit werde eine EVU-Plattform pilotiert, mit der den Stadtwerkepartnern ein Full-Service-Angebot von A bis Z bereitgestellt werden kann.
 
Podium beim Arbeitskreis REGTP in Berlin (v.l.): Jost Eder (BBH), Klaus Winter (Braunschweiger Netz GmbH), Michal Sobotka (Gwadriga), Steffen Arta (SW Dreieich), Andreas Lied (BBH Consulting)
Quelle: Screenshot E&M

Freitag, 9.06.2023, 08:49 Uhr
Fritz Wilhelm

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