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Energie & Management > Gas - Empörung über Eon-Aussagen zum Gas-Vorrang
Quelle: Shutterstock / Visionsi
Gas

Empörung über Eon-Aussagen zum Gas-Vorrang

Privaten Haushalten zuerst den Gashahn zudrehen? Äußerungen des Eon-Chefaufsehers haben eine Debatte ausgelöst. Thüga-Chef Riechel und N-Ergie-Chef Hasler sprechen sich dagegen aus.
Die Sorge vor einem möglichen Gas-Engpass hat eine öffentliche Diskussion über den Umgang damit entfacht. Stimmen aus der Wirtschaft fordern die vorrangige Belieferung von Industrieunternehmen – und damit die Abschaltung privater Haushalte und weiterer geschützter Kunden vom Gasnetz.

Für Michael Riechel, Vorstandsvorsitzender der Thüga, ist das keine Option. Er könne zwar die derzeitigen Sorgen der Industrie vor einer Reduktion oder einem Ausbleiben von Gaslieferungen nachvollziehen. „Dennoch müssen diejenigen Gaskunden, die vom Gesetzgeber besonders geschützt sind, im Ernstfall weiter Vorrang bei der Versorgung haben.“

Private Haushalte könnten weder ihren Standort ins Ausland verlagern noch zu einem alternativen Lieferanten oder den Brennstoff wechseln. „Die im Notfallplan festgeschriebene Abschalt-Reihenfolge ist richtig und durchdacht, diese darf zum Wohl von Millionen Menschen in ihren Gas-versorgten Wohnungen und Häusern nicht verändert werden. Umso mehr alarmiert mich, wenn Vertreter unserer Branche diese fundiert entwickelten und weithin akzeptierten Regeln nun öffentlich in Frage stellen.“

So richtig ins Rollen gebracht hat die Debatte Eon-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley. Er forderte kürzlich in einem Interview mit dem Manager Magazin, das Gas zuerst bei privaten Verbrauchern abzuschalten - und dann erst bei der Industrie. Kley begründet seine Meinung damit, dass die Volkswirtschaft und somit auch die Einkommen der Menschen daran hingen, dass die Industrie arbeitsfähig bleibe.

​N-Ergie-Chef: Gefährliche Debatte

Josef Hasler, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger N-Ergie, hat sich ebenfalls in die aktuelle Diskussion eingeschaltet. Hasler spricht sich wie Riechel dagegen aus, die Versorgung der Industrie in den Fokus zu stellen. „Private Haushalte stehen in den Notfallplänen, die für den Fall einer Gasmangellage entwickelt wurden, völlig zurecht unter besonderem Schutz. Die aktuelle Diskussion halte ich deshalb für sehr gefährlich. Sie schürt Ängste und Unsicherheit“, teilte Hasler dazu mit.

Zweifellos hätte ein Ausfall russischer Gasimporte erhebliche Folgen, zum Beispiel auf Lieferketten und Arbeitsplätze. „Aber statt die Bedeutung von Kundengruppen gegeneinander abzuwägen, sollte doch das Hauptaugenmerk darauf liegen, die Energiemengen für alle berechtigten Bedarfe noch stärker abzusichern“, so Hasler.

Versorgung besonders geschützter Kunden steht im Vordergrund

Bereits Mitte April hatte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller in einem Gespräch mit der Wochenzeitung Zeit gesagt, dass er Einschränkungen für bestimmte Privathaushalte für möglich halte. Müller sprach sich für eine Diskussion über einen uneingeschränkten Schutz des privaten Verbrauchs aus. Diese Feststellung stamme aus einer Zeit, in der niemand die „Fantasie“ gehabt habe, sich eine Lage wie nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine auszumalen.

Sollte ein Versorgungsengpass eintreten, gibt es in Deutschland
  • den Notfallplan Gas
  • sowie den Leitfaden „Krisenvorsorge Gas“
  • und die Gassicherheitsverordnung (GasSV).
Darin steht die Versorgung besonders geschützter Kunden im Vordergrund. Dazu gehören alle Haushaltskunden, kleine und mittlere Unternehmen, deren Verbrauch über standardisierte Lastprofile (SLP) gemessen wird, soziale Dienste und unter bestimmten Voraussetzungen auch Fernwärmeanlagen, soweit sie Wärme an Haushaltskunden liefern.

Der Notfallplan Gas basiert auf der europäischen SoS-Verordnung von 2017 und regelt die Gasversorgung in Deutschland in einer Krisensituation. Er kennt drei Eskalationsstufen: die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Die Frühwarnstufe ist nach der SoS-Verordnung dann auszurufen, wenn es konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf gibt, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- beziehungsweise der Notfallstufe führt.

