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Energie & Management > Studien - Emissionshandel erzeugt zu wenig Preisdruck
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Studien

Emissionshandel erzeugt zu wenig Preisdruck

Das Brennstoff-Emissionshandels-Gesetz entfaltet für die Dekarbonisierung des Wärme- und Verkehrssektors zu wenig Wirkung. Das zeigt eine Studie der Energieagentur NRW.
Die Energieagentur Nordrhein-Westfalen hat auf der Basis einer Marktmodellierung das Brennstoff-Emissionshandels-Gesetz (BEHG) auf seine Wirkung hin abgeklopft. Wie reagieren Marktakteure und Verbraucher auf den CO2-Preis bei Wärme und Verkehr? Werden die Klimaziele bei Wärme, Verkehr und Industrie erreicht? Fördert die Regelung den Umstieg auf nachhaltige Techniken, allen voran auf Power-to-X? Diese drei Fragen stehen im Zentrum einer jetzt erschienenen Studie. Die Modellrechnungen dafür stammen von der Beratungsfirma Enervis Energy Advisors.

Die Experten spielen drei Szenarien durch. Alle drei erstrecken sich über einen Zeitraum bis 2050. Im ersten Fall kalkulieren sie ohne CO2-Bepreisung. Im zweiten Szenario – dem „Basisszenario“ – legen sie einen maximalen Preis von 180 Euro pro Tonne zugrunde. Das dritte Szenario fußt auf einem Anstieg des CO2-Preises auf 220 Euro pro Tonne.

Mehr Strom, weniger Wärme

„Das BEHG reizt die Elektrifizierung im Wärme- und Verkehrssektor an“, heißt es in der Studie. Im Fall des Basisszenarios steige der Strombedarf bis zum Jahr 2050 auf über 700 Mrd. kWh pro Jahr. Es würden vor allem Wärmepumpen zugebaut und E-Autos gekauft. Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsste auch mit Gaskraftwerken „besichert“ werden. Daher nehme mit dieser Elektrifizierung auch der Erdgasbedarf auf der Stromseite zu. Folge: „Mehr CO2-Emissionen im Stromsektor, die die Einsparungen bei Wärme und Verkehr tendenziell neutralisieren“.

Der Wärmebedarf geht nach der Marktmodellierung bis 2050 auf etwa 1.000 Mrd. kWh pro Jahr zurück. Der Anteil der Umweltwärme steige deutlich, der Anteil der Fernwärme pendle sich auf konstantem Niveau ein. Während Ölheizungen bis 2040 verschwänden, würden Gasheizungen 2050 noch rund 400 Mrd. kWh zu Wärmeversorgung beitragen. Das hat zum einen technischen Gründe. Zum anderen bleibe „Erdgas auch mit den Kostensteigerungen durch das BEHG preiswerter als der Wärmepumpenstrom“, betont die Energieagentur. Um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen, sollten solchen Heizungen ab 2050 nur noch mit synthetischem Erdgas oder Wasserstoff betrieben werden, mahnt sie an.

E-Mobilität auch ohne BEGH am günstigsten

Der Energiebedarf im Verkehrssektor sinkt laut Studie auf rund 500 Mrd. kWh pro Jahr. Die Elektromobilität würde auch ohne BEHG im Laufe der 2020er-Jahre die kostengünstigste Mobilitätsoption werden, heißt es. Das Gesetz würde „einen ohnehin vorhandenen Effekt verstärken, aber nicht auslösen“.

Kaum Auswirkungen entfaltete die CO2-Bepreisung demnach auf die nicht-energieintensive Industrie. Ein moderater Anstieg der Nutzung von grünem Wasserstoff zeichne sich in der Marktmodellierung zwar ab, der Rückgang des Mineralölbedarfs werde aber „weitgehend vom Anstieg des Erdgasverbrauchs ausgeglichen“.

Wasserstoff nicht automatisch wettbewerbsfähig

Außer Frage steht für die Experten, dass es in allen Sektoren notwendig wird, Wasserstoff- und PtX-basierte Techniken zu nutzen. Knackpunkt ist deren Wettbewerbsfähigkeit. Dafür„wären sehr hohe CO2-Preise von mehreren hundert Euro pro Tonne CO2 nötig, verbunden mit einer gleichzeitigen Subvention wasserstoffbasierter Techniken“.

Für alle drei Szenarien gilt, dass die Klimaziele nicht erreicht werden. Die Richtung stimme, die Effekte seien aber viel zu gering. Das 95-%-Klimaziel für 2050 werde auf alle Fälle „deutlich verpasst“.

„Bei der Betrachtung der einzelnen Sektoren wurde deutlich, dass die Verbraucher auf den CO2-Preis durchaus reagieren und sich tendenziell eher für nachhaltige Techniken entscheiden. Allerdings reicht der Preisdruck des BEHG nicht aus, um die für die Energiewende nötigen grundlegenden Verhaltensänderungen auszulösen“, sagt Autor Johannes Schindler. „Ein mehrspuriger Ansatz unter Einbezug der Forschung wird solange nötig sein, bis die effizientesten Stellschrauben für die Energiewende in allen Sektoren gefunden sind“, sagt der Experte.

Die Studie gibt es auf der Webseite der Energieagentur als kostenfreien Download.