Donnerstag, 28.04.2022, 15:53 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Gas - Empörung über Eon-Aussagen zum Gas-Vorrang
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Gas
Empörung über Eon-Aussagen zum Gas-Vorrang
Privaten Haushalten zuerst den Gashahn zudrehen? Äußerungen des Eon-Chefaufsehers haben eine Debatte ausgelöst. Thüga-Chef Riechel und N-Ergie-Chef Hasler sprechen sich dagegen aus.
Die Sorge vor einem möglichen Gas-Engpass hat eine öffentliche Diskussion über den Umgang damit entfacht. Stimmen aus der Wirtschaft fordern die vorrangige Belieferung von Industrieunternehmen – und damit die Abschaltung privater Haushalte und weiterer geschützter Kunden vom Gasnetz.

Für Michael Riechel, Vorstandsvorsitzender der Thüga, ist das keine Option. Er könne zwar die derzeitigen Sorgen der Industrie vor einer Reduktion oder einem Ausbleiben von Gaslieferungen nachvollziehen. „Dennoch müssen diejenigen Gaskunden, die vom Gesetzgeber besonders geschützt sind, im Ernstfall weiter Vorrang bei der Versorgung haben.“

Private Haushalte könnten weder ihren Standort ins Ausland verlagern noch zu einem alternativen Lieferanten oder den Brennstoff wechseln. „Die im Notfallplan festgeschriebene Abschalt-Reihenfolge ist richtig und durchdacht, diese darf zum Wohl von Millionen Menschen in ihren Gas-versorgten Wohnungen und Häusern nicht verändert werden. Umso mehr alarmiert mich, wenn Vertreter unserer Branche diese fundiert entwickelten und weithin akzeptierten Regeln nun öffentlich in Frage stellen.“

So richtig ins Rollen gebracht hat die Debatte Eon-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley. Er forderte kürzlich in einem Interview mit dem Manager Magazin, das Gas zuerst bei privaten Verbrauchern abzuschalten - und dann erst bei der Industrie. Kley begründet seine Meinung damit, dass die Volkswirtschaft und somit auch die Einkommen der Menschen daran hingen, dass die Industrie arbeitsfähig bleibe.

​N-Ergie-Chef: Gefährliche Debatte

Josef Hasler, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger N-Ergie, hat sich ebenfalls in die aktuelle Diskussion eingeschaltet. Hasler spricht sich wie Riechel dagegen aus, die Versorgung der Industrie in den Fokus zu stellen. „Private Haushalte stehen in den Notfallplänen, die für den Fall einer Gasmangellage entwickelt wurden, völlig zurecht unter besonderem Schutz. Die aktuelle Diskussion halte ich deshalb für sehr gefährlich. Sie schürt Ängste und Unsicherheit“, teilte Hasler dazu mit.

Zweifellos hätte ein Ausfall russischer Gasimporte erhebliche Folgen, zum Beispiel auf Lieferketten und Arbeitsplätze. „Aber statt die Bedeutung von Kundengruppen gegeneinander abzuwägen, sollte doch das Hauptaugenmerk darauf liegen, die Energiemengen für alle berechtigten Bedarfe noch stärker abzusichern“, so Hasler.

Versorgung besonders geschützter Kunden steht im Vordergrund

Bereits Mitte April hatte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller in einem Gespräch mit der Wochenzeitung Zeit gesagt, dass er Einschränkungen für bestimmte Privathaushalte für möglich halte. Müller sprach sich für eine Diskussion über einen uneingeschränkten Schutz des privaten Verbrauchs aus. Diese Feststellung stamme aus einer Zeit, in der niemand die „Fantasie“ gehabt habe, sich eine Lage wie nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine auszumalen.

Sollte ein Versorgungsengpass eintreten, gibt es in Deutschland
  • den Notfallplan Gas
  • sowie den Leitfaden „Krisenvorsorge Gas“
  • und die Gassicherheitsverordnung (GasSV).
Darin steht die Versorgung besonders geschützter Kunden im Vordergrund. Dazu gehören alle Haushaltskunden, kleine und mittlere Unternehmen, deren Verbrauch über standardisierte Lastprofile (SLP) gemessen wird, soziale Dienste und unter bestimmten Voraussetzungen auch Fernwärmeanlagen, soweit sie Wärme an Haushaltskunden liefern.

Der Notfallplan Gas basiert auf der europäischen SoS-Verordnung von 2017 und regelt die Gasversorgung in Deutschland in einer Krisensituation. Er kennt drei Eskalationsstufen: die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Die Frühwarnstufe ist nach der SoS-Verordnung dann auszurufen, wenn es konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf gibt, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- beziehungsweise der Notfallstufe führt.

Donnerstag, 28.04.2022, 15:53 Uhr
Heidi Roider

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