Montag, 12.04.2021, 16:54 Uhr
Manfred Fischer
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Emissionshandel erzeugt zu wenig Preisdruck
Das Brennstoff-Emissionshandels-Gesetz entfaltet für die Dekarbonisierung des Wärme- und Verkehrssektors zu wenig Wirkung. Das zeigt eine Studie der Energieagentur NRW.
Die Energieagentur Nordrhein-Westfalen hat auf der Basis einer Marktmodellierung das Brennstoff-Emissionshandels-Gesetz (BEHG) auf seine Wirkung hin abgeklopft. Wie reagieren Marktakteure und Verbraucher auf den CO2-Preis bei Wärme und Verkehr? Werden die Klimaziele bei Wärme, Verkehr und Industrie erreicht? Fördert die Regelung den Umstieg auf nachhaltige Techniken, allen voran auf Power-to-X? Diese drei Fragen stehen im Zentrum einer jetzt erschienenen Studie. Die Modellrechnungen dafür stammen von der Beratungsfirma Enervis Energy Advisors.

Die Experten spielen drei Szenarien durch. Alle drei erstrecken sich über einen Zeitraum bis 2050. Im ersten Fall kalkulieren sie ohne CO2-Bepreisung. Im zweiten Szenario – dem „Basisszenario“ – legen sie einen maximalen Preis von 180 Euro pro Tonne zugrunde. Das dritte Szenario fußt auf einem Anstieg des CO2-Preises auf 220 Euro pro Tonne.

Mehr Strom, weniger Wärme

„Das BEHG reizt die Elektrifizierung im Wärme- und Verkehrssektor an“, heißt es in der Studie. Im Fall des Basisszenarios steige der Strombedarf bis zum Jahr 2050 auf über 700 Mrd. kWh pro Jahr. Es würden vor allem Wärmepumpen zugebaut und E-Autos gekauft. Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsste auch mit Gaskraftwerken „besichert“ werden. Daher nehme mit dieser Elektrifizierung auch der Erdgasbedarf auf der Stromseite zu. Folge: „Mehr CO2-Emissionen im Stromsektor, die die Einsparungen bei Wärme und Verkehr tendenziell neutralisieren“.

Der Wärmebedarf geht nach der Marktmodellierung bis 2050 auf etwa 1.000 Mrd. kWh pro Jahr zurück. Der Anteil der Umweltwärme steige deutlich, der Anteil der Fernwärme pendle sich auf konstantem Niveau ein. Während Ölheizungen bis 2040 verschwänden, würden Gasheizungen 2050 noch rund 400 Mrd. kWh zu Wärmeversorgung beitragen. Das hat zum einen technischen Gründe. Zum anderen bleibe „Erdgas auch mit den Kostensteigerungen durch das BEHG preiswerter als der Wärmepumpenstrom“, betont die Energieagentur. Um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen, sollten solchen Heizungen ab 2050 nur noch mit synthetischem Erdgas oder Wasserstoff betrieben werden, mahnt sie an.

E-Mobilität auch ohne BEGH am günstigsten

Der Energiebedarf im Verkehrssektor sinkt laut Studie auf rund 500 Mrd. kWh pro Jahr. Die Elektromobilität würde auch ohne BEHG im Laufe der 2020er-Jahre die kostengünstigste Mobilitätsoption werden, heißt es. Das Gesetz würde „einen ohnehin vorhandenen Effekt verstärken, aber nicht auslösen“.

Kaum Auswirkungen entfaltete die CO2-Bepreisung demnach auf die nicht-energieintensive Industrie. Ein moderater Anstieg der Nutzung von grünem Wasserstoff zeichne sich in der Marktmodellierung zwar ab, der Rückgang des Mineralölbedarfs werde aber „weitgehend vom Anstieg des Erdgasverbrauchs ausgeglichen“.

Wasserstoff nicht automatisch wettbewerbsfähig

Außer Frage steht für die Experten, dass es in allen Sektoren notwendig wird, Wasserstoff- und PtX-basierte Techniken zu nutzen. Knackpunkt ist deren Wettbewerbsfähigkeit. Dafür„wären sehr hohe CO2-Preise von mehreren hundert Euro pro Tonne CO2 nötig, verbunden mit einer gleichzeitigen Subvention wasserstoffbasierter Techniken“.

Für alle drei Szenarien gilt, dass die Klimaziele nicht erreicht werden. Die Richtung stimme, die Effekte seien aber viel zu gering. Das 95-%-Klimaziel für 2050 werde auf alle Fälle „deutlich verpasst“.

„Bei der Betrachtung der einzelnen Sektoren wurde deutlich, dass die Verbraucher auf den CO2-Preis durchaus reagieren und sich tendenziell eher für nachhaltige Techniken entscheiden. Allerdings reicht der Preisdruck des BEHG nicht aus, um die für die Energiewende nötigen grundlegenden Verhaltensänderungen auszulösen“, sagt Autor Johannes Schindler. „Ein mehrspuriger Ansatz unter Einbezug der Forschung wird solange nötig sein, bis die effizientesten Stellschrauben für die Energiewende in allen Sektoren gefunden sind“, sagt der Experte.

Die Studie gibt es auf der Webseite der Energieagentur als kostenfreien Download.

Montag, 12.04.2021, 16:54 Uhr
Manfred Fischer

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